Landgericht Aurich
Urt. v. 20.06.2008, Az.: 3 O 1271/06 (317)
Anspruch auf Mehrvergütung infolge einer Stahlpreiserhöhung während eines öffentlichen Vergabeverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 20.06.2008
- Aktenzeichen
- 3 O 1271/06 (317)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 53818
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2008:0620.3O1271.06.317.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Aurich - 08.01.2008 - AZ: 3 O 1271/06 (317)
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 14.10.2008 - AZ: 12 U 76/08
- BGH - 22.07.2010 - AZ: VII ZR 213/08
- BGH - 23.09.2010 - AZ: VII ZR 213/08
- OLG Oldenburg - 25.01.2011 - AZ: 12 U 76/08
- BGH - 10.01.2013 - AZ: VII ZR 37/11
Rechtsgrundlage
- § 2 Nr. 5 VOB/B
In dem Rechtsstreit
xxx
gegen
xxx
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich auf die mündliche Verhandlung vom 14.05.2008 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx
die Richterin am Landgericht xxx und
die Richterin xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 515.787,77 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2007 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 2.
Die Widerklage wird abgewiesen.
- 3.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 42% und die Beklagte 58%.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Mehrvergütung infolge einer Stahlpreiserhöhung während eines öffentlichen Vergabeverfahrens der Beklagten. Die Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung eines an die Klägerin gezahlten Mehrvergütungsbetrages.
Die Beklagte schrieb am 24.09.2003 die Baumaßnahme "Tiefbauarbeiten am Küstenkanal im Bereich Stadtstrecke Oldenburg" im offenen Verfahren nach der VOB/A aus. Gegenstand der Ausschreibung war u.a. die Lieferung und der Einbau von Stahlspundwänden. Als Zuschlagstermin, bis zu dem die Bieter an ihre Angebote gebunden waren, sah die Ausschreibung den 18.03.2004 vor. Als "Baubeginn war der 01.04.2004, als Fertigstellungstermin der Baumaßnahme der 12.05.2006 bestimmt.
Innerhalb der bis zum 08.01.2004 laufenden Angebotsfrist gab die Klägerin ein Angebot ab, dessen Grundlage ein von der Klägerin bei ihrer Lieferantin xxx zu zahlender Stahlpreis pro Tonne in Höhe von 460 EUR bildete, den die Lieferantin bis zum 30.04.2004 zugesichert hatte.
Obwohl die Klägerin das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte, erhielt sie aufgrund eines von einer Mitbewerberin angestrengten Nachprüfungsverfahrens innerhalb der Zuschlagsfrist nicht den Zuschlag.
Stattdessen forderte die Beklagte während der Dauer des Nachprüfungsverfahrens auch die Klägerin wiederholt, zuletzt am 02.06.2004, auf, Bindefristverlängerungen abzugeben. Die Klägerin stimmte einer Bindefristverlängerung jeweils zu, zuletzt bis zum 05.08.2004, verwies jedoch stets auf den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 15.07.2002. Zu dessen Inhalt wird auf Anlage K 7 Bezug genommen. Die Zustimmungserklärungen der Klägerin nahm die Beklagte jeweils vorbehaltlos entgegen.
Am 14.06.2004 erhielt die Klägerin den Zuschlag und übermittelte der Beklagten eine Auftragsbestätigung, in der sie sich einen Anspruch auf Anpassung der Leistungszeit und der Vergütung ausdrücklich vorbehielt.
In dem Zuschlagsschreiben, das den Baubeginn für den 15.06.2004 vorsah, wurde der Klägerin aufgegeben, bis zum 29.06.2004 einen an den neuen Baubeginn angepassten Bauablaufplan zu erstellen.
Mit dessen Vorlage kündigte die Klägerin am 01.07.2004 gegenüber der Beklagten erneut an, dass aufgrund der Verzögerung des Zuschlags mit Mehrkosten zu rechnen sei.
Aufgrund der Zuschlagsverzögerung erhielt die Klägerin von ihrem Lieferanten, der Firma xxx am 12.07.2004 wegen des allgemein sprunghaften Anstiegs der Stahlpreise für den Fall der Bestellung bis zum 31.08.2004 und der Abnahme des Stahls bis zum 31.10.2004 lediglich eine Stahlpreiszusage in Höhe von 725 EUR pro Tonne (vgl. K 34). Durch Nachverhandlungen konnte die Klägerin sodann Stahlspundwände zu einem Tonnenpreis von 680 EUR beziehen.
Insoweit ist nach Erörterung und wechselseitigen Schriftsätzen nunmehr zwischen den Parteien unstreitig, dass von der Klägerin eine Gesamttonnage von 3.493,369 Tonnen, die den Aufmaßen der Klägerin entspricht, zu einem jeweiligen Tonnenpreis von 680 EUR erworben wurde. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Aufmaße der Klägerin, wird auf die Anlagen K 33, 33a und K 35 bis K 45 des Anlagenbandes Kläger I. und Kläger II. sowie auf den Anlagenband Beklagte verwiesen.
Nach Beginn der Baumaßnahmen im September 2004 kündigte die Klägerin in einer Baubesprechung am 05.01.2005 an, wegen der eingetretenen Stahlpreiserhöhung Mehrkosten berechnen zu wollen. Unter dem 25.02.2005 legte die Klägerin der Beklagten sodann das Nachtragsangebot N 1 in Höhe von 1.228.496,97 EUR vor. Diese erklärte sich am 19.05.2006 aufgrund des gestiegenen Stahlpreises unter Zugrundelegung des Preisindizes des Statistischen Bundesamtes zu einer Zahlung von 375.720 EUR bereit. Sie wies zugleich darauf hin, dass mit dieser Zahlung alle durch die Preiserhöhung verursachten Mehrkosten abgegolten sein sollten und beauftragte das Nachtragsangebot in der benannten Höhe, welches am 29.05.2006 zur Auszahlung kam. Mit Schreiben vom 23.05.2006 erklärte sich die Klägerin mit der von der Beklagten avisierten Nachtragsbeauftragung bezüglich der Höhe nicht einverstanden.
Am 13.03.2006 legte die Klägerin der Beklagten mit dem Nachtragsangebot N 18 eine weitere Mehrkostenforderung in Höhe von 65.915,49 EUR brutto für die Spundwandverankerung vor, welche von der Subunternehmerin xxx verbaut wurde. Dieses Nachtragsangebot wurde von der Beklagten nicht beauftragt.
In bezug auf das Nachtragsangebot N 18 behauptet die Klägerin, aufgrund der Zuschlagsverzögerung habe die Subunternehmerin xxx den benötigten Stahl nur noch zu einem Mehrpreis pro Tonne von 140 EUR für Stabstahl bzw. zu einem Mehrpreis von 260 EUR pro Tonne für Stahlplatten beziehen können, wodurch ein Mehrpreis in der mit dem Nachtragsangebot 18 begehrten Höhe entstanden sei.
Die Klägerin meint, insgesamt einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten infolge der Stahlpreiserhöhungen bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 19.05.2006 zu haben, das ein Anerkenntnis dem Grunde nach sei. Streitig sei zwischen den Parteien allein die Berechnung der zu erstattenden Mehrkosten: Während die Beklagte die fiktiven Werte des Statistischen Bundesamtes der Berechnung zugrundelege, sei zutreffenderweise von den tatsächlich angefallenen Mehrkosten auszugehen.
Ein Anspruch ergebe sich zudem aus der entsprechenden Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B. Danach trage der Auftraggeber das Vergabeverfahrensrisiko; die Mehrkosten einer Zuschlagsverzögerung, die er selbst nicht beeinflussen könne, dem Bieter aufzubürden, sei unbillig.
Eine Preisbindung des Unternehmers verstoße ferner gegen den Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatz des Vergaberechts i.S.d. § 2 Nr. 1 und 2 VOB/A, da Bieter, die mit höheren Preisen kalkulierten, den Preis länger halten und daher einer Bindefristverlängerung über einen längeren Zeitraum zustimmen könnten als günstige Bieter.
Die Klägerin hat zunächst Zahlung von 1.099.078,35 EUR gefordert, nunmehr beantragt sie,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 723.358,35 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie,
die Klägerin zur Zahlung von 375.720,00 EUR nebst Zinsen hierauf von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten infolge der Stahlpreiserhöhung zu.
Der Bauvertrag sei zwischen den Parteien auf der Grundlage des von der Klägerin im Ausschreibungsverfahren abgegebenen Angebots zustande gekommen, allein der Baubeginn sei auf den 15.06.2004 verlegt worden. Das diese Modifizierung enthaltende Zuschlagsschreiben der Beklagten vom 14.06.2004 habe die Klägerin mit Schreiben vom selben Tag angenommen.
Zwar enthalte dieses Schreiben der Klägerin einen Vorbehalt auf Anpassung der Vergütung wegen der Verschiebung der Auftragserteilung, dieses habe die Beklagte aber weder ausdrücklich noch stillschweigend angenommen.
Aufgrund der Abrechnung des ursprünglich angebotenen Stahlpreises in den ersten vier Abschlagszahlungen von Mitte September bis Mitte November 2004 habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass ein Bauvertrag - allein mit modifiziertem Baubeginn, ansonsten jedoch zu den unveränderten Angebotsbedingungen der Klägerin zustande gekommen sei.
In dem Schreiben der Beklagten vom 19.05.2006 sei ferner kein (selbständiges) Anerkenntnis zu sehen, denn die Beklagte habe darauf hingewiesen, dass mit der Beauftragung des Nachtragsangebots in Höhe von 375.720 EUR alle Mehrkosten abgegolten sein sollten.
Ein Anspruch der Klägerin bestehe auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B. Zum einen sei diese untergesetzliche Norm nicht analogiefähig, zum anderen fehle es an einer Anordnung der Beklagten nach erfolgtem Vertragsschluss. Denn bereits bei Zuschlag am 14.06.2004 habe für beide Parteien festgestanden, dass der Baubeginn auf den 15.06.2004 verlegt werden sollte.
Nach Auffassung der Beklagten kömmt auch eine Mehrkostenerstattung unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht in Betracht, da die Klägerin das in dem Zuschlagsschreiben vom 14.06.2004 zu erblickende neue Angebot der Beklagten habe ablehnen oder aber unverzüglich danach für die Klärung der Preisanpassungsfrage habe Sorge tragen können.
Die Beklagte meint überdies, dass die Klägerin unverzüglich nach Zuschlagserteilung am 14.06.2004 aufgrund ihrer Kenntnis von den andauernden Stahlpreiserhöhungen die erforderliche Stahlmenge, die sie aufgrund der Ausschreibung beziffern konnte, bei ihren Lieferanten zu dem zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Stahlpreis hätte bestellen müssen.
Bezüglich des Nachtragsangebotes N 18 behauptet die Beklagte, dass zwischen den Parteien die Übereinkunft bestehe, zunächst die gerichtliche Entscheidung zum Nachtragsangebot N 1 abzuwarten, bevor das Nachtragsangebot N 18 geltend gemacht werde. Ihr stehe daher insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
Hilfsweise bestreitet die Beklagte, dass die Stahlpreise sich, wie von der Klägerin dargelegt, verändert haben. Noch im Mai hätten die Preise deutlich unter den von der Klägerin nunmehr in bezug auf das Nachtragsangebot N 18 angegebenen gelegen. Dass bis zum Zuschlagszeitpunkt überhaupt eine Erhöhung eingetreten sei, bestreitet die Beklagte. Sie meint ferner, die Klägerin sei dazu verpflichtet gewesen, die Subunternehmerin Stump GmbH unverzüglich nach Zuschlagserteilung zu beauftragen, so dass diese bei der xxx den benötigten Stahl zu unveränderten Preisen hätte erwerben können.
Die Beklagte begründet die Widerklage damit, dass zwischen den Parteien eine Einigung in bezug auf das Nachtragsangebot N 1 nicht zustande gekommen sei. Die - unstreitig - an die Klägerin bewirkte Zahlung in Höhe von 375,720 EUR sei daher von der Klägerin zu erstatten.
Die Klägerin meint dagegen, der an sie gezahlte, widerklagend begehrte Betrag stehe ihr als Teilbetrag der infolge der Stahlpreiserhöhung eingetretenen Mehrkosten zu.
Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet (I.), während die - ebenfalls zulässige - Widerklage unbegründet ist (II).
I.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus dem Bauvertrag i.V.m. der Wertung des § 2 Nr. 5 VOB/B unter Berücksichtigung von Treu und Glauben.
Mit Zuschlag am 14.06.2004 ist zwischen den Parteien ein wirksamer Bauvertrag zustande gekommen. Unstreitig hat die Klägerin am 08.01.2004 ein Angebot abgegeben und in der Folge dreimal ihre Zustimmung zu Bindefristverlängerungen erteilt. Nach Auffassung der Kammer ist davon auszugehen, dass die Klägerin trotz der Zustimmungen unverändert an ihrem ursprünglichen Angebot festgehalten hat (so auch: BayObLG, VergabeR 2002, 534 [537]; Thüringisches OLG, Urteil vom 22.03.2005, 8 U 318/04, zitiert nach [...]: S. 17/34, Rn. 105 - 108; OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2006, 24 U 538/05, S. 8/12; Würfele, BauR 2005, 1253 [1257]; Gröning, BauR 2004, 199 [204]). Eine Zustimmung zur Bindefristverlängerung konserviert nur den Ablauf der Bindefrist; das ursprüngliche Angebot vermag sie seinem Inhalt nach nicht zu ändern (Würfele, BauR 2005, 1253 [1257]; Gröning, BauR 2004, 199 [204]; Putzier/Goede, VergabeR 2003, 391 [394]).
Wollte man die gegenteilige Auffassung vertreten, würde jede Zustimmungserklärung zu einer Bindefristverlängerungsaufforderung durch den Auftraggeber das komplette Vergabeverfahren torpedieren, würde doch durch Zustimmung zur Fristverlängerung zumindest in zeitlicher Hinsicht ein verändertes Angebot abgegeben, so dass von einem Verstoss gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A auszugehen wäre. Solches kann schlechterdings durch die Aufforderung zur Bindefristverlängerung seitens des Auftraggebers nicht gewollt sein und widerspricht evident den Parteiinteressen. Nach zutreffender Ansicht ist daher in der Zustimmung zu einer Bindefristverlängerung allein eine Verlängerung der Annahmefrist i.S.d. § 148 BGB zu sehen (Diehr, ZfBR 2004, 316 [318]).
Die Klägerin hat vorliegend durch den wiederholten Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Oberlandesgerichts ihre Zustimmung zur Bindefristverlängerung auch nicht etwa unter einen rechtlichen Vorbehalt gestellt, mit der Folge, dass aufgrund eines Verstosses gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A ihr Angebot gemäß § 25 VOB/A erloschen und daher u.U. nicht mehr zuschlagsfähig gewesen wäre. Wird die Zustimmung zur Bindefristverlängerung von der Zahlung eines bestimmten weiteren Geldbetrages abhängig gemacht, verletzt dies die Vorschrift des § 24 Nr. 3 VOB/A und führt zum Erlöschen des Angebots (Gröning, BauR 2004, 1099 [208]). So liegt der Fall jedoch nicht. Einen konkreten Aufpreis hat die Klägerin im Rahmen des Vergabeverfahrens zu keinem Zeitpunkt verlangt. Sie hat lediglich auf die bestehende Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgericht verwiesen. Ein bloßer Hinweis auf aktuelle Rechtsprechung wird der Klägerin als Bieterin aber nicht verwehrt werden können und hat auch keinen Einfluss auf den Inhalt ihres Angebots.
Dieses hat die Beklagte durch ihr Zuschlagsschreiben vom 14.06.2004 angenommen. Der Umstand, dass die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Ausführungsfrist wegen der Dauer des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens zum Zeitpunkt der Zuschlagerteilung teilweise schon überholt war - da Baubeginn der 01.04.2004 sein sollte und der Zuschlag erst am 14.06.2004 erfolgte - steht gerade angesichts der Binde- und Zuschlagsfristverlängerungen einem wirksamen Vertragsschluss nicht entgegen (LG Erfurt, BauR 2005, 564 [565]; vgl. Thüringisches OLG, Urteil vom 22.03.2005, 8 U 318/04, zitiert nach [...]: S. 17/34, Rn. 104; BayObLG, VergabeR 2002, 534 [539]).
Durch den Zuschlag, der auf das ursprünglich abgegebene Angebot erteilt wird, kommt grundsätzlich der Vertragsschluss zustande. Dies gilt selbst für den Fall, dass zum Zuschlagszeitpunkt bereits der Beginn der Ausführungszeit verstrichen sein sollte, da ein absolutes Fixgeschäft nicht vorliegt und damit kein Fall der Unmöglichkeit, denn die verschobene Bauzeit stellt kein Leistungshindernis dar. Bei der Bauzeit handelt es sich nicht um die Leistung selbst, sondern lediglich um einen Umstand, der bei Erbringung der Leistung zu berücksichtigen ist (Diehr, ZfBR 2004, 316 [317]). Die Leistungszeit kann auch noch nach Vertragsschluss festgelegt werden (LG Berlin, Urteil vom 15.11.2006, 23 O 148/06, zitiert nach [...]: S. 3/4, Rn. 15; OLG Jena, NzBau 2005, 341 ff.).
An dem Abschluss eines wirksamen Bauvertrages zwischen den Parteien ändert auch der Umstands nichts, dass bereits das Zuschlagsschreiben der Beklagten den neuen Baubeginn enthielt. Selbst wenn man der von der Beklagten zitierten BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 24.02.2005, VII ZR 141/03, im Ergebnis auch OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2006, 24 U 538/05) folgt, wonach der Auftraggeber, der das Angebot des Auftragnehmers unter der Maßgabe annimmt, dass eine neue Bauzeit festgelegt werde, dieses tatsächlich ablehne und zugleich ein neues Angebot unterbreite, das seinerseits vom Auftragsnehmer angenommen werden müsse, was dadurch erfolgen könne, dass der Auftragnehmer mit dem Auftraggeber einen auf die neue Bauzeit abgestimmten Bauzeitenplan vereinbare, ist vorliegend von einem Vertragsschluss auszugehen. Zwar hätte die Klägerin das in dem Zuschlagsschreiben enthaltene neue Angebot der Beklagten dann erneut nicht angenommen, da sie sich ihrerseits in ihrer Auftragsbestätigung die Geltendmachung von Mehrkosten wegen der zeitlichen Verzögerung vorbehalten hat. Dies als neues Angebot auszulegende modifizierende Annahme hat die Beklagte indes letztlich angenommen. Jedenfalls in der vorbehaltlosen Entgegennahme der ab September 2004 begonnenen Baumaßnahmen ist eine schlüssige Annahmeerklärung der Beklagten zu erblicken. An dieser vermag es auch nichts zu ändern, dass die Klägerin im ersten Baugespräch am 01.07.2004, in dem der neue Bauablaufplan erörtert wurde, keinerlei Forderungen bezüglich etwaiger Mehrkosten stellte, denn der Beklagten war die Rechtsauffassung der Klägerin in bezug auf ihr Recht zur Geltendmachung von Mehrvergütungsansprüchen wegen des verzögerten Zuschlags schon aufgrund der Hinweise in allen drei Zustimmungserklärungen zur Bindefristverlängerung bekannt. Dass die Klägerin an dieser Rechtsauffassung auch nach erfolgtem Zuschlag festhielt, wurde bereits durch den in der Auftragsbestätigung vom 14.06.2004 enthaltenen Vorbehalt ersichtlich. Diesem hat die Beklagte ihrerseits zu keinem Zeitpunkt widersprochen.
Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht auf die Position zurückziehen, dass sich die Klägerin zum einen im Schreiben vom 01.07.2004 auf etwaige Mehrkosten wegen Verschiebung der Baumaßnahme in eine ungünstige Jahreszeit bezog. Dies enthält keine Beschränkung des am 14.06.2004 erklärten allgemeinen Vorbehaltes. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist der abgegebenen Erklärung dieser Erklärungsinhalt nicht beizumessen. Von einem solchen Einschränkungswillen konnte die Beklagte auch gerade in Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin verschiedentlich auf ihre Rechtsauffassung zur Mehrvergütungsproblematik hingewiesen hatte, nicht ausgehen.
Auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe am 01.07.2004 keine Mehrvergütungsansprüche geltend gemacht, weswegen sie davon habe ausgehen können, dass etwaige Mehrvergütungsansprüche fallen gelassen worden seien, vermag ebenfalls nicht durchzugreifen. Der Klägerin war es schlechterdings nicht zuzumuten, in jedem mit dem Baugroßvorhaben Stadtkanal Oldenburg zwischen den Parteien stattfindenden Gespräch auf ihre Mehrvergütungsforderung einzugehen. Dies schon deshalb nicht, da gerade in den Anfangsgesprächen die Höhe einer etwaig nachzufordernden Mehrvergütung noch gar nicht feststehen konnte. Aus diesem Umstand erklärt es sich auch, dass die Klägerin in den ersten vier Abschlagszahlungen noch den ursprünglichen Stahltonnenpreis abrechnete. In Kenntnis des von der Klägerin erklärten Vorbehaltes, infolge der Zuschlagsverzögerung eine Mehrvergütung geltend zu machen, durfte die Beklagte bei Abrechnung der ersten vier Abschlagszahlungen zum Stahlpreis der Urkalkulation auch nicht davon ausgehen, durch diese Abrechnung habe die Klägerin auf ihren Vorbehalt verzichtet.
Die Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt letztlich nicht zum Zug, weil die Parteien den Vertrag trotz zum Teil unvollständiger Vertragsabreden faktisch durchgeführt haben (BGH, NJW 1983, 1727 [1728]).
Der sonach auch unter Zugrundelegung des Beklagtenvortrages wirksam zustande gekommene Vertrag ist in der Folge an die geänderten Vertragsumstände anzupassen und zwar sowohl in bezug auf die Ausführungszeiten als auch in bezug auf eine allein aufgrund der Zuschlagsverzögerung eingetretene Kostenerhöhung.
Dies folgt insbesondere aus der allgemeinen Risikoverteilung im Vergabeverfahren sowie aus der zwischen den Parteien eines solchen Verfahrens nach ständiger Rechtsprechung des BGH bestehenden (vorvertraglichen) Kooperationsverpflichtung (BGH, BauR 2000, 409 ff.; BGHZ 133, 44 [47]; OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2006, 24 U 58/05, S. 11/12; Diehr, ZfBR 2004, 316 [317]), die durch die Zustimmung zur Bindefristverlängerung noch gesteigert worden ist (Diehr, ZfBR 2004, 316 [318]). Grundsätzlich trägt der (öffentliche) Auftraggeber als Veranstalter der Ausschreibung, der allein Einfluss auf deren Richtigkeit und Genauigkeit hat und damit in der Lage ist, das Risiko eines Nachprüfungsverfahrens so gering wie möglich zu halten, das Vergabeverfahrensrisiko (Gröning, BauR 2004, 199 [207]; Diehr, ZfBR 2004, 316 [321]). Änderungen in den Ausschreibungsbedingungen fallen daher ausschließlich in den Risikobereich des Auftraggebers (Würfele, BauR 2005, 1253 [1256]). Damit hat der Auftraggeber sowohl für Umstände, die eine Bauzeitverzögerung bewirken als auch für Verfahrensumstände der VOB/A, insbesondere für ein Nachprüfungsverfahren, die Verantwortung zu tragen (Würfele, BauR 2005, 1253 [1256]).
Dies folgt nicht zuletzt aus einer wertenden Betrachtung: Der wirtschaftlichste Bieter, der wie alle anderen Bieter keinen Einfluss auf die Dauer des Vergabeverfahrens hat, darf durch die Zuschlagsverzögerung nicht benachteiligt werden (OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2006, 24 U 58/05, S. 7/12). Dies würde dem Schutzgedanken des Vergabeverfahrens entgegenstehen, denn der Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot genießt ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ihm auch der Zuschlag erteilt wird, wenn er es lediglich an die von ihm nicht beeinflussbaren Veränderungen der Angebotsgrundlagen anpasst, die nach dem ursprünglichen Zuschlagszeitpunkt entstanden sind (OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2006, 24 U 58/05, S. 6/12).
Hinzu kommt, dass der Umstand, der in der Regel zur Verzögerung des Zuschlages führt, in einem von einem Mitbewerber initiierten Nachprüfungsverfahren liegt. Dieses Rechtsinstitut ist zum Schutz der Bieter eingeführt worden. Es würde schlechterdings konterkariert, wenn die Konsequenz eines durchgeführten Nachprüfungsverfahrens die Schlechterstellung des ehemals wirtschaftlichsten Bieters deshalb bedeuten würde, weil die Verzögerungskosten auf ihn abgewälzt würden (vgl. Gröning, BauR 2004, 199 [207/208]).
Wenn die Parteien zur wechselseitigen gesteigerten Kooperation verpflichtet sind, schließt dies die Verpflichtung ein, eine einvernehmliche Anpassung des Vertrages an die geänderten Umstände vorzunehmen (vgl. LG Erfurt, BauR 2005, 564 [656]). Sofern auf Bitten des Auftraggebers vom Bieter eine Bindefristverlängerung zugestimmt wird und sich durch ein Nachprüfungsverfahren die in den Ausschreibungsunterlagen bestimmte Ausführungszeit nicht mehr realisieren lässt - was bereits dann anzunehmen ist, wenn der Baubeginn bei Zuschlagserteilung verstrichen ist - schließen die Parteien bei Zuschlag sehenden Auges einen Vertrag, der hinsichtlich der Ausführungszeiten und der sich daraus hinsichtlich der Kosten ergebenden Konsequenzen den Gegebenheiten anzupassen ist.
Die gesteigerte Kooperationsverpflichtung schließt auch die voluntative Bereitschaft ein, ein nicht ausdrücklich geregeltes Problem zu lösen und sich dabei naheliegenderweise an bestehende Regeln zu halten.
Für das Problem der Ausführungszeiten hilft dabei § 6 Nr. 2 VOB/B (Gröning, BauR 2004, 199 [207]; Würfele, BauR 2005, 1253 [1257]). Diesbezüglich ist zwischen den Parteien jedoch unstreitig, dass sich der Ausführungsbeginn auf den 15.06.2004 verschoben hat.
Für die einzig verbleibende Problematik der Mehrvergütung infolge einer Bauzeitverzögerung kommt insoweit die Vorschrift des § 2 Nr. 5 VOB/B in Betracht. Gemäß dieser Vorschrift ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren, wenn durch Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises über eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. In Literatur und Rechtsprechung ist anerkannt, dass unter solche Anordnungen auch solche zur Bauzeit fallen (LG Erfurt, BauR 2005, 564 [566] m.w.N.).
Der Frage, ob Vorschriften aus der VOB/B aufgrund ihres Charakters als Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt analog anwendbar sind (ablehnend: Ingenstau-Korbion-Keldungs, VOB-Kommentar, 16. Aufl. 2007, § 2, Rn. 57; bejahend: Kapellmann, NzBau 2003, 1 [6]; Gröning, BauR 2004, 199 [207]; LG Berlin, Urteil vom 15.11.2006, 23 O 148/06, zitiert nach [...]: S. 3/4), muß vorliegend nicht nachgegangen werden, denn es genügt für die Beantwortung der Mehrvergütungsproblematik allein die Wertung der benannten Vorschrift. Diese sieht die Anpassung der kalkulierten Preise vor.
Soweit die Beklagte meint, eine Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B komme jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil diese Vorschrift allein Änderungen nach Vertragschluss betreffe, beiden Parteien jedoch bereits bei Zuschlag bewusst gewesen sei, das die Ausführungszeiten, jedenfalls der Baubeginn, aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs zwingend habe geändert werden müssen, ist letzterem zuzustimmen. Dies hindert indes die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 2 Nr. 5 VOB/B nicht. Die Vorschrift passt ihrem Regelungsgehalt nach gerade auf die Fallgestaltungen, in denn sich das Erfordernis einer Bauzeitverschiebung aus Umständen ergibt, die zwar vor Vertragschluss liegen, aber - wie hier aus vergaberechtlichen Gründen (Nachverhandlungsverbot) - bei Vertragsschluss nicht unmittelbar berücksichtigt werden können (Thüringisches OLG, Urteil vom 22.03.2005, 8 U 318/04, zitiert nach [...]: S. 20/34, Rn. 117) und ist deshalb für den Entscheidungsfall heranzuziehen.
Stellt man auf die Vorschrift des § 2 Nr. 5 VOB/B ab, ergibt sich hieraus auch die Antwort auf die Frage nach der Schadensberechnung. Diese ist im Rahmen des § 2 Nr. 5 VOB/B stets konkret vorzunehmen (Ingenstau/Korbion-Keldungs, VOB-Kommentar, 16. Aufl. 2007, § 2,Rn. 32). Auf der Basis der im Angebot enthaltenen Preiskalkulation ist somit der Mehrvergütungsanspruch zu berechnen. Fiktive statistische Werte sind nicht heranzuziehen. Nur auf diese Weise bleibt auch gewährleistet, dass der ursprünglich wirtschaftlichste Bieter auch weiterhin der wirtschaftlichste bleibt, denn anrechnungsfähig sind auf Grundlage seiner Urkalkulation lediglich die Mehrkosten, die tatsächlich aufgrund der Zeitverzögerung entstehen. Durch diese Art der konkreten Mehrpreisberechnung wird auch das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A nicht unterlaufen. Zwar beansprucht § 24 Nr. 3 VOB/A lediglich zwischen Angebotsabgabe und Zuschlagserteilung Geltung, jedoch wird auch nicht gegen den der Vorschrift zugrundeliegenden Gleichheitsgedanken verstoßen, denn die Art der Preisbildung auf Grundlage der ursprünglichen Preisermittlung der vertraglichen Leistungen ist auch bei jedem anderen Bieter entsprechend vorzunehmen (Diehr, ZfBR 2004, 316 [321]).
Ausgehend von der konkreten Mehrvergütungsberechnung ergibt sich vorliegend ein Anspruch der Klägerin in der ausgeurteilten Höhe. Nach wechselseitigen Schriftsätzen und Erörterung im Termin vom 14.05.2008 sind zwischen den Parteien die verbauten Massen nunmehr unstreitig. Damit ist bzgl. des Nachtragsangebotes N 1 von einer Gesamttonnage von 3.493,369 Tonnen auszugehen. Durch entsprechende Lieferantenrechnungen hat die Klägerin bewiesen, dass sie den Stahl zu einem Tonnenpreis von 680 EUR bezog. Zu dem ursprünglichen Tonnenpreis von 460 EUR, den die Klägerin nach eigenen Angaben ihrem Angebot vom 08.01.2004 zugrunde legte, ergibt sich damit ein Differenzbetrag pro Tonne von 220 EUR. Sonach entstanden der Klägerin Mehrkosten in Höhe eines Nettobetrages von 768.541,18 EUR. Zuzüglich 16% Umsatzsteuer ergibt dies einen Bruttobetrag von 891.507,77 EUR. Von diesem Betrag waren die tatsächlich von der Beklagten bereits auf das Nachtragsangebot N 1 gezahlten 375.720 EUR in Abzug zu bringen. In Höhe der daraus entstehenden Differenz von 515.787,77 EUR war der Anspruch zuzusprechen.
Soweit aus dem von der Klägerin vorgelegten Anlagenkonvolut K 35 hervorgeht, dass mit einem Tonnenmehrpreis von 266,20 EUR gerechnet wurde, hat die Klägerin nicht dargelegt, woraus sich dieser Tonnenpreis ergibt. Vielmehr gibt sie selbst in ihrer Klageschrift an, dass infolge der Stahlpreiserhöhung pro Tonne Spundbohle ein Betrag von 680 EUR statt 460 EUR gezahlt wurde (S. 7 der Klageschrift), was einer Differenz von 220 EUR pro Tonne entspricht. Auf Grundlage dieses Differenzbetrages war daher der von der Klägerin tatsächlich verauslagte Mehrpreis zu berechnen.
Soweit die Beklagte meint, die Klägerin sei aufgrund ihrer Kenntnis von den steigenden Stahlpreisen und der in etwa benötigten Gesamtmenge dazu verpflichtet gewesen, bereits mit Zuschlag am 14.06.2004 verbindliche Bestellungen bei ihren Lieferanten vorzunehmen, um auf diese Weise einen geringeren Stahlpreis zu erzielen, ist eine solche Verpflichtung zu. verneinen. Ausweislich des Zuschlagsschreibens war der Klägerin seitens der Beklagten aufgegeben worden, bis zum 29.06.2004 einen neuen Bauablaufplan zu erstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt war dessen Erstellung die zuvorderste Pflicht der Klägerin und diese nach Ansicht der Kammer daher zu keiner verbindlichen Bestellung bei ihren Lieferanten verpflichtet.
Aus dem Umstand, dass die xxx ausweislich K 34 der Klägerin bereits unter dem 12.07.2004 einen Stahlpreis von 725 EUR pro Tone für den Fall der Bestellung bis zum 31.08.2004 und der Abnahme bis zum Oktober 2004 anbot, ergibt sich zudem, dass die Klägerin zumindest kurz zuvor eine Anfrage tätigte. Damit hat sie sich nach Ansicht der Kammer ohne schuldhaftes Zögern innerhalb von nicht einmal vierzehn Tagen nach Abgabe des Bauablaufplans um die Einholung verbindlicher Stahlpreiszusagen erfolgreich bemüht.
Die Klägerin hat dabei zudem ihrer aus § 254 Abs. 2 BGB folgenden Schadensminderungspflicht dadurch genügt, dass sie mit ihrer Lieferantin Nachverhandlungen aufnahm, durch die es ihr gelang, einen Stahlpreis pro Tone von 680 EUR statt 725 EUR zu erzielen.
Soweit die Klägerin mit ihrer Klage einen Betrag in Höhe von 65.915,49 EUR brutto (58.823,69 netto) aus dem Nachtragsangebot N 18 begehrt, war die Klage abzuweisen. Die Frage, ob diesbezüglich zwischen den Parteien bis zur Klärung der Ansprüche der Klägerin in bezug auf den Nachtrag N 1 ein Stillhalteabkommen i.S.d. § 205 BGB besteht, musste dabei nicht beantwortet werden.
Obwohl die Beklagte die von der Klägerin geltend gemachten Mehrpreise für die Verankerung bestritt, hat die Klägerin keine Belege der Lieferanten xxx oder xxx vorgelegt, die sich auf das streitgegenständliche Bauvorhaben beziehen. Die beigebrachte Anlage K 46, die zwei Rechnungen der xxx an die xxx enthält, betreffen jeweils andere Bauvorhaben. Die Klägerin ist daher in bezug auf das Nachtragsangebot N 18 beweisfällig geblieben.
2.
Der Klägerin steht der unter I 1. erörterte Mehrvergütungsanspruch in benannter Höhe auch aufgrund eines Anerkenntnisses der Beklagten zu. Insoweit ist das Schreiben der Beklagten vom 19.05.2006 (K 15) als selbständiges Anerkenntnis anzusehen. Ein solches liegt vor, wenn unabhängig von einem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung geschaffen werden soll. Die neue Verpflichtung kann ihren Rechtsgrund in dem ursprünglichen Schuldverhältnis haben (Palandt-Sprau, BGB Kommentar, 66. Auflage, § 781, Rn. 2).
Zwar ist nur in Ausnahmefällen vom Vorliegen eines selbständigen Anerkenntnisses i.S.d. § 781 BGB auszugehen. Ob ein solches vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln:
Im Schreiben vom 19.05.2006 beauftragt die Beklagte indes das Nachtragsangebot N 1 der Klägerin vom 25.02.2005 in Höhe von 375.720 EUR. Zudem hat die Klägerin in ihrem Nachtragsangebot N 1 auch hinreichend deutlich gemacht, dass Grundlage für den geltend gemachten Anspruch die Stahlpreiserhöhungen sind. Die Beauftragung des Nachtragsangebotes N 1 kann daher bei der vorzunehmenden Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB von einem objektiven Empfänger nur derart verstanden werden, dass die Beklagte dem Grunde nach das Erfordernis einer nachträglichen Preisanpassung bejaht.
Dass die Parteien sich letztlich über die Höhe der erforderlichen Mehrvergütung nicht einig geworden sind, weil zum einen die Beklagte zur Abgeltung aller entstehenden Mehrkosten einen Betrag von 375.720 EUR zahlen wollte und zum anderen die Klägerin mit Schreiben vom 23.06.2006 die von der Beklagten avisierte Nachtragsbeauftragung aufgrund der Höhe ablehnte, vermag an der rechtlichen Einordnung des Verhaltens der Beklagten nichts zu ändern.
Sie hat grundsätzlich den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der infolge der Zuschlagsverzögerung entstandenen Mehrkosten anerkannt.
II.
Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung eines Betrages von 375.720 EUR steht dieser unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der von der Beklagten behauptete vertragliche Anspruch ist nicht ersichtlich. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch kommt nicht in Betracht. Der Mehrvergütungsanspruch der Klägerin stellt einen rechtlichen Grund i S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1, Fall 1 BGB dar.
Selbst wenn zwischen den Parteien eine Einigung hinsichtlich des Nachtrages N 1 letztlich nicht zustande gekommen ist, so leistete die Beklagte doch in Erfüllung ihres Anerkenntnisses dem Grunde nach, denn stillschweigende Tilgungsbestimmung für den am 29.05.2006 ausgezahlten Betrag war die Erstattung von zuschlagsverzögerungsbedingten Mehrkosten der Klägerin infolge der Stahlpreiserhöhung.
Doch selbst wenn man aufgrund des Einigungsmangels hinsichtlich der Höhe des Nachtrages N 1 von einem bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch der Beklagten ausgehen wollte, würde einem solchen Anspruch der Einwand des "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" entgegenstehen. Nachdem ein Mehrvergütungsanspruch der Klägerin besteht, wäre es nach erfolgter Klagerücknahme der Klägerin in eben der ausbezahlten Höhe von 375.720 EUR unbillig, der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch zuzugestehen. Denn aufgrund ihrer Zahlungsverpflichtung müsste die Beklagte in dieser Höhe umgehend erneut Zahlung an die Klägerin leisten.
III.
Nebenentscheidungen
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 709 S. 2 ZPO.