Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.12.2010, Az.: 15 K 458/07
Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen bei einer GmbH im Rahmen einer Nachkalkulation; Führen von Gewinnerhöhungen bei Gesellschaftern zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA); Anwendbarkeit des § 32a Körperschaftsteuergesetz (KStG) auf Gesellschafter bei fehlender Minderung der vGA durch eine sachgerechte Schätzung nach dem Maßstab der Abgabenordnung (AO)
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 07.12.2010
- Aktenzeichen
- 15 K 458/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 35575
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:1207.15K458.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 24.06.2014 - AZ: VIII R 54/10
Rechtsgrundlagen
- § 32a KStG
- § 162 Abs. 1 AO
Fundstellen
- BBK 2011, 403
- Jurion-Abstract 2010, 228901 (Zusammenfassung)
Widerspruch gegen die Anmeldung der Einkommensteuer 1999 bis 2003 zur Insolvenztabelle
Werden bei einer GmbH im Rahmen einer Nachkalkulation Betriebseinnahmen hinzugeschätzt und ihr Gewinn damit erhöht, so führen diese Gewinnerhöhungen bei ihren Gesellschaftern zu vGA, wenn die Gesellschafter den Schätzungen nicht substantiiert entgegentreten und zum Verbleib der Mittel keine Aussagen machen.
§ 32 a KStG ist bei den Gesellschaftern nicht anwendbar, wenn die vGA auf der Ebene der GmbH aufgrund einer am Maßstab des § 162 Abs. 1 AO nicht sachgerechten Schätzung gemindert werden.
Tatbestand
Streitgegenstand war zunächst allein die Frage, ob die gegenüber M erlassenen geänderten Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003 vom xx. Dezember 2006 (1999, 2000 und 2002), xx. Dezember 2006 (2001) bzw. xx. März 2007 (2003) in Gestalt des Einspruchsbescheids vom xx. Oktober 2007 rechtwidrig waren. Konkret ging es um die Berücksichtigung von Hinzuschätzungen der Gewinne aus Gewerbebetrieb bzw. der Umsatzerlöse der M-Gaststätten GmbH (GmbH) im Rahmen einer bei der Gesellschaft durchgeführten Außenprüfung, die dann als Einnahmen (verdeckte Gewinnausschüttungen) bei den Einkünften des M aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) angesetzt wurden. Wegen des späteren Insolvenzverfahrens über das Vermögen des M und der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Kläger als Insolvenzverwalter ist der Streitgegenstand in grundlegend veränderter Prozesssituation mit Anpassung der Anträge fortgeführt worden.
M war seit 1997 Geschäftsführer und Alleingesellschafter der oben genannten GmbH. Diese hat ihren Sitz in B und betrieb in B mehrere Gaststätten. In den Streitjahren wurden folgende Gaststätten betrieben: Gaststätte "M", Gaststätte "C" (abgemeldet zum xxx), Gaststätte "P" (seit xxx), Gaststätte "A" (vom xxx bis xxx) sowie die Gaststätte "E" (seit xxx).
M reichte die Einkommensteuererklärungen 1999 - 2002 am xxx 2001 (für 1999), am xxx 2001 (für 2000), am xxx 2004 (für 2001) sowie am xxx 2004 (für 2002) beim Beklagten ein. Dieser setzte Einkommensteuern durch Bescheide vom xxx 2001 (für 1999), vom xxx 2001 (für 2000) sowie vom xxx 2004 (für 2002) fest. Durch Bescheid vom xxx 2004 lehnte der Beklagte eine Veranlagung für das Jahr 2001 ab. Aufgrund eines Einspruchs des M setzte der Kläger durch Bescheid vom xxx 2004 die Einkommensteuer 2002 geändert fest.
In der Zeit vom xxx 2005 bis xxx 2006 (mit Unterbrechungen) fand bei der GmbH eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2003 statt. Die mit der Außenprüfung beauftragte Betriebsprüferin traf dabei unter anderem die folgenden Feststellungen:
Es würden monatliche Kassenbücher geführt, die Buchungen seien aber nicht immer chronologisch erfolgt. Eine Abstimmung der Kasse sei nicht erfolgt. M ermittele die Einnahmen mittels eines täglichen Inventurblattes. Es gäbe Zählwerke an den Getränken, die M täglich auswerte. Daneben seien Registrierkassen vorhanden, über die aber größtenteils nur noch die Waren gebucht würden, die nicht durch die Zählwerke erfasst seien. Weder die Tagesendsummenbons (Z-Bons) noch die von M zur Überwachung seiner Angestellten gefertigten Inventurblätter seien aufbewahrt worden.
Darüber hinaus stellte die Betriebsprüferin in den Kassenbüchern Kassenfehlbeträge in den Jahren 2001 bis 2003 fest (wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf Blatt 75 bis 100 der Bp-Arbeitsakte). Inventuren zur Ermittlung des Warenbestandes wurden während der Außenprüfungen nicht vorgelegt. Die Betriebsprüferin gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kassenführung und die Buchführung nicht ordnungsgemäß gewesen seien. Da die festgestellten Mängel ihres Erachtens das Wesen der Buchführung berührten, erhöhte sie die Gewinne und Umsatzerlöse im Schätzungswege wie folgt:
1999 in DM | 2000 in DM | 2001 in DM | 2002 in EUR | 2003 in EUR | |
---|---|---|---|---|---|
Nicht erklärte Umsätze "P" | 63.228 | 11.548 | 20.820 | ||
Nicht erklärte Umsätze "E" | 41.368 | 39.325 | 20.205 | ||
Nicht erklärte Umsätze "M" | 126.678 | 179.592 | 159.930 | 87.082 | 116.167 |
Nicht erklärte Umsätze "C" | 30.971 | 82.898 | 13.919 | ||
Verzinsung Gesellschafterverrechnungskonto | 3.802 | 754 | 978 | ||
Provisionszahlungen T | 201 | 819 | 1.201 | 224 | 271 |
Vergütung J | 231 | ||||
Nicht erklärte Löhne | -18.768 | -18.768 | |||
Provisionszahlung T | 174 | ||||
Direktversicherung | 1.314 | ||||
Privatanteil Handy | 386 | 612 | 698 | ||
Summe | 157.850 | 326.537 | 232.328 | 130.049 | 121.096 |
Den Hinzuschätzungen lagen von der Prüferin für das Jahr 2002 durchgeführte Ausbeutekalkulationen für die Gaststätten "M", "E" und "P" zugrunde, aus denen sich durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsätze von abgerundet 220 v. H. (für die Gaststätte "M"), von 195 v. H. (für die Gaststätte "E") sowie von 185 v. H. (für die Gaststätte "P") ergeben hatten. Für die Gaststätte "C" setzte die Betriebsprüferin eine Rohgewinnaufschlagsatz von 150 v. H. (Tiefstwert laut Richtsatzsammlung) an. Wegen der Einzelheiten der Kalkulation wird auf den Bericht vom xxx 2006 über die Außenprüfung, auf den Ergänzungsbericht vom xxx 2006 sowie die Berechnung der Kalkulationen (Blatt 446 f der Bp-Arbeitsakte) Bezug genommen.
Durch Bescheide jeweils vom xxx 2006 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 1999, 2000 und 2002 unter Berufung auf die Änderungsvorschrift § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Durch Bescheide vom xxx 2006 (für 2001) sowie vom xxx 2007 (für 2003, nachdem M zur Abgabe einer Steuererklärung mit Schreiben vom xxx 2006 aufgefordert worden war) setzte der Beklagte Einkommensteuern für 2001 und 2003 erstmals fest. Dabei berücksichtigte er die Prüfungsfeststellungen dermaßen, dass er die von der Betriebsprüferin festgestellten Kalkulationsdifferenzen als Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ansetzte.
Gegen diese Bescheide legte M form- und fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus:
Die Einkommensteuerbescheide für 1999, 2000 und 2002 hätten nicht nach § 173 AO geändert werden können. Eine neue Tatsache im Sinne dieser Vorschrift läge nicht vor. Ebenso käme eine Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2001 aufgrund der Ablehnung der Veranlagung mit Bescheid vom xxx 2004 nicht in Betracht. Auch in diesem Fall greife § 173 AO nicht Platz.
Es lägen auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen vor. Es sei nicht festgestellt worden, dass überhaupt eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) bei der GmbH stattgefunden habe. Der Pauschalansatz einer für das Jahr 2002 durchgeführten Kalkulation auf alle Prüfungsjahre ohne Rücksicht auf die Marktentwicklung und die Zusammensetzung der gastronomischen Betriebe sei ungeeignet und führe zu unangemessenen Ergebnissen. Auch sei die Prüferin von einem unzutreffenden Wareneinsatz ausgegangen.
Außerdem sei bei den Festsetzungen der Einkommensteuer ab 2001 das Halbeinkünfteverfahren unberücksichtigt geblieben.
Die Einsprüche hatten nur teilweise Erfolg. Der Kläger setzte die Einkommensteuern der Jahre 2001 bis 2003 durch Einspruchsbescheid vom xxx 2007 mit der Maßgabe geändert fest, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen lediglich zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurden; im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.
Bereits am xxx 2007 erhob die GmbH beim Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen xxx/07 Klage gegen die aufgrund der Außenprüfung vom Finanzamt F (F) geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1999 bis 2003 vom xxx 2007 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom xxx 2007. Mit Beschluss vom 1. Juni 2007 eröffnete das Amtsgericht B das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt P bestellt. P erkundigte sich bei dem für dieses Verfahren zuständigen Berichterstatter nach den Erfolgsaussichten der Klage. Dieser teilte mit Schreiben vom xxx 2007 mit, dass sich bei summarischer Prüfung eine Schätzungsbefugnis des F dem Grunde nach gegeben sein dürfe. Allerdings erscheine dem Berichterstatter die Höhe der hinzu geschätzten Beträge sehr hoch. Insoweit sei eine Reduzierung in einer Größenordnung von einem Drittel dieser Beträge möglich. Mit Schreiben vom xxx 2008 teilte F mit, dass P die von F zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuern für die Jahre 1999 bis 2003 im Prüfungstermin am xxx 2007 bestritten und das Klageverfahren xxx/07 trotz Aufforderung durch den zuständigen Berichterstatter am xxx 2007 nicht aufgenommen habe. Am xxx 2008 teilte der Prozessbevollmächtigte des P dem Gericht mit, am 5. März 2008 habe eine Verhandlung mit F stattgefunden. Dabei habe F in Aussicht gestellt, die Hinzuschätzungsbeträge um 2/3 zu vermindern. Einem derartigen Vergleichabschluss werde P nach Kenntnis seines Prozessbevollmächtigten zustimmen. Am xxx 2008 teilte F dem Gericht mit, dass es den Vorschlag des Prozessbevollmächtigten vom 5. März 2008 geprüft und nunmehr aber an den Feststellungen der Außenprüfung festhalte. Am xxx 2008 wandte sich der Sachbearbeiter aus der Rechtsbehelfsstelle des F, Herr S, sich an den Prozessbevollmächtigten des P und unterbreitete ihm einen Vorschlag dahingehend, dass die hinzu geschätzten Beträge um ein Drittel reduziert und nur ein Drittel der hinzu geschätzten Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden sollten. Am xxx teile der Prozessbevollmächtigte des P F mit, dass er eine Beilegung des Klageverfahrens unter den Voraussetzungen des Faxschreibens akzeptiere. In einem Aktenvermerk vom xxx 2008 zum Klageverfahren 1999 - 2004 führte S aus, zur Vermeidung eines langwierigen und zeitaufwändigen Klageverfahrens und insbesondere unter Berücksichtigung der Insolvenz der Klägerin werde der Vorschlag des Finanzgerichts, die Hinzuschätzungen um ca. ein Drittel zu reduzieren, übernommen. Die verbleibenden Hinzuschätzungen würden nur zu 50 v. H. als vGA behandelt. F berichtigte die angemeldeten Steuerforderungen zur Insolvenztabelle entsprechend. Der Rechtstreit wurde von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Am xxx 2007 erhob M beim Niedersächsischen Finanzgericht Klage. Zur Begründung wiederholte er zunächst sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003. Ergänzend trug er dabei vor, er sei für das Jahr 2003 nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Dieser Pflicht stünde entgegen, dass das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Braunschweig gegen ihn ein Strafverfahren wegen Hinterziehung von Einkommensteuer 2003 eingeleitet habe.
Kassenfehlbeträge hätten sich nicht im gesamten Prüfungszeitraum ergeben. Die Kassenfehlbeträge könnten insoweit erklärt werden, als er im Verlaufe jeden Monats die in den Gaststätten der GmbH und in anderen Gaststätten aufgestellten Automaten aus Sicherheitsgründen mehrfach aufgesucht und auch entleert habe, diese Umsätze habe er erst nach Ablauf des Monats abgerechnet und von der Buchführung erfassen lassen. Daraus ergebe sich, dass die Automateneinnahmen jeweils erst zu Beginn des neuen Monats im Kassenbuch erfasst, aber bereits vorher durch sporadische Automatenleerung zum Teil zur Verfügung gestanden hätten und dann auch zum Einkauf usw. verwendet worden seien. Hierzu legte M in Kopie Automatenabrechnungen des Monats August 2005 vor, auf die verwiesen wird (Blatt 56 bis 61 der Gerichtsakte). Die Abrechnungen der Streitjahre lägen ihm aufgrund der Beschlagnahme der Buchführungsunterlagen nicht vor.
Darüber hinaus sei er der Ansicht, dass die Buchführung ordnungsgemäß gewesen sei. Insbesondere sei die Buchführung auch nicht - wie die Betriebsprüfung behaupte - materiell unrichtig, weil nicht sämtliche Einnahmen erfasst worden seien.
Lediglich die Bierleitungen in der Gaststätte "M" und in der Gaststätte "E" und zusätzlich auch die Spirituosen in der Gaststätte "M", die häufiger verlangt worden seien, seien mit Zählwerken ausgestattet gewesen. Alle anderen Gaststätten und auch alle anderen Getränke und Speisen in den anderen Gaststätten hätten keine Zählwerke besessen. Die Zählwerke könnten keine sichere Einnahmekontrolle gewährleisten, da diese in den Gaststätten "M" und "E" mehrfach repariert werden mussten. Insbesondere hätten Schankverlust, Getränkefreirunden sowie Anschreibungen von Gästen nicht nach den Ergebnissen der Zählwerke mitberechnet werden können.
Es hätte auch die Anweisung an die Mitarbeiter bestanden, alle Erlöse über die Registrierkassen zu buchen. M sei aber nicht den ganzen Tag über in den Gaststätten anwesend gewesen. Er habe sich mit einfachen Kontrollen seiner Mitarbeiter begnügt. Eine tägliche genaue Überprüfung sei nicht möglich gewesen. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass sich Mitarbeiter bereichert hätten.
Die vom Beklagten angeführte Aufzeichnung zu den Tageseinnahmen der Gaststätte "E", nach denen die tatsächlichen Tageseinnahmen um etwa 40 v. H. höher gewesen sein sollen, existiere nicht.
Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens wies M auch auf die zwischenzeitlich erfolgte Einigung zwischen der GmbH und F in dem Klageverfahren xxx/07 hin. Die von F erfolgte Berichtigung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen wirke sich gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftssteuergesetzes (KStG) auch zu seinen Gunsten aus. Insofern sei von einer Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null auszugehen. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 32 a KStG auch bei einer Berichtigung einer angemeldeten Insolvenzforderung wegen Körperschaftsteuer und den Konsequenzen für ihn im Rahmen der Berechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen berief sich M auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. März 2009 VIII B 170/08, mit dem dieser den die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003 ablehnenden Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. August 2008 xxx/08 aufhob und die Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide, soweit sie verdeckte Gewinnausschüttungen des M von mehr als einem Drittel der hinzu geschätzten Beträge der Besteuerung unterwarfen, ausgesetzt hatte.
Am xxx 2009 eröffnete das Amtsgericht B über das Vermögen des M das Verbraucherinsolvenzverfahren. Zum Treuhänder wurde der Kläger bestellt. Der Kläger meldete gegenüber dem Beklagten die streitige Einkommensteuer 1999 bis 2003 zur Insolvenztabelle an, wobei für 2003 ein Betrag in Höhe von 26.588 EUR angemeldet wurde (Bl. 104 der Gerichtsakte). Beim 1. Prüfungstermin am xxx 2009 bestritt der Kläger diese angemeldeten Forderungen in voller Höhe. Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 nahm der Kläger den Rechtsstreit auf.
Nach Aufnahme des Rechtsstreits macht der Kläger zur Begründung seiner Klage ergänzend zu dem bisherigen Vorbringen des M Folgendes geltend:
- 1.
Eine Schätzungsbefugnis des Beklagten allein wegen der angeblichen Unrichtigkeit der Kassenführung komme bereits dem Grunde nach nicht in Betracht. Lediglich eine Hinzuschätzung habe der Beklagte vornehmen dürfen. Die angeblich festgestellten Fehlbeträge in den Kassenbüchern seien durch die nicht zeitgerechte Verbuchung der Automatenumsätze zu erklären.
Auch die zur Begründung einer Schätzungsbefugnis herangezogenen aktuellen handschriftlichen Aufzeichnungen für die Monate August und September 2005, die am Tag der Durchsuchung der Geschäftsräume sichergestellt worden seien, könnten diese nicht rechtfertigen. M sei bei diesen Aufzeichnung ein systematischer Fehler unterlaufen, als er bei den täglichen Abrechnungen nicht sämtliche über die Registrierkassen verbuchten Beträge, sondern nur die Einnahmen und nicht die auf Deckeln erfassten Forderungen gegenüber Stammkunden erfasst habe. Die Bareinnahmen seien deshalb an manchen Tagen niedriger und bei Zahlung der Deckelschulden auch höher als die verbuchten Beträge ausgefallen. Dieser Fehler habe lediglich zu kleineren zeitlichen Verschiebungen geführt.
Auch die Schlussfolgerung der Außenprüferin aus den vorgefundenen Unterlagen, dass die Tageseinnahmen in den Monaten August und September 2005 um 40 v. H. höher waren als die verbuchten Beträge, sei unzutreffend. Der entsprechende Kassenabschluss sei durch eine Mitarbeiterin der GmbH erstellt worden und M habe diesen Abschluss ausdrücklich beanstandet. Die Feststellung der Außenprüferin könne keinesfalls auf den gesamten Prüfungszeitraum ausgedehnt werden. Außerdem sei die Unterstellung, M habe die Einnahmen manipuliert, obwohl die Außenprüfung bereits seit mehr als zwei Monaten begonnen habe, absurd.
- 2.
Auch aus der Nachkalkulation könne die Mangelhaftigkeit der Buchführung nicht abgeleitet werden. Abgesehen von der Frage, ob die Außenprüferin den Wareneinsatz für 2002 richtig ermittelt habe, habe sie für dieses Jahr einen pauschalen Rohgewinnaufschlagsatz errechnet, ohne die Zusammensetzung der veräußerten Waren zu berücksichtigen. Diesen pauschalen Rohgewinnaufschlagsatz habe die Außenprüferin dann auch für alle anderen Jahre zugrunde gelegt. Dies sei willkürlich, weil sich die Grundlage des Wareneinsatzes nicht nur von Jahr zu Jahr, sondern auch innerhalb eines Jahres durch Publikumsverschiebungen, durch Modetrends etc. verschoben hätte. die Zusammensetzung der von der GmbH betriebenen Gaststätten sei im Laufe des Prüfungszeitraums mehrfach verändert worden, was allgemein bekannt sei.
Die Kalkulation sei auch deshalb unzutreffend, weil der Wareneinsatz entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 17 November 1981 VIII R 174/77, BStBl. II 1982, 430) nicht um die in Anspruch genommenen Boni und Rückvergütungen gemindert worden sei. Die Begründung der Betriebsprüfung, hieraus müsse sich ein höherer Rohgewinnaufschlagssatz zu Lasten der GmbH ergeben, sei unzutreffend.
- 3.
Auch das Ergebnis der Nachkalkulation sei fehlerhaft. Die Bierfahrer hätten im Kalkulationsjahr 2002 bei der morgendlichen Anlieferung die Fässer mit eigenem Schlüssel und daher ohne Kontrolle angeliefert. Damit sei es möglich gewesen, dass weniger Fässer als in den Lieferscheinen bezeichnet ausgeliefert worden seien. Die Angestellten der GmbH hätten die Möglichkeit gehabt, die Zählwerke zu manipulieren und so eine Kontrolle der unzutreffenden Verbuchung über die Registrierkasse durch M zu vereiteln. Der Grundsatz "in dubio pro reo" müsse auch im finanzgerichtlichen Verfahren gelten. M habe natürlich keine Möglichkeit gehabt, Nachweise darüber zu erbringen, wer ihn in welchem Umfang bestohlen oder betrogen habe. Der Beklagte sei seiner Feststellungslast für die steuerbegründenden Tatsachen nicht hinreichend nachgekommen, weil er der Darlegung des M nicht substantiiert entgegen getreten sei.
- 4.
Schließlich sei auch die Würdigung des Beklagten, die ermittelten Kalkulationsdifferenzen müssten M als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet werden, unzutreffend. Der Beklagte habe nicht nachweisen können, dass M irgendwelche Zuflüsse vonseiten der GmbH erhalten habe. M habe keine Möglichkeit gehabt, in seiner Sphäre und in seinem Wissen liegende Umstände preiszugeben, weil die Angestellten vermutlich ihn selbst hintergangen hätten. Die Begründung der Außenprüfung, er sei unwillig gewesen und habe Informationen über den Verbleib der angeblich erzielten horrenden Gewinne verweigert, sei unschlüssig. Vielmehr habe sich das Personal aus den Bareinnahmen zu Lasten der GmbH selbst bedient. Die in diesem Zusammenhang vorgetragene Argumentation des Beklagten, das Personal habe unter ständiger Kontrolle des M gestanden, gehe an der Wirklichkeit vorbei, weil M als Geschäftsführer der GmbH in einem Dreischichtbetrieb bei mehreren Gaststätten und mehreren Automatenaufstellplätzen schon faktisch gar nicht der Lage gewesen sei, eine wirksame Kontrolle durchzuführen.
- 5.
Hilfsweise weist der Kläger auf den Beschluss des BFH vom 20. März 2009 VIII B 170/08 hin. Mit der Entscheidung des BFH sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des§ 32 a Körperschaftsteuergesetz (KStG) und den damit korrespondierenden Änderungen des § 3 Nr. 40 Nr. 1 d Einkommensteuergesetz (EStG) bzw. des § 8 b KStG eine korrespondierende Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen habe erreichen wollen. Das für die Besteuerung des M zuständige Finanzamt - der Beklagte - habe deshalb keine Ermessensentscheidung mehr treffen dürfen, sondern habe die Würdigung des Finanzamts F übernehmen müssen. Damit müssten die verdeckten Gewinnausschüttungen für M auf ein Drittel reduziert werden.
Der Kläger beantragt,
den Widerspruch gegen die vom Beklagten zur Insolvenztabelle (Insolvenzverfahren Az. xxx, Amtsgericht B) angemeldete Einkommensteuer 1999 in Höhe von xxx EUR, Einkommensteuer 2000 in Höhe von xxx EUR, Einkommensteuer 2001 in Höhe von xxx EUR, Einkommensteuer 2002 in Höhe von xxx EUR und Einkommensteuer 2003 in Höhe von xxx EUR insoweit für begründet zu erklären, als diese Steuern auf Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von xxx DM (für 1999), xxx DM (für 2000), xxx DM (für 2001), xxx EUR (für 2002) und xxx EUR (für 2003) beruhen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und
den Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die von ihm zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen zu beseitigen und die Einkommensteuerforderung 1999 in Höhe von xxx EUR, die Einkommensteuerforderung 2000 in Höhe von xxx EUR, die Einkommensteuerforderung 2001 in Höhe von xxx EUR, die Einkommensteuerforderung 2002 in Höhe von xxx EUR und die Einkommensteuerforderung 2003 in Höhe von xxx EUR als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle (Insolvenzverfahren Az.: xxx, Amtsgericht B) festzustellen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest und führt hierzu aus:
Die Buchführung sei aufgrund der Feststellungen der Außenprüferin formal nicht ordnungsgemäß gewesen. Der Vortrag des Klägers, die Kassenfehlbeträge resultierten aus Automatenleerungen, die nicht zeitnah verbucht worden seien, sei nicht glaubhaft. Es hätte näher gelegen, die vereinnahmten Beträge sofort ins Kassenbuch einzutragen.
M habe zu Beginn der Außenprüfung gegenüber der Prüferin vorgetragen, er lasse nur in die Einnahmen in die Registrierkassen einbuchen, die nicht durch die Zählwerke erfasst würden. Dies werde auch durch die Aussage der in der Gaststätte "M" angestellten Kellnerin A bestätigt, die diese in der Vernehmung zu Protokoll gegeben habe. Deren Aussage und die Tatsache, dass M in der Gaststätte anwesend gewesen sei, ließen darauf schließen, dass es gerade nicht angeordnet und beabsichtigt gewesen sei, alle Erlöse über die Registrierkassen zu erfassen.
Bei der Durchsuchung seien Unterlagen über die aktuellen Tageseinnahmen sichergestellt worden. Danach seien die von den Angestellten abgelieferten Geldbeträge um etwa 40 v. H. höher, als die im Kassenbuch erfassten Einnahmen gewesen. Diese sichergestellten Belege beträfen das Jahr 2005.
Die Außenprüferin habe die Kalkulation anhand des Wareneinsatzes vorgenommen und hier auch Schankverluste und Getränkefreirunden mit berücksichtigt. Der Wareneinsatz sei in den Jahren 2001 bis 2003 getrennt nach Gaststätten gebucht und der Kalkulation zugrunde gelegt worden. Für die Jahre 1999 und 2000 sei der Wareneinsatz nicht getrennt verbucht gewesen. Die Prüferin sei daher gehalten gewesen, den Wareneinsatz auf die Gaststätten aufzuteilen. Dies sei prozentual nach den Umsätzen erfolgt.
M sei vom Finanzamt aufgefordert worden, eine Steuererklärung für 2003 abzugeben. Daraus folge die Verpflichtung für diesen, dieser Aufforderung nachzukommen. Die Befugnis hieraus ergebe sich aus § 149 Abs. 1 Satz 2 und 4 Abgabenordnung (AO).
Die Hinzuschätzungen aufgrund der Nachkalkulationen bei der GmbH seien als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen, da die Nachkalkulation den Schluss zulasse, dass die GmbH Betriebseinnahmen nicht vollständig gebucht habe und diese nicht gebuchten Betriebseinnahmen M außerhalb der gesellschaftlichen Gewinnverteilung zugeflossen seien. M habe seine Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht genüge getan, welches zu einer Reduzierung des Beweismaßes hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Der Beklagte weist insoweit auf das Urteil des BFH vom 22. September 2004 III R 9/03, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 160 hin.
Eine eventuelle Änderung der Körperschaftssteuerbescheide habe für dieses Verfahren keine Auswirkung. § 32a KStG ermögliche lediglich verfahrensrechtlich Änderungen beim Gesellschafter. Eine Wechselbeziehung zwischen der Gesellschafts- und der Gesellschafterebene im Sinne einer materiell-rechtlichen Abhängigkeit bestehe nicht. Im Hinblick auf das laufende Insolvenzverfahren der GmbH käme es darüber hinaus nicht zum Erlass geänderter Körperschaftssteuerbescheide, sondern lediglich zu einer geänderten Körperschaftssteuerberechnung als Grundlage der Anmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle.
Dem Vorbringen des Klägers, dass die Bierfahrer im Prüfungszeitraum weniger Fässer abgeladen hätten, als in den Lieferscheinen vermerkt worden sei, könne nicht gefolgt werden. Im Rahmen der Außenprüfung und des Einspruchsverfahrens sei nicht dergleichen vorgetragen worden. Erst im Klageverfahren habe M derartige Umstände behauptet.
Entscheidungsgründe
Durch die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Kläger hat sich das ursprüngliche Anfechtungsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003 kraft Gesetzes in ein Insolvenz-Feststellungsverfahren gewandelt. Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, sondern die Feststellung, dass der vom Kläger am xxx 2009 erhobene Widerspruch gegen die zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen des Beklagten rechtmäßig gewesen ist. Der veränderten Prozesssituation haben die Beteiligten durch Umstellung ihrer Anträge Rechnung getragen.
Die Klage des Klägers ist unbegründet. Auf Antrag des Beklagten sind der Widerspruch des Klägers gegen die vom Beklagten zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen zu beseitigen und die angemeldeten Beträge als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle festzustellen.
Die vom Beklagten geltend gemachte Einkommensteuer 1999 bis 2003 ist rechtswirksam festgesetzt worden. Der Beklagte war - wie das Finanzamt F - nach § 162 Abs. 1 AO berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen bei der GmbH zu schätzen. Die bei den Hinzuschätzungen bei den Betriebseinnahmen der GmbH angewendeten Schätzungsmethoden begegnen keinen Bedenken; auch die Höhe der hinzu geschätzten Beträge ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die hinzu geschätzten Beträge auch zu recht bei M als verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH gewertet und bei ihm als Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG berücksichtigt. Eine Reduzierung der geschätzten Beträge nach § 32 a KStG kommt im Streitfall nicht in Betracht. Deshalb ist der Widerspruch des Klägers gegen die vom Beklagten zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen zu beseitigen.
Der Beklagte war wie das Finanzamt F nach § 162 Abs. 1 AO berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen bei der GmbH zu schätzen und diese Schätzung dann auf der Ebene des M bei dessen Einkommensteuerveranlagungen zu verwenden.
Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach§ 158 AO zugrunde gelegt werden.
Die Außenprüferin hatte in der Außenprüfung folgende Mängel bei der Buchführung der GmbH festgestellt: Die monatlich geführten Kassenbücher hätten nicht immer chronologisch gebuchte Einnahmen enthalten. Abstimmungen mit der Kasse seien nicht erfolgt, es hätten sich Kassenfehlbeträge ergeben. M habe die Einnahmen zwar mittels eines täglichen Inventurblattes ermittelt. Zur Überwachung der Angestellten habe er Zählwerke an den Getränken genutzt. In den Registrierkassen seien aber größtenteils nur noch die Waren gebucht worden, die nicht durch die Zählwerke erfasst gewesen seien. Weder die Z-Bons noch die Inventurblätter seien aufbewahrt worden. Diese festgestellten Mängel, die weder M noch der Kläger substantiiert bestritten haben, sind erheblich und führen dazu, dass die von der GmbH vorgelegte Buchführung formal nicht ordnungsgemäß ist.
Eine ordnungsgemäße Buchführung setzt nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO voraus, dass sämtliche Geschäftsvorfälle laufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sollen Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden. Nicht ausreichend ist es daher, wenn der Steuerpflichtige die Kassenbelege sammelt, ohne sie zu verbuchen, und diese Buchungen im Kassenbuch dann später vornimmt. Erzielt ein Steuerpflichtiger - wie im Streitfall die GmbH - im Wesentlichen Bareinnahmen, ist das Kassenbuch wesentlicher Teil der Buchführung, so dass die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vor allem von der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung abhängt. Hierfür ist grundsätzlich erforderlich, dass jeder einzelne Geschäftsvorfall erfasst wird (FG Nürnberg, Urteil vom 27. April 2004 II 8/2003, [...]), d.h. in die Kasse eingezahlt und im Kassenbuch eingetragen bzw. - im Fall einer elektronischen Registrierkasse - einzeln eingetippt und damit registriert wird. Der Steuerpflichtige ist zwar nicht verpflichtet, elektronische Registrierkassen einzusetzen, sondern er kann auch eine "offene Kasse" verwenden, in die das Geld eingezahlt wird; Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit hierbei ist aber ebenfalls grundsätzlich die Erfassung des einzelnen Geschäftsvorfalls, da die Tatsache der sofortigen Bezahlung nicht rechtfertigt, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nur gesammelt festzuhalten (BFH, Beschluss vom 7. Februar 2008 X B 189/07, n. v.). Dies gilt insbesondere dann, wenn die "offene Kasse" neben einer Registrierkasse geführt wird; denn hier ist es offensichtlich, dass in der Registrierkasse nur ein Teil der Einnahmen erfasst wird und die sich aus der Verwendung der Registrierkasse ergebenden Aufzeichnungen nicht vollständig sein können.
Zwar ist nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen zunächst in einer Kasse erfasst werden und lediglich die Summe der Tageseinnahmen in das Kassenbuch eingetragen wird bzw. in die Registrierkasse eingetippt wird. Die Rechtsprechung lässt aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität in Einzelfällen zu, dass bei Bareinnahmen nicht jeder einzelne Geschäftsvorfall gesondert erfasst werden muss (BFH, Beschluss vom 7. Februar 2008 X B 189/07). Diese Ausnahme greift insbesondere in Fällen, in denen Einzelhändler eine Vielzahl einzelner Geschäfte mit geringem Wert - z.B. Endbeträgen wie bei einer Bäckerei - mit ihnen unbekannten Personen tätigen; hierzu gehören etwa Einnahmen in Cent-Höhe wie bei einer Bäckerei (BFH, Beschluss vom 7. Februar 2008, a.a.O.), bei Stehbierhallen, Straßen- und Marktständen oder Spiel- und Verkaufsautomaten (BFH, Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl. III 1966, 371). In diesen Fällen ist aber gleichwohl erforderlich, dass das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen wird oder dass die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden, ohne dass hierbei die Kassenstreifen, -zettel und Bons aufbewahrt werden müssen (BFH, Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12; Beschlüsse vom 7. Februar 2008, a.a.O.; vom 12. Mai 1966 IV 472/60, a.a.O.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. März 2009 6 K 4146/04 B, EFG 2009, 1514; BMF-Schreiben vom 9. Februar 1996 - IV A 8 - S 0310 - 5/95, BStBl. I 1996, 34).
Den vorstehend genannten Anforderungen genügte die Kassenbuchführung der GmbH nicht. Die GmbH hat ihre gesamten Umsätze in einer Summe erfasst, ohne das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachzuweisen. Auf die von M zur Ermittlung der Tageseinnahmen gefertigten Inventurblätter konnte die GmbH sich nicht berufen, weil diese Unterlagen ebenfalls nicht mehr vorgelegt werden konnten. Die Registrierstreifen und Z-Bons bzw. die Inventurblätter hätte die GmbH auch für mindestens sechs Jahre aufbewahren müssen (§ 147 Abs. 3 AO); daher hätten sie bei Beginn der Außenprüfung im September 2005 vorliegen müssen.
Die fehlenden Unterlagen führen bei der GmbH auch zu einem erheblichen Buchführungsmangel i.S.d. § 158 AO. Bei der Beurteilung des Buchführungsfehlers ist nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels, sondern auf dessen sachliches Gewicht abzustellen. Diese Schlussfolgerung ist im Streitfall schon deshalb zwingend, weil die GmbH unstreitig fast ausschließlich Bargeschäfte getätigt hat (vgl. BFH, Urteil vom 20. September 1989 X R 39/87, BStBl. II 1990, 109, 110 a. E.; Rätke, in: Schmidt, EStG, 10. Aufl. 2009, § 146 Rdnr. 17 m.w.N.) und zudem die Außenprüferin auch Kassenfehlbeträge festgestellt hat. Ob die festgestellten Kassenfehlbeträge für sich genommen ebenfalls zur Verwerfung der gesamten Buchführung als nicht ordnungsgemäß führen, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben. Auch ist auf die Frage, ob die Verletzung der Aufbewahrungspflicht für die Inventurunterlagen zur Ermittlung des Warenbestands nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ebenfalls zur Verwerfung der Buchführung führen muss, nicht weiter einzugehen.
Die Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der GmbH begegnet hinsichtlich der Höhe keinen Bedenken.
Die Prüferin hat die Umsatzerlöse und Betriebseinnahmen mittels für das Jahr 2002 durchgeführte Ausbeutekalkulationen für die Gaststätten "M", "E" und "P" auf der Grundlage der auf der jeweiligen Speise- und Getränkekarte ausgewiesenen Preisen ermittelt und den Wareneinsatz in Getränke und Küchenwaren aufgegliedert. Innerhalb der Getränke hat sie zwischen Fassbier, Flaschenbier, alkoholfreien Getränken in Gläsern und in Flaschen, Spirituosen, Wein, Sekt, Kaffee und Tee unterschieden; bei den Küchenwaren hat sie für die auf der Speisekarte verzeichneten Gerichte eine ins Einzelne gehende nach den verschiedenen Zutaten aufgegliederte Ausbeutekalkulation erstellt. Die Prüferin hat dabei auch Schankverluste und Getränkefreirunden mit berücksichtigt und Einwendungen des M Rechnung getragen (Blatt 461, 518, 581 und 582 der Bp-Arbeitsakte). Dieses Vorgehen lässt keine grundsätzlichen methodischen Mängel erkennen. Ebenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Prüferin für die Gaststätte "C" von einem Rohgewinnaufschlagsatz von 150 v. H. ausging. Da dieser Wert dem Tiefstwert laut Richtsatzsammlung entspricht, orientiert sich die Nachkalkulation insoweit zugunsten des M und des Klägers am unteren Rahmen der Schätzungsbefugnis.
Der Kläger hat gegenüber dem Rechenwerk der Außenprüferin auch keine substantiierten Einwendungen erhoben und diese hinreichend nachgewiesen.
Die Ausführungen des Klägers hinsichtlich der Zählwerke sind schon deshalb unbeachtlich, da die Daten der Zählwerke keinen Einfluss auf das Ergebnis der Ausbeutekalkulationen besaßen.
Insoweit ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Betriebsprüferin den Wareneinsatz in den Jahren 1999 und 2000 auf die Gaststätten prozentual nach den Umsätzen verteilt und der Kalkulation zugrunde gelegt hat. Da der Wareneinsatz in diesen Jahren nicht getrennt verbucht gewesen war, war die Prüferin gezwungen, im Rahmen der Kalkulationen eine Aufteilung vorzunehmen. Die gewählte Aufteilung lässt keine methodischen Mängel erkennen. Der Kläger hat auch insoweit keine substantiierten Einwendungen erhoben.
Soweit das Finanzamts F - nach einer Bestätigung durch den Kläger - im Rahmen der Schätzung angenommen hat, dass die betrieblichen Verhältnisse des Jahres 2002 denen der anderen Streitjahre entsprechen, und die ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze den Schätzungen der anderen Jahre zugrunde legte, begegnet diese Annnahme keinen Bedenken. Der Kläger hat es insoweit versäumt, den Annahmen des Beklagten substantiierte Einwendungen entgegen zu stellen und diese nachzuweisen. Die pauschale Behauptung, die Übertragung des Ergebnisses der Kalkulationen auf die anderen Jahre des Prüfungszeitraums ohne Rücksicht auf die Marktentwicklung und die Zusammensetzung der gastronomischen Betrieb sei ungeeignet und führe zu unangemessenen Ergebnissen, genügt nicht. Das Gericht konnte vor diesem Hintergrund den vom Kläger behaupteten Sachverhalt auch nicht weiter aufklären. Insbesondere Zeugen für die pauschalen Behauptungen des Klägers waren nicht ermittelbar, es hätte sich insoweit um eine Beweisaufnahme "ins Blaue hinein" gehandelt.
Es bestehen keine Bedenken gegen die Annahme des Beklagten, dass die Kalkulationsdifferenzen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der GmbH beruhen. Die Prüferin hat die Kalkulationsdifferenzen durch eine Ausbeutekalkulationen unter Berücksichtigung des Wareneinsatzes sowie von Schankverlusten und Freirunden ermittelt. Durchgreifende Einwendungen gegen die Kalkulationsergebnisse sind nicht erhoben worden. Vielmehr wendet der Kläger ein, dass sich eventuell die Bierfahrer durch die Zurückbehaltung abgerechneter Bierfässer und die Mitarbeiter durch die Unterschlagung von Betriebseinnahmen bereichert hätten. Dieser Einwände sind nicht geeignet, die aufgrund der Kalkulationen berechtigten Annahme nicht vollständig erklärter Betriebseinnahmen zu entkräften.
Gegen die Behauptung, die Bierfahrer hätten entgegen der Angaben auf den Lieferscheinen weniger Bier angeliefert, spricht zum Einen der Umstand, dass es sich bei den Lieferungen um Handelskäufe handelte und M nach § 377 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) zur unverzüglichen Untersuchung der angelieferten Ware verpflichtet war. Es erscheint dem Gericht wenig glaubhaft, dass M während des gesamten Prüfungszeitraums die angelieferte Ware nicht auf Vollständigkeit untersucht hat. Eine solche Untersuchung hätte sich schon deshalb für M zwingend aufdrängen müssen, weil er durch die tägliche Ablesung der Zählerstände täglich über den Umfang des ausgeschenkten Bieres informiert war. Es hätte ihm daher auffallen müssen, dass weitere Bierfässer angeliefert wurden, obwohl der Keller wegen der nach den Zählerständen noch nicht verkauften Biermengen eigentlich noch hätte voll sein müssen. Spätestens bei der Inventur am Ende eines jeden Jahres hätten die erheblichen Fehlmengen offensichtlich werden müssen. Da M aber auch zu diesem Zeitpunkt keine Nachforschungen anstellte, geht das Gericht bei Würdigung der gesamten Umstände davon aus, dass es sich bei der Behauptung des M um eine bloße Schutzbehauptung handelt, die erst im Klageverfahren erstmals vorgetragen wurde.
Auch die Behauptung, Mitarbeiter hätten vereinnahmte Entgelte unterschlagen, ist letztlich nicht durchschlagend, weil sie im Kontext sich nicht erhärten lässt. Die als Zeugen von dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Braunschweig vernommenen ehemaligen Angestellten der GmbH haben übereinstimmend ausgesagt, dass ein Kunde nur dann ein Getränk erhalten konnte, wenn der Umsatz zuvor in die Registrierkasse eingegeben worden war. Am Ende einer Arbeitsschicht erstellten die Mitarbeiter einen Kassenabschlagsbon und gaben diesen zusammen mit dem Tagesumsatz in einem Umschlag an M. Die Bierzähler wurden am Ende eines Tages von der Schichtleitung abgelesen und in eine Inventurliste eingetragen. M kontrollierte die Zählerstände jeden Tag; es habe Ärger gegeben, wenn es zu Differenzen gekommen sei. Dieses von mehreren Angestellten geschilderte Verfahren machte es zur Überzeugung des Gerichts nahezu unmöglich, Einnahmen zu unterschlagen. Im Übrigen hätten nennenswerte Unterschlagungen spätestens am Ende des Jahres bei der Erstellung der Inventur auffallen müssen, weil die dann nicht offiziell veräußerten Waren noch im Warenbestand hätten sein müssen. Auch diese Behauptung wertet das Gericht daher als Schutzbehauptung des M.
Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung die Qualität der durchgeführten Nachkalkulation pauschal in Abrede stellt, ist dieser Einwand unsubstantiiert und unbeachtlich. Die Außenprüferin hat die Schätzung unter Berücksichtigung des ihr vorliegenden Sachverhalts durchgeführt; pauschale Behauptungen des M und des Klägers konnte sie nicht berücksichtigen. Die verbleibenden Unsicherheiten im Sachverhalt gehen bei der Durchführung der Schätzung zulasten des Klägers.
Der Beklagte konnte schließlich davon ausgehen, dass M die nicht erklärten Betriebseinnahmen zugeflossen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen als sonstige Bezüge aus Anteilen an einer GmbH auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Eine vGA im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (z.B. BFH-Urteile vom 24. Juli 1990 VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90, und vom 13. September 2000 I R 10/00, BFH/NV 2001, 584; BFH-Beschluss vom 14. Juli 1998 VIII B 38/98, BFH/NV BFH/R 1998, 1582).
Ergeben sich aufgrund einer Nachkalkulation Differenzen bei der Kapitalgesellschaft und schätzt das Finanzamt deshalb - wie im Streitfall - dem Gewinn Beträge hinzu, sind die Zuschätzungen nicht zwingend als Zuwendungen an den verantwortlichen Gesellschafter-Geschäftsführer oder an die Gesellschafter zu beurteilen. Die Annahme einer vGA setzt zum Einen voraus, dass die Kalkulationsdifferenzen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft beruhen und zum anderen, dass die nicht erklärten Betriebseinnahmen nicht betrieblich verwendet worden, sondern einem oder allen Gesellschaftern zugeflossen sind.
Ist der Schluss auf zusätzliche Betriebseinnahmen einer Kapitalgesellschaft gerechtfertigt, ist es Sache der Gesellschafter darzulegen, wie dieser Teil des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft verwendet worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 22. September 2004 III R 9/03, BStBl II 2005, 160). Zwar trägt die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA grundsätzlich das Finanzamt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, BStBl II 1993, 569; BFH-Beschluss vom 4. April 2002 I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179, m.w.N.). Das gilt auch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung etwaiger eine vGA auslösender Vorgänge (BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221). Die Gesellschafter sind aber nach § 90 AO verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die in ihrer Sphäre und ihrem Wissen liegenden Umstände offen zu legen. Ob nicht verbuchte Einnahmen betrieblich verwendet oder den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen sind, können nur die Gesellschafter nachweisen. Verweigern sie ihre Mitwirkung oder ist der Verbleib nicht gebuchter Betriebseinnahmen unaufklärbar, geht dies zu ihren Lasten. Denn die Nichterfüllung der ihnen nach § 90 AO auferlegten Pflichten zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts führt für das Finanzamt zu einer Reduzierung des Beweismaßes hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA (vgl. BFH-Urteile vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462; vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171, und vom 9. Juli 2003 I R 48/02, BStBl II 2004, 425). Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden ist (BFH-Urteil vom 22. September 2004 III R 9/03, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall zu Lasten des M als Alleingesellschafter der GmbH davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn aufgrund der Nachkalkulation an ihn ausgekehrt worden ist. Die von M und später vom Kläger vorgebrachte Vermutung, Mitarbeiter hätten sich bereichert haben können, ist nicht geeignet, diese Annahme zu erschüttern. Diese Vermutung steht in eindeutigem Widerspruch zu den Gesamtumständen, die bei den einzelnen Gaststätten der GmbH geherrscht haben. M hat die Tageseinnahmen der Mitarbeiter täglich kontrolliert. Auch eine Manipulation der Bierzählerstände wäre spätestens bei Aufstellung des ersten Jahresabschlusses der GmbH aufgefallen. So verbleibt nur die Schlussfolgerung, dass M einen Teil der ihm täglich abgegebenen Entgelte der Mitarbeiter der GmbH für sich behalten hat, anstatt sie der GmbH zukommen zu lassen. Die Behauptung des M, Dritte hätten sich einen Teil der vereinnahmten Entgelte zugeeignet, stellt sich demgegenüber im Streitfall gerade nicht als eine nahe liegende Vermutung dar. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Beklagte bei M keine entsprechenden Mittelzuflüsse feststellen konnte.
Der Beklagte hat die Einkommensteuerbescheide 1999, 2000 und 2002 zu Recht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert, weil nach deren Erteilung Tatsachen bekannt geworden sind, die zu einer höheren Steuer führen. Aus der aufgrund der Außenprüfung durchgeführten Schätzung ergeben sich höhere als die in dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegten Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei der GmbH und Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bei M.
Ebenfalls war der Beklagte berechtigt, die Einkommensteuern für die Jahre 2001 und 2003 durch Bescheide vom xxx 2006 (für 2001) sowie vom 26. März 2007 (für 2003) festzusetzen. Dabei war er an einer Festsetzung für 2001 nicht durch den Bescheid vom 25. August 2004 gehindert, in der er eine Veranlagung abgelehnt hatte. Denn auch insoweit konnte eine Bestandskraft gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO durchbrochen werden.
Der Beklagte konnte auch die Einkommensteuer 2003 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen festsetzen. Mangels Abgabe der Steuererklärung bestand eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach. Sie folgt aus der fruchtlosen Aufforderung des Beklagten an M, eine Steuererklärung abzugeben. M hat damit seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt und so die Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen unmöglich gemacht. Dies berechtigte den Beklagten gemäß § 162 Abs. 1, 2 AO zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Dieser Schätzungsbefugnis steht die Einleitung eines Strafverfahrens nicht entgegen. Denn § 393 Abs. 1 AO bestimmt in diesen Fällen lediglich, dass Zwangsmittel im Besteuerungsverfahren unzulässig sind. Im Übrigen bleiben die Rechte und Pflichten im Besteuerungsverfahren bestehen.
Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003 auch nicht aufgrund der im Klageverfahren der GmbH gegen die Körperschaftsteuerbescheide erzielten Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Finanzamt Braunschweig-Wilhelmstraße rechtswidrig. Der Beklagte ist nach § 32 a KStG nicht zur Änderung der Einkommensteuerbescheide verpflichtet.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellt der auf der Hinzurechnung einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) basierende Körperschaftsteuerbescheid gegenüber der Kapitalgesellschaft und der Steuerbescheid, der auf der Ebene des Anteilseigners Kapitaleinkünfte i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bzw. § 8 b Abs. 1 KStG einbezieht, nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid gemäß §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Nr. 1 AO; vielmehr ist darüber in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren selbständig zu entscheiden (BFH, Urteil vom 24. März 1987 I B 117/86, BStBl. II 1987, 508; Beschluss vom 20. März 2009 VIII B 170/08, BFH/NV 2009, 1029). An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts durch die Schaffung der Korrespondenzregeln der § 32 a, § 8 b Abs. 1 Satz 2 bis 4 KStG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 2 und 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2878). Zwar ist die Regelung nach Auffassung des BFH bei summarischer Prüfung in dem vorangegangenen Eilverfahren auch im Streitfall analog anwendbar, weil sich die Beteiligten in dem Insolvenz-Feststellungsverfahren xxx/07 darauf geeinigt hatten, dass die ursprünglich bei der GmbH angesetzte vGA reduziert wird und das dort zuständige Finanzamt Braunschweig-Wilhlemstraße seine Anmeldung zur Insolvenztabelle entsprechend herabsetzte (vgl. BFH, Beschluss vom 20. März 2009 VIII B 170/08, a.a.O.). Ob eine Analogie der Änderungsvorschrift angesichts der gesetzgeberischen Entscheidung in§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO, wegen der Bedeutung der Bestandskraft von Steuerbescheiden für die Rechtssicherheit bei diesen Verwaltungsakten ein in sich geschlossenes überschaubares Korrektursystem durch einzelne im Gesetz ausdrücklich verankerte Änderungstatbestände zu schaffen (vgl. BFH, Urteil vom 9. August 1990 X R 5/88, BStBl. II 1991, 55, 56), zulässig ist (vgl. auch zur Zulässigkeit einer analogen Anwendung nach Änderung von Feststellungsbescheiden für die Kapitalgesellschaft Lang, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2010, § 32 a KStG Rdnrn. 14, 14a; Rengers, in: Blümich, EStG-KStG-GewStG, Loseblattsammlung, Stand: April 2007, § 32 a KStG Rdnr. 24), kann offen bleiben, weil jedenfalls eine entsprechende Änderung im Streitfall nicht geboten ist.
§ 32 a KStG ist vom Gesetzgeber unter Durchbrechung des Trennungsprinzips auf die Kongruenz der Besteuerung der Ebenen der Gesellschaft bzw. des Anteilseigners angelegt. Eine Bindungswirkung des Körperschaftsteuerbescheids für die Einkommensteuer-veranlagung ist in § 32 a KStG schon deshalb nicht angelegt, weil diese Vorschrift eine Ermessensvorschrift ist. § 32 a KStG enthält eine rein verfahrensrechtliche Vorschrift, die als Änderungsnorm eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Erlass, die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids gegenüber dem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft schafft, wenn gegenüber der Kapitalgesellschaft ein Steuerbescheid auf Grund einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird (FG Köln, Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 10 K 4414/07, EFG 2009, 1096, 1098). Zwar hat der BFH in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass der Finanzbehörde eingeräumte Ermessen werde regelmäßig auf Null reduziert, wenn die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und daher jede andere Entscheidung als eine Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste (BFH, Beschluss vom 20. März 2009 VIII B 170/08, BFH/NV 2009, 1029). Ein derartiger Fall einer Ermessensreduzierung auf Null liegt im Streitfall aber nicht vor.
Das Finanzamt F und der Insolvenzverwalter der GmbH haben sich im Rahmen des Klageverfahrens xxx/07 auf eine Reduzierung der Hinzuschätzungsbeträge bei der GmbH um ein Drittel und um den AnSatz 1ediglich eines Drittels als vGA geeinigt. Diese Einigung erfolgte auf Seiten des Finanzamts aber nicht infolge einer nach § 162 Abs. 1 AO geänderten Schätzung. Sie war vielmehr dadurch motiviert, das Klageverfahren angesichts seiner geringen wirtschaftlichen Bedeutung ohne Weiteres zum Abschluss bringen zu wollen. Dass diese Motivation keine sachgerechte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der GmbH darstellt, liegt auf der Hand. Das Gericht hält demgegenüber die von der Außenprüferin ausführlich dokumentierte Schätzung nach § 162 Abs. 1 AO, § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. Finanzgerichtsordnung (FGO) für sachgerecht und angemessen und macht sich deshalb diese zu eigen (vgl. zu dieser Befugnis auch Neu, EFG 2009, 1099 [FG Nürnberg 26.03.2009 - 4 K 1522/2008]).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Der BFH hat sich zu der Frage einer analogen Anwendung des § 32 a KStG nach einem Insolvenz-Feststellungsverfahren der Kapitalgesellschaft und zu den Grenzen des Ermessensspielraums der Finanzbehörde gerade in Schätzungsfällen noch nicht abschließend geäußert.