Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 15.04.2014, Az.: L 7 AS 1116/13 B

Einkommenzufluss; keine nächträgliche Änderung der Verhältnisse; Rückzahlungspflicht; Unwirksamkeit des Wohngeldbescheides

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
15.04.2014
Aktenzeichen
L 7 AS 1116/13 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42397
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 26.07.2013 - AZ: 17 AS 3854/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Unwirksamwerden der Bewilligung von Wohngeld nach § 28 WoGG belastet nicht den Einkommenzufluss nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit einer wirksamen Rückzahlungsverpflichtung. Erst der nach § 50 Abs. 2 SGB X ins Ermessen der Wohngeldstelle gestellte Erstattungsbescheid begründet die einkommensverschonende maßgebliche Zahlungspflicht.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 26. Juli 2013 aufgehoben und der Klägerin für das Klageverfahren in der ersten Instanz uneingeschränkt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin D., E. bewilligt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Übernahme von Wohngeldrückzahlungen in Höhe von (iHv) 1.665,00 € für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Oktober 2011, hilfsweise die Bewilligung von SGB II-Leistungen in gleicher Höhe.

Die 1982 geborene Klägerin bezog im Jahr 2011 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); ihre 2007 geborene Tochter F. war aufgrund der Anrechnung von Unterhalt-, Wohngeld- und Kindergeldzahlungen nicht hilfebedürftig nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 bewilligte die Stadt E. der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Wohngeld iHv monatlich 185,00 € für die von der Klägerin und ihrer Tochter bewohnte Wohnung „G.“.

Zum 1. Februar 2011 zogen die Klägerin und ihre Tochter in die Wohnung „H.“.

Mit Bescheiden vom 25. März 2011 und vom 3. Mai 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen iHv insgesamt 720,65 € monatlich für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Mai 2011 und iHv 793,00 € für den Zeitraum 1. Juni 2011 bis 30. November 2011. An Einkommen berücksichtigte der Beklagte bedarfsmindernd monatlich 15,67 € bzw. 10,50 €. Es handelte sich hierbei um nicht bei F. angerechnetes Einkommen aus Kindergeld abzüglich einer Versicherungspauschale iHv 30,00 €. Das Wohngeld iHv 185,00 € berücksichtigte der Beklagte vollumfänglich bei F..

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 machte die Stadt E. gegenüber dem Beklagten einen Erstattungsanspruch iHv 1.665,00 € für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Oktober 2011 gem. §§ 103, 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend. Durch den Wohnungswechsel sei der Wohngeldbescheid ab dem 1. Februar 2011 unwirksam geworden. Das Wohngeld sei jedoch bei den SGB II-Leistungen als Einnahme berücksichtigt worden. Der Beklagte lehnte die Erstattung ab; die Wohngeldzahlungen seien tatsächlich zugeflossen und seien daher anzurechnen gewesen.

Mit Bescheid vom 29. November 2011 forderte die Stadt Braunschweig die Klägerin zur Erstattung einer Überzahlung iHv 1.665,00 € gem. § 50 SGB X für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Oktober 2011 mit Fristsetzung zum 28. Dezember 2011 auf. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2011 bewilligte die Stadt E. der Klägerin auf ihren Antrag vom 7. Oktober 2011 für die Monate Oktober und November 2011 Wohngeld für die Wohnung in der I. iHv 176,00 € monatlich.

Am 15. Dezember 2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Rückzahlung der Wohngeldkosten. Den Antrag auf Wohngeld für ihre Tochter habe sie auf Aufforderung des Beklagten stellen müssen. Sie habe nicht gewusst, dass sie auch die Wohngeldstelle über den Umzug informieren müsse; sie sei davon ausgegangen, die Mitteilung an den Beklagten genüge.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 lehnte der Beklagte die Übernahme ab. Das Wohngeld sei tatsächlich zugeflossen und habe in dem vergangenen Zeitraum zur Verfügung gestanden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der nunmehr anwaltlich vertretenen Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2012 zurück.

Am 14. Dezember 2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Wohngeldamt habe ab dem 1. Februar 2011 Leistungen erbracht, obwohl es unzuständig sei. Der zuständige Leistungsträger sei der Beklagte, der die Wohngeldbeträge zu Unrecht einbehalten und daher erstattungspflichtig nach § 105 SGB X sei. Mit Beschluss vom 26. Juli 2013 hat das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Klägerin stehe ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X nicht zu, sondern dem Sozialleistungsträger, der unzuständig Leistungen erbracht habe. Dies könne die Klägerin allenfalls in einem Verfahren gegen die Stadt E. einwenden, was aber daran scheitere, dass § 105 SGB X nicht anwendbar sei, da die Klägerin aufgrund materiellen Sozialrechts keinen Wohngeldanspruch habe.

Gegen den am 5. August 2013 zugestellten PKH-Beschluss hat die Klägerin am 5. September 2013 Beschwerde eingelegt. Die Klägerin begehre die Erstattung des Betrages iHv 1.665,00 €, hilfsweise die nachträgliche Bewilligung von SGB II-Leistungen iHv 185,00 monatlich und 1.665,00 € insgesamt für den streitigen Zeitraum. Der Rückforderungsbescheid der Stadt E. sei zu Recht ergangen und daher nicht angegriffen worden. In den für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Bewilligungsentscheidungen des Beklagten sei Wohngeld als Einkommen angerechnet worden, obwohl kraft Gesetzes darauf kein Anspruch bestanden habe. Das Recht sei im Sinne des § 44 SGB X unrichtig angewandt worden, weshalb die Klägerin einen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide habe, soweit Einkommen aus Wohngeld berücksichtigt worden sei.

Der Beklagte nimmt Bezug auf die Ausführungen im Beschluss des SG. Ein Fall des § 44 SGB X liege nicht vor, denn das Wohngeld sei unstreitig zugeflossen und daher als Einkommen zu berücksichtigen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zwecks Durchführung des Klageverfahrens abgelehnt. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen vor (§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Hierbei muss ein späteres Obsiegen nicht wahrscheinlicher sein als ein Unterliegen. Es genügt, dass der klägerseitige Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73a, Rn. 7a).

Der Senat hält dabei die Bewilligung von PKH allein aus dem Grund für gerechtfertigt, weil zumindest diskussionswürdig ist, ob sich die vorliegende Fallkonstellation von der dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. August 2011 zum Aktenzeichen B 14 AS 165/10 R zugrundeliegenden Fallkonstellation unterscheidet und die Klage daher hinreichende Erfolgsaussichten hat. Dort bedurfte es einer Aufhebung (nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) der Leistung auf Arbeitslosengeld I; hier ist eine Aufhebung möglicherweise deswegen entbehrlich, weil die Wohngeldzahlung bereits von Gesetzes wegen mit dem Wohnungswechsel unwirksam geworden ist; § 28 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG). Die endgültige Entscheidung über diese Rechtsfrage hat nicht im summarischen Verfahren der Prozesskostenhilfe, sondern im Hauptsacheverfahren zu erfolgen (Bundesverfassungsgericht 20.06.2006 - 1 BvR 2673/05 -). Denn die Gewährung effektiven Rechtsschutzes erfordert, dass auch unbemittelte Rechtssuchende die Chance erhalten, zumindest in einem Rechtszug ihre Ansichten im Rahmen eines Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass nach seiner Rechtsauffassung die Klage voraussichtlich abzuweisen sein dürfte. Denn jedenfalls begründet erst der Rückforderungsbescheid der Stadt E. eine in die Zukunft gerichtete Rückzahlungsverpflichtung für die Klägerin.

Der vom Senat für diskussionswürdig erachtete Standpunkt wirkt sich dabei auf den Anspruch der Klägerin nur insoweit aus als die Anrechnung der Wohngeldzahlung bei F. zu einer Berücksichtigung von überschießendem Kindergeld bei der Klägerin führte mit der Folge, dass der Klägerin nicht der vollständige SGB II-Bedarf bewilligt worden ist. Diese teilweise Erfolgsaussicht genügt für die uneingeschränkte Bewilligung von PKH (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73a, Rn. 7a m.w.Nw.).

I.

Soweit die Klägerin eine Übernahme der Wohngeldrückzahlungen geltend macht, fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage.

1.

Die von ihr in Bezug genommene Vorschrift des § 105 SGB X regelt Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern und stellt keine Anspruchsgrundlage für den Leistungsempfänger dar. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Vorschrift des § 105 SGB X allenfalls in ihrem Verhältnis zu der Stadt E. in der Weise geltend machen kann, dass sie nicht Adressatin eines Rückzahlungsverlangens sein kann. Ob die Voraussetzungen des § 105 SGB X vorliegen, bedarf hier im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten keiner Klärung. Der Senat weist aber darauf hin, dass entgegen der Annahme des SG keine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Bewilligung von SGB II-Leistungen einerseits und Wohngeld andererseits vorgelegen hat. Denn das Wohngeld iHv 185,00 € monatlich führte wegen des weiteren Einkommens aus Kindesunterhalt und Kindergeld zu einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit von F., weshalb die Klägerin nach Maßgabe des § 12a SGB II („Vorrangige Leistungen“) sogar verpflichtet war, einen Wohngeldantrag (für ihre Tochter) zu stellen (vgl. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 12a, Rn. 17). Der Ausschluss der Klägerin von Wohngeld-Leistungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 WoGG wegen des SGB II-Bezuges lässt nicht die Wohngeldberechtigung des in Haushaltsgemeinschaft lebenden Kindes entfallen; vgl. § 3 Abs. 4 WoGG. Entsprechend berücksichtigte der Beklagte Wohngeld-Leistungen auch ausschließlich bei F..

2.

Eine Rechtsgrundlage im SGB II für die Übernahme der Wohngeldrückzahlungen existiert nicht. Bedarfe über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, § 20 SGB II, und den Kosten der Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II, sind nur nach Maßgabe der §§ 21 und 24 SGB II zu erbringen. Die Voraussetzungen der hier ggf. in Betracht zu ziehenden §§ 21 Abs. 6 und 24 Abs. 1 SGB II liegen aber allein schon deshalb nicht vor, weil diese Vorschriften an einen „Bedarf“ anknüpfen, der vor dem Hintergrund eines menschenwürdigen Existenzminimums zur Bestreitung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung situationsspezifischer Bedürfnisse entsteht, wozu schon terminologisch Rückforderungen anderer Sozialleistungsträger nicht gehören.

II.

Soweit die Klägerin die Überprüfung der für den streitigen Zeitraum ergangenen Bescheide mit dem Ziel der Zahlung von weiteren monatlichen SGB II-Leistungen iHv 185,00 € geltend macht, dürfte die Klage ebenfalls abzuweisen sein.

1.

Soweit die Klägerin über die bei ihr angerechneten Beträge iHv monatlich 15, 67 € bzw. 10,50 € weitere SGB II-Leistungen bis zu einem Gesamtbetrag iHv 185,00 € monatlich geltend macht, dürfte die Klage schon deswegen abzuweisen sein, weil bei der Klägerin das Wohngeld in Höhe von 185,00 € nicht als Einkommen berücksichtigt worden ist. Die Berücksichtigung erfolgte bei der individuellen Bedarfsberechnung von F., die unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsverfahren für sie durchgeführt worden ist, jedenfalls keine Klage erhoben hat

2.

Es besteht aber auch in Höhe des angerechneten Einkommens kein weiterer SGB II-Anspruch. Unabhängig davon, ob im Hinblick auf § 44 SGB X überhaupt ein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist, liegen die Voraussetzungen nach § 44 SGB X nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere SGB II-Leistungen. Nach § 44 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Zu Recht ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei der Wohngeldzahlung um Einkommen von F. im Sinne des § 11 SGB II handelt. Einkommen setzt einen Zuwachs von Mitteln voraus, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt. Das ist zu verneinen, wenn die Geldleistung bereits im Zeitpunkt des Zuflusses mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 46/11 R).

Die Wohngeldzahlung ist nicht rechtswidrig bei F. angerechnet worden, so dass die Klägerin keinen weiteren Anspruch in Höhe des bei ihr berücksichtigten Einkommens aus Kindergeld hat. Das angerechnete Wohngeld war im Zeitpunkt des Zuflusses noch nicht erkennbar mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet. Zwar bedurfte es in der vorliegenden Fallkonstellation möglicherweise wegen § 28 Abs. 1 WoGG keiner Aufhebungsentscheidung mehr, jedoch einer Erstattungsentscheidung nach § 50 Abs. 2 SGB X.

Nach § 28 Abs. 1 WoGG wird ein Bewilligungsbescheid vom Ersten des Monats an unwirksam, in dem der Wohnraum, für den Wohngeld bewilligt worden ist, von keinem zu berücksichtigenden Haushaltsmitglied mehr genutzt wird. Der Wohngeldbescheid vom 14. Dezember 2010 bewilligte Wohngeld-Leistungen für die ab dem 1. Februar 2011 von der Klägerin und ihrer Tochter nicht mehr bewohnten Wohnung in der „J.“, sodass der Wohngeldbescheid unwirksam geworden ist (zu der Frage, ob es einer Aufhebung nach §§ 45, 48 SGB X bedarf, verneinend: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2013, OVG 6 M 28.13). Das BSG stellte demgegenüber in seiner Entscheidung zum Az. B 14 AS 165/10 R zwar darauf ab, dass die Leistung (dort: ALG I) im Zeitpunkt ihrer Auszahlung noch nicht mit einem Rückzahlungsanspruch belastet war, weil bei noch nicht erfolgter Aufhebung ein bindender Bewilligungsbescheid bestand und sich der Hilfebedürftige erst dann auf eine Rückzahlungsverpflichtung berufen kann, wenn die Aufhebung nach den §§ 45, 48 SGB X erfolgt ist (BSG, aaO, Rn. 24). Geht man davon aus, dass es hier einer Aufhebungsentscheidung nicht bedurfte, ist ein bereits bestehender Rückzahlungsanspruch im Zeitpunkt des Unwirksamwerdens der Bewilligung deswegen zu verneinen, weil die Erstattung - anders als bei einer Aufhebung nach §§ 45, 48 SGB X und damit in Abgrenzung zu dem vom BSG entschiedenen Sachverhalt - nicht lediglich spiegelbildlich zur rechtmäßigen Aufhebung ohne weitere Voraussetzungen nach § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X erfolgt, sondern nach § 50 Abs. 2 SGB X. Nach dem Wortlaut des Abs. 2 sind die Vorschriften der §§ 45, 48 SGB X entsprechend anzuwenden, sodass auch im Rahmen der Erstattung Fragen wie die grob fahrlässige oder vorsätzliche unterlassene Mitteilung von Änderungen und Vertrauensschutzgesichtspunkte zu prüfen sind (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2013, OVG 6 M 28.13). Das (bloße) Unwirksamwerden des Wohngeldbescheides begründet noch nicht den Rückzahlungsanspruch, sodass im Zeitpunkt des Zuflusses der Wohngeldzahlung noch keine Rückzahlungsverpflichtung anzunehmen war. Die Stadt E. hat die Erstattungsforderung erst mit dem Bescheid vom 29. November 2011 festgestellt; die Zahlungspflicht bestand für die Klägerin dann erst nach dem (jeweiligen) Monat des Zuflusses und nach Ablauf des streitigen Zeitraumes (bis zum 31. Oktober 2011). Von diesem Zeitpunkt an ist die Klägerin mit Schulden belastet, die bei der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen im streitigen Zeitraum keine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011, Az. B 14 AS 165/10 R, Rn. 25).

Vertritt man die Auffassung, dass es auch im Fall des § 28 Abs. 1 WoGG einer Aufhebung nach § 45 oder § 48 SGB X bedarf, ist in jedem Fall mit der Rechtsprechung des BSG von einer fehlenden Rückzahlungsverpflichtung im Zeitpunkt des Zuflusses des Wohngeldes auszugehen.

3.

Ein Anspruch der Klägerin auf weitere SGB II-Leistungen besteht auch nicht nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X, weil zu ihren Gunsten eine Veränderung der Einkommensverhältnisse durch die Rückforderung des Wohngeldes eingetreten ist. Denn die maßgebliche Änderung der Verhältnisse trat erst durch den Bescheid der Stadt E. vom 29. November 2011 ein, sodass ein weiterer Anspruch auch nach Maßgabe der BSG-Rechtsprechung ausscheidet.

4.

Die Klägerin ist auch nicht rechtsschutzlos gestellt, denn sie hatte die Möglichkeit, den Rückforderungsbescheid der Stadt E. anzufechten und sich dagegen mit ihrem Vortrag, sie sei davon ausgegangen, dass sie ihren Mitteilungspflichten Genüge getan habe, zur Wehr zu setzen. Der Klägerin dürfte hiergegen noch die Möglichkeit nach § 44 SGB X offen stehen. Ggf. sollte sie über einen Antrag auf Niederschlagung der Forderung bei der Stadt E., § 76 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), nachdenken.

IV.

Die Klägerin ist nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen. Die Beiordnung des Rechtsanwalts ergibt sich aus § 121 Abs. 2 ZPO.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO).

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.