Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.11.2015, Az.: 12 A 498/15
Umgang mit Inhabern eines Schutzstatus bei Vorliegen von systemischen Mängeln in Bulgarien; Ansehen von Bulgarien als sicherer Drittstaat; Statthaftigkeit eines unbeschränkten Asylantrags eines Ausländers bei Zuerkennung des subsidiären Schutzes in einem anderen europäischen Mitgliedstaat
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 04.11.2015
- Aktenzeichen
- 12 A 498/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 37458
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2015:1104.12A498.15.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 16a Abs. 1 GG
- Art. 16a Abs. 2 S. 1 GG
- § 26a Abs. 1 S. 1, 2 AsylVfG
- § 34a Abs. 1 AsylVfG
- § 26 Abs. 1 AufenthG
- § 60 Abs. 1 S. 1, 2, 3 AufenthG
- § 60 Abs. 2 S. 1 AufenthG
- Art. 26 GFK
- Art. 3 EMRK
Fundstellen
- AUAS 2016, 48
- NdsVBl 2016, 6
Amtlicher Leitsatz
- 1.
In Bulgarien liegen systemische Mängel im Umgang mit Inhabern eines Schutzstatus vor; Bulgarien ist daher nicht als sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG anzusehen.
- 2.
Der unbeschränkte Asylantrag eines Ausländers ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil diesem bereits in einem anderen europäischen Mitgliedstaat subsidiärer Schutz zuerkannt wurde. Er hat lediglich keinen Anspruch auf ein Verfahren zur Zuerkennung gleich- oder minderwertigen Schutzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 -, ).
Tenor:
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2015 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Rechtsstreit ist gerichtskostenfrei.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig sowie gegen seine Überstellung nach Bulgarien.
Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben reiste er unter anderem über Bulgarien am 18. August 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er beantragte hier am 13. Oktober 2014 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Am 15. Oktober 2014 erzielte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) für den Kläger einen EURODAC-Treffer für Bulgarien. Das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes für den Kläger nach der Dublin III-VO lehnte die zuständige bulgarische Behörde unter Hinweis darauf ab, dass dem Kläger in Bulgarien subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Die Statuszuerkennung bestätigte die oberste bulgarische Behörde der Grenzpolizei mit Schreiben vom 12. Dezember 2014 und akzeptierte eine Überstellung des Klägers auf dieser Grundlage.
Mit Bescheid vom 7. Januar 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Zur Begründung ist in dem Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei aufgrund der Regelungen in § 60 Abs. 1 und 2 AufenthG unzulässig, da dem Kläger bereits subsidiärer Schutz in Bulgarien zuerkannt worden sei. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Nach Bekanntgabe des Bescheides am 12. Januar 2015 hat der Kläger am 16. Januar 2015 Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, der Bescheid sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten aus Art. 4 GR-Charta, Art. 3 EMRK. Die Lebensumstände in Bulgarien seien unzumutbar. Bulgarien sei kein sicherer Drittstaat.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
Dem ebenfalls am 16. Januar 2015 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Gericht mit Beschluss vom 4. Februar 2015 (12 B 499/15) stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage gegen die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien werde voraussichtlich erfolgreich sein. Es spreche Überwiegendes dafür, dass die Abschiebungsanordnung rechtswidrig sei, weil derzeit davon auszugehen sei, dass die Situation in Bulgarien nach wie vor von Versorgungsengpässen und inakzeptablen Unterbringungen geprägt sei, die zu Obdachlosigkeit, unzureichender medizinischer Versorgung und ein Leben in extremer Armut führen könnten (Verletzung von Art. 4GR-Charta).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (12 A 498/15 und 12 B 499/15) und den des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Januar 2015 ist hinsichtlich beider Verfügungsteile - (1) der Ablehnung des Asylantrages als unzulässig (Ziffer 1) - und (2) der Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien (Ziffer 2) - rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Maßgeblich für die Entscheidung über die Klage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. Satz 1 2. Halbsatz Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl.I 2008, S. 1798, zuletzt geändert durch Art. 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I 2015, S. 1722) - Asylgesetz - AsylG.
(1) Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hält den Asylantrag des Klägers deshalb für unzulässig, weil ihm bereits in Bulgarien internationaler Schutz in Form des subsidiären Schutzes gewährt worden sei und stützt seine Entscheidung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides auf die Regelungen in § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG a.F. (jetzt Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I 2008, S. 162), zuletzt geändert durch Art. 3, 13 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober (BGBl. I 2015, S. 1722) - AufenthG). Diese Rechtsgrundlage trägt die angegriffene Entscheidung nicht.
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Ein Ausländer darf gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ebenfalls nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylG (subsidiärer Schutz) bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Gemäß Satz 2 des Absatzes 2 gelten die Sätze 3 und 4 des Absatzes 1 AufenthG entsprechend.
Der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 29. April 2015 - A 11 S 57/15 -, ) hat zum Verständnis dieser Regelungen ausgeführt:
"Soweit der Betroffene bereits den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen hat, ist die Bundesrepublik nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG verpflichtet, diesen Status ohne weitere Prüfung zu beachten und anzuerkennen. Ein entsprechender hierauf gerichteter Antrag im Bundesgebiet ist folglich unzulässig (BVerwG, Urteil vom 17.06.2014 - 10 C 7.13 - InfAuslR 2014, 400). Verfügt der Ausländer aber nur über eine im Ausland gewährte subsidiäre Schutzberechtigung, so besteht nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eine vergleichbare Bindung nicht. Diese Regelung verweist nämlich nicht auf Absatz 1 Satz 2 bis 4, sondern ausdrücklich nur auf Absatz 1 Satz 3 und 4. Zu dem Ergebnis, dass Deutschland nach dem nationalen Recht verpflichtet wäre, den subsidiären Schutzstatus zu beachten, und deshalb ein weiterer Antrag im Bundesgebiet unzulässig wäre, käme man unter Berücksichtigung der Formulierung von Absatz 2 Satz 2 nur dann, wenn man darauf abstellen würde, dass im Wortlaut des Absatz 1 Satz 3 die Fallkonstellation des Satzes 2 (negativ) mitgeregelt sei und Absatz 2 Satz 2 nur die entsprechende Geltung des Absatz 1 Satz 3 anordne. Dieses vorangestellt wäre dann "außer in den Fällen des Satzes 2" im Rahmen der entsprechenden Geltung des Absatzes 1 Satz 3 sinngemäß als "außer bei bereits erfolgter Zuerkennung des subsidiären Schutzes" zu lesen. Dass der Gesetzgeber der Norm dieses Verständnis beigelegt hat, lässt sich jedoch auch der Entstehungsgeschichte und der Gesetzesbegründung nicht hinreichend deutlich entnehmen.
Die Regelung, dass ein Asylantrag im Bundesgebiet unzulässig ist, wenn ein anderer Mitgliedstaat bereits den Flüchtlingsstatus zugesprochen hat, ist schon in § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG a.F. enthalten gewesen (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 26.10.2010 - 10 B 28.10 - ). Diese Bestimmungen gehen zurück auf Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a) Richtlinie 2005/85 vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. Nr. L 326 S. 13) - VRL a.F. Hieraus ergibt sich, dass zusätzlich zu den Fällen, in denen ein Asylantrag nach Maßgabe der Dublin II-VO nicht geprüft wird, die Mitgliedstaaten nicht prüfen müssen, ob der Antragsteller als Flüchtling im Sinne der Qualifikationsrichtlinie a.F. anzuerkennen ist, sofern sie vorsehen, dass der Asylantrag unzulässig ist, weil ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat.
Nunmehr können nach Art. 33 Abs. 2 lit. a) VRL n.F. die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Die in Art. 33 Abs. 2 VRL n.F. eröffneten Möglichkeiten, einen Antrag als unzulässig abzulehnen, bestehen nach Art. 33 Abs. 1 VRL n.F. zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin III-VO ein Antrag nicht geprüft wird. Nach der den Mitgliedstaaten mit dieser Regelung eingeräumten Option wäre es zulässig, bei einer schon vorliegenden Gewährung von subsidiärem Schutz nach nationalem Recht den Antrag auf internationalen Schutz insgesamt als unzulässig abzulehnen. Nach Unionsrecht ist es aber auch möglich, den Antrag nur dann als unzulässig abzulehnen, wenn dem Antragsteller bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, oder von dieser Option überhaupt keinen Gebrauch zu machen.
Zur Neufassung des § 60 Abs. 2 AufenthG wird im Entwurf des Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.08.2013 (BT-Drs. 17/13063 vom 15.04.2013, S. 25) folgende Begründung gegeben:
"Absatz 2 Satz 1 fasst die bisher in Absatz 2, 3 und Absatz 7 Satz 2 enthaltenen Abschiebungsverbote zusammen, mit denen Artikel 15 der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt worden war. Danach besteht ein Abschiebungsverbot bei drohender Folter, erniedrigender oder unmenschlicher Bestrafung oder Behandlung und bei drohender Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, darüber hinaus bei Gefahren im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Absatz 2 Satz 2 stellt klar, dass es sich bei Anträgen auf Schutz vor den in Satz 1 genannten Gefahren um Asylanträge handelt, da internationaler subsidiärer Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylverfahrensgesetzes begehrt wird. Über sie entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach Maßgabe des Asylverfahrensgesetzes."
Der Gesetzgeber hat zwar in § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylVfG n.F. festgelegt, dass der Antrag auf internationalen Schutz immer den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, was unionsrechtlich nicht zwingend ist (vgl. die "oder"-Formulierung in Art. 2 lit. b) VRL n.F.), aber zur Konsequenz hat, dass eine isolierte Beantragung nur eines von beiden unzulässig ist (GK-AsylVfG, § 13 Rn. 131 (Stand 11/2014)). Dieser Begründung zu § 60 Abs. 2 AufenthG n.F. lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Unzulässigkeit eines Asylantrags bei Vorliegen eines ausländischen subsidiären Schutzes geregelt hat oder auch nur regeln wollte. Vor allem mit Blick auf die verschiedenen Optionen bedarf es insoweit einer eindeutigen gesetzgeberischen Aussage, um die Betroffenen von einer materiellen Prüfung des Flüchtlingsschutzes auszuschließen. Eine solche liegt jedoch nicht vor. Ein deutsches Gesetz zur Umsetzung zur Neufassung der Verfahrensrichtlinie, was nach Art. 51 Abs. 2 VRL n.F. bis zum 20.07.2015 zu leisten ist, gibt es bislang nicht."
Dem schließt sich das Gericht an.
Dagegen ist aus dem vom VGH Baden-Württemberg genannten Gründen nicht dem Verwaltungsgericht Stade (Urteil vom 21. September 2015 - 1 A 791/14 -, Rn 52, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de) zu folgen, welches aus der Regelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (jetzt AsylG), d. h. der Zusammenfassung der Beantragung der Anerkennung als Asylberechtigter und der Zuerkennung internationalen Schutzes sowie subsidiärem Schutz in einem Antrag, auf die Untrennbarkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention und subsidiärem Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU im Rahmen der Regelungen in § 60 Abs. 1 und 2 AufenthG schließt. Aus der verfahrensrechtlichen Bündelung der verschiedenen Begehren einerseits kann jedoch nicht ohne weiteres auf die gleiche Bedeutung der verschiedenen Schutzstatus geschlossen werden, die unterschiedliche (Bleibe-)Rechte auslösen (vgl. z. B. die jeweils unterschiedlichen Regelungen der Aufenthaltstitel in Art. 24 Qualifikationsrichtlinie n.F. und § 26 Abs. 1 AufenthG oder den nur einem anerkannten Flüchtling vorbehaltenen Reiseausweis nach Art. 28 GFK). Eine dahingehende Gesetzessystematik vermag das Gericht (gerade) nicht zu erkennen. Auch in der Gesetzesbegründung finden sich dafür - wie oben in den Ausführungen des VGH Baden-Württemberg dargelegt - keine Anhaltspunkte.
Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. Juni 2014 (- 10 C 7/13 -, ) ergibt sich nichts anderes. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Auslegung der genannten Vorschriften ausdrücklich entschieden, dass ein Ausländer aufgrund der genannten Regelungen, wenn ihm bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Schutzstatus zuerkannt wurde, gleichen oder minderwertigen Schutz nicht erneut in der Bundesrepublik Deutschland beanspruchen kann (kein Anspruch auf subsidiären Schutz, wenn in einem anderen Mitgliedstaat bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde (Rn 27), kein Anspruch auf subsidiären Schutz, wenn in einem anderen Mitgliedstaat bereits der Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (Rn 30), kein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsschutz, wenn eine ausländische Flüchtlingsanerkennung vorliegt (Rn 32)). Es hat jedoch keine Ausführungen dazu gemacht, ob bzw. dass ein Asylantrag auf einen weitergehenden Schutz unzulässig ist (so auch im Ergebnis VG Berlin, Urteil vom 11. September 2015 - VG 33 K 152.15 A - Beck RS 2015, 52417 unter Bezugnahme auf die Unionsrechtlichen Regelungen in Artikel 46 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie sowie Artikel 3 und 13 der Qualifikationsrichtlinie 2011).
Der Asylantrag des Klägers ist auch nicht aufgrund der Regelungen in § 26 a Abs. 1 S. 1 und 2 AsylVfG (jetzt § 26 a Abs. 1 S. 1 und 2 AsylG) unzulässig. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 S. 1 des GG eingereist ist, nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind nicht erfüllt.
Das Gericht geht in seiner derzeitigen Rechtsprechung davon aus, dass Bulgarien nicht als sicherer Drittstaat im genannten Sinn anzusehen ist (vgl. zunächst Beschluss vom 27. Januar 2015 - 12 B 245/15 -). Es hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:
"Die Abschiebungsanordnung ist aber dennoch nach derzeitigem Erkenntnisstand voraussichtlich rechtswidrig, weil Bulgarien zurzeit nicht als sicherer Drittstaat i.S. von Art. 16 a Abs. 2 S. 1 GG, § 26 a AsylVfG anzusehen ist.
Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Regelung in Art. 16 a Abs. 2 GG das "Konzept der normativen Vergewisserung" über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde liegt (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerGE 94, S. 49 = NJW 1996, S. 1665 u. ), das heißt die Vermutung, dass jeder Flüchtling in jedem Mitgliedstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Flüchtlingen in jedem Mitgliedstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta - GR-Charta -, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK -zukommt. Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde liegenden "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -, NVwZ 2012, S. 417 [EuGH 21.12.2011 - Rs. C-411/10; C-493/10] und [...]; ders.: Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 -, NVwZ 2014, S. 129 und ). Die beiden Systemen innewohnende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten "nicht unbekannt sein kann", sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14. November 2013, a.a.O.). Hat der Ausländer bereits einen Schutzstatus erhalten, ist maßgebend, ob der Inhalt dieses Schutzstatus hinreichend eingehalten wird, insbesondere ob eine tatsächliche Gefahr besteht, dass der Ausländer im betreffenden Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 GR-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Artikel 3 EMRK ausgesetzt sein wird. In einem solchen Fall greift die Regelung über die sicheren Drittstaaten nicht ein. Eine Abschiebungsanordnung auf ihrer Grundlage wäre dann nicht gerechtfertigt, weil die Bundesrepublik Deutschland in diesem Fall dem Ausländer Schutz zu gewähren hat (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996, a.a.O.).
Den Ausländer trifft für seine Behauptung, dass er von einem Fall betroffen ist, der außerhalb der Grenze des Konzepts der normativen Vergewisserung liegt, eine erhöhte Darlegungslast (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1996, a.a.O.). Allerdings müssen auch die Behörden und Gerichte wegen der Bedeutung der von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter die allgemeine und ihnen zugängliche Auskunftslage berücksichtigen (vgl. auch § 36 Abs. 4 S. 2 AsylvfG).
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder psychische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.
Der Schutzbereich des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kann auch bei unzureichenden Lebensbedingungen im betreffenden Mitgliedsstaat betroffen sein:
Das gilt aber nicht in dem Sinne, dass die Vertragsparteien verpflichtet sind, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a.a.O.; ders.: Beschluss vom 2. April 2013 - 27725/10 - Mohammed Hussein u.a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S. 336 u. [...]). Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK schützen aber davor, monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut leben zu müssen und außerstande zu sein, für die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Hygieneartikel und Unterkunft aufzukommen. Die maßgeblichen Kriterien für relevante Menschenrechtsverstöße sind den den jeweiligen Mitgliedstaat bindenden rechtlichen Vorgaben zu entnehmen (vgl. VGH BadenWürttemberg, Urteil vom 10. November 2014 - A 11 S 1778/14 -, ). Das sind zum einen die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie - (ARL)) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedsstaaten und zum anderen die in der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9 - Qualifikationsrichtlinie (QRL) -) genannten Kriterien zur Bestimmung der Person, die tatsächlich Schutz benötigt, und zur Sicherstellung, dass diesen Personen in allen Mitgliedsstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird. Nach der hier maßgeblich heranzuziehenden Qualifikationsrichtlinie müssen Statusinhabern insbesondere die notwendigen Hilfen zu teil werden, mit denen sie die Befriedigung ihrer elementaren Grundbedürfnisse (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsbeschaffung und Sicherstellung von Hygiene) in zumutbarer Weise erreichen können. Als Maßstab sind insbesondere Art. 26 QRL (Zugang zum Arbeitsmarkt), Art. 29 QRL (Erhalt von Sozialhilfe), Art. 30 QRL (Zugang zu medizinischer Versorgung) und Art. 32 QRL (Zugang zu Wohnraum) anzusehen. Die Richtlinien geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was sie den Flüchtlingen zu leisten haben. Sie erweitern den zu berücksichtigenden Schutzbereich des Art. 3 EMRK. Zutreffend heißt es im Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10. November 2014: "Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigeren - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen." (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014, a.a.O.).
Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat müssen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sein, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Schutzinhaber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, ). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014, a.a.O., OVG NordrheinWestfalen, Urteil vom 7. März 2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, [...]; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 -, BVerwGE 146, S. 67 und ; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., [...]).
Gemessen an diesen Maßgaben spricht bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und möglichen summarischen Prüfung Überwiegendes dafür, dass die Abschiebungsanordnung bezüglich Bulgariens rechtswidrig ist, weil erhebliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in Bulgarien nach wie vor systemische Mängel im Umgang mit Inhabern eines Schutzstatus vorliegen.
Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln lagen wegen des erheblichen Anstiegs der Flüchtlingszahlen ab 2009 erhebliche Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Bulgarien bis Ende 2013 vor (Bericht des UNHCR vom 2. Januar 2014 "Bulgaria as a country of asylum - UNHCR observations on the current situation of asylum in Bulgaria"; amnesty international, Stellungnahme vom 6. Januar 2014 "Urgent action - Flüchtlinge weiter in Notlage - Bulgarien"; European Council on Refugees an Exiles - ECRE - , Bericht vom 8. Januar 2014). Die Mängel betrafen den Zugang zum Asylverfahren, die Inhaftierung von Personen, die die Grenze unerlaubt übertreten hatten, die Unterbringung in überfüllten Aufnahmeeinrichtungen, die mangelnde Verpflegung und unzureichende medizinische Versorgung.
Der UNHCR hatte infolge der Analyse der Gesamtsituation für Asylbewerber und Inhaber eines Bleiberechts in dem genannten Bericht ausdrücklich die Empfehlung ausgesprochen, von Überstellungen nach Bulgarien abzusehen.
Bulgarien hat seit Anfang des Jahres 2014 mit massiver Unterstützung des UNHCR und anderer Organisationen eine Reihe von erheblichen Verbesserungen in vielen Bereichen für Asylbewerber erzielen können. Der UNHCR hält infolge von Verbesserungen im Asyl- und Aufnahmesystem im Bereich der Registrierung, der Verfahrensabwicklung und der Lebensbedingungen in einigen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber und Statusinhaber seine Forderung eines allgemeinen Überstellungsstopps nicht mehr aufrecht. Im Bericht vom 15. April 2014 ("Bulgaria as a country of asylum - UNHCR observations on the current situation of asylum in Bulgaria") schildert er für die Situation von Inhabern eines Bleiberechtsstatus aber nach wie vor eine ganze Reihe von erheblichen Missständen und Lücken, in einigen Bereichen sogar eine Verschlechterung der Situation. Maßgeblich ist vorliegend auf die Situation der Antragsteller abzustellen, denen in Bulgarien - wie vorliegend - bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Für diese Personengruppe führt der UNHCR in dem genannten Bericht vom April 2014 unter Ziffer. 2.7 aus:
Es gebe derzeit kein laufendes Integrationsprogramm mehr; die Finanzierung des neu entworfenen Programms sei bisher nicht genehmigt.
Die bis zu zwei Monate dauernde Lücke im Zugang zur Gesundheitsversorgung bleibe bestehen, solange die Statusinhaber als unversichert registriert seien. Zusätzlich müssten sie monatlich (umgerechnet) 8,70 Euro für den Zugang zu den Angeboten der nationalen Krankenversicherung zahlen. Davon seien Medikamente und psychologische Versorgung nicht erfasst (vgl. zur prekären medizinischen Versorgung auch den Bericht des UNHCR vom April 2014, S. 8; aida, National Country Report Bulgaria vom 18. April 2014, S. 34; Bordermonitoring, Gefangen in Europas Morast: Die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien, 2014 S. 16; Ärzte ohne Grenzen vom 12. Juni 2014). Während dem bulgarischen Staatsangehörigen der Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung nach für ihn obligatorischer Krankenversicherung zusteht, haben die Flüchtlinge mit bloß subsidiärem Schutzstatus diese Zugangsmöglichkeiten nicht. Das Problem der unzureichenden medizinischen Versorgung betrifft jedermann und nicht nur "ernsthaft und schwer Erkrankte", für die eine Sonderregelung zu treffen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014, a.a.O.). Nach Art. 30 QRL haben die Mitgliedstaaten für Flüchtlinge mit Schutzstatus dafür Sorge zu tragen, dass sie zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörige des diesen Schutz gewährenden Mitgliedstaats Zugang zu medizinischer Versorgung haben.
Im Bericht des UNHCR vom April 2014 heißt es weiter, dass Statusinhaber wegen der ungünstigen ökonomischen Situation und struktureller Probleme - wie der mangelnden Anerkennung von Qualifikationen, der fehlenden Hilfe, eine gesicherte Unterkunft zu finden, der fehlenden sprachlichen Hilfen - weiterhin Schwierigkeiten hätten, einen sicheren und dauerhaften Arbeitsplatz zu finden. Weiterhin erschwere der Mangel an adäquaten und erschwinglichen Wohnungsmöglichen die Integration der Statusinhaber. Diese blieben daher länger in den Aufnahmezentren ohne die Möglichkeit der gesellschaftlichen Integration. Die bulgarischen Behörden kommen damit der Anforderung nach Art. 32 QRL nicht nach, dafür zu sorgen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, Zugang zu Wohnraum unter Bedingungen erhalten, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.
Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung werde nach dem Bericht des UNHCR vom April 2014 nicht gewährleistet. Den gesetzlichen Regelungen in Bulgarien, die Personen mit internationalem Schutz unter den gleichen Bedingungen wie bulgarische Bürger Zugang zu Bildung zuzuerkennen, stünden in der Praxis erhebliche Zugangsschwierigkeiten entgegen. So gebe es nur Sprachkurse in einer Aufnahmeeinrichtung. Um zur Schule zugelassen zu werden, müssten Kinder einen Sprachkurs komplett absolvieren. In der Praxis gebe es nur in der Aufnahmeeinrichtung in Sofia diese Möglichkeit. Auch insoweit verstößt die bulgarische Praxis gegen die sich aus Art. 27 QRL ergebenden Rechte der Statusflüchtlinge auf Zugang zu Bildung.
Trotz der im Bericht angeführten Verbesserungen der Situation für Asylsuchende und für Flüchtlinge mit Schutzstatus durch die bulgarischen Behörden kann deshalb von einer generellen Wende der Flüchtlingspolitik nicht ausgegangen werden. In Ziffer 4 des Berichts vom April 2014 führt der UNHCR deshalb auch an, dass Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit der bisher erreichten Verbesserungen im gesamten Migrationsbereich bestünden. Viele Initiativen beruhten auf einer ad hoc-Basis zur Krisenbewältigung und ohne die Sicherstellung der Übernahmen durch die bulgarischen Behörden bzw. SAR. Insbesondere bestünden Bedenken bezüglich einer soliden Strategie und eines nachhaltigen Programms zur Sicherstellung eines Existenzminimums, adäquater Unterbringung, sprachlicher Abschlüsse und eines effektiven Zuganges zu einer regelrechten Ausbildung für Kinder. Inhaber eines internationalen Schutzstatus hätten keinen effektiven Zugang zum Erwerb einer Eigenständigkeit. Für sie bestehe das Risiko von Obdachlosigkeit und Verarmung.
Dies bestätigen neue dem Gericht vorliegende Erkenntnisse, aus denen sich ergibt, dass sich die Situation in Bulgarien auch im weiteren Verlauf des Jahres 2014 nicht in die vom UNHCR erhoffte und angemahnte Richtung entwickelt hat und auch 2015 vorerst nicht in diese Richtung entwickeln wird:
Angesichts der krisenhaften sozioökonomischen Situation in Bulgarien (vgl. die statistischen Werte zum pro Kopf BIP, zur Arbeitslosigkeit und zur Inflationsrate für das Jahr 2014 bei: Das Statistikportal, http://de.statista.com; WKO, Wirtschaftskammer Österreich (Werte der EU-Kommission)) besteht für Flüchtlinge mit Schutzstatus weiterhin ein sehr hohes Risiko der Obdach- und Arbeitslosigkeit sowie der Verarmung. Dies beruht in erster Linie auf dem Fehlen eines zwar zum 25. Juni 2014 entworfenen und veröffentlichten Integrationsprogramms (vgl. bordermonitoring, a.a.O.), welches jedoch von der im Herbst 2014 ausgeschiedenen bulgarischen Regierung abgelehnt (bordermonitoring: Kurzmitteilung vom 1. August 2014) und von der neuen Regierung bisher nicht genehmigt bzw. umgesetzt wurde. Regierungsmitglieder der seit November 2014 im Amt befindlichen neuen bulgarischen Regierung haben zwar die Absicht geäußert, sich in der Flüchtlingsfrage an die EU-Vorgaben zu halten und die Migrationspolitik in Richtung Integration voranzutreiben (vgl. news/ORF.at vom 29. Dezember 2014; RTL.de vom 29. Dezember 2014; Radio Bulgaria http://bnr.bg vom 10. Januar 2015). Konkretere Beschlüsse, Hinweise zur Genehmigung und Finanzierung eines Integrationsprogramms oder gar Anzeichen für eine praktische Umsetzung eines solchen Programms sind aber nicht bekannt. Dass die bereitgestellten finanziellen Mittel für die Erweiterung des Grenzzauns an der bulgarisch-türkischen Grenze eingesetzt werden (vgl. Radio Bulgaria, a.a.O., DW vom 16.1.2015 "Flüchtlinge in Bulgarien nicht willkommen") lässt eher den Schluss zu, dass die neue Regierung bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems eher auf die europarechtswidrige Verhinderung von Grenzübertritten setzt als auf Integration.
Die angeführten Menschenrechtsverletzungen betreffen nicht lediglich einen einzelnen Standard der Qualifikationsrichtlinie, sondern Mängel der medizinischen Versorgung und die eingeschränkten Zugänge zu Wohnraum, zur Beschäftigung und zur Bildung. Hiervon ist der Ausländer auch nicht nur vereinzelt und aufgrund unglücklicher Umstände oder wegen einer besonderen Sachverhaltskonstellation betroffen. Er ist vielmehr regelhaft und vorhersehbar als jemand, der zur Gruppe der Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz gehört, betroffen.
Angesichts der auch bulgarische Staatsangehörige treffenden schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt sowie der geringen Sozialhilfeleistungen ist weiter zu berücksichtigen, dass die geforderte Einhaltung der Standards in den Richtlinien zu einer Besserstellung der Flüchtlinge mit Schutzstatus gegenüber den eigenen Staatsangehörigen führen könnte. Der normativen Vergewisserung entspricht es, dass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass alle Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten. Eine Besserstellung von Flüchtlingen gegenüber den eigenen Staatsangehörigen ist aber grundsätzlich nicht gefordert. Auch ist nicht zu prüfen, ob der Mitgliedstaat in einem konkreten Fall die durch die Union gewährten Grundrechte tatsächlich beachtet. Gleichwohl sind aber auch bei Berücksichtigung des typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards die an ein menschenwürdiges Leben zu stellenden Mindestanforderungen, wie sie in der Qualifikationsrichtlinie genannt werden und die die Basis des Aufnahmesystems darstellen, zu beachten. Die Flüchtlinge müssen - wie ausgeführt - in der Lage sein, für ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, medizinische Versorgung, Hygiene und Unterkunft aufzukommen. Wegen des fehlenden Integrationsprogramms in Bulgarien gerät aber der Flüchtling in eine nahezu ausweglose Lage im Hinblick auf Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Armut verbunden mit fehlenden Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten insbesondere für Kinder und Jugendliche. Die Betroffenen haben keine reelle Chance, sich ein Existenzminimum in Bulgarien zu schaffen."
Die Situation hat sich seither nicht verbessert. Das Gericht hält daher an seiner Rechtsprechung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt fest. In seinem Beschluss vom 20. August 2015 - 12 B 3033/15 - hat es daher ergänzend ausgeführt:
"Wem es gelingt, trotz des Grenzzauns nach Bulgarien zu kommen, muss damit rechnen, mit Gewalt zurückgebracht zu werden (Frankfurter Rundschau vom 29. Mai 2015 "Busse voller scheuer Menschen mit abgelaufenen Schuhen"). In der lokalen Presse wird von Todesfällen an der Grenze berichtet, pro asyl fordert die Rückschiebungen zu beenden ("Keine völkerrechtswidrige Push Backs an der bulgarisch-türkischen Grenze, Aufhebung der Grenzabschottung", Bericht vom April 2015) Die Abschottungspraxis lässt den Schluss zu, dass die neue Regierung bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems eher auf die europarechtswidrige Verhinderung von Grenzübertritten setzt als auf Integration.
Im Wirtschaftsblatt (vom 15. Januar 2015 "Bulgarien baut Grenzzaun zur Türkei aus") heißt es, dass monatlich 3.000 Flüchtlinge illegal nach Bulgarien über die Landesgrenze zur Türkei einreisten. Momentan seien 8.000 Flüchtlinge in den Aufnahmezentren im Grenzgebiet und in der Hauptstadt Sofia untergebracht. Die Kapazitäten der Flüchtlinge seien fast ausgeschöpft. Dem gegenüber berichtet der UNHCR auf eine Anfrage des VGH Baden-Württemberg in einer Email vom 7. November 2014, dass nach den allerjüngsten Zahlen wohl ca. 35 % (von der Gesamtkapazität von 6.000 Plätzen) noch nicht ausgeschöpft seien (vgl. auch Asylum Information Database - AIDA -, National Country Report Bulgaria vom 31. Januar 2014 und die Bewertung im Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10. November 2014, a.a.O.). Auch nach dem Bericht des UNHCR vom 23. Dezember 2014 ist die Kapazität der SAR-Einrichtungen - wie ausgeführt - nicht ausgelastet. Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Berichte, dass sich die auch vom UNHCR im Bericht vom April 2014 als inakzeptabel bezeichneten Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen in Vrazdebna und Voenna Rampa gebessert hätten, weiterhin fehlen. Der UNHCR führt im Bericht vom 14. Januar 2015 an, dass in den Jahren 2013 und 2014 mehr als 18.000 Flüchtlinge vor allem aus Syrien über die Türkei kommend in Bulgarien, das zu den ärmsten Mitgliedstaaten der EU gehöre, um Flüchtlingsschutz nachgesucht hätten. Es werde im Frühjahr, wenn das Wetter günstiger werde, mit einem erneuten Ansturm gerechnet (UNHCR-News vom 14. Januar 2015, gestützt auf den entsprechenden Bericht Reuters vom selben Tag). Bei einer Gesamtkapazität von ca. 6.000 Plätzen dürften die Flüchtlinge in den Aufnahmeeinrichtungen nicht unterbracht werden können (vgl. auch jungle-world.com - Archiv - 04/2015 Reportage - Flüchtlinge in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, vom 22. Januar 2015 "Hotel Cinq Etoiles"). Ein erheblicher Teil der Asylsuchenden wird sich außerhalb der staatlichen Einrichtungen aufhalten, weil sie in diese nicht aufgenommen wurden oder weil diese inakzeptable Lebensumstände darstellen.
Auch wird nach wie vor über inakzeptable und unwürdige Zustände in den bulgarischen Gefängnissen berichtet (TAZ vom 28. Januar 2015 "Gericht rügt unwürdige Zustände"; FR vom 27. März 2015 "Antifolterkomitee geißelt Bedingungen in Bulgarien"). Auch außerhalb der Gefängnisse werden die unwürdigen Umstände für Flüchtlinge aufgeführt. Unter Berufung auf Berichte vom ECRI Report in Bulgarien, Published on 16. September 2014, Bordermonitoring Bulgaria 2014 und ai 2015 führt pro asyl im Bericht vom April 2015 an, dass rassistische Übergriffe gegen Flüchtlinge zahlreich seien und ein erschreckend hohes Maß an Gewalt aufwiesen. Sie reichten von verbalen Angriffen und Erniedrigungen über Diskriminierung bis hin zu physischen Übergriffen mit teilweise brutalem Ausmaß. "Sie treffen den Einzelnen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, bei Arztbesuchen und auf der Straße und alle Flüchtlinge bei Angriffen auf Flüchtlingslager. Diskriminierende Gewalt wirkt sich nicht nur für die direkt Betroffenen traumatisierend aus, sondern betrifft ihre gesamte Community" (pro asyl, Bericht vom April 2015, S. 30). Die Situation verschärft sich für diejenigen Flüchtlinge, die einen Flüchtlings- oder subsidiären Schutzstatus erhalten haben. Sie erhalten keinerlei Unterstützung bei der Suche und Bezahlung von Wohnraum, keine Sozialhilfe, keine oder nur sehr schwer Arbeit (vgl. pro asyl, Bericht vom April 2015, S. 32 ff.; vgl. auch VG Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2015, a.a.O.; so nunmehr auch Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Juli 2015 an das VG Stuttgart).
Angesichts dieser Situation, die nach wie vor von Versorgungsengpässen und inakzeptablen Unterbringungen geprägt ist, die zu Obdachlosigkeit, unzureichender medizinischer Versorgung und ein Leben in extremer Armut führen kann, ist es nicht zumutbar, die betreffenden Antragsteller nach Bulgarien abzuschieben.
Die geänderte Sachlage ist auch entscheidungserheblich. Die Abschiebungsanordnung bezüglich Bulgariens dürfte rechtswidrig sein, weil erhebliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in Bulgarien für die Gruppe anerkannter Flüchtlinge und Inhaber von subsidiärem oder humanitärem Schutz ein an den Mindeststandards der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) ausgerichtetes (Über-)Leben nicht möglich ist, mithin insoweit in Bulgarien systemische Mängel vorliegen (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 12 B 245/15 - , [...]).
Die angeführten Menschenrechtsverletzungen betreffen nämlich nicht lediglich einen einzelnen Standard der maßgeblichen Qualifikationsrichtlinie (vgl. in der Richtlinie 2011/95/EU: z. B. Art. 26 Abs. 2 beschäftigungsbezogenes Bildungsangebot, Art. 27 Bildung, Art. 29 Sozialhilfe, Art. 30 medizinische Versorgung, Art. 30 Wohnraum), sondern Mängel der medizinischen Versorgung und die eingeschränkten Zugänge zu Wohnraum, zur Beschäftigung und zur Bildung. Hiervon ist der betreffende Ausländer in Bulgarien auch nicht nur vereinzelt und aufgrund unglücklicher Umstände oder wegen einer besonderen Sachverhaltskonstellation betroffen. Er ist vielmehr regelhaft und vorhersehbar als Person, die zur Gruppe der Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz gehört, betroffen.
Angesichts der auch bulgarische Staatsangehörige treffenden schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt sowie der geringen Sozialhilfeleistungen ist weiter zu berücksichtigen, dass die geforderte Einhaltung der Standards in der Richtlinie zu einer Besserstellung der Flüchtlinge mit Schutzstatus gegenüber den eigenen Staatsangehörigen führen könnte. Dem "Konzept der normativen Vergewisserung" entspricht es, dass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass alle Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten. Eine Besserstellung von Flüchtlingen gegenüber den eigenen Staatsangehörigen ist aber grundsätzlich nicht gefordert. Auch ist nicht zu prüfen, ob der Mitgliedstaat in einem konkreten Fall die durch die Union gewährten Grundrechte tatsächlich beachtet. Gleichwohl sind aber auch bei Berücksichtigung des typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards die an ein menschenwürdiges Leben zu stellenden Mindestanforderungen, wie sie in der Qualifikationsrichtlinie genannt werden und die die Basis des Aufnahmesystems darstellen, zu beachten. Die Flüchtlinge müssen in der Lage sein, für ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, medizinische Versorgung, Hygiene und Unterkunft aufzukommen. Wegen des fehlenden Integrationsprogramms in Bulgarien gerät aber ein Flüchtling mit Schutzstatus in eine nahezu ausweglose Lage im Hinblick auf Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Armut verbunden mit fehlenden Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten insbesondere für Kinder und Jugendliche. Die Betroffenen haben keine reelle Chance, sich ein Existenzminimum in Bulgarien zu schaffen (vgl. Beschluss des Gerichts vom 27. Januar 2015, aaO)."
Schließlich ist der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag des Klägers auch nicht mangels Sachbescheidungsinteresse unzulässig.
Es ist Ausdruck einen allgemeinen Rechtsgrundsatzes im Verwaltungsverfahren, dass ein Antrag nur zulässig ist, wenn der Antragsteller ein schutzwürdiges Interesse an der von ihm beantragten Amtshandlung hat, insbesondere sie zur Verwirklichung oder Wahrung eines Rechts benötigt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., München, § 22 Rn 56 unter Hinwies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Das wäre der Fall, wenn der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Verwaltungsverfahrens hätte bzw. er die letztlich begehrte Entscheidung nicht benötigen würde. Vorliegend könnte der Zulässigkeit eines (weiteren) Asylantrages des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen, dass er bereits ein Asylverfahren in einem europäischen Mitgliedstaat durchlaufen hat, in dem ihm ein Schutzstatus zugesprochen wurde. Die Erwägung gewinnt vor dem Hintergrund Gestalt, dass das gemeinsame europäische Asylsystem - insbesondere die Dublin III-Verordnung - jedem Schutzsuchenden die Durchführung eines Asylverfahrens (jedoch nur) in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen ersten Asylantrag gestellt hat, garantiert.
Aus dieser Garantie kann aber nicht geschlossen werden, dass ein weiterer Asylantrag in einem weiteren Mitgliedstaat in jedem Fall unzulässig ist. Denn es enthalten weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch Unionsrecht (wie insbesondere die Dublin III-Verordnung und die Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU) entsprechende Ausschlussregelungen. Auch ergibt sich aus diesen keine entsprechende Bindungswirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014, a.a.O. unter Bezugnahme auf das BVerfG). Zwar enthält Art. 78 Abs. 2 lit a und b AEUV eine Gesetzgebungsermächtigung, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige ermöglichen. Die maßgebliche Flüchtlingsschutzrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Maßgebend für eine Bindungswirkung einer Statusentscheidung durch einen Vertragsstaat ist damit das nationale Recht. Die Bundesrepublik Deutschland hat von der nach Völker- und Unionsrecht bestehenden Möglichkeit der Bindungswirkung lediglich in dem begrenzten Umfang der Regelungen in § 60 AufenthG Gebrauch gemacht. Diesen ist - wie oben ausgeführt - nur die Wirkung beizumessen, dass ein Ausländer, dem bereits in einem anderen Mitgliedstaat ein Schutzstatus zuerkannt wurde, keinen Anspruch darauf hat, dass ihm in der Bundesrepublik Deutschland in einem weiteren Asylverfahren ein minder- oder gleichwertiger Schutzstatus zuerkannt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014, a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich - wie bereits ausgeführt - auch nicht aus § 60 Abs. 2 AufenthG. Anders als nach Auffassung des VG Stade (a.a.O.) lässt sich die für eine Bindungswirkung erforderliche gesetzliche Regelung nicht aus allgemeinen Erwägungen ableiten. Um einen Ausländer von einer materiellen Prüfung des Flüchtlingsschutzes auszuschließen, bedarf es einer eindeutigen gesetzlichen Regelung (vgl. VGH Bad. Württ. a.a.O.). Dies gilt vor allem auch deshalb, weil nach der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie aber auch nach dem nationalen Recht die Rechtsstellung des anerkannten Flüchtlings und diejenige des subsidiär Schutzberechtigten zwar weitgehend angeglichen, aber nicht vollständig identisch sind, vgl. etwa die jeweils unterschiedlichen Regelungen der Aufenthaltstitel in Art. 24 Qualifikationsrichtlinie n.F. und § 26 Abs. 1 AufenthG oder den nur einem anerkannten Flüchtling vorbehaltenen Reiseausweis nach Art. 28 GFK (vgl. VGH Bad. Württ., a.a.O.). Dem steht anders als nach Auffassung des VG Stade (a.a.O.) nicht entgegen, dass die Entscheidung durch einen Mitgliedstaat, den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abzulehnen, ohne Bedeutung bliebe, solange jener Mitgliedstaat wenigstens subsidiären Schutz gewährt habe. Denn den Entscheidungen der Mitgliedstaaten kommt - wie ausgeführt - eine Bindungswirkung nur zu, wenn diese sich aus europäischem oder nationalem Recht ergibt. Dies trifft für bestimmte Entscheidungen der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zu. Entsprechende Regelungen für eine ablehnende Entscheidung fehlen.
Der umfassende Asylantrag des Klägers, mit dem er einen höherwertigen Status (Flüchtlingseigenschaft) als den ihm bereits zuerkannten (subsidiärer Schutz) anstrebt, ist daher nicht unzulässig. Seinem Anfechtungsbegehren im vorliegenden Klageverfahren bzgl. der Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides fehlt mithin nicht das Sachbescheidungsinteresse.
(2) Auch die Entscheidung zu Ziffer 2 in dem angegriffenen Bescheid ist rechtswidrig.
Rechtsgrundlage für die Anordnung, den Kläger nach Bulgarien abzuschieben, ist § 34 a Abs. 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt dann, wenn der Ausländer u.a. in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Da Bulgarien nach den obigen Ausführungen derzeit nicht als sicherer Drittstaat angesehen werden kann, ist auch die Abschiebungsanordnung bezüglich Bulgariens rechtswidrig.