Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.11.2012, Az.: 5 A 3356/11

Berufsständische Versorgung; Ertrinken; Hinterbliebenenrente; Unfall; plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.11.2012
Aktenzeichen
5 A 3356/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44539
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Nichteinhaltung der Ehebestandszeit nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ABH schließt den Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht aus, wenn ein Unfalltod vorliegt (Ertrinken in der Badewanne) und damit die Ausnahme des Satzes 2 greift. Die Blutalkoholkonzentration des Verstorbenen von 3,43 Promille steht dem nicht entgegen, da ein derartiger Leistungsausschluss in § 18 ABH nicht enthalten ist.

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 27.07.2011 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Witwenrente ab dem 01.06.2011 zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 51.570,72 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom beklagten Versorgungswerk die Gewährung einer Witwenrente.

Der Ehemann der Klägerin - der C. geborene Dr. D. - war seit 1990 Mitglied des Versorgungswerks der E.. Er ließ sich 1991 in F. als Zahnarzt nieder. Die Klägerin arbeitete seitdem als zahnmedizinische Fachangestellte in der Praxis ihres verstorbenen Ehemannes. Seit 1989 lebten er und die G. geborene Klägerin zusammen, seit 2005 im gemeinsam erworbenen Haus in H.. Im August 1992 wurde die gemeinsame Tochter I. geboren. Am 30.07.2009 schlossen die Klägerin und ihr Lebensgefährte die Ehe. Am 08.05.2011 verstarb Dr. J.. Seine Tochter erhält seitdem eine Halbwaisenrente.

Den Ermittlungsakten des zwischenzeitlich eingestellten Strafverfahrens der Staatsanwaltschaft K. - Az. 23 UJs 15219/11 - ist aufgrund des Todesermittlungsberichts der Polizeiinspektion L. vom 08.05.2011 und des Berichts des Polizeikommissariats M. vom 10.05.2011 zu entnehmen, dass die Klägerin am Freitag, dem 07.05.2011 nach Sprechstundenschluss zu ihren Eltern in die Nähe von N. gefahren war, um dort in deren gastronomischen Betrieb auszuhelfen. Gegen 19.00 Uhr hatte Dr. J. seiner Tochter beim Stürzen eines Kuchens geholfen und diese hatte dann das Haus verlassen. Gegen 2.00 Uhr des Folgetages war sie zurückgekehrt, hatte im Obergeschoss Licht gesehen und Wasser rauschen gehört. Sie fand im Badezimmer ihren Vater tot in der Dreiecksbadewanne. Der Einhandhebelmischer war geöffnet und es floss fortlaufend Wasser mit mittlerem Strahl in die Badewanne. Das Wasser stand hoch bis zum Überlauf. Die herbeigerufenen Polizeibeamten stellten eine Wassertemperatur von 47 Grad fest. Anhaltspunkte für die zwischenzeitliche Anwesenheit anderer Personen im Haus gab es keine. Im Vorraum des Schlafzimmers lagen Bekleidungsstücke (Hose, Unterhose) des Verstorbenen. Er lag im Wasser, angezogen mit einem T-Shirt und einer kurzen Schlafanzughose. Neben der Dreiecksbadewanne war in die Toilette uriniert worden, ohne dass die Spülung betätigt worden war. Der Leichnam lag auf dem Rücken. Die Beine waren ausgestreckt und die Hände befanden sich angewinkelt leicht aufsteigend vor der Brust. Die Hände waren zu Fäusten geballt, wobei der linke Daumen sich in und der rechte Daumen sich außerhalb der Faust befand. Die Füße lagen auf dem linken Beckenrand. Der Körper lag ab Mitte der Oberschenkel im Wasser. Teile des Bauchs, die Fäuste und Handgelenke sowie das Gesicht befanden sich oberhalb der Wasseroberfläche. Daraus schlossen die Polizeibeamten, dass Dr. J. beim oder nach dem Wasserlassen aufgrund eines Sturzes in die Badewanne gelangt sein könnte, dabei möglicherweise den Ablaufstöpsel durch sein Eigengewicht heruntergedrückt hatte und durch Teile des Körpers beim Fallen unabsichtlich der Einhandhebelmischer angehoben worden war.

Ausweislich des Sektionsprotokolls des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik O. wurden bei der Obduktion am 10.05.2011 beim Verstorbenen Anzeichen für einen chronischen Alkoholmissbrauch, nämlich eine Fettleber und eine stark vergrößerte Leber mit knotiger Leberzirrhose und Verfettung, chronisch gestauter Milz und Bauchspeicheldrüse festgestellt. Die angewinkelte Stellung der Arme und Hände, die angedeutete Spitzfußstellung im Bereich des rechten Fußes und die linsgroße Einblutung im Bereich der Zungenspitze deuteten möglicherweise auf ein Krampfgeschehen hin. Es wurden keinerlei Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden festgestellt. Der Blutalkoholgehalt wurde mit 3,43 Promille ermittelt.

Zur Todesursache heißt es:

"Ertrinken bei Verdacht auf Alkoholintoxikation. Bei der Obduktion von Herr Dr. J. fanden sich, passend zu der Auffindesituation in der wassergefüllten Badewanne, Ertrinkungsbefunde….Unter Berücksichtigung der Hinweise auf eine Intoxikation und des aromatischen Geruchs über den Leibeshöhlen und der Angabe der Ehefrau, wonach Herr J. regelmäßig Alkohol konsumiert haben soll, besteht am ehesten der Verdacht auf eine relevante Alkoholisierung, welche bei Annahme eines Sturzes in die Badewanne eine Selbstrettung erschwert haben kann. Zudem könnte die hohe Wassertemperatur aufgrund einer starken Herz-Kreislaufbelastung bei vorliegend vorgeschädigtem Herzen zusätzlich z. B. zu todesbegünstigenden Herzrhythmusstörungen geführt haben. Auch ein finales Krampfgeschehen wäre denkbar. "Auf welche Art und Weise Herr J. in die Badewanne hineingeraten ist, war durch die Obduktion nicht abschließend zu klären. Hinweise auf eine Gewalteinwirkung durch fremde Hand haben sich bei der Obduktion aber nicht ergeben."…"Es ist abschließend davon auszugehen, dass sich Herr J. aufgrund der hochgradigen Alkoholisierung nicht mehr aus der Badewanne befreien konnte. Unter Berücksichtigung der Ertrinkungsbefunde muss angenommen werden, dass  sich Herr J. irgendwann mit dem Kopf unter Wasser befunden hat, bevor er in die Auffindepositon (Kopf oberhalb der Wasseroberfläche) gelangt ist. Es handelt sich somit am ehesten um eine kombinierte Todesursache (Ertrinken in Kombination mit einer relevanten Alkoholisierung)."

Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 22.06.2011 beim Beklagten den Antrag auf Gewährung einer Witwenrente. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.07.2011 ab mit der Begründung, die Ehe sei 21 Monate vor dem Tod des Mitglieds geschlossen worden und erfülle damit nicht die Voraussetzung für die Witwenrentengewährung, wonach die Ehe mindestens 36 Monate vor dem Tode des Mitglieds und 36 Monate vor dem Beginn des Leistungsfalles geschlossen worden sein müsse. Die Einschränkungen würden zwar dann nicht gelten, wenn der Tod Folge eines nach der Eheschließung eingetretenen Unfalls gewesen sei und die Ehe vor Leistungsbeginn geschlossen worden sei. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Tod des Ehemannes der Klägerin Folge eines Unfalls gewesen sei. Der Bescheid wurde am 03.08.2011 abgesandt.

Die Klägerin hat am 05.09.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, der Tod sei als Folge eines Unfalles eingetreten. Ihr Ehemann habe durch ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis plötzlich und unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erlitten. Er habe in der Nacht des 07.05.2011 auf den 08.05.2011 in erheblichem Maße dem Alkohol zugesprochen. Dadurch seien die Koordinierungsfähigkeit seines Bewegungsapparates und der Gleichgewichtssinn stark beeinträchtigt gewesen. Entweder während oder nach der Benutzung der Toilette habe er das Gleichgewicht verloren und sei in die Badewanne gestürzt. Während des Sturzes oder später im Rahmen von Aufrichtversuchen sei von ihm der Einhandhebelmischer in Gang gesetzt worden. Sturz- und alkoholbedingt sei es ihm nachfolgend nicht gelungen, sich aus dieser Lage aus der Badewanne zu befreien. Er sei schließlich mit dem Mund- und oder Nasenbereich unter Wasser geraten und in der Badewanne ertrunken. Andere Ursachen als der Ertrinkungstod seien ausgeschlossen. Vor dem Ertrinken sei ein Herzstillstand ausweislich des Obduktionsberichts nicht eingetreten. Auch Schlaganfall und Gehirnschlag seien als Todesursache ausgeschlossen. Die Alkoholintoxikation für sich allein genommen sei nicht von tödlicher Wirkung gewesen. Die äußeren Umstände am Tatort machten deutlich, dass es sich um ein unfreiwilliges Ereignis gehandelt habe. Unabhängig davon könne sich der Beklagte aufgrund ihrer zwanzigjährigen Lebensgemeinschaft mit dem Verstorbenen aus Billigkeitsgründen auf die fehlende Erfüllung der Anwartezeit für die Witwenrente nicht berufen.

Die Klägerin hat zur Stützung ihrer Rechtsaufassung das Privatgutachten des Prof. Dr. P., Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Q., vom 30.10.2012 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 27.07.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Witwenrente ab dem 01.06.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert, die Annahme, dass der Ehemann der Klägerin in Folge eines Unfalls zu Tode gekommen sei, sei rein spekulativ und lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit annehmen. Der tatsächliche Ablauf der Geschehnisse könne nicht rekonstruiert werden. Sowohl die polizeilichen Ermittlungen als auch das Obduktionsergebnis ließen nicht auf ein Unfallereignis schließen. Der behauptete Kausalverlauf - Sturz in die Badewanne, vollständiges Schließen des Ablaufstöpsels, Einlaufenlassen des Wassers der heißesten Stufe durch das Hochdrücken des Hebels - sei so unwahrscheinlich, dass der Antrag abzulehnen sei. Im Übrigen stelle der starke Alkoholismus des Dr. J. bereits ein Krankheitsbild dar. Auch sei ein alkoholbedingter Krampfanfall als Unfallursache denkbar. Die erhebliche Alkoholisierung habe ausweislich des Sektionsgutachtens Einfluss auf das Gesamtgeschehen gehabt. Die Auffindesituation mit geballten Fäusten spreche gegen eine Bewusstlosigkeit zum Zeitpunkt der Ertrinkungsgefahr. Dr. J. habe sich wahrscheinlich infolge der Alkoholisierung nicht aus seiner Lage befreien können, sodass der Tod durch Ertrinken eingetreten sei. Den Tatbestand des plötzlichen Ereignisses erfülle der Sachverhalt nicht.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Verwertung des Gutachtens vom 11.05.2011 über die am 10.05.2011 erfolgte Sektion des Dr. J. und durch die Anhörung der Fachärztin für Rechtsmedizin Dr. R., Institut für Rechtsmedizin an der Universitätsklinik S.T.. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang, ferner auf die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Verden - 523 UJs 15219/11 -  Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Bescheid vom 27.07.2011, mit dem der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente abgelehnt hatte, ist rechtswidrig und daher aufzuheben. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin seit dem Monat nach dem Tod ihres Ehemannes, d. h. ab dem 01.06.2011 Witwenrente nach § 18 Abs. 1 Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung (ABH)  zu gewähren. § 18 Abs. 1 ABH lautet:

„Das AVW gewährt beim Tode eines verheirateten Mitgliedes an dessen Witwe eine lebenslängliche monatliche Rente in Höhe von zwei Dritteln der Altersrente gemäß § 15, wenn die Ehe mindestens 36 Monate vor dem Tode des Mitgliedes und 36 Monate vor dem Beginn des Leistungsfalles geschlossen wurde. Die Einschränkungen gelten nicht, wenn der Tod Folge eines nach der Eheschließung eingetretenen Unfalls ist und die Ehe vor Leistungsbeginn geschlossen wurde.“

Weder in der Satzung des Beklagten noch in der der Satzung zugrundeliegenden Regelung in § 12 Abs. 4 Nr. 3 Niedersächsisches Kammergesetz für Heilberufe (vom 08.12.2000, Nds. GVBl. S. 301 - HKG -), in dem die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer Witwen  / Witwerrente normiert ist, ist der Rechtsbegriff des „Unfalls“ geregelt. In Ermangelung dessen hat der Beklagte im Bescheid vom 27.07.2011 auf die dem Privatrecht zuzuordnende Legaldefinition in § 178 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zurückgegriffen. Vorrangig dürften aber grundsätzlich sozialrechtliche und beamtenrechtliche Definitionen und die dazu ergangene Rechtsprechung sein, da es sich bei dem geltend gemachten Hinterbliebenenrentenanspruch aus einem Pflichtversicherungsverhältnis zu einem berufsständischen Versorgungswerk um einen öffentlich-rechtlichen Versicherungsanspruch handelt.

In Betracht kommt insoweit die Regelung in § 8 SGB VII zum gesetzlichen Unfallversicherungsrecht. Nach § 8 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Satz 2 lautet: „Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zum Gesundheitsschaden oder zum Tode führen.“

Nach der im Sozialrecht maßgeblichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung bzw. der wesentlich mitwirkenden Ursache (Becker / Burchardt / Krasney / Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Stand: Okt. 2011, § 8 Rdnr. 309) wird geprüft, ob eine innere Ursache als Konkurrenzursache feststeht, d. h. ob diese zur versicherten beruflichen Tätigkeit nicht nur möglicherweise hinzutritt, sondern ob sie tatsächlich kausal geworden ist (BSG, U. v. 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -, juris). Allerdings besteht hier die Besonderheit, dass es bei der berufsständischen Versorgung auf den Zusammenhang zwischen einer versicherten beruflichen Tätigkeit und dem Todeseintritt nicht ankommt, da ein den Tod verursachender Unfall bei jeder Tätigkeit des Kammermitglieds zum Eingreifen der Ausnahme in § 18 Abs. 1 Satz 2 ABH und damit zur Leistungspflicht des Beklagten führt, es folglich auf die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebliche Frage, ob einer Person eine berufliche Tätigkeit alkoholbedingt überhaupt noch möglich war (vgl. dazu BSG, U. v. 05.07.1994 - 2 RU 34/93 -, juris), ob nur ein Leistungsabfall vorlag oder aber ein den Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit unterbrechender Leistungsausfall (vgl. dazu Bereiter-Hahn / Mehrtens, SGB VII, Kommentar, 5. A., § 8, Rdnr. 7.1) oder - anders ausgedrückt -, ob der innere Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit gelöst war, weil der Betroffene derart betrunken war, dass er zu keiner Arbeit mehr fähig war (Becker u. a., a.a.O, Rdnr. 338 unter Hinweis auf die Rspr. d. BSG), nicht ankommt.

Ähnlich wie in § 8 Satz 2 SGB VII wird in § 31 Abs. 1 BeamtVG der Dienstunfall definiert als „ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.“ Wie in der sozialgerichtlichen wird auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geprüft, ob der unfallbedingte Körperschaden eines Beamten unter Alkoholeinfluss eingetreten ist. Das wird bejaht, wenn der Beamte noch in der Lage war, eine brauchbare Dienstleistung zu vollbringen, wenngleich ein gewisser alkoholbedingter Leistungsabfall zu verzeichnen sein mag. Das durch Alkoholeinfluss bedingte erhöhte Unfallrisiko gehört allerdings nicht zu den Gefahren der Dienstleistung, die sich der Dienstherr zurechnen lassen muss und für die er im Rahmen  der Unfallfürsorge einzustehen hat (Kümmel, Beamtenversorgungsgesetz, Kommentar, Erg. Lfg. 9/11, § 31 BeamtG, Rdnr. 22 m. w. N.). Auch hier gilt, dass der nach § 31 BeamtVG erforderliche Zusammenhang zwischen Dienstleistung und Unfall durch Alkoholeinfluss unterbrochen sein kann (BVerwG, U. v. 23.02.1989 - 2 C 38/86 -, BVerwGE 81, 265-270 und juris: „Die Verursachung eines Unfalls durch alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit zählt nicht zu den Gefahren, die mit dem Dienst zusammenhängen“, aber offengelassen für einen Unfall bei einer BAK von 2,9 Promille, da noch aufzuklären sei, ob dies die alleinige Ursache des Unfalls war). Wegen der Besonderheiten der nicht nur dienstbezogenen, sondern ständigen versorgungsrechtlichen Absicherung eines Mitglieds eines berufsständischen Versorgungswerks und seiner hinterbliebenen Angehörigen ist die Frage der Unterbrechung des Dienstbezugs durch Alkoholkonsum nicht von Belang, sodass die vom Beklagten berücksichtigte zivilrechtliche Unfalldefinition im Bescheid vom 27.07.2012 rechtlich nicht zu beanstanden ist. Insoweit ist die zu § 178 Abs. 2 VVG ergangene Rechtsprechung zu berücksichtigen.

Nach § 178 Abs. 2 VVG liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet. Anhaltspunkte für einen Todeseintritt durch eine natürliche Todesursache in dem Sinne, dass der Dr. J. in der Badewanne ein Bad genommen und dabei einen natürlichen Tod (z. B. durch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall) erlitten haben könnte, können aufgrund der Berichte der Polizei über die Auffindesituation ausgeschlossen werden. Gegen einen derartigen Geschehensablauf spricht, dass Dr. J. mit einer Schlafanzughose und einem T-Shirt bekleidet im Wasser aufgefunden worden war, des Weiteren das beim Eintreffen der Polizeibeamten mindestens 47 Grad heiße Wasser sowie der Umstand, dass in die neben der Dreiecksbadewanne stehende Toilette uriniert und die Spülung nicht betätigt worden war. Zudem haben sowohl die Ehefrau als auch die Tochter des Verstorbenen gegenüber den Polizeibeamten (Polizeibericht der Polizeiinspektion L. vom 08.05.2011 und Bericht des Polizeikommissariats M. vom 10.05.2011) ausgesagt, dass Dr. J. höchst selten ein Bad genommen hatte und auf keinen Fall in der Nacht. All diese Umstände sprechen eindeutig gegen ein freiwilliges sich Hineinbegeben in die Badewanne.

Anzeichen für einen Suizid als die innere Ursache für den Todeseintritt liegen nach dem Polizeibericht vom 08.05.2011 ebenfalls nicht vor. Auch schließen die Feststellungen über die Bekleidung des Dr. J. und das fortlaufende Einlaufen des heißen, die Haut verbrühenden Wassers die Annahme einer freiwilligen Gesundheitsbeschädigung aus. Hinweise auf eine Gewalteinwirkung durch fremde Hand gibt es gleichfalls nicht. Das folgt aus dem Inhalt des Sektionsprotokolls (S. 15), ferner aus dem Polizeibericht L. vom 08.05.2011 und nicht zuletzt aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft K. vom 31.05.2011 - UJs 15219/11 -, wonach es keine Hinweise auf ein Fremdverschulden gegeben hatte.

Aus den Polizeiberichten, dem Sektionsprotokoll, der ergänzenden Sachverständigenbefragung hierzu und aus den Zeugenaussagen ist das Gericht zu der Überzeugungsgewissheit gelangt, dass Dr. J. unfreiwillig in die Badewanne gelangt ist. Unklar geblieben ist lediglich, wie dieses Hineingelangen genau erfolgt war. Dafür, dass Dr. J. - etwa im Hinblick auf den bei ihm festgestellten sehr hohen Alkoholkonsum von 3,43 Promille - das Gleichgewicht verloren hatte und in die Badewanne gestürzt war, spricht die ausweislich des Polizeiberichts der Polizeiinspektion L. (Todesermittlungsbericht, S. 9) am 08.05.2011 um 4.25 Uhr und damit ca. 2 Stunden nach Auffinden des Leichnams festgestellte leichte Schwellung mittig am Hinterkopf und die Lage des Körpers auf dem Rücken. Hinterkopftraumen sind typisch für alkoholbedingte Stürze (Hein/Schulz, Sturz und Alkoholbeeinflussung, MedSach 05 (1989), 39, 40). Allerdings kann nach den Ausführungen der Gerichtsmedizinerin in der mündlichen Verhandlung der Umstand, dass sich diese Schwellung auf der Kopfschwarteninnenseite nicht fortgesetzt hatte, dafür sprechen, dass Dr. J. sich möglicherweise - evtl. wegen alkoholbedingten Schwankens -, zunächst auf den Badewannenrand gesetzt hatte und (erst) von dort aus in die Badewanne gestürzt oder gerutscht war. Bei einem derartigen Hineinrutschen wären nach ihren Ausführungen Verletzungen nicht zu erwarten.

Daraus, dass Anstoßverletzungen des Körpers bei der Sektion nicht feststellbar waren, schließt die Sachverständige, dass Dr. J. nicht aufgrund eines Krampfgeschehens in die Badewanne gelangt war. Auch hat die Sachverständige einen Sturz aufgrund eines Schlaganfalls, eines Herzinfarkts oder einer anderen inneren Ursache ausgeschlossen. Wie der Geschehensablauf im Einzelnen war, lässt sich, da Zeugen nicht vorhanden sind, im Nachhinein allein aufgrund der Auffindesituation des Leichnams und der Sektion nicht mehr genau ermitteln. Nach alledem kann aber im Wege des Ursachenausschlusses zweifelsfrei gefolgert werden, dass der Ehemann der Klägerin nicht aufgrund einer inneren Ursache und nicht freiwillig in die Badewanne gelangt war. Damit liegt ein plötzliches, für ihn unerwartetes und unabwendbares, von außen auf den Körper wirkendes Ereignis vor. Ein derartiges äußeres Ereignis braucht nicht stets derart zu sein, dass es zu einem ernsthaften Gesundheitsschaden führt oder dass der Körper des Versicherten überhaupt unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen wird. Es reicht, wenn eine Einwirkung von außen den Betroffenen in eine hilflose Lage versetzt (BGH, U. v. 15.02.1962 - II ZR 95/60 -, NJW 1962, 914 und juris). Das war hier der Fall.

Die Sachverständige hat im Sektionsprotokoll vom 11.05.2011 und in der Anhörung in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass Ertrinkungsbefunde beim Verstorbenen den eindeutigen Schluss zuließen, dass er nach dem Hineingelangen in die Badewanne noch gelebt hatte. Die Herz-Kreislauffunktion hatte noch bestanden. Es war nicht vor dem Ertrinken bereits verstorben, auch nicht aufgrund der festgestellten sehr hohen Alkoholintoxikation von 3,43 Promille, die für einen schweren Alkoholiker wie es Dr. J. aufgrund der Befunde zu den inneren Organen war, nicht tödlich sein muss. Für ein Versterben (erst) durch Ertrinken sprechen die randständige Lungenblähung, der schaumige Inhalt im Rachenbereich und in den Luftwegen bis in die mittleren Atemwege, der flüssige Mageninhalt und die Paltauf’schen Flecken unter dem Lungenfell. Diese Befunde waren - so die Einschätzung der Rechtsmedizinerin - von der festgestellten Alkoholintoxikation überlagert und deshalb weniger ausgeprägt als sonst üblich, gleichwohl aber hinreichend für die sichere Ursachenfeststellung.

Dafür, dass der Verstorbene in der Badewanne beim Einlaufen des heißen Wassers einen - ertrinkungsbedingten oder alkoholbedingten - Krampfanfall erlitten haben kann, liegen durchaus Anzeichen vor wie die verkrampfte Körperhaltung und eine linsgroße Einblutung im Bereich der Zungenspitze. Gesichert ist dies aber nicht. Es lässt sich nicht mehr rekonstruieren, ob der Verletzte in der Zeit zwischen dem Hineingelangen in die Dreiecksbadewanne und dem Todeseintritt durch Ertrinken überhaupt noch bei Bewusstsein war und ob er Rettungsversuche unternommen hatte. Ungeklärt bleibt auch, ob es bereits beim Hineinstürzen oder Hineinrutschen in die Badewanne zu der Betätigung des Einhandhebelmischers und zum Verschluss des Ablaufstöpsels durch den Körper des Verstorbenen gekommen war oder erst nach dem Hineingeraten in die Badewanne im Rahmen möglicher ungesteuerter, evtl. krampfbedingter Bewegungen oder bei möglichen panikartigen Rettungsversuchen. Fest steht aber, dass etwaige Rettungsversuche - sollten sie unternommen worden sein- nicht erfolgreich waren.

Rechtlich ist das Geschehen in den Blick zu nehmen, das die erste Gesundheitsbeschädigung unmittelbar ausgelöst hat. Musterbeispiel hierfür ist ein Sturz (Knappmann in Prölss / Martin, VVG, 28. A., § 178, Rdnr. 3), aber auch sonstige äußere Einwirkungen stellen, wie ausgeführt, einen Unfall dar. Das Ereignis muss plötzlich erfolgen, d. h. ein unerwartetes und unentrinnbares Geschehnis darstellen (Rixeder in Römer / Langheld, VVG, 3. A. 2012, § 178 Rdnr. 5). Wann dies zu einer Gesundheitsbeschädigung - und damit auch zum Tod - führt, ist unerheblich (Prölls / Martin, a.a.O., § 178, Rdnr. 16).

Letzteres ist nach Maßgabe der vorgenannten Ausführungen der Fall. Das Hineingelangen in die Badewanne ist conditio sine qua non für das Versterben des Dr. J.. Der Eintritt des Todes durch Ertrinken in der Badewanne war die adäquate Unfallfolge. Das Ertrinken stand nicht außerhalb jeden inneren Zusammenhangs mit der Unfallverletzung (BGH, U. v. 02.07.1957 - VI ZR 205/56 -, NJW 1957, 1475-1476 und juris). Erfolglose Rettungsversuche nach einem Sturz sind rechtlich als Folge des Unfalls zu werten. So stellt der mehrere Stunden nach dem alkoholbedingten Sturz in einen Graben infolge Unterkühlung eingetretene Tod ein Unfallereignis dar, wenn es dem Betroffenen nicht gelungen war, sich aus dem steilen und rutschigen Graben zu befreien (OLG Karlsruhe, U. v. 09.07.1999 - 14 U 131/98 -, NJW-RR 2000, 33 f; OLG Karlsruhe, U. v. 20.11.1986 - 12 U 259/84 -, NJW-RR 1987, 803 f und juris: Sturz und nachfolgendes Ertrinken in einem Bach bei einer BAK von 1,96 Promille, Tod durch Unfall bejaht, aber keine Bewusstseinsstörung, vgl auch BGH, U. v. 15.02.1962, a. a. O.: Tod durch Erfrieren in einer Bergwand, nachdem sich das Kletterseil verhängt hatte). Im Übrigen ist der Tod durch Ertrinken immer als ein Unfalltod einzuordnen, ohne dass es dabei auf die Ursachen des Ertrinkens ankäme (BGH, U. v. 22.06.1977 - IV ZR 128/75 -, VersR 1977, 736-737 und juris). Ein Unfall liegt auch vor, wenn der Versicherte an einer bestimmten Krankheit ohnehin gestorben wäre, das plötzlich eingetretene äußere Ereignis aber den Tod beschleunigt hat (Prölls / Martin, VVG, a. a. O., § 178 Rdnr. 19 m. w. N.). Die mögliche Mitursächlichkeit von Vorerkrankungen beim Geschehensablauf ist daher nicht unfallausschließend.

Dass die Leichenblutentnahme eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 3,43 Promille ergeben hatte, beeinträchtigt die Unfalleigenschaft nach der zu § 178 VVG ergangenen Rechtsprechung nicht. Gleiches gilt für einen Unfall aufgrund eines (alkoholbedingten oder sonstigen) Krampfgeschehens. Gleichwohl bestünde für den Versicherungsgeber einer privaten Unfallversicherung die Möglichkeit einer Freizeichnung von der Leistungspflicht, denn nach Nr. 5.1.1 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 2008 besteht kein Versicherungsschutz für Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der versicherten Person ergreifen. Bei einem Sturz bei einer BAK von etwa 2 Promille wurde vom BGH (U. v. 08.07.1957 - II ZR 177/56 -, Beck-online.de und juris) die Unfalleigenschaft nicht in Frage gestellt, aber Leistungsfreiheit des Versicherers nach den AUB bejaht. Dass die Unfallversicherung des Dr. J. nach dessen Versterben gleichwohl die Versicherungsleistung ausgezahlt haben soll - so die Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - spräche im Übrigen dafür, dass auch von der privaten Versicherung die Unfalleigenschaft nicht in Zweifel gezogen wurde.

Auf Leistungsausschlüsse, wie sie in den AUB zusammengefasst sind, verweist die Satzung des Versorgungswerkes des Beklagten in § 18 AHB nicht. Auch sind keine anderweitigen rechtlichen Ausschlussnormen vorhanden, etwa im Hinblick auf die Alkoholbedingtheit oder die Alkoholbeeinflussung als Ursache oder Mitursache von Todesfällen. Die vom Beklagten befürwortete analoge Anwendung der Ausschlussregelung in § 17 Abs. 4  ABH auf die Regelung über die Hinterbliebenenrente in § 18 ABH ist rechtlich nicht möglich. Nach dieser Regelung, wonach kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente besteht, wenn körperliche Gebrechen oder die Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte durch Selbstverstümmelung, Rauschgiftsucht oder vergleichbare Leiden des Mitgliedes hervorgerufen wurden, ist nicht entsprechend auf die Witwen-/Witwerrente anwendbar. Unabhängig davon, ob diese Regelung aufgrund ihrer wenig präzisen Fassung inhaltlich überhaupt greifen könnte, betrifft diese nur einen Ausschluss für die Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente. Sie enthält keine generelle Regelung für alle anderen in § 13 ABH aufgeführten Rentenarten. Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine Gesetzesanalogie gefüllt werden müsste (insoweit Nds. OVG, U. v. 15.06.2010 - 8 LC 102/08 -), sind nicht ersichtlich.

Bezogen auf den Streitfall führt dies zur Leistungspflicht des Beklagten nach § 18 Abs. 1 Satz 2 ABH.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, gemäß § 124 a Ab s. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor. Die Rechtsache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch von einer höchstrichterlichen Entscheidung ab.