Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 04.11.2004, Az.: 2 A 1583/02
Begehren der Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Einfamilienhauses; Bauplanungsrechtliche Einordnung einer planmäßig angelegte Moorsiedlung; Voraussetzungen des Merkmals des "im Zusammenhang bebauten Ortsteils"; Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit; Einordnung einer gewachsenen, optisch regellosen Anordnung von Baukörpern unter § 34 Baugesetzbuch (BauGB)
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 04.11.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 1583/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 26442
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2004:1104.2A1583.02.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 34 BauGB
- § 74 Abs. 1 NBauO
- § 35 BauGB
Verfahrensgegenstand
Bauvorbescheid
Prozessführer
Frau A.
Prozessgegner
Landkreis Osterholz,
vertreten durch den Oberkreisdirektor,Osterholzer Straße 23, 27711 Osterholz-Scharmbeck
Sonstige Beteiligte
Gemeinde D
Amtlicher Leitsatz
Eine planmäßig angelegte Moorsiedlung kann trotz der gegen eine
Baulücke sprechenden großen Abstände zwischen den einzelnen, gegenüber der Umgebung jeweils höher liegenden Hofstellen ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB sein, in den sich eine weitere Wohnbebauung wegen der mit ihr einhergehenden Verdichtung der Bebauung nicht einfügt.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 2. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2004
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. von Kunowski,
den Richter am Verwaltungsgericht Leiner,
den Richter am Verwaltungsgericht Klinge sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen E. und F.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Einfamilienhauses.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2001 an den Gemeindedirektor der Beigeladenen bat die Klägerin um Klärung der Frage, ob sie auf Ihrem Grundstück an der G. Straße (Flurstück 64/1, Flur 8, Gemarkung H.) ein Wohnhaus errichten dürfe. Sie gab an, ihr Ehemann sei am 31. Januar 2001 verstorben und sie habe eine 10-jährige Tochter. Außerdem lebe der 82-jährige Vater ihres Mannes bei ihr. Dieser sei ein Pflegefall. Ihr verstorbener Mann sein Landwirt gewesen und habe einen Hof in I. 6 bewirtschaftet. Zu diesem landwirtschaftlichen Betrieb gehöre auch das oben genannte Grundstück in J. Sie wolle weiterhin als Altenpflegerin arbeiten, sei aber bestrebt in K. zu bleiben und hier weiter für ihren Schwiegervater und ihre Tochter zu sorgen. Sofern sie die Möglichkeit hätte auf dem oben genannten Grundstück ein Wohnhaus zu errichten, bestünde für sie die Möglichkeit, den landwirtschaftlichen Betrieb mit Hofstelle zu verkaufen.
Die Beigeladene leitete die Anfrage an den Beklagten weiter und erteilte ihr Einvernehmen gem. § 36 BauGB zu dem Vorhaben. Das Grundstück sei an sämtliche Ver- und Entsorgungsleitungen anschließbar und die Zuwegung sei gesichert. Es liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Außerdem wies die Beigeladene darauf hin, dass das Einvernehmen für die Erteilung des Bauvorbescheides unter Hinweis auf die seinerzeit getroffene Entscheidung zu dem Bauvorhaben L., Bauvorbescheid vom 16. Februar 1984 und Baugenehmigung vom 10. Juni 1995 (gemeint ist 1985) hergestellt werde.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2001 teilte der Beklagte der Klägerin als Ergebnis einer Zwischenprüfung mit, dass der beantragte positive Bauvorbescheid nicht erteilt werden könne, weil die für die Bebauung vorgesehenen Flächen im Außenbereich lägen und das Vorhaben daher gem. § 35 BauGB zu beurteilen sei. Dem Vorhaben stünde entgegen, dass die Flächen im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Flächen dargestellt seien und die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchtet werde.
Am 10. September 2001 fand unter Beteiligung der Klägerin und des Nachbarn sowie Bediensteten des Beklagten eine Ortsbesichtigung statt. In einem handschriftlichen Vermerk (Blatt 28 Beiakte C) vom selben Tage ist festgehalten, die Bebauung entlang der G. Straße werde geprägt durch die "Findorffsche" Siedlungsstruktur. Die vorhandenen Hofstellen lägen mit großzügigen Zwischenräumen ca. 120 bis 130 Meter von der Straße entfernt. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil sei durch diese weitläufige Bebauung nicht gegeben, so dass das Grundstück der Klägerin dem Außenbereich zuzuordnen sein. Das Nachbargebäude (Hausnummer 17) des Nachbarn M. sei im Jahre 1984/1985 fälschlicherweise gem. § 34 BauGB beurteilt worden. Der Nachbar könne sich aber darauf berufen, dass an der dortigen Stelle ehemals eine Hofstelle bestanden hätte.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2002 lehnte der Beklagte die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides ab. In der Begründung heißt es, die zur Bebauung dienenden Flächen lägen nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles im Sinne von § 34 BauGB. Ortsteil in diesem Sinne sei ein jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Bei der Bewertung des Gewichtes der Ansiedlung seien neben der Anzahl der Bauten auch die siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde entsprechend zu berücksichtigen. Diesbezüglich sei festzustellen, dass sich die vorhandene Bebauung nicht wesentlich von den in der weiteren Umgebung im Gemeindegebiet von K. vorhandenen Streu- und Splittersiedlungen abhebe. Entsprechende Bebauung weise das Gebiet der Gemeinde K. auch an diversen anderen Bereichen auf. Die Anzahl der Bewohner der jeweiligen Ansiedlung im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Gemeinde sei dabei unbedeutend. Der maßgebliche Bereich entlang der G. Straße sei durch landwirtschaftliche Hofstellen mit deutlich trennenden Freiflächen zwischen den jeweiligen Höfen geprägt. Die Entstehung der Ansiedlung sei historisch mit der Aufnahme der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu begründen. Die mit den Erfordernissen dieser Nutzung in Einklang stehende Siedlungsstruktur habe auf Grund des zwischenzeitlichen Strukturwandels in der Landwirtschaft ihre ursprüngliche Bedeutung und die Fähigkeit zur Fortentwicklung verloren, weil eine Fortführung der Bebauung nur unter Beachtung der ursprünglichen Siedlungsanforderungen möglich wäre. Das von der Klägerin beabsichtigte Bauvorhaben stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme einer landwirtschaftlichen Nutzung und widerspreche insofern der historischen Siedlungsstruktur. Das für die Anerkennung einer Ortsteilsqualität bereits nicht ausreichende Gewicht der Ansiedlung sowie die fehlende Möglichkeit zu einer angemessenen Fortentwicklung der Bebauung innerhalb der vorhandenen Siedlungsstruktur führten zu einer Einstufung der vorhandenen Bebauung als Splittersiedlung im Außenbereich. Die Zulassung des Vorhabens der Klägerin würde zur Verfestigung einer Splittersiedlung führen. Außerdem könne das Vorhaben Vorbildwirkung für andere Interessenten haben und zu einer weiteren Zersiedelung des Außenbereichs führen. Ferner widerspreche das Vorhaben der Darstellung im Flächennutzungsplan, der die Fläche nicht als künftiges Bauland, sondern als Fläche für die Landwirtschaft darstelle. An dieser Beurteilung ändere auch die Tatsache nichts, dass auf dem Grundstück früher ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude gestanden habe. Dieses Gebäude sei nach den vorliegenden Angaben bereits 1961 verfallen und anschließend abgebrochen worden.
Die Klägerin legte hiergegen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. Januar 2002 Widerspruch ein und begründete diesen damit, auf dem Streckenabschnitt südlich der G. Straße sei jedes Grundstück mit Ausnahme des Grundstücks der Klägerin bebaut. Es handele sich um eine Baulücke. Der Umstand, dass die Häuser wie in einer Reihe nebeneinander stünden, stehe der Annahme eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles nicht entgegen. Reihendörfer seien typisch für die Gegend um K. und hätten mit der historischen Entwicklung der Findorffschen Reihendörfer tun. Die landwirtschaftliche Nutzung der Bebauung sei für die Südseite der G. Straße nicht mehr prägend. Dort stünden insgesamt 12 Häuser, wovon nur noch zwei landwirtschaftlich genutzt würden. Die Bebauung mit Wohnhäusern sei also geradezu typisch für diesen Ortsteil. Es sei auch nicht zu befürchten, dass eine weitere Zersplitterung der Siedlungsstruktur die Folge sein könnte. Die G. Straße sei an der Südseite auf allen Grundstücken mit Ausnahme des in Rede stehenden Grundstücks der Klägerin bebaut.
Die Bezirksregierung N. wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 9. August 2002 als unbegründet zurück. Eine durchgeführte Ortsbesichtigung habe ergeben, dass das Vorhaben nach § 35 BauGB zu beurteilen sei. Mangels Vorliegens von Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 BauGB könne das Vorhaben nicht als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, weil es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige.
Die Klägerin hat am 6. September 2002 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Vorverfahren macht sie geltend, das Grundstück, das zur Bebauung anstehe, sei bis zum Jahre 1961 bebaut gewesen. Die Häuser an der Südseite der G. Straße stünden sämtlich auf Wurten, da die tief liegenden Wiesen oft im Winter überschwemmt worden seien. Die Wurt auf der das Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin gestanden habe, sei dort auch noch vorhanden. Entgegen der Auffassung des Beklagten befinde sich das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Ortsteil in diesem Sinne jeder Bebauungskomplex sei, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei und hierbei auch die siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde entsprechend zu berücksichtigen seien. Die Struktur der Ortschaft O. entspreche den im Teufelsmoor üblichen so genannten Findorffschen Reihendörfern, wobei die Bauten wie auf einer Schnur aufgezogen in langen Reihen einseitig oder beidseitig der Wege errichtet worden seien. Dies sei die typische Siedlungsstruktur in mehreren Ortsteilen von H. Die früher typische landwirtschaftliche Nutzung sei inzwischen entfallen. Die Bebauung mit Wohnhäusern sei inzwischen jedenfalls geradezu typisch für diese Ortschaft. Es sei auch nicht zu befürchten, dass eine weitere Zersplitterung der Siedlungsstruktur die Folge sein könne. Die G. Straße sei an der Südseite nämlich auf allen Grundstücken mit Ausnahme des Grundstücks der Klägerin bebaut. Es handele sich um den geradezu typischen Fall des Auffüllens einer Baulücke.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung N. vom 9. August 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin den beantragten Bauvorbescheid für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Flurstück 64/1 der Flur 8 der Gemarkung K. gemäß ihrem Antrag vom 20. Februar 2001 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und hält an seiner Beurteilung fest, dass die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB zu beurteilen sei. Hiernach könne das Vorhaben wegen entgegenstehender öffentlicher Belange nicht zugelassen werden.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat das zur Bebauung vorgesehene Grundstück der Klägerin und dessen nähere Umgebung in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2004 in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides, sodass sich die angefochtenen Bescheide des Beklagten und der Bezirksregierung N. als rechtmäßig erweisen.
Gemäß § 74 Absatz 1 NBauO ist für eine Baumaßnahme auf Antrag über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbstständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Dies gilt auch für die Frage, ob eine Baumaßnahme nach städtebaulichem Planungsrecht zulässig ist.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Baumaßnahme hat der Beklagte im Ergebnis zutreffend verneint. Allerdings gibt die Kammer auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon aus, dass das zur Bebauung vorgesehene Grundstück Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die schon zu § 34 BBauG, der Vorläufervorschrift des vorläufigen § 34 BBauG entwickelt wurde, setzt das Merkmal des "im Zusammenhang bebauten Ortsteils" eine tatsächlich aufeinander folgende, eben zusammenhängende Bebauung voraus (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 6. November 1968 - 4 C 2.66 - BRS 20, Nr. 38). Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Grundstück Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles ist oder bereits dem unbeplanten Außenbereich gemäß § 35 BauGB zugerechnet werden muss, ist, dass das Grundstück selbst Bestandteil des Bebauungszusammenhanges bildet, auch selbst am Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit teilnimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.06.1990 - 4 C 6.87 - BRS 50 Nr. 84). Dass ein Grundstück von Bebauung umgeben ist, reicht für die Bejahung der Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, nicht aus. Es ist vielmehr auf Grund einer umfassenden Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden und dabei insbesondere die Eigenart der näheren Umgebung, insbesondere die vorhandenen Bebauung einzubeziehen und zu fragen, ob und inwieweit das entsprechende Grundstück durch die Eigenart der näheren Umgebung geprägt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.12.1972 - 4 C 6.71 - BVerwGE 41, Nr. 227 und Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 370 [BVerwG 26.05.1978 - 4 c 9/77]). Der Annahme, dass ein Grundstück dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil zuzurechnen ist, steht nicht entgegen, dass die vorhandene Bebauung ungeordnet ist und nicht einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht. Eine gewachsene, optisch regellose Anordnung von Baukörpern steht der Anwendbarkeit des § 34 BauGB nicht entgegen.
Sofern im Rahmen der nach § 34 BauGB vorzunehmenden umfassenden Wertung und Beurteilung einer Abgrenzung zwischen unbeplantem Innenbereich und Außenbereich vorzunehmen ist, ist maßgeblich, wie weit der Bebauungszusammenhang im Verhältnis zum Außenbereich reicht. Ebenso wie oben dargelegt, ist die erforderliche Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich nicht nach geographisch mathematischen Kriterien, sondern auf Grund einer umfassenden Wertung anhand des von der vorhandenen Bebauung vermittelten Eindruckes der Geschlossenheit vorzunehmen (vgl. Battis, Krautzberger, Löhr, BauGB, 7. Auflage, § 34, Rdnr. 2 ff. m.w.Nachw.). Bei der hier anzustellenden Einzelfallbeurteilung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der im Zusammenhang bebaute Ortsteil mit der letzten Bebauung endet und die sich daran anschließenden unbebauten Flächen dem Außenbereich zuzurechnen sind (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - 4 C 72.74 - DÖV 1976, Seite 562).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien erscheint es nahe liegend, angesichts der ungewöhnlich weiträumigen Bebauung im Bereich westlich der P. Straße von einer Außenbereichslage gemäß § 35 BauGB auszugehen. Die Kammer folgt bei ihrer Beurteilung der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23. November 1976 - I OVG 62/74 - ). Das Oberverwaltungsgericht hat in der zitierten Entscheidung (Seite 9 des Urteilsabdrucks) zu der Frage, ob die Bebauung am Q. dem Innen- oder Außenbereich zuzurechnen ist, Folgendes ausgeführt:
Die Annahme des beigeladenen Regierungspräsidenten in R., das Grundstück sei dem Außenbereich der Gemeinde zuzuordnen, erscheint angesichts der ungewöhnlich weiträumigen Bebauung verständlich. Sie trifft jedoch deshalb nicht zu, weil es sich hier nicht um eine funktionslose Bebauung im Sinne einer unerwünschten Splittersiedlung handelt. Q. ist vielmehr auf Grund seiner Gründung als einheitliche Moorkolonie und auch nach der Verkehrsauffassung ein selbstständiger Ortsteil. Daran ändert auch die im wesentlichen einseitige Bebauung entlang der Straße nichts. Eine solche Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur jedenfalls dann nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwGE 31, 27f [BVerwG 06.11.1968 - IV C 31/66]). Das ist bei der planmäßig unter dem Moorkommissar Jürgen Christian Findorff (1720 bis 1792) gegründeten Bauernkolonie Q. der Fall....
Es fehlt auch nicht an dem für die Anwendbarkeit des § 34 BBauG erforderlichen Bebauungszusammenhang. Denn die aufeinander folgende Bebauung von Q. vermittelt trotz der vorhandenen Lücken zwischen den ehemaligen Höfen den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.12. 1972 - IV C 6.71 - BVerwGE 41,227 = BRS 25 Nr. 36). Zwar ist die unbebaute Fläche zwischen den beiderseits des Bauplatzes benachbarten Hofgebäuden ca. 75 Meter breit, und mit ansteigender Größe wird das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (BVerwG, Urteil vom 12.6.1970 - IV C 77.68 - BVerwGE 35,2 157) [BVerwG 14.10.1969 - III C 169/67]. Die Einheitlichkeit der gesamten Siedlung und damit auch der Größe der Freiflächen zwischen den Höfen begründet jedoch den Eindruck der Zusammengehörigkeit, zumal diese Freiflächen tiefer liegen als die Gebäude und wegen ihres feuchten und moorigen Untergrundes einer Bebauung nicht ohne weiteres zugänglich erscheinen und auch aus diesem Grunde den Bebauungszusammenhang nicht unterbrechen.
Die von der Kammer in der Ortsbesichtigung vorgefundene Bebauungsstruktur im Bereich westlich der G. Straße entspricht den Charakteristika, die das Oberverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung auch für die Siedlung Q. beschrieben hat. Die Bebauung entlang der G. Straße ist geprägt durch eine Reihe ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen, die im Zuge der Moorkolonisation entstanden sind und sich dadurch auszeichnen, dass sie alle in etwa gleichem Abstand von der Straße und gleichem Abstand zueinander auf künstlich angelegten Wurten errichtet wurden. Zwischen diesen Hofstellen erstrecken sich die tiefer liegenden und wegen der Feuchtigkeit des Untergrundes unbebaubaren landwirtschaftlichen Nutzflächen. Diese Siedlungsstruktur vermittelt trotz der großen Abstände zwischen den Hofstellen nicht in den Eindruck einer funktionslosen Bebauung im Sinne einer unerwünschten Splittersiedlung (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 6.11.1976 - I OVG 62/74 - a.a.O.), sondern den einer planmäßig angelegten Moorkolonie. Die Flächen, die die Klägerin für die Errichtung eines Einfamilienhauses vorgesehen hat, liegen ebenfalls auf der Wurt einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle und sind aus diesem Grunde Teil des im Zusammenhang bebauten Ortsteiles westlich der G. Straße.
Die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens hat daher gem. § 34 Abs. 1 BauGB zu erfolgen. Hiernach kann das Vorhaben jedoch nicht zugelassen werden, weil es sich nicht in die nähere Umgebung gemäß dieser Vorschrift einfügt. Die umgebende Bebauung ist, wie oben festgestellt, dadurch gekennzeichnet, dass ehemalige landwirtschaftliche Hofstellen in nahezu gleichmäßigen Abständen sowohl von der Straße als auch untereinander planmäßig errichtet wurden, wobei die einheitlichen Abstände in diesem Bereich das Ortsbild bestimmen. Die Zulassung eines weiteren Wohnhauses auf der zur Bebauung vorgesehenen Wurt, auf der bereits das Bauvorhaben M. errichtet wurde, würde dieses Ortsbild in nachhaltiger Weise beeinträchtigen und zu einer in der Umgebung bisher nicht vorhandenen Verdichtung der bisher offenen Bebauungsstruktur führen. Die mit dem Vorhaben der Klägerin verbundene Erhöhung der Baudichte bedeutet einen bodenrechtlich relevanten Widerspruch zur vorhandenen Bebauung, weil dadurch die bodenrechtliche Situation verschlechtert wird. Die Verschlechterung ergibt sich vor allem aus den zu erwartenden Folgevorhaben auf den Freiflächen der übrigen vorhandenen Wurten und damit der Gefahr einer deutlichen Verdichtung der Bebauung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.
Leiner, Richter
Klinge, Richter