Landgericht Aurich
Urt. v. 09.05.2008, Az.: 1 S 60/08

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
09.05.2008
Aktenzeichen
1 S 60/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 43107
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2008:0509.1S60.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Norden - 18.02.2008

Fundstelle

  • DAR 2008, 481 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

hat die ... des Landgerichts Aurich auf die mündliche Verhandlung vom 25.04.08 durch

den ...

den ... und

die ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Norden vom 18.02.08 ... wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Der Kläger erwarb bei der Beklagten einen Neuwagen BMW X3 zu einem Preis von 35 077,40 €. Bei Regen gelangt unter bestimmten Voraussetzungen beim Öffnen der Hintertüren Wasser auf die Rücksitzbank. Ein Nachbesserungsversuch der Beklagten scheiterte. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens hat der Sachverständige festgestellt, dass dies auf die Konstruktion der Karosserie zurückzuführen und nicht allein bei dem klägerischen Fahrzeug, sondern bei diesem Wagentyp und teilweise auch bei anderen Typen anderer Hersteller der Fall sei. Der Kläger macht mit seiner Klage eine Minderung des Kaufpreises in Höhe von drei Prozent geltend.

2

Das Amtsgericht hat das Vorliegen eines Mangels auf der Grundlage des § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB bejaht und der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

3

Sie beantragt,

  1. das amtsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4

Der Kläger beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

5

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Einwände der Beklagten greifen nicht durch.

6

Unerheblich ist, ob das Wasser bei jedem Regenschauer oder nur dann eintritt, wenn bestimmte Umstände zusammentreffen. Jeglicher (wiederkehrende) Eintritt von Wasser ist zur Annahme eines Sachmangels ausreichend.

7

Nicht zum Erfolg führt auch der Einwand der Berufung, das Eindringen des Wassers sei auf die Formgebung des Wagens zurückzuführen, die wiederum dem Zeitgeschmack entspreche; der Käufer könne eben nicht alles haben. Bei neuen, insbesondere derart hochwertigen Fahrzeugen muss ein vernünftiger, durchschnittlicher Käufer nicht damit rechnen, dass aufgrund der heute modernen Karosserieform Wasser in den Fahrgastraum läuft. Der Verkäufer muss - falls dies zwingend mit der vom Käufer bevorzugten Wagenform zusammenhängt - zumindest auf diese Problematik hinweisen und dem Käufer so die Möglichkeit geben auszuwählen, ob er diese Wagenform mit dem Wasserproblem oder ob er dann doch lieber eine andere Karosserie haben will. Damit läge zumindest ein Beratungsfehler und somit eine Nebenpflichtverletzung vor. Zu Recht aber hat das Amtsgericht festgestellt, dass es sich bereits deshalb um einen Sachmangel handelt, weil das Auto sich nicht mehr für die gewöhnliche Verwendung eignet, § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB.

8

Auch der Einwand der Beklagten, das Amtsgericht habe fehlerhaft ausgeführt, die Beklagte habe nicht vorgetragen und es sei auch sonst nicht ersichtlich, dass fast alle anderen vergleichbaren Fahrzeuge dieses Problem aufwiesen, greift nicht durch. Die Berufung weist darauf hin, dass das Amtsgericht das Sachverständigengutachten in Bezug genommen habe. Darin sei - was zutreffend ist - ausgeführt, dass auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller eine ähnliche Formgebung vorhanden sei, die zu derselben Problematik führen könne. Hierauf kommt es indes nicht an, da das Amtsgericht auf eine Vergleichbarkeit mit "fast allen vergleichbaren Fahrzeugen" abstellt, was durch das Sachverständigengutachten noch nicht bewiesen ist. § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB hebt ausdrücklich darauf ab, was bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Indem der Sachverständige sagt, dieses Problem komme auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller vor, belegt dies gerade nicht, dass Geländewagen dieser Preisklasse üblicherweise von dieser Problematik betroffen sind. Dass dies so sei, hätte die Beklagte (erstinstanzlich) vortragen müssen, was sie nicht getan hat.

9

Der Vortrag der Beklagten, das Urteil des Amtsgerichts führe im Ergebnis dazu, dass sämtliche Käufer dieses Fahrzeugtyps eine Minderung des Kaufpreises verlangen könnten, ist für das hiesige Rechtsverhältnis unbeachtlich.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

11

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache angesichts der getroffenen Einzelfallentscheidung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 1 052,32 €