Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 01.10.2014, Az.: 4 A 5365/13

Klärschlamm; ordnungsgemäße Landwirtschaft; Schutzzone III; Verbot; Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten; Wasserschutzgebiet; wirtschaftlicher Nachteil

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.10.2014
Aktenzeichen
4 A 5365/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42662
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Verbot, Klärschlamm auf in Schutzzone III von Wasserschutzgebieten liegenden landwirtschaftlichen Flächen aufzubringen, kann die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung eines Grundstückes einschränken und zu einem Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WGH führen.

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin als Ausgleich gemäß § 52 Abs. 5 WHG für die von ihr im Wasserschutzgebiet {J.} in der Schutzzone III bewirtschafteten Flächen für das Jahr 2011 einen Betrag in Höhe von 21.606,47 € zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten einen Ausgleich für wirtschaftliche Nachteile, die ihr dadurch entstanden sind, dass sie auf die von ihr landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, die in einem Wasserschutzgebiet liegen, keinen Klärschlamm mehr aufbringen darf.

Die Klägerin ist ein auf Ackerbau spezialisierter landwirtschaftlicher Betrieb, der in {K.} (Ortsteile {L.} und {J.}) ansässig ist. Von den rund 400 ha landwirtschaftlichen Nutzflächen des Betriebes liegt ein Anteil von rund 175 ha innerhalb des durch die Verordnung über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes für die Wassergewinnungsanlage des Wasserwerkes {J.} im Landkreis {M.} vom 27.06.1968 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover, 1968 S. 273; im Folgenden: Wasserschutzgebietsverordnung {J.}) festgesetzten Wasserschutzgebietes.

Die Beklagte ist die durch die Festsetzung des Wasserschutzgebietes begünstigte Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung.

Das Wasserschutzgebiet {J.} gliedert sich in die Schutzzonen I (Fassungsbereich), II (engere Schutzzone) und III (weitere Schutzzone). Etwa 117 ha der von der Klägerin für ihren Betrieb genutzten landwirtschaftlichen Flächen liegen in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes. Die Klägerin brachte in der Vergangenheit Klärschlamm (im Sinne des § 2 Abs. 2 der Klärschlammverordnung (AbfKlärV)), den sie nach eigenen Angaben jeweils kostenlos von der Kläranlage {K.} bezog, zur Düngung auf den betreffenden Grundstücken in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes aus. Dies war sowohl nach der genannten Wasserschutzgebietsverordnung als auch nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten (SchuVO) vom 24. Mai 1995 (Nds. GVBl. S. 133) - SchuVO a. F. - i.V.m. Nummer 9 der Anlage zur SchuVO a. F. nicht grundsätzlich verboten.

Die SchuVO a.F. trat nach § 9 Satz 2 der Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten (SchuVO) vom 9.11.2009 (Nds. GVBl. S. 431), geändert durch Verordnung vom 29.05.2013 (Nds. GVBl. S. 132), - SchuVO n.F. -, mit Ablauf des 17.11.2009 außer Kraft. Nach § 2 Abs. 1 SchuVO n.F. i.V.m. Nummer 8 der Anlage zur SchuVO n.F. unterlag das Aufbringen von Klärschlamm im Sinne des § 2 Abs. 2 AbfKlärV in den Schutzzonen III, III A und III B vom 18.11.2009 bis zum Ablauf des 31.12.2010 einem Genehmigungsvorbehalt und ist seit dem 01.01.2011 verboten. Für die Zeit bis zum 31.12.2010 reichte es aus, die Klärschlammaufbringungen gegenüber der Unteren Wasserbehörde anzuzeigen.

Mit Schreiben vom 22.11.2011 teilte der Landkreis {N.} als Untere Wasserbehörde der Klägerin mit, dass die von ihr mit Schreiben vom 16.02.2011 angemeldete Klärschlammaufbringung auf den betreffenden, in der Schutzzone III liegenden Grundstücken gemäß § 2 Abs. 1 SchuVO n F. i.V m. Nummer 8 der Anlage zur SchuVO n. F. seit dem 1. Januar 2011 verboten sei und die von der Klägerin beabsichtigte Klärschlammaufbringung deshalb „nicht vollzogen“ werden dürfe.

Die Klägerin ließ daraufhin ein Gutachten erstellen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der Klägerin durch das Verbot der Klärschlammaufbringung auf den betreffenden Grundstücken infolge der Notwendigkeit des Einsatzes anderen Düngers im Jahr 2011 ein wirtschaftlicher Nachteil in Höhe von 21.606,47 Euro entstanden ist (vgl. Gutachten der Sozietät {O.} vom 06.07.2012).

Mit Schreiben vom 06.09.2012 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und forderte von dieser unter Vorlage des vorgenannten Gutachtens als Nachteilsausgleich nach § 52 Abs. 5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) i. V. m. § 93 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) für das Jahr 2011 einen Betrag von 21.606,47 Euro. Die Beklagte lehnte diese Forderung mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, das durch § 2 Abs. 1 SchuVO n.F. i.V.m. Nummer 8 der Anlage zur SchuVO n.F. rechtsverbindlich festgesetzte Verbot der Klärschlammaufbringung könne von vornherein keinen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich nach § 52 Abs. 5 WHG i.V.m. § 93 NWG auslösen, weil Klärschlämme weder bei der landwirtschaftlichen Produktion anfielen noch primär für eine Verwendung als Düngemittel erzeugt würden.

Am 20.06.2013 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Leistung eines Ausgleichs weiterverfolgt. Sie vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs nach § 52 Abs. 5 WHG vorlägen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Aufbringen von Klärschlamm zur Düngung landwirtschaftlicher Flächen als ordnungsgemäße Landwirtschaft anzusehen. Das Aufbringen von Klärschlamm sei fachlich und ökonomisch sinnvoll. Auch nach Auffassung des Niedersächsischen Umweltministeriums (MU) sollten Klärschlämme guter Qualität auch zukünftig landwirtschaftlich verwertet werden. Abgesehen von dem speziell Wasserschutzgebiete betreffenden Verbot der SchuVO stelle das Aufbringen von Klärschlamm keine gesetzeswidrige Düngung dar. Vielmehr bestehe ein grundsätzliches Klärschlammaufbringungsverbot nur für Gemüse- und Obstanbauflächen, auf Dauergrünland sowie auf forstwirtschaftlich genutzten Böden. Bei den Flächen, für welche sie einen Ausgleichsanspruch geltend mache, handele es sich ausschließlich um Ackerbauflächen, auf denen die Klärschlammaufbringung erlaubt sei, sofern die Grenzwerte der AbfKlärV eingehalten würden, was für sie nie ein Problem dargestellt habe, weil die ihr zur Verfügung gestellten Klärschlämme aus der Kläranlage {K.} eine entsprechende Qualität aufwiesen. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, es handele sich bei dem Klärschlammaufbringungsverbot nicht um erhöhte Anforderungen, weil sich bereits aus der wasserrechtlichen Sorgfaltspflicht des § 5 WHG die Verpflichtung ergebe, in der Schutzzone III keinen Klärschlamm aufzubringen, könne dem nicht gefolgt werden. Denn das Aufbringen von Klärschlamm verstoße nicht gegen § 5 WHG. Zwar verpflichte § 5 Abs. 1 Satz 1 WHG jede Person, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein könnten, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaft zu vermeiden. § 5 WHG enthalte aber keine absoluten Verbote. Vielmehr handele derjenige, der sich im Rahmen behördlich zugelassener Einwirkungen auf den Wasserhaushalt halte, den allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 5 WHG nicht zuwider. Sie habe in den vergangenen Jahren auch in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes {J.} Klärschlamm zur Düngung der landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt. Bis Ende 2010 habe sie die Klärschlammaufbringung gegenüber der Unteren Wasserbehörde nur anzeigen müssen. Weder im Hinblick auf die Schutzpflichten des § 5 WHG noch sonst sei die Klärschlammaufbringung in Schutzzone III beanstandet worden. Der von ihr beauftragte Sachverständige Dr. {P.} bestätige in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 11.09.2014, dass beim Aufbringen von Klärschlamm zu Düngezwecken keine Einwirkungen auf ein Gewässer im Sinne des § 5 Abs. 1 WHG im Hinblick auf das Grundwasser zu befürchten seien. Im Übrigen weise das Wassergewinnungsgebiet der Beklagten die Besonderheit auf, dass es sich aus dem seit 1968 festgesetzten Wasserschutzgebiet {J.} (etwa 70 % des Wassergewinnungsgebietes) und einem nicht geschützten Teilbereich (ca. 30 % des Wassergewinnungsgebietes) zusammensetze. Die Beklagte gewinne ihr Wasser also auch aus Brunnen außerhalb des Wasserschutzgebietes. Sie, die Klägerin, bewirtschafte auch in dem von dem Wasserschutzgebiet {J.} nicht umfassten Teilbereich Flächen und habe dort auch nach dem 01.01.2011 Klärschlamm nach Anzeige bei der Unteren Wasserbehörde aufgebracht. Die Untere Wasserbehörde habe die Anzeigen bis heute nicht zum Anlass genommen, ihr die Klärschlammaufbringung wegen der Trinkwassergewinnung gemäß § 5 WHG zu untersagen. Dies zeige, dass aus Sicht der Unteren Wasserbehörde nicht zu befürchten sei, dass das Grundwasser durch die Klärschlammaufbringung verunreinigt werde. Sollte die Beklagte dies anders beurteilen, müsste sie in der Lage sein, dies über einen pauschalen Gefahrenverdacht hinaus zu begründen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr als Ausgleich gemäß § 52 WHG für die von ihr im Wasserschutzgebiet {J.} in der Schutzzone III bewirtschafteten Flächen für das Jahr 2011 einen Betrag in Höhe von 21.606,47 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch lägen nicht vor, weil das Klärschlammaufbringungsverbot in der SchVO nicht - wie es § 52 Abs. 5 WHG verlange - erhöhte Anforderungen festsetze. Ob Schutzanordnungen im Wasserschutzgebiet erhöhte Anforderungen für die Land- oder Forstwirtschaft stellten, sei durch einen Vergleich mit den allgemein geltenden wasserrechtlichen und sonstigen Anforderungen zu ermitteln. Die Verpflichtung, die Klärschlammaufbringung in der Schutzzone III zu unterlassen, ergebe sich bereits aus der wasserrechtlichen Sorgfaltspflicht des § 5 WHG; es handele sich deshalb um allgemeine, für jedermann geltende Anforderungen und nicht um erhöhte Anforderungen i.S.v. § 52 Abs. 5 WHG. § 5 WHG stelle unmittelbar geltende wasserrechtliche Verhaltenspflichten auf, die bei jeder gewässerrelevanten Handlung von jedermann zu beachten seien. Das Aufbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzten Böden gehöre zu den Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein könnten. Es bestehe die Besorgnis, dass schädliche Inhaltsstoffe des Klärschlamms in das Grundwasser gelangten und damit die Trinkwassergewinnung behinderten. Angesichts des Gefährdungspotentials des Klärschlamms könnten nachteilige Veränderungen des Grundwassers nur vermieden und damit die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 5 Abs. 1 WHG eingehalten werden, wenn das Aufbringen von Klärschlamm auch in der Schutzzone III unterbleibe.

Die durch das von der Klägerin eingeholte Gutachten der Sozietät {O.} ermittelte Höhe des Nachteils als Folge des Verbotes der Klärschlammausbringung ist unstreitig.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die ausdrückliche Zuweisung von Streitigkeiten über den Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WHG zur ordentlichen Gerichtsbarkeit in § 19 Abs. 4 Satz 3 WHG a. F. ist aufgehoben worden. Da der Streit über einen Anspruch nach § 52 Abs. 5 WHG zudem kein nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO den ordentlichen Gerichten zur Entscheidung übertragener vermögensrechtlicher Anspruch aus Ausopferung ist, steht der Verwaltungsrechtsweg offen (siehe hierzu auch BT-Drucks. 16/12275 S. 79).

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch aus § 52 Abs. 5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 31.07.2009, zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 76 des Gesetzes vom 07.08.2013, i.V.m. § 99 Satz 2 und § 97 Satz 1 WHG, zu.

Selbst wenn man die Auffassung vertreten sollte, § 52 Abs. 5 WHG scheide im vorliegenden Fall als unmittelbare Anspruchsgrundlage aus, wäre jedenfalls davon auszugehen, dass § 52 Abs. 5 WHG in analoger Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) vom 19.02.2010, zuletzt geändert durch Verordnung vom 05.08.2014, anzuwenden ist.

Die Voraussetzungen des § 52 Abs. 5 WHG liegen nach Auffassung der Kammer vor.

§ 52 Abs. 5 WHG lautet:

„Setzt eine Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 2 oder Absatz 3, erhöhte Anforderungen fest, die die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks einschränken, so ist für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteile ein angemessener Ausgleich zu leisten, soweit nicht eine Entschädigungspflicht nach Absatz 4 besteht.“

Nach § 99 Satz 2 WHG gilt für den Ausgleich nach § 52 Abs. 5 WHG u.a. § 97 Satz 1 WHG entsprechend. Danach hat, soweit sich aus dem WHG nichts anderes ergibt, den Ausgleich zu leisten, wer unmittelbar durch den Vorgang, der die Ausgleichpflicht auslöst, begünstigt wird.

Eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 WHG liegt vor. Eine solche Anordnung kann eine Rechtsverordnung nach § 51 Abs. 1 WHG, durch die ein Wasserschutzgebiet festgesetzt wird, sein (§ 52 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. WHG). Die Wasserschutzgebietsverordnung {J.}, durch die das Wasserschutzgebiet {J.} festgesetzt wurde, ist eine solche Rechtsverordnung. Zwar ist diese Wasserschutzgebietsverordnung nicht auf Grundlage des - seinerzeit noch nicht in Kraft gewesenen - § 51 Abs. 1 WHG erlassen worden. Nach § 106 Abs. 2 WHG gelten jedoch vor dem 01.03.2010 festgesetzte Wasserschutzgebiete als Wasserschutzgebiete im Sinne von § 51 Abs. 1 WHG. Dies trifft hier auf das durch Verordnung vom 27.06.1968 festgesetzte Wasserschutzgebiet {J.} zu.

Nach Auffassung der Kammer liegt auch eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1 WHG vor. Dies sind u.a. Anordnungen, durch die in einem Wasserschutzgebiet bestimmte Handlungen verboten werden (§ 52 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1, 1. Alt. WHG). Zweifel, ob eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1, 1. Alt. WHG vorliegt, könnten sich insoweit allerdings daraus ergeben, dass der Wortlaut der Regelungen in § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1, 1. Alt. WHG nur solche Fälle erfasst, in denen in der Rechtsverordnung, durch die ein Wasserschutzgebiet festgesetzt wird (im Folgenden: Wasserschutzgebietsverordnung), selbst bestimmte Handlungen verboten werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn die Wasserschutzgebietsverordnung {J.}, durch die das Wasserschutzgebiet {J.} festgesetzt wurde, enthält selbst kein Verbot des Aufbringens von Klärschlamm auf Grundstücken in der Schutzzone III, III A oder III B des Wasserschutzgebietes. Dieses Verbot ergibt sich vielmehr erst aus § 2 Abs. 1 SchuVO n.F. i.V.m. Nummer 8 der Anlage zur SchuVO n.F. Obwohl zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass eine Anordnung nach § 52 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1 WHG vorliegt, sieht sich die Kammer deshalb zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Bei einer an Sinn und Zweck der Regelungen in § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1, 1. Alt. WHG orientierten Auslegung genügt dieser Regelungszusammenhang, um das Vorliegen einer „Anordnung“ im Sinne der genannten Vorschriften anzunehmen. Denn der Zweck des § 52 Abs. 5 WHG geht ersichtlich dahin, einen Ausgleich für die Nachteile zu gewähren, die dadurch verursacht wurden, dass bestimmte Handlungen in einem Wasserschutzgebiet verboten sind (vgl. BT-Drs. 10/5727 S. 33 ff. zu der Vorgängervorschrift § 19 Abs. 4 WHG a.F.). Dafür, dass eine solche Fallkonstellation auch hier vorliegt, spricht folgende Überlegung: Nach § 92 NWG in der oben zitierten Fassung - NWG n.F. - kann das Fachministerium durch Verordnung (im Folgenden: Schutzbestimmungsverordnung) auch Schutzbestimmungen für alle oder mehrere Wasserschutzgebiete treffen. Würde ein Wasserschutzgebiet nach § 51 Abs. 1 WHG in der oben zitierten Fassung - WHG n. F. - nach Erlass einer Schutzbestimmungsverordnung, durch die Schutzbestimmungen für alle Wasserschutzgebiete getroffen werden, neu festgesetzt, wäre eine Wiederholung der in der Schutzbestimmungsverordnung getroffenen Schutzbestimmungen in der Wasserschutzgebietsverordnung selbst entbehrlich. Denn die in der Schutzbestimmungsverordnung getroffenen Schutzbestimmungen würden ohnehin unmittelbar auch für das neu festgesetzte Wasserschutzgebiet gelten. Daher wäre in einem solchen Fall wohl sicher davon auszugehen, dass die durch die Wasserschutzgebietsverordnung für das konkrete Wasserschutzgebiet „in Kraft gesetzten“ Schutzbestimmungen der Schutzbestimmungsverordnung „Anordnungen“ im Sinne von § 52 Abs. 5 und Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. WHG n.F. wären. Wenn dies aber so ist, kann es im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob zuerst die Schutzbestimmungsverordnung erlassen und erst dann das Wasserschutzgebiet festgesetzt wurde oder erst das Wasserschutzgebiet festgesetzt und danach die Schutzbestimmungsverordnung erlassen wurde. In beiden Fällen ergibt sich das Verbot einer bestimmten Handlung in dem betreffenden Wasserschutzgebiet aus dem Zusammenspiel zwischen - abstrakter - Schutzbestimmungsverordnung und - konkreter - Festsetzung des Wasserschutzgebietes. So liegt es auch hier: Zuerst wurde das Wasserschutzgebiet {J.} durch Verordnung vom 27.06.1968 festgesetzt, dann wurde die SchuVO n.F. erlassen und (erst) dadurch das Aufbringen von Klärschlamm auf Grundstücken in Schutzzone III, III A oder III B des Wasserschutzgebietes verboten. Dies ändert aber nichts daran, dass die Festsetzung des Wasserschutzgebietes {J.} in der Verordnung vom 27.06.1968 - wenn auch nur mittelbar - ursächlich für das Verbot geworden ist (vgl. hierzu auch Nies, Rechtsanwendungsprobleme beim wasserrechtlichen Ausgleichsanspruch, NVwZ 1987, S. 189, 190).

Gegen eine solche Auslegung könnte zwar wiederum in systematischer Hinsicht eingewandt werden, dass § 92 NWG n.F. schon seinem Wortlaut nach (siehe außerdem BGBl. I 2010 S. 970) von § 52 Abs. 1 Satz 1 WHG abweicht (vgl. hierzu Czychowski, „§ 19 Abs. 4 WHG und sein Ausgleichsanspruch für Beschränkungen der Landwirtschaft in Wasserschutzgebieten“, AgrarR 2011, S. 88, 89). Ob die bundesrechtlichen Regelungen in § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., Nr. 1, 1. Alt. WHG eine solche landesrechtliche Abweichung im Blick haben (können) und mit umfassen wollen, könnte durchaus zweifelhaft sein.

Hinzu kommt, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass Regelungen, die allgemein bestimmte Handlungen in Wasserschutzgebieten verbieten (wie z. B. § 4 Abs. 7 Satz 1 AbfKlärV, wonach „das Aufbringen von Klärschlamm auf Böden in Zonen I und II von Wasserschutzgebieten“ verboten ist), keinen Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WHG n. F. auslösen können (Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 52, Rdnr. 100). Solchen Regelungen sind Regelungen im Sinne von § 92 NWG n.F. aber zumindest sehr ähnlich, weil auch sie nicht in Bezug auf konkrete Wasserschutzgebiete im Einzelfall, sondern allgemein für alle (oder mehrere) Wasserschutzgebiete Schutzbestimmungen treffen. Dass auch der niedersächsische Landesgesetzgeber davon ausgegangen sein dürfte, dass solche allgemeinen wasserschutzgebietsbezogenen Schutzbestimmungen nicht ohne Weiteres zu einem Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WHG n.F. führen können, ergibt sich schließlich aus § 93 Abs. 1 Satz 2 NWG n. F., wonach, wie dargelegt, „Pflanzenschutzrechtliche Verbote und Beschränkungen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Wasserschutzgebieten“ „den Schutzbestimmungen“ „gleichstehen“. Eine solche Regelung wäre wohl nicht erforderlich gewesen, wenn allgemeine wasserschutzgebietsbezogene Verbote und Beschränkungen des Pflanzenschutzrechts von vornherein dem Anwendungsbereich des § 52 Abs. 5 WHG n.F. unterfallen würden.

Selbst wenn man aus diesen Gründen zu der Auffassung gelangen sollte, § 52 Abs. 5 WHG n.F. scheide im vorliegenden Fall als unmittelbare Anspruchsgrundlage aus, so wäre aber jedenfalls davon auszugehen, dass § 52 Abs. 5 WHG n.F. hier in analoger Anwendung des § 93 Abs. 1 NWG n.F. entsprechend anzuwenden ist.

Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (BVerwG, Urteil vom 27.03.2014 - 2 C 2.13 -, juris m.w.N.). So liegt es hier.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die SchuVO n.F. nicht auf § 92 NWG n.F., sondern auf der inhaltlich entsprechenden Regelung in § 49 Abs. 3 des NWG in der Fassung vom 25.07.2005, zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 28.10.2009, - NWG a.F. -, die gemäß Artikel 3 Satz 2 des Gesetzes vom 19.02.2010 mit dem Inkrafttreten des NWG n.F. zum 01.03.2010 außer Kraft getreten ist, beruht. Nach der damals geltenden Rechtslage war unzweifelhaft, dass auch Schutzbestimmungen, die nicht in einer Wasserschutzgebietsverordnung selbst, sondern in einer Verordnung nach § 49 Abs. 3 NWG a. F. getroffen wurden, zu einem Ausgleichsanspruch führen konnten. Denn der Ausgleichsanspruch war seinerzeit (neben § 19 Abs. 4 WHG in der damals geltenden Fassung - WHG a.F. -) in § 51 a NWG a.F. geregelt. Anknüpfungspunkt für einen Ausgleichsanspruch war danach „eine Schutzbestimmung nach § 49 oder § 50“ NWG a. F. (§ 51 a Abs. 1 Satz 1 NWG a. F.). Anhaltspunkte dafür, dass Schutzbestimmungen, die in einer Verordnung nach § 49 Abs. 3 NWG a.F. getroffen wurden, ausgenommen sein sollten, sind nicht erkennbar. An diesem Regelungszustand wollte der Landesgesetzgeber bei der Schaffung des NWG n.F. nichts ändern. Vielmehr sollte die Regelung in § 51 a NWG a.F. „inhaltlich fortgeführt“ werden (Begründung des Gesetzentwurfs zum NWG n.F., Landtagsdrucksache 16/1900, S. 85, dort zu § 95 des Entwurfs). Dass Schutzbestimmungen nach § 92 NWG n.F. oder § 49 Abs. 3 NWG a.F. von vornherein nicht mehr zu einem Ausgleichsanspruch führen können sollten, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ging der Landesgesetzgeber ersichtlich davon aus, dass insoweit der bisherige Rechtszustand beibehalten würde. Etwaige Änderungsabsichten wurden, soweit erkennbar, nicht bekundet. Mithin wäre, wollte man Schutzbestimmungen nach § 92 NWG n.F. oder § 49 Abs. 3 NWG a.F. als nicht von § 52 Abs. 5 WHG n.F. erfasst ansehen, davon auszugehen, dass der niedersächsische Landesgesetzgeber, hätte er dies bedacht, jedenfalls einen eigenen landesrechtlichen Ausgleichsanspruch geschaffen hätte, wie er es in § 93 Abs. 1 NWG n.F. für die dort ausdrücklich geregelten Fälle getan hat (vgl. den Schriftlichen Bericht zum NWG n.F., Landtagsdrucksache 16/2218, S. 7 [dort zu § 95 des Entwurfs = § 93 NWG n.F.] und S. 10 [dort zu § 128 des Entwurfs = § 123 NWG n.F.]).

Die sowohl bei einer unmittelbaren als auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 52 Abs. 5 WHG erforderliche weitere Anspruchsvoraussetzung, dass durch die betreffende „Anordnung“ erhöhte Anforderungen an die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung der betreffenden Grundstücke der Klägerin festgesetzt wurden, liegt ebenfalls vor.

Das in der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten eingeführte Klärschlammaufbringungsverbot stellt erhöhte Anforderungen dar. Erhöhte Anforderungen liegen vor, wenn sie über die allgemeinen, auch außerhalb von Wasserschutzgebieten geltenden Anforderungen hinausgehen. Dies ist durch einen Vergleich zwischen den speziellen Einschränkungen der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft in einem förmlich festgesetzten Wasserschutzgebiet mit den allgemein und unabhängig von der Festsetzung von Wasserschutzgebieten geltenden Nutzungsbeschränkungen zu ermitteln (vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 52, Rdnr. 101).

Gemessen hieran liegen durch das eingeführte Klärschlammaufbringungsverbot in Schutzgebietszone III erhöhte Anforderungen im o.g. Sinne vor. Außerhalb von Wasserschutzgebieten ist die Klärschlammaufbringung (soweit sie ordnungsgemäß erfolgt, siehe hierzu unten) nach wie vor zulässig. Durch die Neufassung der SchuVO ist der Klägerin das Aufbringen von Klärschlamm auf Teilen ihrer landwirtschaftlichen Nutzflächen allein aufgrund ihrer Lage im förmlich festgesetzten Wasserschutzgebiet verboten. Nur auf den Flächen, die im festgesetzten Wasserschutzgebiet liegen, darf sie keinen Klärschlamm aufbringen. Ihr ist es aber nach wie vor erlaubt, auf ihren nicht im Wasserschutzgebiet {J.} liegenden Flächen Klärschlamm aufzubringen.

Die Beklagte hat mit ihrem Einwand, der Klägerin sei es schon vor Erlass des Klärschlammaufbringungsverbots nach § 5 WHG allgemein verboten gewesen, Klärschlamm auf ihren in der Zone III des Wasserschutzgebietes liegenden Flächen aufzubringen, keinen Erfolg. Es trifft zwar zu, dass keine erhöhten Anforderungen vorliegen, soweit Wasserschutzgebietsfestsetzungen lediglich allgemeine wasserrechtliche Anforderungen für ein Schutzgebiet anordnen, um sie etwa leichter durchsetzen zu können (vgl. Thieme, Ausgleichszahlungen für die Land- und Forstwirtschaft, ZfR 1998, S. 469, 471). Dies setzte aber voraus, dass die von der Klägerin praktizierte Klärschlammaufbringung auf ihren in Schutzzone III gelegenen Flächen tatsächlich bereits nach § 5 WHG verboten war. § 5 Abs. 1 WHG lautet:

„Jede Person ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um
1. eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden,
2. eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen,
3. die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
4. eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden.“

Es trifft zwar zu, dass das Aufbringen von Klärschlamm aufgrund des Schadstoffgehalts mit Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein kann. So ist es je nach Qualität und Menge der aufgebrachten Klärschlämme oder der Bodenverhältnisse denkbar, dass das Aufbringen von Klärschlämmen auch in den weiteren Schutzzonen (Zone III) von Wasserschutzgebieten gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG verstoßen kann. Die Auffassung der Beklagten, dass das Aufbringen von Klärschlämmen auf Flächen der Schutzzone III aber stets - und ohne die konkreten Umständen in den Blick zu nehmen - gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG verstößt, vermag aber nicht zu überzeugen. Vielmehr ist es denkbar, dass ein Landwirt Klärschlämme nur in solchem Umfang und nur von solcher Qualität aufbringt, dass eine nachteilige Einwirkung auf Gewässer vermieden wird.

So hat die Klägerin beim Aufbringen von Klärschlammen in der Schutzzone III die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt angewandt, um eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden.

Den allgemeinen Sorgfaltspflichten soll derjenige nicht widersprechen, der sich im Rahmen behördlich zugelassener Einwirkungen auf den Wasserhaushalt hält (vgl. Czychowski/ Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 5, Rdnr. 10). Die Klägerin hat in der Vergangenheit die Klärschlammaufbringung gegenüber der Unteren Wasserbehörde stets angezeigt. Sie hat die Grenzwerte der AbfKlärV eingehalten, weil die von ihr ausgebrachten Klärschlämme aus der Kläranlage {K.} offenbar von guter Qualität sind. Beanstandungen der Unteren Wasserbehörde hat es nie gegeben.

Bei der Frage, ob die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt angewendet wird, um nachteilige Veränderungen der Gewässereigenschaften zu vermeiden, ist auch zu berücksichtigen, dass die Schutzzone III ein geringeres Schutzniveau erfordert als die Schutzzonen I und II. Nach § 51 Abs. 2 WHG sollen Trinkwasserschutzgebiete in Zonen mit unterschiedlichem Schutzniveau unterteilt werden, um der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit durch gestufte Schutzanordnungen angemessen Rechnung tragen zu können. Das Wasserschutzgebiet {J.} ist in drei Zonen, nämlich den Fassungsbereich (Zone I), engere Schutzzonen (Zone II) und weitere Schutzzonen (Zone III, III a und III b) eingeteilt. Dabei gelten unterschiedliche Schutzanordnungen, die in den jeweils äußeren Zonen milder sind als in den inneren. Die Klärschlammverordnung vom 15.04.1992, zuletzt durch Artikel 5 Absatz 12 des Gesetzes vom 24.02.2012 (BGBl. I S. 212) geändert (AbfKlärV), verbietet das Aufbringen von Klärschlamm ausdrücklich nur in den Schutzzonen I und II (§ 4 Abs. 7 S. 1 AbfKlärV).

Die Schutzzone III dient der Vermeidung weitreichender, mittel- oder langfristig wirkender Beeinträchtigungen und bezweckt den Schutz des Grundwassers insbesondere vor nicht oder nur schwer abbaubaren chemischen Verunreinigungen (vgl. Czychowski/ Reinhard, WHG, 10. Aufl., § 51, Rdnr. 72; so auch Nds. OVG, Urt. v. 28.05.2002 - 7 KN 75/01 -, juris). An die Sorgfalt i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je wahrscheinlicher und größer der Schaden ist, welcher der Wassergüte droht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 5, Rdnr. 4). Hier ist weder etwas dafür ersichtlich, dass die von der Klägerin praktizierte Klärschlammaufbringung einen besonders großen Schaden für das Grundwasser anrichten könnte noch dass ein Schadenseintritt wahrscheinlich wäre. In der Begründung der SchuVO geht das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) selbst davon aus, dass das Aufbringungsverbot für Klärschlamm in der Schutzzone III nur der Versorge dient, die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt werde. Anhaltspunkte für eine drohende Beeinträchtigung des Grundwassers gibt es nicht. Die Beklagte hat nicht etwa durch Grundwasserproben dargelegt, dass das Grundwasser durch die Klärschlammaufbringung mit Schadstoffen belastet oder sonst beeinträchtigt wäre.

Vielmehr hat der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Dr. {P.} in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 11.09.2014 zu den möglichen Einwirkungen der Klärschlammaufbringung in Schutzzone III des Wasserschutzgebietes {J.} auf das Grundwasser nachvollziehbar dargelegt, dass bei der von der Klägerin praktizierten Klärschlammaufbringung keine Anhaltspunkte für eine Gefahr von Einwirkungen auf das Grundwasser der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes {J.} bestehe. Bei der Betrachtung der möglichen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität spiele das Nitrat die größte Rolle. Klärschlamm enthalte aber relativ niedrige Nitratmengen. Da zudem die pro ha ausgebrachte Klärschlammmenge gesetzlich begrenzt sei, bringe die Klärschlammdüngung kein höheres Risiko der Nitratauswaschung als die Düngung mit anderen organischen oder mineralischen Düngern. Die auf den Ackerflächen in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes {J.} vorliegenden Bodenverhältnisse gäben zudem keinerlei Anlass, ein besonderes Gefahrenpotenzial zu sehen. Vielmehr wiesen die dort überwiegend sandigen Lehmböden tiefgründig ausreichende Mengen an Feinschluff und Ton auf, die in der Lage seien, gegebenenfalls aus der Ackerkrume mit dem Sickerwasserstrom verlagerte Stoffe zu binden und eine Auswaschung in das Trinkwasser zu verhindern.

Auch der Rat der Europäischen Gemeinschaften geht in seiner Richtlinie 86/278/EWG vom 12.06.1986 (ABl. Nr. L v. 03.04.1986, S. 6) davon aus, dass die Verwendung von Klärschlamm je nach Verwendung ordnungsgemäß ist. Er führt hierzu aus:

„Diese Richtlinie bezweckt, die Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft so zu regeln, dass schädliche Auswirkungen verhindert und zugleich eine ordnungsgemäße Verwendung von Klärschlamm gefördert werden soll (so auch Art. 1 der Richtlinie). ...

Die Schlämme besitzen vielfach agronomisch nutzbringende Eigenschaften; die Förderung ihrer Verwertung in der Landwirtschaft ist deshalb gerechtfertigt, vorausgesetzt, dass sie ordnungsgemäß verwendet werden.“

Im Übrigen geht offenbar auch das MU davon aus, dass das Aufbringen von Klärschlamm in Schutzzone III nicht bereits gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG verstößt. In der Begründung zur Neuverkündung der SchuVO heißt es zu dem Klärschlammaufbringungsverbot in Schutzzone II, dass dieses Verbot bereits in der Klärschlammverordnung geregelt sei und lediglich aus deklaratorischen Gründen in die Verordnung aufgenommen werde. Ein entsprechender Hinweis auf ein bereits bestehendes Aufbringungsverbot in Schutzzone III nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG fehlt dagegen.

Schließlich sieht auch die Untere Wasserbehörde in dem Aufbringen von Klärschlamm in Schutzzone III offensichtlich keinen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG. Andernfalls hätte sie das Aufbringen von Klärschlamm in der Schutzzone III, über das sie durch die regelmäßigen Anzeigen der Klägerin in Kenntnis gesetzt worden ist, nicht jahrzehntelang hingenommen.

Hat damit die Klägerin der ihr allgemein obliegenden Pflicht zur Vorsorge hinreichend Genüge getan und ist die von ihr vorgenommene Düngung mit Klärschlamm nicht konkret geeignet, das Grundwasser schädlich zu beeinflussen, beinhaltet das sie dennoch treffende Verbot der Klärschlammaufbringung in Schutzzone III eine Beschränkung einer bislang in zulässiger Weise verwirklichten Form der Nutzung ihrer landwirtschaftlichen Flächen.

Wie dargelegt, hängt der Ausgleichsanspruch weiter davon ab, dass die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung beschränkt wird. Auch diese Tatbestandsvoraussetzung liegt vor. Es handelt sich bei dem Begriff der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht näher umschrieben wurde, da man ausweislich des Berichts des Innenausschusses des Bundestages (vgl. BT-Drucks. 10/5727, S. 34) glaubte, darauf verzichten zu können. Der Begriff sei in zahlreichen Landes- und Bundesgesetzen bereits verankert und durch eine gefestigte Rechtsprechung hinreichend geklärt. Entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers gibt es allerdings sehr unterschiedliche Ansichten, was mit dem Begriff der ordnungsgemäßen Nutzung gemeint ist (vgl. hierzu Czychowski/ Reinhard, WHG, 10. Aufl., § 52, Rdnr. 109). Als ordnungsgemäß sollte mit Blick auf den ersten Teil des WHG, dessen Zielsetzung der Schutz der Gewässer, insbesondere des Grundwassers ist, nur eine Bodennutzung gesehen werden, die den Stand der agrar- und wasserwirtschaftlichen Erkenntnisse beachtet und sich nicht nur an optimalen Erträgen orientiert, sondern auch daran ausrichtet, was ökologisch verantwortbar ist (vgl. hierzu Czychowski/ Reinhard, WHG, 10. Aufl., § 52, Rdnr. 111).

Gemessen hieran ist eine Klärschlammaufbringung, die sich an die Vorgaben des MU hält, ordnungsgemäß. Das MU führt in seinem aktuellen Internetauftritt aus, dass Klärschlamm aus Abwasserbehandlungsanlagen für häusliches und kommunales Abwasser in der Landwirtschaft verwendet werden darf, wenn keiner der in der Klärschlammverordnung genannten Grenzwerte überschritten wird. Seit Einführung der Klärschlammverordnung ist es nach Angaben des MU in Niedersachsen gelungen, die Schadstoffgehalte in den Klärschlämmen deutlich zu reduzieren. Die mittleren Schwermetallgehalte niedersächsischer Klärschlämme sollen die Grenzwerte der derzeitig gültigen Klärschlammverordnung sogar nur zu maximal 30 Prozent ausschöpfen. Das MU stellt klar, dass Klärschlämme guter Qualität - wie die Klägerin sie einsetzt - in Niedersachsen auch zukünftig landwirtschaftlich verwertet werden sollen, hält also die Klärschlammaufbringung bei Einhaltung der Grenzwerte für eine ordnungsgemäße, übliche und erwünschte Düngung.

Auch das OLG Celle sieht die Düngung mit unbedenklichem Klärschlamm als ordnungsgemäße Bewirtschaftungsmaßnahme an (Urt. v. 12.10.1989 - 7 U (Lp) 5/89).

Soweit Czychowski in seiner Kommentierung (§ 52, Rdnr. 113) ausführt, dass das Ausbringen von Klärschlamm nicht zur ordnungsgemäßen Landwirtschaft gehört, fehlt hierzu eine überzeugende Begründung. Die Kommentierung verweist auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (Entscheidung v. 23.06.2003 - Vf. 48-IV-02 -, juris), der wiederum ohne nähere Begründung, sondern nur unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 19.09.1996 - III ZR 82/95 -, juris) ausführt, dass der Eintrag von Klärschlamm in das Grundwasser nach einer verbreiteten Meinung eine nicht erlaubnisfähige Benutzung des Grundwassers darstelle. Der vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof zitierte BGH befasst sich aber in der genannten Entscheidung nicht mit dem Ausbringen von Klärschlamm, sondern mit dem Betrieb von Gärfuttersilos und Gärfuttermieten.

Auch soweit Gößl in seiner Kommentierung (Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 52, Rdnr. 126) ausführt, die Klärschlammaufbringung gehöre nicht zur ordnungsgemäßen Landwirtschaft, weil Klärschlamm nicht im landwirtschaftlichen Betrieb anfalle, überzeugt diese Begründung nicht. Der Bundesgerichtshof führt in seinen Entscheidungen wiederholt aus, dass auch Düngemittel eine Ausgleichspflicht auslösen können. Dabei unterscheidet er nicht nach Düngemitteln, die im landwirtschaftlichen Betrieb anfallen und sonstigen Düngemitteln (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.1998 - III ZR 286/97 -, juris). Entscheidend ist, ob ein Düngemittel üblicherweise in der Landwirtschaft eingesetzt wird, nicht hingegen, ob es auch dort anfällt. Die Idee, dass das Aufbringen von Klärschlamm keine „ordnungsgemäße“ landwirtschaftliche Bodennutzung sein könne, weil der Klärschlamm nicht im landwirtschaftlichen Betrieb anfalle und nicht primär als Dünger erzeugt worden sei, hängt vermutlich mit § 3 Abs. 8 der Klärschlammverordnung zusammen. Danach dürfen Klärschlämme aus dem eigenen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen auf landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgebracht werden. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, nur solche Klärschlämme gehörten zur „ordnungsgemäßen“ landwirtschaftlichen Nutzung. Wenn auch andere Schlämme aufgebracht werden dürfen, zeigt das im Gegenteil vielmehr, dass auch das - wenn auch unter erschwerten Voraussetzungen - „ordnungsgemäß“ sein kann.

Liegen damit die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch vor, hat die Beklagte als durch das Klärschlammaufbringungsverbot Begünstigte den Ausgleich nach § 99 Satz 2, § 97 Satz 1 WHG zu leisten. Die durch das von der Klägerin eingeholte Gutachten der Sozietät {O.} ermittelte Höhe des Nachteils als Folge des Verbotes der Klärschlammaufbringung für das Jahr 2011 von 21.606,47 € ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Höhe des ermittelten Nachteils sind auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Berufung ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob das in der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten eingeführte Klärschlammaufbringungsverbot erhöhte Anforderungen i.S.v. § 52 Abs. 5 WHG an die Nutzung landwirtschaftlich genutzter Flächen stellt, gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.