Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.08.2009, Az.: 6 K 544/08
Schließung einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins bei unbefugter Hilfe in Steuersachen durch den Vereinsvorstand; Pflicht des Beratungsstellenleiters zur Aufklärung über den bestandskräftigen Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein gegenüber den Vereinsmitgliedern; Abschluss eines Mandatsvertrages für die Hilfe in Steuersachen durch die Eintragung "Rechtsanwalt" im Feld "bei Erstellung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt"
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 13.08.2009
- Aktenzeichen
- 6 K 544/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 23725
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2009:0813.6K544.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 17.06.2010 - AZ: VII B 225/09
Rechtsgrundlagen
- § 23 Abs. 3 StBerG
- § 26 Abs. 2 StBerG
- § 28 Abs. 3 Alt. 2, 3 StBerG
Fundstelle
- EFG 2010, 267-270
Die Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins kann geschlossen werden, wenn der Vereinsvorstand unbefugt Hilfe in Steuersachen leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Schließung von zwei Beratungsstellen des Klägers anordnen durfte.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Mit Wirkung zum 23. Februar 2004 wurde er unter dem Namen "V Lohnsteuerhilfeverein e.V." von der Beklagten (der Oberfinanzdirektion Hannover -OFD-) als Lohnsteuerhilfeverein anerkannt. Seine Tätigkeit übte der Kläger in seinen beiden Beratungsstellen in O und M aus. Alleiniger Vorstand und Leiter beider Beratungsstellen war der Rechtsanwalt R. Mit Bescheid vom 9. August 2005 widerrief die OFD die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein mit der Begründung, dass die Satzung des Vereins nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche und darüber hinaus eine unzulässige Verflechtung der Vereinstätigkeit mit der Tätigkeit des Herrn R als selbstständiger Rechtsanwalt vorliege. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wurde der Widerruf der Anerkennung mit Ablauf des 6. März 2006 bestandskräftig. Bereits drei Tage später, am 9. März 2006, beantragte der Kläger erneut die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein; zugleich beantragte er, einen Abwicklungsbeauftragten bestellen zu dürfen. Letzteres lehnte die OFD mit Schreiben vom 17. März 2006 ab. Nach verschiedenen Satzungsänderungen und einer Umbenennung sprach die OFD am 21. März 2007 die erneute Anerkennung des Klägers unter dem Namen "A Lohnsteuerhilfeverein e.V." als Lohnsteuerhilfeverein aus. Zum Leiter der beiden Beratungsstellen in O und M wurde erneut Herr R bestellt. Die Kanzleiräume der Anwaltskanzlei von Herrn R befinden sich im selben Gebäude und auf derselben Etage wie die Beratungsstelle des Klägers in O.
Anlässlich der Prüfung des im September 2007 eingereichten Geschäftsprüfungsberichts des Klägers für das Kalenderjahr 2006 stellte die OFD fest, dass der Kläger auch in der Zeit der fehlenden Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein neue Mitglieder aufgenommen und durchgehend Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren vereinnahmt hatte. Weiterhin hatte der Kläger seine Mitglieder nicht über die Aberkennung der Bezeichnung Lohnsteuerhilfeverein informiert. Vielmehr enthalten das vom Vorstand des Klägers gefertigte Einladungsschreiben zur Mitgliederversammlung vom 3. November 2006 sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 21. November 2006 ausdrücklich die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein". Ebenso enthielt die Eintragung des Klägers im Internet-Telefonbuch und im Internet-Branchenbuch während der gesamten Zeit die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein".
Daraufhin überprüfte die OFD die Steuervorgänge der Vereinsmitglieder. Sie stellte fest, dass Herr R auch in der Zeit von März 2006 bis März 2007 Schriftsätze gefertigt und Steuererklärungen für Vereinsmitglieder erstellt und beim Finanzamt (FA) eingereicht hat. Dabei befindet sich auf den eingereichten Steuererklärungen unter der Rubrik "bei der Anfertigung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt" zumeist der Eintrag "Rechtsanwalt R". Diesem war regelmäßig auch eine Empfangsvollmacht erteilt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 294 - 345 der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Am 3. Juli 2007 beschwerte sich das ehemalige Vereinsmitglied W bei der OFD über Herrn R. Sie trug vor, dass der Beratungsstellenleiter die Steuererstattung für den Veranlagungszeitraum 2004 entgegen bestehender Absprachen einbehalten hätte. Am folgenden Tag erstattete Frau W beim Polizeikommissariat M Anzeige gegen Herrn R wegen des Verdachts der Untreue und der versuchten Gebührenüberhebung. Das Verfahren wurde später gem. § 170 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Der Beschwerde bzw. der Anzeige liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Frau W und ihr Ehemann traten dem Kläger im März 2006 bei. Da der Verein die Erstellung von Steuererklärungen für die Vereinsmitglieder erst ab dem Veranlagungszeitraum übernahm, der dem Kalenderjahr des Eintritts vorangeht, beauftragten die Eheleute W Herrn R zusätzlich mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung für 2004 als Rechtsanwalt. Hierfür trafen die Beteiligten eine besondere Vergütungsvereinbarung dahingehend, dass die Rechtsanwaltsgebühr in der Höhe nach dem Jahresmitgliedsbeitrag, den die Eheleute dem Kläger für das Jahr 2006 zu zahlen hatten, entspreche. Dies seien voraussichtlich 152 EUR netto. Für diese Gebühr erteilten die Eheleute dem Rechtsanwalt R eine Lastschriftermächtigung. Weiterhin wurde vereinbart, dass sich die Höhe der Gebühr nach der gesetzlichen Gebührenordnung richte, wenn der Mandant das Ausbleiben der Beitragszahlung an den Verein oder den Lastschrifteinzug der Gebühr auf erste Anforderung verschulden sollte. Nachdem es zwischen den Beteiligten zum Streit über die Einziehung der Mitgliedsbeiträge, Aufnahmegebühren und des Rechtsanwaltshonorars gekommen war, verlangte Rechtsanwalt R für die Erstellung der Steuererklärung 2004 mit Schreiben vom 2. Juli 2007 die volle Rechtsanwaltsgebühr von über 800 EUR. Nach Darstellung von Frau W gegenüber der Staatsanwaltschaft O haben die Eheleute W letztlich zugestimmt, dass die Steuererstattung für das Jahr 2004 mit den Forderungen des Klägers verrechnet werde.
Die Kenntnis all dieser Umstände führte bei der OFD zu Zweifeln, ob Herr R persönlich zur Leitung einer Beratungsstelle geeignet sei. Dementsprechend hörte sie den Kläger mit Schreiben vom 10. Juni 2008 zu einer beabsichtigten Schließung der Beratungsstellen an und gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Gegen die Androhung der Schließung von Beratungsstellen wandte sich der Kläger mit einer Klage und einem Antrag auf einstweilige Anordnung an das Niedersächsische Finanzgericht. Die Verfahren wurden im August 2008 eingestellt, da der Kläger die Klage und den Antrag zwischenzeitlich zurückgenommen hatte.
Mit Bescheid vom 9. September 2008 ordnete das OFD die Schließung der Beratungsstellen des Klägers in O und M unter der Leitung von Herrn R gem. § 28 Abs. 3 i.V.m. § 23 Abs. 3 Satz 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) an. Zur Begründung führte die OFD aus, dass die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des einzigen Leiters der Beratungsstellen, Herrn R, zu verneinen sei, da er wiederholt und fortwährend gegen die Bestimmungen des StBerG verstoßen habe. Zudem liege eine unzulässige personelle sowie organisatorische Verflechtung der Vereinstätigkeit mit der Tätigkeit des Beratungsstellenleiters als Rechtsanwalt vor.
Gegen die Schließungsanordnung wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Er ist der Ansicht, dass die Schließung der Beratungsstellen nicht gerechtfertigt sei. Zunächst habe der Kläger im Zeitraum vom 6. März 2006 bis 21. März 2007 keine unbefugte Hilfe in Steuersachen geleistet. Vielmehr habe die Tätigkeit des Klägers in dieser Zeit weitgehend brach gelegen. Lediglich in einigen Einzelfällen habe der zu steuerlicher Hilfeleistung umfassend befugte Vorstand des Klägers im Interesse der Mitglieder ein unvermeidbares Maß an Hilfe geleistet. Im Übrigen habe Herr R nicht in seiner Eigenschaft als Vorstand des Klägers sondern als Rechtsanwalt steuerliche Hilfestellung gewährt. Dies sei den entsprechenden Eintragungen auf dem Mantelbogen der jeweiligen Mitglieder auch hinreichend deutlich zu entnehmen. Außerdem stehe nicht fest, dass diese Hilfeleistung in einem Zeitraum erfolgt sei, in dem sie nicht hätte erfolgen dürfen. Es sei nämlich durchaus möglich, dass die entsprechende Hilfeleistung vor dem 6. März 2006 erfolgt sei, auch wenn das Mitglied seine Steuererklärung erst im September oder Oktober 2006 beim FA eingereicht habe. Insoweit erlaube der Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung keinen verlässlichen Rückschluss auf den Zeitpunkt der Hilfeleistung.
Wenn in Einzelfällen die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" verwandt worden sei, so beruhe dies auf einer irrtümlichen Übernahme der in der EDV hinterlegten Angaben zum Briefkopf. Eine bewusste oder gewollte Verwendung des Begriffes "Lohnsteuerhilfeverein" habe es im streitigen Zeitraum März 2006 bis März 2007 nicht gegeben. Dies gelte jedenfalls im Auftreten nach außen. So sei das Hauseingangsschild abgenommen worden. Auf die möglicherweise gegebene Fortführung der geschützten Bezeichnung in Online-Telefon- bzw. Online-Branchenbüchern habe der Kläger keinen Einfluss gehabt. Diese seien ihm nicht zuzurechnen. Gegenüber seinen Mitgliedern habe der Verein diese Bezeichnung weiter führen dürfen. Insoweit sei das Benutzen der geschützten Bezeichnung nach innen vom Schutzbereich des § 161 StBerG nicht erfasst, da die Mitglieder insoweit nicht auf Vertrauensschutz angewiesen seien, weil sie konkrete Kenntnis von den handelnden Personen und deren Qualität hätten. Sollte darüber hinaus die Bezeichnung "Lohnsteuerhilfeverein" verwandt worden sein, so handele es sich insoweit um ein Versehen. Insoweit sei es möglich, da der Begriff nicht in allen Vordrucken bzw. Mustern gelöscht worden sei. Insoweit handele es sich dann aber um einen Tatbestand bzw. Verbotsirrtum der handelnden Person, die keinen negativen Schluss auf sein weiteres Verhalten und seine künftige Pflichterfüllung erlaube.
Schließlich habe weder der Verein noch dessen Vorstand Herr R eine andere wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 26 Abs. 2 StBerG ausgeübt. Bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2004 sei Herr R für die Eheleute W als Rechtsanwalt tätig geworden. Dies ergebe sich eindeutig aus den geschlossenen Vereinbarungen. Lediglich hinsichtlich der Gebühren habe es eine Kopplung an die Mitgliedsbeiträge des Vereins gegeben. Diese sei allerdings von einem reibungslosen Zahlungsablauf abhängig gewesen; da dies so nicht erfolgt sei, habe Rechtsanwalt R die entsprechenden Anwaltsgebühren eingefordert. Im Übrigen handele es sich bei der Erstellung von Steuererklärungen durch Herrn R als Rechtsanwalt um eine Tätigkeit aus dem Katalog des § 4 Nr. 11 StBerG und somit nicht um eine andere wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 26 Abs. 2 StBerG. Auch sei die Tätigkeit von Rechtsanwalt R für die Mitglieder nicht von Nachteil gewesen, da er sein Honorar für die jeweils laufenden Steuererklärungen auf den Mitgliedsbeitrag des Vereins beschränkt habe. Bei Neumitgliedern sei eine Trennung von rechtsanwaltlicher und Vereinstätigkeit dergestalt erfolgt, dass die Erklärung für das Jahr des Eintritts und das Vorjahr vom Verein übernommen worden seien. Für eventuell noch offene Vorjahre habe der Verein die Übernahme abgelehnt. Gelegentlich sei es dann dazu gekommen, dass die neu eintretenden Mitglieder diese Aufgabe an Herrn R als Rechtsanwalt übertragen hätten. Insoweit habe aber kein Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vereins bestanden, da die Mandatsübernahme vor der Tätigkeit des Vereins i.S.d. § 4 Nr. 11 StBerG stattgefunden habe. Durch diese Trennung sei es auch nicht zu einer doppelten Abrechnung von Leistungen gekommen.
Letztlich sei auch die Schlussfolgerung der OFD, dass sich das von der OFD (zu Unrecht) angenommene Fehlverhalten wiederholen würden, nicht gerechtfertigt. Insoweit respektiere Herr R selbstverständlich Gesetz und Rechtsprechung. Dies gelte allerdings nicht für unsubstantiierte Rechtsauffassungen der offenbar befangenen, verantwortlichen Sachbearbeiterin der Beklagten.
Im Übrigen beruft sich der Kläger hilfsweise auf Vertrauensschutz aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung, da sich die von der Beklagten im Rahmen der Schließungsverfügung herangezogenen Überlegungen sämtlich auf einen Zeitraum bezögen, der vor der erneuten Zulassung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein liege. Folglich hätten diese Umstände bereits bei der Anerkennung Berücksichtigung finden müssen. Da sie dort geprüft und einer Eintragung nicht entgegengestanden hätten, dürften sie jetzt nicht für die Schließung von Beratungsstellen herangezogen werden.
Der Kläger beantragt,
die Beratungsstellen-Schließungsverfügung der Beklagten vom 9. September 2008 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 4. Dezember 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass die vom Kläger im Klageverfahren erstmals vorgetragenen Sachverhaltselemente keine Berücksichtigung finden könnten, da es bei der vorzunehmenden gerichtlichen Überprüfung auf den Sach- und Kenntnisstand der Behörde vom Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung ankomme. Weiterhin sei der Vortrag, die Hilfeleistung gegenüber den Mitgliedern sei vor dem 6. März 2006 erfolgt, auch wenn diese ihre Steuererklärungen erst im Herbst 2006 beim FA eingereicht hätten, als bloße Schutzbehauptung zu werten. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass Gegenstand der Betrachtung nicht die Befugnisse oder fachliche Qualifikation des Rechtsanwalts R seien, sondern die des Vereins, dem die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein gefehlt habe und der folglich zwischen März 2006 und März 2007 keine steuerliche Hilfe leisten durfte. Dies gelte auch dann, wenn sich der Verein, wie geschehen, der Hilfe eines Dritten bediene, der grundsätzlich die fachliche Qualifikation zur Hilfeleistung in Steuersachen habe.
Schließlich zeige das gesamte Agieren von Herrn R im streitigen Zeitraum, dass er persönlich zur Leitung einer Beratungsstelle nicht geeignet sei. So habe er die Vereinsmitglieder nicht über die Aberkennung des Vereins zur Hilfeleistung in Steuersachen informiert, sondern seine Hilfe leistende Tätigkeit lediglich unter der Bezeichnung des Rechtsanwalts fortgesetzt, ohne dies den Mitgliedern mitzuteilen. Dies zeige auch die unzulässige Vermischung beider Tätigkeiten i.S.d. § 26 Abs. 2 StBerG.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet. Die Schließungsverfügung der OFD vom 9. September 2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
1.
Nach § 28 Abs. 3 2. Alt. StBerG kann die OFD als zuständige Aufsichtsbehörde die Schließung einer Beratungsstelle anordnen, wenn die zum Leiter der Beratungsstelle bestellte Person die in § 23 Abs. 3 StBerG bezeichneten Voraussetzungen nicht erfüllt. Zum Leiter einer Beratungsstelle darf gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 StBerG nicht bestellt werden, wer sich so verhalten hat, dass die Besorgnis begründet ist, er werde die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen. Zu diesen Pflichten eines Beratungsstellenleiters gehört auch die Beachtung der Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes. Neben seiner fachlichen Qualifikation muss der Leiter einer Beratungsstelle persönlich geeignet und zuverlässig sein (vgl. Kuhls, Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, § 23 Tz. 18). Weiterhin kann die Schließung einer Beratungsstelle gem. § 28 Abs. 3 3. Alt. StBerG angeordnet werden, wenn die Einhaltung der in § 26 StBerG bezeichneten Pflichten nicht gewährleistet ist, wenn also in Verbindung mit der Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen des § 4 Nr. 11 StBerG eine andere wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird.
a)
Die Voraussetzungen der §§ 28 Abs. 3 2. Alt., 23 Abs. 3 StBerG sind vorliegend erfüllt. Der zum Leiter der Beratungsstellen des Klägers bestellte Herr R hat sich so verhalten, dass die Besorgnis begründet ist, er werde die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen.
aa)
Dies gilt insbesondere für sein Verhalten zwischen dem 7. März 2006 und dem 20. März 2007. In diesem Zeitraum war die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein bestandskräftig widerrufen. Folglich durfte der Kläger in dieser Zeit keine Hilfe in Steuersachen leisten. Da die Hilfeleistung in Steuersachen gegenüber den Mitgliedern der maßgebliche Zweck eines Lohnsteuerhilfevereins ist, hätte für Herrn R als Vorstand des Vereins die Pflicht bestanden, die Vereinsmitglieder über den Wegfall der Anerkennung zu informieren, um diesen die Gelegenheit zu geben, darüber zu entscheiden, wie und gegebenenfalls durch wen ihre steuerlichen Angelegenheiten in Zukunft geregelt werden sollen. Insoweit kann dahinstehen, ob Herrn R diese Pflicht bereits am 7. März 2006, also mit Bestandskraft des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein traf oder ob er im Vertrauen auf eine zügige Bearbeitung des erneuten Antrags auf Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein vom 9. März 2006 eine kurze Zeit abwarten durfte. Denn jedenfalls nach der zeitnahen Ablehnung des Antrags des Klägers auf Bestellung eines Abwicklungsbeauftragten vom 17. März 2006 und der folgenden Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und der OFD über Satzungs- und Namensfragen durfte Herr R nicht mehr darauf vertrauen, dass eine erneute Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein zeitnah erfolgen würde. Somit bestand die Pflicht zur Information der Mitglieder spätestens im späten Frühjahr 2006. Dieser Informationspflicht ist Herr R nicht nachgekommen.
bb)
Darüber hinaus hat der Kläger durch Herrn R in dem genannten Zeitraum für die Vereinsmitglieder Hilfe in Steuersachen geleistet. Davon durfte die OFD aufgrund der von Herrn R gefertigten Steuererklärungen, die beim FA noch im September, Oktober und November 2006 eingereicht wurden und bei denen in dem Feld "bei Anfertigung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt: Rechtsanwalt R" eingetragen war, ausgehen. Letztlich hat Herr R dies in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt.
(1)
Diese Hilfe hat Herr R jedoch entgegen seiner Rechtsauffassung nicht als Rechtsanwalt ausgeübt. Zwar hat er durch den Eintrag "Rechtsanwalt R" im Feld "bei Erstellung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt" gegenüber dem FA zu erkennen gegeben, dass er die Hilfeleistung in Steuersachen als Rechtsanwalt habe leisten wollen; dies reicht jedoch nicht aus. Denn gegenüber den Mitgliedern ist er nicht als Rechtsanwalt aufgetreten. Diese haben ihn auch nicht dahingehend mandatiert, ihre steuerlichen Angelegenheiten zu regeln bzw. bei der Anfertigung ihrer Steuererklärung mitzuwirken. Dies gilt für alle Fälle, in denen kein ausdrücklicher Mandatsvertrag geschlossen wurde. Derartige ausdrückliche Mandatsübertragungen an den Rechtsanwalt R erfolgten auch nach dem Vortrag des Klägers nur hinsichtlich sog. "Altlasten", das heißt, wenn ein neu eingetretenes Mitglied noch steuerliche Angelegenheiten zu regeln hatte, die Jahre betrafen, die vor dem Vorjahr des Eintritts lagen. Die Bearbeitung dieser Fälle durch den Kläger als Lohnsteuerhilfeverein hat Herr R ausdrücklich abgelehnt und sich insoweit schriftlich als Rechtsanwalt beauftragen lassen. Für alle übrigen Fälle liegen keine ausdrücklichen Mandatsverträge vor.
Das Gericht folgt auch nicht der Ansicht des Klägers, dass in diesen Fällen durch den Eintrag "Rechtsanwalt R" im Mitwirkungsfeld des Mantelbogens der Steuererklärung durch Rechtsanwalt R und die Unterzeichnung dieser Erklärung mit anschließender Abgabe beim FA durch das Mitglied konkludent ein Vertrag abgeschlossen worden sei. Auch konkludente Verträge kommen durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145 ff. Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Vorliegend fehlt es an beidem. Die bloße Eintragung "Rechtsanwalt R" im Mitwirkungsfeld des Mantelbogens der Steuererklärung beinhaltet keine Willenserklärung dahingehend, dass hierdurch dem Mitglied der Abschluss eines Mandatierungsvertrages angeboten werden soll. Nach dem insoweit maßgeblichen objektivem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) ist ein derartiger Erklärungsgehalt nicht zu entnehmen. Darüber hinaus wollte Herr R mit den Mitgliedern des Klägers auch keinen Rechtsanwalt-Mandatierungsvertrag schließen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er den Mitgliedern die Aberkennung der Eigenschaft des Klägers als Lohnsteuerhilfevereins pflichtwidrig nicht mitgeteilt hat, obwohl sich im jeweiligen Einzelfall spätestens mit Übergabe der angefertigten Steuererklärung an das Mitglied hierzu hinreichend Anlass und Gelegenheit geboten hätte. Hieraus folgt, dass es das Bestreben von Herrn R war, dass die Vereinsmitglieder weiterhin davon ausgehen sollten, dass der Verein die Hilfe in Steuersachen leistet.
Weiterhin liegt auch keine Annahmeerklärung der jeweiligen Mitglieder vor. Das bloße Unterschreiben der Steuererklärung und die Einreichung derselben beim FA beinhaltet keine Annahme eines Angebotes auf Abschluss eines Rechtsanwalts-Vertrages. Eine derartige Auslegung überdehnt den Aussagegehalt des Verhaltens der Mitglieder bei weitem. Nach der Lebenswirklichkeit ist vielmehr davon auszugehen, dass den meisten Mitgliedern der Vermerk im Mitwirkungsfeld gar nicht aufgefallen ist, beziehungsweise dass diese keine hinreichende gedankliche Trennung zwischen dem Kläger als Verein und der Person des Vereinsvorstandes, Rechtsanwalt R, gemacht haben.
Schließlich spricht gegen den behaupteten Vertragsschluss auch der Umstand, dass dieser nicht durchgeführt wurde. Insoweit handelte es sich bei einem Rechtsanwalt-Mandatierungsvertrag um einen Dienstvertrag i.S.d. § 611 BGB. Da bei der vom Kläger vorgetragenen Konstruktion des Zustandekommens des Vertrages keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen wurde, wäre gem. § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Dies wäre gem. § 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) das gesetzliche Honorar. Dieses hat Herr R in den oben genannten Fällen jedoch gerade nicht eingefordert. Damit steht fest, dass Herr R gegenüber den Mitgliedern des Klägers bei der Anfertigung von deren Steuererklärungen nicht als Rechtsanwalt tätig geworden ist.
Im Übrigen ist auch nur vor diesem Hintergrund, dass nämlich für die Vereinsmitglieder auch weiterhin als Vereinsvorstand und Beratungsstellen-Leiter tätig geworden ist, verständlich, dass dieser in dem gesamten Zeitraum seine Vergütung für die Beratungsstellen-Leitung im gleichen Umfang wie zuvor weiter erhalten hat.
(2)
Da Herr R gegenüber dem FA bei der Erstellung der Steuererklärung jedoch als Rechtsanwalt tätig wurde, lässt dies den Schluss zu, dass der Kläger selbst, vertreten durch seinen Vorstand Herrn R, den Rechtsanwalt R mit der Hilfeleistung in Steuersachen beauftragt hat. Damit ist Rechtsanwalt R als Erfüllungsgehilfe des Klägers tätig geworden. Die fehlende Befugnis des Klägers, im Zeitraum 7. März 2006 bis 20.März 2007 Hilfe in Steuersachen zu leisten, wird jedoch nicht dadurch geheilt, dass er dem grundsätzlich zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Rechtsanwalt die Steuerrechtshilfe überträgt (vgl. Urteil des LG Marburg vom 1. November 2001, 1 O 207/01, DStRE 2002, 1044, Bonner Handbuch der Steuerberatung, Kommentar zum StBerG, § 5 Rdn. B 89.3, m.w.N.). Damit war die Hilfeleistung in Steuersachen unbefugt.
Ginge man demgegenüber nicht von einer Übertragung der Verpflichtung zur Hilfeleistung in Steuersachen vom Kläger an Rechtsanwalt R aus, so folgte hieraus, dass sich Rechtsanwalt R unbefugt die Daten der Vereinsmitglieder zur weiteren Bearbeitung angeeignet hätte. Hierin läge ein offensichtlicher Verstoß gegen das Verbindungsverbot des § 26 Abs. 2 StBerG. Insoweit stellt auch die rechtsanwaltliche Tätigkeit eine andere und damit nicht zulässige wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Norm dar (vgl. Urteil des FG Thüringen vom 23. August 2005 III 221/05, EFG 2006 374). Damit wären die Voraussetzungen für eine Schließung der Beratungsstellen gem. § 28 Abs. 3 3. Alternative StBerG gegeben.
cc)
Das pflichtwidrige Verhalten von Herrn R rechtfertigt auch die Besorgnis, dass er in Zukunft die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen werde. Diese in die Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung kann naturgemäß nur aufgrund der Beurteilung von vergangenem Verhalten getroffen werden. Dabei rechtfertigt vergangenes Fehlverhalten grundsätzlich die Besorgnis, dass sich dieses Fehlverhalten auch in Zukunft wiederholen werde. Insoweit ist es an dem Kläger, substantiiert darzulegen, welche Maßnahmen er zur Verhinderung einer derartigen Wiederholung getroffen hat. Dies konnte der Kläger vorliegend nicht. Vielmehr ist das Gericht aufgrund des Verhaltens von Herrn R in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass dieser auch in Zukunft die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen wird, wenn ihm dies persönlich zum Vorteil gereichen würde. Diese Schlussfolgerung zieht das Gericht aus der in der mündlichen Verhandlung gezeigten Uneinsichtigkeit in das eigene Fehlverhalten sowie aus den Äußerungen von Herrn R im schriftlichen Verfahren. Dort hat Herr R geäußert, dass er die unsubstantiierten Rechtsauffassungen der offenbar befangenen verantwortlichen Sachbearbeiterin der Beklagten nicht respektiere. Dies gibt insbesondere deshalb Anlass zur Besorgnis, weil es sich bei den von Herrn R nicht respektierten Äußerungen der Beklagten auch um die bestandskräftige Widerrufsverfügung gegenüber dem Kläger gehandelt hat. Dies zeigt, dass Herr R letztlich nur bereit ist, die von ihm als materiell richtig anerkannten Verfügungen der Aufsichtsbehörde zu befolgen. Ein derartiges Verhalten ist jedoch für den Leiter einer Lohnsteuerhilfe -Beratungsstelle nicht akzeptabel.
b)
Die Schließung der Beratungsstellen des Klägers ist auch ermessensfehlerfrei. Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 28 Abs. 3 StBerG räumt der OFD ein Ermessen hinsichtlich der Schließung der Beratungsstellen ein. Diese Ermessensentscheidung ist von dem Gericht nur im Rahmen des § 102 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu überprüfen. Die gerichtliche Prüfung hat jedoch diesbezüglich keine Ermessensfehler ergeben. Insbesondere kommt aufgrund der schwere des Verstoßes und des erheblichen Zeitraums der Zuwiderhandlung die Erteilung einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Schließung nicht in Betracht.
c)
Schließlich war die OFD auch nicht aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes an dem Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes gehindert. Insoweit schützt das auf dem Rechtsstaatsprinzip beruhende Vertrauensprinzip nicht jedwedes Vertrauen des Bürgers in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VIII R 35/86, BStBl II 1989, 440 m.w.N.). Im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben ist ein Vertrauen vielmehr nur dann schutzwürdig, wenn es durch ein entsprechendes nachhaltiges Verhalten der Verwaltung verursacht worden ist. Allein die Wiederanerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein am 21. März 2007 reicht hierfür nicht aus. Hinzu kommt vorliegend, dass zwar die Umstände, die zur erneuten Aberkennung des Lohnsteuerhilfe-Status des Klägers geführt haben, im Zeitraum zwischen März 2006 und März 2007 und damit vor der erneuten Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein eingetreten sind; allerdings hat die OFD erst anlässlich der Prüfung des Geschäftsprüfungsberichts des Klägers für 2006 im September 2007 von diesen Umständen Kenntnis erhalten. Folglich stehen auch Gesichtspunkte der Verwirkung dem Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht entgegen.
2.
Die Aufhebung der Schließungsverfügung kommt auch nicht der aufgrund der bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 13. August 2009 eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht. Zwar handelt es sich bei der Schließung einer Beratungsstelle gem. § 28 Abs. 3 StBerG um eine Ermessensentscheidung der Behörde, bei der es grundsätzlich auf den Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt; gleichwohl kann die Schließungsverfügung nicht aufrechterhalten werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Rechtspflicht für die sofortige Wiederbestellung desselben Beratungsstellen-Leiters bestünde.
Ein solcher Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht. Die Sach- und Rechtslage hat sich zwischen der Schließungsverfügung vom 9. September 2008 bzw. der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2008 und der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2009 nicht geändert. Insbesondere hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass Herr R auch nach März 2006 gegenüber den Vereinsmitgliedern Hilfe in Steuersachen geleistet hat. Damit haben sich die von der OFD angenommenen tatsächlichen Umstände als richtig erwiesen. Auch fällt die Prognoseentscheidung hinsichtlich des zukünftigen Verhaltens von Herrn R aufgrund der mündlichen Verhandlung nicht zu seinen Gunsten aus. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, dass eine zukünftige unerlaubte Hilfe in Steuersachen schon deshalb nicht in Betracht komme, da der Kläger seit März 2007 wieder zur (eingeschränkten) Hilfe in Steuersachen befugt sei, folgt das Gericht dem nicht. Es reicht nicht aus, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass sich Herr R im Idealfall rechtstreu verhalten werde. Entscheidend ist vielmehr, dass die Besorgnis besteht, dass sich Herr R in einer für ihn oder den Kläger kritischen Situation erneut gegen die Beachtung rechtlicher Normen oder bestandskräftiger behördlicher Verfügungen entscheiden würde. Diese Überzeugung hat der Senat auch nicht zuletzt auch aufgrund des uneinsichtigen Verhaltens von Herrn R in der mündlichen Verhandlung gewonnen (s. o.).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.