Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.05.1989, Az.: 17 OVG B 9/88
Feststellung der Verpflichtung der Kostenübernahme für die Tätigkeit des Personalrates durch die Dienststelle; Anspruch auf zur Verfügungstellung einer Loseblattsammlung mit allen Nachlieferungen; Umfang des zur Verfügung zu stellenden Geschäftsbedarfs eines Personalrats
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.05.1989
- Aktenzeichen
- 17 OVG B 9/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1989, 20355
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1989:0517.17OVG.B9.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 31.03.1988 - AZ: PB VG 6/87
Rechtsgrundlage
- § 44 Abs. 2 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Feststellung der Verpflichtung einer Kostenübernahme (Sachmittel Pers. Rat)
In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
am 17. Mai 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski und
die ehrenamtlichen Richter Technischer Bundesbahnamtsrat Gosch,
Abteilungsleiter Haase,
Abteilungspräsident Hiller und
Leitender Regierungsdirektor Julich
ohne mündliche Anhörung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stade - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 31. März 1988 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß der Beteiligte zu 2) ihm einen BAT-Kommentar mit Ergänzungslieferungen zur Verfügung zu stellen hat.
Der aus 6 Mitgliedern bestehende Antragsteller ist der Personalrat beim Marinemunitionsdepot 6, bei dem etwa 110 Beschäftigte, davon 19 Angestellte, tätig sind. Er beschloß im Frühjahr 1987 wiederholt, beim Beteiligten zu 2) den genannten Kommentar anschaffen zu lassen. Nach anfänglicher Befürwortung lehnte der Beteiligte zu 2) dieses auf entsprechende Weisung des Beteiligten zu 1) ab, da die sparsame Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln es gebiete, weiterhin bei Bedarf auf den beim 10 Kilometer entfernten Wirtschaftstruppenteil Marinestützpunkt ... vorhandenen Kommentar zurückzugreifen.
Der Antragsteller hat daraufhin am 14. Oktober 1987 das Beschlußverfahren eingeleitet und vorgetragen: § 44 Abs. 2 BPersVG und die dazu ergangene Rechtsprechung gebe ihm einen Anspruch auf die Bereitstellung entsprechender Kommentare. Es sei unzumutbar, bei häufig innerhalb oder außerhalb von Personalratssitzungen auftretenden tarifrechtlichen Fragen erst nach Inanspruchnahme von Fahrdiensten den BAT-Kommentar zur Verfügung zu haben. Häufig werde er bei dem Wirtschaftstruppenteil auch noch benötigt und sei nicht entbehrlich. So könne man die fragenden Beschäftigten nicht vertrösten. Im übrigen sei dies durch Fahrtkosten und Verlust von Arbeitszeit auch unwirtschaftlich.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, ihm einen BAT-Kommentar nebst Ergänzungslieferungen als Geschäftsbedarf bei der Dienststelle ... zur Verfügung zu stellen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und ... geltend gemacht: Die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf einen Kommentar zum BPersVG, dem Hausgesetz der Personalratsarbeit, nicht aber auf einen Spezialkommentar für eine kleine Dienststelle mit nur 20 zu betreuenden Angestellten. Auch dem Dienststellenleiter, dem Beteiligten zu 1), stehe vor Ort kein Kommentar zum BAT zur Verfügung, ebensowenig dem Bezirkspersonalrat bei dem Marineunterstützungskommando ... mit einer weit größeren Anzahl von zu betreuenden Angestellten.
Mit Beschluß vom 31. März 1988 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die Frage, ob und inwieweit neben einem Kommentar zum BPersVG auch ein Spezialkommentar zum BAT zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf gehöre, lasse sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles beantworten. Die Erforderlichkeit eines Spezialkommentars richte sich insoweit nach dem quantitativen Anfall und den qualitativen Anforderungen der dem jeweiligen Personalrat obliegenden Aufgaben sowie der sonstigen Ausstattung dieses Personalrats und der Dienststelle oder einer nahen Dienststelle mit entsprechender Fachliteratur. Dabei sei ein notwendiger Eigenbedarf einer Personalvertretung nur anzuerkennen, wenn dieser Bedarf nicht schon auf andere Weise gedeckt oder zumutbar zu decken sei; die Kostenpflicht der Dienststelle werde durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Nach diesen Maßstäben habe der Antragsteller hier keinen Anspruch auf einen BAT-Kommentar; sein notwendiger Informationsbedarf für anteilig nur 20 zu betreuende Angestellte werde dadurch gedeckt, daß der entsprechend angewiesene Wirtschaftstruppenteil den Kommentar bei Bedarf zur Verfügung stelle. Gerade ein kleiner Personalrat könne vor einer verantwortlichen Auskunft darauf verweisen, daß er sich durch Einsehen eines nicht aktuell zur Verfügung stehenden Kommentares kundig machen wolle und müsse; jeder vernünftige Fragesteller werde dafür Verständnis haben. Dem Antragsteller über die Informationsmöglichkeiten beim Wirtschaftstruppenteil 10 Kilometer entfernt in ... hinaus noch einen eigenen Spezialkommentar zum BAT zu bewilligen, wäre angesichts der Größe und Zuständigkeit der Dienststelle mit nur 20 Angestellten unvereinbar mit dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel. Bei einer so kleinen Dienststelle, bei der auch keine personalvertretungsrechtlichen Spezialprobleme absehbar seien, sei das Vorhalten eines Kommentars zum BAT nicht notwendig, zumal die "Waffengleichheit" gewahrt sei dadurch, daß der Dienststellenleiter ebenfalls über keinen Kommentar vor Ort verfüge. Für die über 80 zu betreuenden Arbeiter stehe ein Kommentar zum Manteltarifvertrag zur Verfügung. Bei seinem Hinweis auf die kostenverursachenden Fahrtwege und Arbeitszeitverluste bei Benutzung des Kommentars des Wirtschaftstruppenteils übersehe der Antragsteller offensichtlich, um welche Kosten es gehe: Das Grundwerk (6-bändig) des Böhm-Spiertz, Spohner/Steinherr, Komm. zum BAT koste mehrere 100,- DM; im Jahre 1987 seien hierzu 12 Ergänzungslieferungen angefallen, die billigste mit 51,- DM (39. Ergänzungslieferung zur 3. Auflage) und die teuerste mit 59,50 DM (37. Ergänzungslieferung zur 3. Auflage); das bedeute allein für das Jahr 1987 einen Betrag von mehr als 600,- DM.
Gegen den ihm am 20. Mai 1988 zugestellten Beschluß richtet sich die am 20. Juni 1988 eingelegte und nach entsprechender Fristverlängerung am 10. August 1988 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanztliches Vorbringen vertieft.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beteiligten beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beteiligten zu 1) vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Alle Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. §§ 83 Abs. 4 Satz 3, 90 Abs. 2 ArbGG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung eines BAT-Kommentars mit Ergänzungslieferungen am Ort der Dienststelle.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten.
Nach Abs. 2 dieser Vorschrift hat sie für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, den Geschäftsbedarf und Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Wie sich schon aus dem Wortsinn des § 44 Abs. 2 BPersVG ergibt, kann der Personalrat von der Dienststelle all das beanspruchen, was er zur Wahrnehmung seiner Befugnisse und zur Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Dazu gehören zunächst die Gesetzestexte, die der Personalrat zur Erfüllung seiner Aufgeben benötigt. Zum Geschäftsbedarf des Personalrats gehört, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat(Beschl. v. 25.7.1979 - 6 P 29.78 -, PersV 1980, 57), aber auch ein Kommentar zu dem Gesetz, das die Grundlage seiner Arbeit bildet. Denn ein Kommentar zu dem Gesetz, das die Grundlagen personalvertretungsrechtlicher Arbeit bildet, gehört zum unentbehrlichen Rüstzeug, über das der Personalrat jederzeit verfügen muß, wenn er seine Aufgaben ordnungs- und sachgemäß erfüllen will.
Diese Beurteilung läßt sich jedoch nicht auf Erläuterungswerke zu anderen Gesetzen und Normkomplexen übertragen. Insbesondere gehört ein Kommentar zum BAT regelmäßig nicht zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf, den die Dienststelle zur Verfügung stellen muß. Denn eine hinreichende Erläuterung beamtenrechtlicher und tarifrechtlicher Begriffe, die in Mitbestimmungstatbeständen personalrechtlicher Art verwendet werden, ergibt sich bereits aus dem dem Personalrat zur Verfügung stehenden Kommentar zum BPersVG. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung, eine Höher- oder Rückgruppierung, eine (beamtenrechtliche) Versetzung oder Abordnung vorliegt, ist in den Kommentaren zum BPersVG regelmäßig im einzelnen erläutert, so daß der Antragsteller zur Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte nicht zusätzlich auf tarifrechtliche Erläuterungswerke angewiesen ist. Würde man der vom Antragsteller vertretenen Auffassung folgen, wären dem Personalrat auf Wunsch gegebenenfalls auch Kommentare zum Beamtengesetz, zu arbeitsschutzrechtlichen oder arbeitszeitrechtlichen Vorschriften, zum Lohnsteuerrecht etc. zur Verfügung zu stellen. Da dem Personalrat aber keine allgemeine Rechtsberatung der Beschäftigten obliegt, hat er grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Kommentare zu anderen Rechtsgebieten (OVG Münster, Beschl. v. 7.12.1987 - (B 37.85 -); Pühler, PersV 1986, 441 (446).
Die Arbeit des Antragstellers wird durch diese Begrenzung nicht unzumutbar beschränkt. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, daß nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 79, 361 = PersV 1988, 394) zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf, den die Dienststelle jedem Personalrat zur Verfügung zu stellen hat, auch eine für seine Arbeit einschlägige Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht gehört, deren Auswahl ihm überlassen bleibt. Alle in Betracht kommenden Fachzeitschriften zum Personalvertretungsrecht behandeln aber in erheblichem Umfang auch tarifrechtliche Fragen, insbesondere soweit sie für die personalrechtlichen Mitbestimmungstatbestände von Bedeutung sind. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, daß der erstrebte BAT-Kommentar zwar nicht am Ort der Dienststelle, wohl aber bei dem nur 10 km entfernten Wirtschaftstruppenteil in ... vorhanden ist. Der Wirtschaftstruppenteil ist angewiesen, den Kommentar bei Bedarf des Antragstellers zur Verfügung zu stellen, so daß dessen Information mit einer geringen zeitlichen Verzögerung gewährleistet ist. Diese Verzögerung ist hinnehmbar, weil selbst ein Kommentar zum BPersVG ebenso wie eine personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift nur zur (Mit-)benutzung zur Verfügung zu stehen braucht und insoweit gegebenenfalls auch ein Umlaufverfahren ausreichend sein kann (BVerwGE 79, 361 = PersV 1983, 394).
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Gosch
Haase
Hiller
Julich