Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 14.09.2009, Az.: 11 B 3622/09

Chip; Einreise; Heimtierpass; Quarantäne; Tollwutimpfung; Transponder

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
14.09.2009
Aktenzeichen
11 B 3622/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 44168
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2009:0914.11B3622.09.0A

Amtlicher Leitsatz

Nur ein Tier, das nach seiner eindeutigen Identifizierbarkeit gegen Tollwut geimpft wurde, erfüllt die Verbringungsvorschriften innerghalt der Europäischen Union nach der HeimtierVO.

Ein Hund, der erst nach der Impfung durch die Implantation eines Transponders ("Chip") eindeutig indentifizierbar wurde erfüllt damit die Verbringungsvorschriften nicht. Seine Unterbringung in einer Quarantätnestation kann daher angeordnet werden.

Tenor:

  1. Der Teil des Verfahrens, der sich auf den Hund "D." bezieht, wird abgetrennt und unter einem noch zu vergebenden Aktenzeichen fortgeführt.

  2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

  3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

  4. Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Das Verfahren war gem. § 93 VwGO hinsichtlich des Hundes "D." abzutrennen, weil es sich durch Hausgabe des Hundes vollumfänglich erledigt hat und die Beteiligten noch keine Gelegenheit hatten, Erledigungserklärungen abzugeben.

2

Der am 07.09.2009 hinsichtlich des Hundes "E." von der Antragstellerin wörtliche gestellte Antrag,

  1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (Az.: 11 A 3624/09) gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.08.2009 wiederherzustellen,

3

ist nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Nr. 1 und 2 des Tierseuchengesetzes (TierSG) mit dem Ziel statthaft, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Entscheidung der Unterbringung des Hundes "E." in einer anerkannten Quarantänestation anzuordnen. Nach § 80 Nr. 1 TierSG hat die Anfechtung von Anordnungen der Absonderung und Impfung keine aufschiebende Wirkung. Die Kammer geht dabei der Begründung folgend unter Anwendung von § 88 VwGO davon aus, dass die Antragstellerin trotz Formulierung eines Feststellungsantrags die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 25.08.2009 anfechten will. Eine Feststellungsklage gem. § 43 VwGO wäre hier wegen ihrer Subsidiarität gegenüber der hier Rechtsschutz gewährenden Anfechtungsklage unzulässig.

4

Der Antrag hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der von der Antragstellerin am 24.08.2009 über die Grenzkontrollstelle am Flughafen Hannover von Griechenland nach Deutschland verbrachte Hund "E." erfüllt die Voraussetzungen für eine genehmigungsfreie Einreise nach Deutschland nicht.

5

Nach Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates (ABl. L 146 S. 1) beschließt die zuständige Behörde im Benehmen mit dem Amtstierarzt, a) entweder das Tier in das Herkunftsland zurückzusenden b) oder es für die zur Erfüllung der Gesundheitsanforderungen erforderliche Zeit auf Kosten des Eigentümers oder der verantwortlichen natürlichen Person unter amtlicher Kontrolle zu isolieren c) oder als äußerstes Mittel - sofern eine Rücksendung oder Isolierung durch Quarantäne nicht möglich ist - das Tier zu töten, ohne dass dafür ein finanzieller Ausgleich gewährt wird, wenn sich bei den Kontrollen herausstellt, dass das Tier die Bedingungen dieser Verordnung nicht erfüllt. Dabei muss der Eigentümer oder die für das Heimtier verantwortliche natürliche Person bei jeder Verbringung eines Heimtieres in der Lage sein, den zuständigen Kontrollbehörden einen Ausweis oder die Bescheinigung gemäß Art. 8 Absatz 2 vorzulegen, aus dem/der hervorgeht, dass das Tier die Bedingungen für die betreffende Verbringung erfüllt.

6

Der Hund "E." war zwar bei seinem Eintreffen auf dem Flughafen Hannover nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a) und Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 998/2003 ordnungsgemäß gekennzeichnet. Er verfügt über ein lesbares elektronisches Kennzeichen (Transponder), der ihm ausweislich des Heimtierpasses am 30.07.2009 implantiert wurde. Die Antragstellerin hat auch die nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b) VO (EG) Nr. 998/2003 geforderte Bescheinigung darüber vorgelegt, dass ein Hund "E." am 24.06.2009 gegen Tollwut geimpft wurde.

7

Dies reicht indessen nicht aus, um die Verbringungsvoraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 998/2003 zu erfüllen. Der Zusammenhang der Voraussetzungen der Buchstaben a) und b) setzt nach dem Zweck der Vorschrift zwingend voraus, dass die durch den Transponder (Chip) gewährleistete Identität des einreisenden Tieres die Identität mit dem geimpften Tier dokumentiert. Die Identität von einreisendem und geimpftem Tier ist der Kern der Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 998/2003, denn nur dann kann sicher der Zweck der Norm erreicht werden, das Einschleppen der Tollwut durch die Einreise erkrankter Tiere sicher auszuschließen.

8

Diese Identität wird durch den vorgelegten Heimtierpass nicht dokumentiert. Nur wenn die Impfung eines Tieres erfolgt, dessen Identität durch einen Transponder oder eine Tätowierung eindeutig feststeht, lässt die Impfbescheinigung den zwingenden Schluss zu, dass das konkrete gechipte Tier über den notwendigen Impfschutz verfügt. Es handelt sich bei der Kennzeichnung und dem auf dieses Tier bezogenen Impfnachweis um formale Anforderungen, die im Interesse einer eindeutigen Zuordnung bei der Verbringung von Tieren ohne weiteren Ermittlungsaufwand kein Abweichen von den normierten Voraussetzungen und keine Ausnahmen zulassen (vgl. auch VG Hannover, Beschluss vom 31.07.2009 - 11 B 2919/09 -). Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Erklärungen der die Impfung durchführenden Ärzte lassen daher die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Unterbringung des Hundes in der Isolierstation des Flughafens nicht entfallen, denn der Impfschutz den Tieres muss bei seiner "Verbringung", dass heißt bei seiner Einreise nachgewiesen sein. Das Nachweisrisiko trägt insofern der Eigentümer des Heimtieres oder die für das Tier bei seiner Verbringung verantwortliche natürliche Person (Art. Abs. 1 VO (EG) Nr. 998/2003).

9

Ob bei einem anderweitigen Nachweis der Identität von gechiptem und geimpftem Tier seine Herausgabe aus der Isolierstation verlangt werden kann, und ob die vorgelegten Erklärungen der Ärzte einen solchen Nachweis darstellen, muss hier nicht geprüft werden, weil die Verpflichtung zur Herausgabe des Hundes mit dem Antrag nicht verlangt wird. Die Antragsgegnerin hat sich indessen selbst um den Nachweis ausreichenden Impfschutzes durch sofortige Prüfung des Tollwut-Antikörper-Titers bemüht und nach Feststellung eines Titers in Höhe von 1,0 das Tier "D." bereits vor Ablauf der obligatorischen 21 Tage nach der Impfung herausgegeben. Die notwendige Höhe von 0.5 für einen ausreichenden Impfschutznachweis erreicht der - noch - streitgegenständliche Hund "E." mit nur 0,14 nicht. Die Antragsgegnerin hat daher ihre Anordnung der Unterbringung des Hundes "E." in einer zugelassenen Quarantänestation für die zur Erfüllung der Gesundheitsanforderungen erforderliche Zeit zutreffend auf Art. 14 Satz 3 Buchstabe b) der VO (EG) Nr. 998/2003 gestützt und das ihr bei der Auswahl der Mittel zur Schaffung der Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Verbringen zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt und alles Erforderliche getan, um den Verbleib der Tiere dort so kurz wie erforderlich zu halten.

10

Sollte sich der Eilantrag nicht nur auf die angeordnete Unterbringung in einer Quarantänestation, sondern auch gegen die Impfung und die Blutentnahme zur Feststellung des Titers beziehen, wäre dieser Antrag unzulässig, weil die Anordnung hinsichlich dieser Bestandteile bereits bei Antragstellung bei Gericht vollzogen war. Die von der Antragstellerin behauptete Rechtswidrigkeit könnte vom Gericht allenfalls im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage geprüft werden.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß 52 Abs. 1 GKG (n.F.). Pro Hund geht sie dabei in ständiger Rechtsprechung von einem 1/10des Regelstreitswertes gem. § 52 Abs. 2 GKG aus. Die Kammer sieht keine Veranlassung, den Streitwert im Hinblick auf die mögliche Vorwegnahme der Hauptsache zu reduzieren.