Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 04.12.1996, Az.: 5 W 193/96
Berechtigung oder Verpflichtung des Notars zur Missachtung einer unwiderruflichen Hinterlegungsanweisung auf Grund Weisung des Käufers oder Verkäufers; Entfallen der ursprünglichen Hinterlegungsanweisung bei Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 04.12.1996
- Aktenzeichen
- 5 W 193/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21807
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:1204.5W193.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 S. 2 BNotO
- § 27 FGG
Amtlicher Leitsatz
Nachträglicher Wegfall der unwiderruflichen Hinterlegungsanweisung an den Notar bei Anfechtung des Kaufvertrages
Gründe
Die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Grundstückskaufvertrag unwirksam geworden ist, berechtigt den Notar, auf Antrag der Käufer den auf einem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreis zunächst nicht auszuzahlen.
Die Antragsteller haben von der Beteiligten und ihrem Ehemann ein Hausgrundstück gekauft. In der Folgezeit haben sie den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten bzw. die Wandlung erklärt und den Notar aufgefordert, den noch auf dem Notaranderkonto befindlichen Kaufpreis nicht auszuzahlen. Nachdem der Notar dies abgelehnt hat, hat das Landgericht ihn auf die Beschwerde der Antragsteller hin angewiesen, eine Verfügung über den Kaufpreis zunächst zu unterlassen. Gleichzeitig hat es den Antragstellern eine Frist zur Klageerhebung gesetzt.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist nach §§ 15 Abs. 1 Satz 2 BNotO, 27 FGG zulässig. Gegen die den Beschwerdeantrag stattgebende Entscheidung des Landgerichts steht dem anderen an der Verwahrung Beteiligten das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zu (OLG Hamm DNotZ 1985, 56; Kawohl, Notaranderkonto Rn. 171; Seybold/Hornig/Reithmann, BNotO 6. Aufl., § 15 Rn. 91 ff). Denn durch die vom Landgericht ausgesprochene Anweisung an den Notar wird dieser in seinem Recht auf Auszahlung des Kaufpreises beeinträchtigt, §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist aber unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 550 ZPO). Das Landgericht ist zutreffend von einer zulässigen (Erst-)Beschwerde ausgegangen. Die Antragsteller haben mit ihrem Antrag verlangt, den Notar zur Nichtvornahme einer bestimmten Amtshandlung anzuweisen. Sie haben damit von der Möglichkeit des § 15 Abs. 1 Satz 2 BNotO Gebrauch gemacht, die für alle Arten notarieller Amtsverweigerung, also auch bei Betreuungstätigkeiten nach den §§ 23, 24 BNotO gilt. Dementsprechend ist eine Beschwerde der Käufer zulässig mit dem Ziel, eine Auszahlung des Kaufpreises vom Notaranderkonto zu verhindern (OLG Hamm DNotO 1994, 120, 121; OLG Schleswig DNotZ 1993, 6768; Kawohl a.a.O., Rn. 168; Weingärtner/Schöttler, Dienstordnung für Notare, 7. Aufl., § 11 Rn. 152 d).In der Sache hat das Landgericht den Notar zu Recht angewiesen, eine Verfügung über den Kaufpreis einstweilen zu unterlassen. Zwar ist der Notar grundsätzlich weder berechtigt noch verpflichtet, die Weisung des Käufers oder Verkäufers zu beachten, anders über den hinterlegten Kaufpreis zu verfügen, als in der unwiderruflichen Hinterlegungsanweisung festgelegt. Unabhängig von deren rechtlichen Einordnung besteht aber im Ergebnis weitgehend Einigkeit, dass bei einer Unwirksamkeit des Kausalgeschäftes auch die ursprüngliche Hinterlegungsanweisung entfällt (OLG Schleswig a.a.O., Seite 69; KG DNotZ 1987, 579; Kawohl a.a.O., Rn. 84; Zimmermann DNotZ 1980, 451, 467). Besteht zwischen den Vertragsparteien ein Streit über die Wirksamkeit der Hinterlegungsanweisung ist der Notar nicht befugt, die maßgeblichen Rechtsfragen zu klären und zu entscheiden. Vielmehr hat er nur zu prüfen, ob die bindende Hinterlegungsanweisung möglicherweise auf Grund geänderter Rechtslage nicht mehr durchgeführt werden darf. Das hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise festgestellt.
Die Antragsteller haben den Kaufvertrag neben einer vorher erklärten Wandlung wegen arglistiger Täuschung angefochten, dies im Einzelnen begründet und ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet. Danach besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass der Kaufvertrag unwirksam geworden ist. Auf die erfolgte Fristsetzung ist inzwischen auch beim Landgericht Klage in der Hauptsache erhoben worden.