Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 15.06.2016, Az.: 2 A 287/14
Abschiebungsandrohung; Abschiebungsanordnung; Anfechtungsklage; Asyl; Flüchtlingsanerkennung; Sicherer Drittstaat
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 15.06.2016
- Aktenzeichen
- 2 A 287/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43431
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 26a AsylVfG 1992
- § 31 Abs 4 AsylVfG 1992
- § 60 Abs 1 S 2 AufenthG
- § 60 Abs 1 S 3 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Gegen eine Entscheidung gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG ist allein die Anfechtungsklage zulässig. Ein Verpflichtungsbegehren ist auch insoweit unzulässig, als es sich auf die Feststellung bezieht, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, denn eine solche Feststellung gehört nicht zum Entscheidungsprogramm des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gemäß § 31 Abs. 4 AsylG.
2. Ist ein Asylbewerber bereits in einem sicheren Drittstaat als Flüchtling anerkannt worden, so hat er kein Sachbescheidungsinteresse daran, die bereits erworbeneSchutzposition in Deutschland in einem erneuten Asylverfahren nochmals zugesprochen zu bekommen. Dies gilt auch dann, wenn dem Ausländer eine Rückkehr in den Mitgliedstaat, in dem er als Flüchtling anerkannt wurde, nicht zumutbar ist.
3. Im Fall einer Entscheidung gemäß § 26a AsylG ist die Androhung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat rechtswidrig.
Tatbestand:
Der am xxx1993 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben verließ er sein Heimatland am 03.04.2014 und reiste am 01.05.2014 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein. Dort stellte er am 16.06.2014 einen Asylantrag.
Nachdem die Beklagte einen EURODAC-Treffer für Bulgarien erhalten hatte, richtete sie am 28.07.2014 ein Rückübernahmeersuchen an Bulgarien, das zunächst unbeantwortet blieb. Mit Schreiben vom 19.11.2014 lehnte die „State Agency for Refugees“ Bulgariens die Übernahme des Klägers nach den Regeln der Dublin III-Verordnung mit der Begründung ab, dem Kläger sei in Bulgarien am 24.02.2014 der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden. Unter dem 17.02.2015 teilte die bulgarische Grenzpolizeibehörde mit, dass sie einer Überstellung auf der Grundlage des bilateralen Rücküberstellungsübereinkommens zustimme.
Mit Bescheid vom 18.08.2014 lehnte die Beklagte den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie aus, der Antrag sei gemäß § 27a AsylVfG (heute: AsylG) unzulässig, weil Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG. Mit weiterem Bescheid vom 16.03.2015 hob die Beklagte die Ziffer 2 des Bescheids vom 18.08.2014 auf (Ziffer 1), forderte den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Bulgarien oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat zur Ausreise aus dem Bundesgebiet auf (Ziffer 2) und stellte fest, dass er nicht nach Syrien abgeschoben werden dürfe (Ziffer 3). Dabei stellte sie bezüglich der Unzulässigkeit des Asylantrags nunmehr auf § 26a AsylVfG (Einreise aus einem sicheren Drittstaat) ab. Weil eine Überstellung des Klägers nach Bulgarien wegen einer ärztlich festgestellten Reiseunfähigkeit auf unabsehbare Zeit nicht möglich sei, könne die Abschiebungsanordnung nicht durchgesetzt werden und sei aufzuheben. Als milderes Mittel sei eine Abschiebungsandrohung zulässig.
Am 25.08.2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt unter Vorlage mehrerer Atteste der Universitätsmedizin Göttingen vor, er leider unter einer gravierenden psychischen Erkrankung und die bestehende psychopathologische Symptomatik würde sich im Fall der Rückführung in ein anderes Land weiter verschlechtern.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 1 ihres Bescheids vom 18.08.2014 und der Ziffer 2 ihres Bescheids vom 16.03.2015 zu verpflichten,
ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
wobei sie sich zur Begründung auf den Inhalt ihrer Bescheide bezieht.
Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Ziffer 2 des Bescheids vom 18.08.2014 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie haben jeweils auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheids vom 18.08.2014 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat die Begründung seiner Entscheidung, den Asylantrag des Klägers als unzulässig abzulehnen, in seinem Änderungsbescheid vom 16.03.2015 gegenüber dem Bescheid vom 18.08.2014 ausgewechselt. Während es ursprünglich darauf abgestellt hatte, der Kläger unterfalle dem Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (Dublin III-Verordnung) und damit des § 27a AsylG, führt es jetzt zur Begründung aus, der Kläger sei aus einem sicheren Drittstaat gemäß § 26a AsylG eingereist. Zwar hat das Bundesamt nicht die für einen solchen Fall gesetzlich vorgesehene Feststellung getroffen, dem Kläger stehe aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zu (§ 31 Abs. 4 S. 1 AsylG). Weil es jedoch als Rechtsgrundlage ausdrücklich § 26a AsylG genannt hat, ist seine Entscheidung hinreichend bestimmt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25.01.2016 - 34 K 181.15 A -, juris).
Die Anwendung des § 26a Abs. 1 S. 1 AsylG ist nicht nach § 26a Abs. 1 S. 3 Nr. 2 AsylG ausgeschlossen, wonach diese Rechtsgrundlage nicht gilt, wenn die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich vorliegend insbesondere nicht aus der Dublin III-Verordnung, denn diese findet keine Anwendung, wenn der Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Flüchtling anerkannt worden ist (h. M., vgl. nur Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, S. 88).
Das mit Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachte Verpflichtungsbegehren ist unzulässig. Klagt ein Asylbewerber gegen eine Entscheidung, die gemäß § 27a AsylG i.V.m. den sog. Dublin-Verordnungen ergangen ist, ist hiergegen nach ganz herrschender Meinung allein die Anfechtungsklage statthaft (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 - NVwZ 2016, 154; Nds. OVG, Urteil vom 25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.08.2015 - 1 A 11020/14 -, juris; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt, wenn in dem Bescheid lediglich festgestellt wird, dass dem Antragsteller aufgrund von § 26a AsylG kein Asylrecht zusteht. Die Entscheidung nach § 26a AsylG ist ein belastender Verwaltungsakt, dessen isolierte Aufhebung den erforderlichen und ausreichenden Rechtsschutz bietet, weil schon seine Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamts auslöst (VG Lüneburg, Urteil vom 18.03.2016 - 5 A 210/14 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2014 - 17 K 7107/14.A -, juris, m.w.N.). Wie bei einer sog. Dublin-Entscheidung geht es in einem solchen gerichtlichen Verfahren in erster Linie um die Prüfung, ob die Bundesrepublik Deutschland für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist, ohne dass an dieser Stelle eine inhaltliche Vorprüfung des Asylantrags oder ein „Durchentscheiden“ stattfindet, was dem Asylbewerber zudem eine Tatsacheninstanz nehmen würde.
Das Verpflichtungsbegehren ist auch insoweit unzulässig, als es sich auf die Feststellung bezieht, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Wird der Asylantrag nur nach § 26a AsylG abgelehnt, so hat das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 4 AsylG nur festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Anders als gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 AsylG im Fall der Entscheidung über beachtliche Asylanträge, nach § 30 Abs. 5 AsylG und über unbeachtliche Asylanträge (§ 29 AsylG) enthält § 31 Abs. 4 AsylG nicht die Verpflichtung zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Weil diese Feststellung somit im Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht zum Entscheidungsprogramm des Bundesamts gemäß § 31 Abs. 4 AsylG gehört, wirkt sich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen allenfalls auf den Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG und auf die Frage aus, ob die Abschiebung durchgeführt werden kann. Der abweichenden Auffassung des VG Gelsenkirchen (Urteil vom 19.02.2016 - 2a K 5485/15.A -, juris) folgt das erkennende Gericht nicht.
Auch die Klage auf Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 18.08.2014 hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt, weil ihm durch seine Anerkennung als Flüchtling bereits in Bulgarien internationaler Schutz zuerkannt worden ist. Das Gericht folgt hierzu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das in seinem Urteil vom 17.06.2014 (- 10 C 7/13 -, vgl. auch Beschluss vom 23.10.2015 - 1 B 41/15 -; jeweils bei juris) ausgeführt hat:
„Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG.“
Danach erstreckt das Gesetz die den Abschiebungsschutz betreffenden Rechtswirkungen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung auch auf Deutschland. Ein Kläger, dem in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union der Status eines Flüchtlings verliehen worden ist, hat kein Sachbescheidungsinteresse daran, in einem erneuten Asylverfahren die bereits zugesprochene Schutzposition nochmals von der Beklagten zu erhalten, und das Bundesamt ist weder berechtigt noch verpflichtet, über einen erneuten Asylantrag (§ 13 Abs. 2 AsylG) inhaltlich zu entscheiden. Der Rechtslage liegt die Annahme zugrunde, dass dem Betroffenen bereits in einem sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG ein Schutzstatus zuerkannt worden ist, der ihn vor einer Rückführung in sein Heimatland und damit vor drohender politischer Verfolgung oder ernsthaftem Schaden schützt. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union kraft Gesetzes ein solcher sicherer Drittstaat (§ 26a Abs. 2 AsylG).
Dieser vom einfachen nationalen Recht vorgesehene Ausschluss eines erneuten Asylverfahrens ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Unionsrecht lässt die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz ohne inhaltliche Prüfung ausdrücklich zu. Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (Asylverfahrensrichtlinie a.F.) müssen die Mitgliedstaaten nicht prüfen, ob der Antragsteller als Flüchtling anzuerkennen ist, wenn ein Antrag nach diesem Artikel als unzulässig betrachtet wird. Gemäß Art. 25 Abs. 2 Lit. a der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Diese Regelung ist vorliegend nach der Übergangsregelung in Art. 52 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie n.F.) anzuwenden, weil der Kläger seinen Asylantrag vor dem 20.07.2015 gestellt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.10.2015 - 1 B 41/15 -, a.a.O.). Ihre Voraussetzungen liegen vor, da Bulgarien dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat.
Ein weiteres Asylverfahren ist in Deutschland auch dann nicht durchzuführen, wenn dem Ausländer eine Rückkehr in den Mitgliedstaat nicht zumutbar ist, in dem er als Flüchtling anerkannt wurde. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn dem Betroffenen in diesem Mitgliedstaat eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. d. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - droht. Es ist weder verfassungs- noch gemeinschaftsrechtlich geboten, dem Betroffenen in einer solchen Konstellation entgegen § 60 Abs. 1 S. 2 und 3 AufenthG ein neues Asylverfahren zu eröffnen. Die Flüchtlingsanerkennung ist nach ihrem Sinn und Zweck auf die Abwehr von Gefahren gerichtet, die einem Ausländer in seinem Herkunftsland drohen. Sie dient nicht dazu, vor Missständen in einem sicheren Drittstaat zu schützen (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.02.2016, - 2a K 5485/15.A -, a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom 09.12.2015 - 8 K 2119/14.A -, juris). Deshalb kann hier auch die in der neueren Rechtsprechung umstrittene Frage offen bleiben, ob es sich bei Bulgarien (noch) um einen sicheren Drittstaat in diesem Sinne handelt (vgl. z. B. VG Magdeburg, Gerichtsbescheid vom 23.11.2015 - 7 A 278/14 -; VG Schleswig, Urteil vom 29.10.2015 - 12 A 286/15 -; VG Ansbach, Urteil vom 07.10.2015 - AN 11 K 15.50067 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2015 - 13 K 2288/15.A -; jeweils bei juris), oder aber die durch § 26a Abs. 1 AsylG i. V. m. Art. 16a Abs. 2 S. 1 GG begründete Vermutung, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta der Europäischen Union in den Mitgliedstaaten der EU sichergestellt ist, aufgrund systemischer Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen als widerlegt gelten muss (vgl. z. B. VG Köln, Urteil vom 26.11.2015 - 20 K 712/15.A -; VG Oldenburg, Urteil vom 04.11.2015 - 12 A 498/15 -; VG Münster, Urteil vom 22.10.2015 - 8 K 436/15.A -; jeweils bei juris). Maßgeblich ist, dass der Kläger in Bulgarien bereits den höchstmöglichen internationalen Schutzstatus erlangt und keinen Anspruch darauf hat, dass eine vergleichbare Prüfung in Deutschland nochmals durchgeführt wird. Wie bereits dargelegt, akzeptiert Deutschland die den Abschiebungsschutz betreffenden Rechtswirkungen der bulgarischen Anerkennungsentscheidung, sodass der Kläger nicht in sein Herkunftsland abgeschoben werden darf. Ein entsprechender Ausspruch findet sich auch im Bescheid des Bundesamts vom 16.03.2015. Die Frage, ob dem Ausländer eine Rückkehr in den Anerkennungsstaat zumutbar ist, berührt nicht die erneute Durchführung eines Asylverfahrens, sondern die Rechtmäßigkeit einer dorthin ausgerichteten Abschiebung.
Die Klage auf Aufhebung der in Ziffer 2 des Bescheids vom 16.03.2015 getroffenen Regelung ist zulässig und begründet. Die dort ausgesprochene Abschiebungsandrohung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Abschiebungsandrohung in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht auf § 34 Abs. 1 AsylG gestützt werden. Im Zusammenhang mit § 26a AsylG ist diese Bestimmung nicht anwendbar (BayVGH, Beschluss vom 05.10.2015 - 21 ZB 15.30178 -, juris). Denn § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG sieht für den Fall, dass - wie hier - die Ablehnung des Asylantrags allein unter Berufung auf die Drittstaatenregelung gemäß § 26a AsylG erfolgt, nur den Erlass einer Abschiebungsanordnung bezogen auf den sicheren Drittstaat, nicht jedoch eine Abschiebungsandrohung vor. Der Erlass der Abschiebungsanordnung ist überdies an strengere Voraussetzungen geknüpft als der einer Abschiebungsandrohung, weil die Abschiebungsanordnung nur ergehen darf, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d. h. wenn sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (wie eine Reiseunfähigkeit) durch das Bundesamt geprüft und verneint worden sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2015 - A 11 S 57/15 -; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 976/14.A -; OVG des Saarlands, Beschluss vom 25.04.2014 - 2 B 215/14 -; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 -; Nds. OVG, Beschluss vom 02.05.2012 - 13 MC 22/12 -; jeweils bei juris). Erlässt das Bundesamt dagegen lediglich eine Abschiebungsandrohung, unterbleibt die Prüfung der möglicherweise zugunsten des Asylbewerbers bestehenden Abschiebungshindernisse. Im Fall des Klägers liegen die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung (auch nach Auffassung des Bundesamts) nicht vor, weil er reiseunfähig ist. Damit muss derzeit jegliche Entscheidung des Bundesamts zur Aufenthaltsbeendigung unterbleiben. Mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung würde dieses vom Gesetz gewollte Ergebnis umgangen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten, die Abschiebungsandrohung stelle im Verhältnis zur Abschiebungsanordnung das mildere Mittel dar. Es handelt sich um unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung mit unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen. Sie sind nicht teilidentisch, sodass es sich bei der Abschiebungsandrohung im Verhältnis zur Abschiebungsanordnung nicht um ein „Minus“, sondern um ein „Aliud“ handelt (BVerwG, Beschluss vom 23.10.2015 - 1 B 41/15 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2015 - A 11 S 57/15 -, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Der Kläger unterliegt im Hinblick auf den Verpflichtungsantrag, die Beklagte hinsichtlich der aufgehobenen Abschiebungsandrohung. Sie trägt nach billigem Ermessen auch die auf den erledigten Verfahrensteil entfallenden Kosten, weil sie die zunächst erlassene Abschiebungsanordnung aufgehoben hat. Dies führt insgesamt zu einer hälftigen Teilung der außergerichtlichen Kosten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.