Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 26.10.2005, Az.: 3 T 80/05

Antrag auf Belassung eines pfändungsfreien Einkommens

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
26.10.2005
Aktenzeichen
3 T 80/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 27862
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2005:1026.3T80.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - 24.08.2005 - AZ: 29 IN 127/04

Fundstellen

  • ZInsO 2006, 47-49 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZInsO 2006, 48-49
  • ZVI 2006, 52
  • ZVI (Beilage) 2006, 52 (red. Leitsatz)

Gründe

1

I.

Der Schuldner begehrt mit seinem Antrag vom 11.04.2005 (Bl. 144 ff. d.A.) die Belassung eines pfändungsfreien Einkommens gemäß §§ 36 Abs. 1 S. 2 Insolvenzordnung in Verbindung mit 850 i Abs. 1 S. 3, 850 c Abs. 1 S. 1 ZPO bzw. §§ 36 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit 850 c Abs. 1 S. 1 ZPO.

2

Am 14.12.2004 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Celle - Insolvenzgericht - das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, Inhaber des xxx eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. xxx Celle, bestellt.

3

Zwischen dem 14.12.2004 und 21.02.2005 war der Schuldner ohne Vergütung regelmäßig weiter in dem Geschäft in xxx neben zwei halbtags beschäftigten Mitarbeitern tätig. Er hat einen von der Abrechnungsstelle "xxx", xxx erstellten Verrechnungsscheck über 5.640,27 EUR entgegengenommen und nicht an den Insolvenzverwalter weitergeleitet. Der Betrag wurde am 17.03.2005 auf ein Treuhandkonto bei dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners eingezahlt, wo sich das Geld heute noch befindet. Bei dem Geld handelt es sich um Auszahlungen von Rezeptabrechnungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen. Es wird auf die Abrechnung der xxx vom 24.03.2005 (Bl. 193 d.A.) Bezug genommen.

4

Der Schuldner meint, bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen habe er einen Anspruch in Höhe von 1.869,99 EUR monatlich ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens für sich und seine Familie (Ehefrau, die über Mieteinnahmen aus einem Mehrfamilienhaus verfügt und drei Kinder).

5

Das Insolvenzgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 24.08.2005 (Bl. 215, 225 d.A.) zurückgewiesen. Der Schuldner hat hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt und hilfsweise weitere Anträge gestellt. Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

6

II.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 24.08.2005 ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch - einschließlich der gestellten "Hilfsanträge" - keinen Erfolg.

7

Das Amtsgericht hat zu Recht den Antrag des Schuldners,

ihm einen pfandfreien monatlichen Betrag in Höhe von 1.869,99 EUR zu belassen,

8

zurückgewiesen.

9

Die Voraussetzungen des § 850 i ZPO liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, woher das Einkommen, dessen pfandfreie Belassung der Schuldner begehrt, stammen soll.

10

Ob und inwieweit die mit Verrechnungsscheck der xxx in Höhe von 5.640,27 EUR erwirtschafteten Erträge auf der Tätigkeit des Schuldners beruhen, ist unklar. Voraussetzung für die Anwendung von § 850 i ZPO ist die Vergütung für persönlich geleistete Dienste oder Arbeiten. Unstreitig haben in dem Geschäft in Nienburg auch zwei Halbtagskräfte mitgewirkt. Tätigkeiten von abhängigen Beschäftigten sind nicht gem. § 850 i ZPO hinzuzurechnen. Vergütungsansprüche des Schuldners, die durch im Betrieb arbeitende Kräfte, erlangt werden, unterliegen überhaupt keinem Pfändungsschutz (Stein-Jonas/Brehm, ZPO, 22A, § 850 i, Rz. 5).

11

Im Übrigen wäre Pfändungsschutz erst ab Antragstellung zu gewähren. Ab dem 11.04.2005 hat der Schuldner jedoch keine persönlichen Dienste mehr geleistet, aus denen ein Einkommen resultiert. Soweit er darauf abstellt, dass der durch den Verrechnungsscheck erlangte Betrag für einen längeren Zeitraum hätte reichen müssen und daher Einkommen auch für die Zeit nach der Antragstellung vorhanden ist, kann er hiermit nicht durchdringen. Die Regelung des § 850 i Abs. 1 S. 3 ZPO, die den Freibetrag darauf beschränkt, was dem Schuldner nach § 850 a-f schätzungsweise verbliebe, wenn er ein entsprechendes laufendes Arbeitseinkommen hätte, führt vorliegend dazu, dass als Zeitspanne für das Einkommen nicht länger als 1 Monat als angemessen angesehen wird. Dabei wird darauf abgestellt, wann die nächste Einnahme erwartet wird. Voraussetzung hierfür wäre die Fortführung der Tätigkeit, da der Schuldner, der seine Tätigkeit aufgibt, nicht dem bevorzugt werden kann, der weiterarbeitet, um laufendes Einkommen zu erlangen. Eine Vergleichbarkeit mit einem Schriftsteller, der monatelang an einem Buch gearbeitet hat und hierfür sodann Honorar erhält, ist nicht ersichtlich.

12

Für einen allgemeinen Unterhaltsanspruch aus der Insolvenzmasse besteht keine Rechtsgrundlage. § 100 der Insolvenzordnung, nach dem die Gläubigerversammlung beschließt, ob und in welchem Umfang dem Schuldner und seiner Familie Unterhalt aus der Insolvenzmasse gewährt werden soll, enthält keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch, zumal das Insolvenzgericht insoweit auch der falsche Anspruchsgegner wäre.

13

Aus den genannten Gründen war auch der Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen.