Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 11.12.1996, Az.: 8 U 166/96
Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung der Frist zur Einlegung der Berufung; Zurechenbarkeit unklarer Angaben des Datums der Urteilszustellung durch den Anwalt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 11.12.1996
- Aktenzeichen
- 8 U 166/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 21804
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:1211.8U166.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 85 Abs. 2 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Keine Wiedereinsetzung der Frist zur Einlegung der Berufung bei unklaren Angaben des Datums der Urteilszustellung durch den Verkehrsanwalts
Gründe
Der die Voraussetzungen der §§·234, 236 ZPO erfüllende, mithin zulässige Wiedereinsetzungsantrag des Klägers ist nicht begründet.
Die Versäumung der Berufungsfrist beruht sowohl auf einem Verschulden des Verkehrsanwalts als auch auf einem solchen des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers. Beides muss er sich gem. §·85 Abs.·2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen.
Das Bestätigungsschreiben des Verkehrsanwalts enthält keine Hinweise auf den Zeitpunkt der Zustellung des anzufechtenden Urteils und das Ende der Rechtsmittelfrist. Anhaltspunkte dafür ergaben sich lediglich aus der beigefügten Kopie des Landgerichtsurteils, die aber zwei Eingangsstempel mit unterschiedlichen Daten aufweist. Dieses Vorgehen entspricht nicht dem den Rechtsanwalt hinsichtlich der Wahrung der Rechtsmittelfrist treffenden besonderen Sorgfaltspflichten. Er hat alles ihm Zumutbare zu tun und zu veranlassen, damit die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gewahrt wird. Dazu gehört, dass ihr eigenverantwortlich das für den Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist maßgebende Zustellungsdatum feststellt und geeignete und verlässliche Maßnahmen trifft, die eine zuverlässige Information vom Lauf der Frist Gewähr leisten. Insbesondere hat er dem mit der Einlegung der Berufungbeauftragten Rechtsanwalt das Zustellungsdatum des anzufechtenden Urteilsrichtig anzugeben (vgl. BGH, NJW-RR·1991, 91, 92;NJW-RR·1991, 828, 829;NJW·1985, 1709, 1710; NJW-RR·1986, 614, 615). Diese Pflicht trifft nicht nur den Prozessbevollmächtigten der abgeschlossenen Instanz, sondern ebenso den Verkehrsanwalt der Partei, der es übernommen hat, den zweitinstanzlichen Rechtsanwalt zu beauftragen (BGH, a.a.O.).
Die Fristversäumung beruht daneben auf einem Verschulden des mit der Einlegung der Berufung beauftragten zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten. Zu dessen Sorgfaltspflichten gehört es, sich mangels anderer schriftlicher Unterlagen mindestens anhand der ihm ihr in Kopie übermittelten Urteilsausfertigung über den Eingang des Urteils in der Kanzlei des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten eigenverantwortlich zu vergewissern (BGH a.a.O.).
Er hat deshalb selbst die Frage der Zustellung zu klären und ggfls. den Zeitpunkt der Zustellung festzustellen, wobei zu beachten ist, dass aus dem Datum des Eingangsstempels nicht ohne weiteres auf den Tag der Zustellung geschlossen werden kann. Seinem Büropersonal darf er diese Aufgabe nicht überlassen. Gegen diese Pflichten hat der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers verstoßen, indem er sich den Vorgang nicht schon bei dessen Eingang, sondern erst zur Vorfrist vorlegen lassen hat. Die ihm obliegende eigenverantwortliche Überprüfung gebietet es vielmehr, die Fristnotierung durch das Büropersonal anwaltlich zu überprüfen.