Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 20.10.2014, Az.: 3 B 11696/14

Ablehnung; Abschiebung; Anordnungsgrund; Asylantrag; Einstweilige Anordnung; fehlende Bekanntgabe

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
20.10.2014
Aktenzeichen
3 B 11696/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42446
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen; zugleich entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten.

Danach sind die Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Feststellung, dass auf der Basis des nur an ihren Prozessbevollmächtigten nicht aber an sie selbst übermittelten Bescheides vom 15.08.2014 eine Abschiebung nach Italien unzulässig ist, wäre bei einer streitigen Entscheidung zumindest mangels eines Anordnungsgrundes abzulehnen gewesen.

Richtig ist zwar, dass der Bescheid mangels Zustellung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG an die Antragstellerin selbst dieser nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben und damit nicht wirksam geworden ist. Damit konnte die Antragstellerin dagegen weder Anfechtungsklage erheben noch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellen; beides wäre mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig gewesen. Daraus folgt jedoch nicht, dass stattdessen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig und begründet wäre. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung - hier in Gestalt einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO - ist nämlich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Es muss die Gefahr bestehen, dass ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung eine wesentliche Verschlechterung der Rechtsposition des Antragstellers eintreten könnte.

Eine solche Gefahr hatte die Antragstellerin allerdings nicht glaubhaft gemacht. Allein die bloße Behauptung, es sei nicht ausgeschlossen vielmehr sogar wahrscheinlich, dass sie auf der Grundlage des nicht wirksam zugestellten Bescheides gleichwohl ohne weitere Vorankündigung nach Italien abgeschoben würde, reicht dafür nicht aus. Diese Behauptung steht im Gegensatz zu der - gerichtsbekannten - Abschiebepraxis der Ausländerbehörden in Niedersachsen, wonach zumindest der erste Versuch einer zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts mittels Abschiebung den Betroffenen regelmäßig vorher angekündigt wird. Tatsächlich hatte die im vorliegenden Fall zuständige Ausländerbehörde - soweit ersichtlich - bis zum Eintritt der Erledigung noch keinerlei Vorbereitungen für eine Abschiebung der Antragstellerin getroffen.

Die Kosten sind entgegen der Auffassung des VG Oldenburg (B. vom 06.11.2013, - 3 B 6437/13 -, juris) auch nicht gemäß § 155 Abs. 4 VwGO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Allein mit der Übermittlung des Bescheides vom 15.08.2014 ausschließlich an den seinerzeitigen Verfahrens- und jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin diese nicht unnötigerweise in das gerichtliche (Eil-)Verfahren gedrängt. Dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin war der Umstand der mangelnden Wirksamkeit des Bescheides bereits bei Antragstellung bekannt. Er kannte auch die o. a. Rechtsprechung des VG Oldenburg, wonach in einer solchen Konstellation auch ein Antrag nach § 123 VwGO unzulässig ist. Diese Kenntnisse muss sich die Antragstellerin zurechnen lassen. Angesichts dessen sowie des Umstandes, dass noch keinerlei Aktivitäten der Ausländerbehörde zur Durchführung der Abschiebung erkennbar bzw. eingeleitet waren, bestand für die Antragstellerin kein Anlass, bei Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz zu stellen, um ihre Rechte zu wahren. Sie bzw. ihr Prozessbevollmächtigter hätten stattdessen mit der Antragsgegnerin und/oder der Ausländerbehörde direkt Kontakt aufnehmen, auf den Umstand der mangelnden wirksamen Bekanntgabe des Bescheides und der daraus folgenden Unzulässigkeit einer Abschiebung hinweisen und eine umgehende Bestätigung dieser Rechtsauffassung verlangen können und vor Anrufung des Gerichts auch müssen.

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylVfG.