Landgericht Verden
Beschl. v. 29.11.2019, Az.: 6 T 164/19

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
29.11.2019
Aktenzeichen
6 T 164/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69595
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 08.08.2019 - AZ: 10 L 15/12

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 26. August 2019 wird der Beschluss des Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – vom 8. August 2019 aufgehoben.

Das durch den Beschluss des Amtsgerichts Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – vom 29. Juni 2012 (Az. 10 L 15/12) angeordnete Zwangsverwaltungsverfahren dauert fort.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Gläubigerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Aufhebung einer Zwangsverwaltung.

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus der aufgrund der vollstreckbaren Urkunde des Notars Dr. K in V. vom 9. Januar 1998 (UR-Nr. ###) an dem im Grundbuch von K Blatt ### eingetragenen, im Eigentum des Schuldners stehenden Grundstück lfd. Nr. 1, Flur 3, Flurstück ###, Gebäude- und Freifläche, ### Größe 1.300 m², in Abteilung III unter Nr. 1 eingetragenen Grundschuld über 204.516,75 € nebst 15% Zinsen hierauf seit dem 7. April 1998. Auf den Antrag der Gläubigerin vom 26. Juni 2012 ordnete das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – durch Beschluss des zuständigen Rechtspflegers vom 29. Juni 2012 die Zwangsverwaltung des vorgenannten Grundbesitzes an und bestellte den Beteiligten zum Verwalter. Parallel wird unter dem Az. 10 K 28/12 auf Antrag der Gläubigerin ein Zwangsversteigerungsverfahren über das vorgenannte Grundstück geführt, in dem das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – mit Beschluss vom 15. Januar 2019 den Verkehrswert des Objektes auf 115.000,00 € festgesetzt hat. Der Beteiligte hat das Objekt am 26. Juli 2012 in Besitz genommen. Die Verwaltung gestaltete sich schwierig, da das Objekt seit dem 1. Januar 2009 an die Fa. V GmbH, deren Geschäftsführer der Schuldner war, vermietet war. Die Zahlung der vereinbarten Kaltmiete in Höhe von monatlich 1.533,88 € war durch eine Nachtragsvereinbarung vom 22. Dezember 2008 für das Jahr 2009 und durch eine weitere Nachtragsvereinbarung vom 28. Dezember 2009 ab dem 1. Januar 2010 bis auf Weiteres ausgesetzt worden. Das Objekt wurde noch bis zum 19. Juni 2014, als der Beteiligte auf Bitten des Insolvenzverwalters der sich aufgrund des Beschlusses des Amtsgericht Verden (Aller) vom 22. April 2014 (Az. 11 IN 238/13) in Insolvenz befindlichen Fa. V die Schlösser wechseln ließ, weiter von der Fa. V genutzt, ohne dass von ihr Zahlungen auf die Miete und Nebenkosten erbracht worden wären. Am 19. Juni 2014 teilte der Schuldner dem Beteiligten erstmals mit, dass dritte Personen (T (Sohn des Schuldners), K., B (Ehefrau des Schuldners) und B. H.) Teile des Objektes angemietet hätten und nutzen würden. Wegen in der Gewerbehalle untergestellter Gegenstände war eine Vermietung des Objektes bis zu dessen schlussendlicher Räumung im Februar 2017 nicht möglich. Wie den Berichten des Beteiligten weiter zu entnehmen ist, blieben dessen Vermietungsbemühungen in der Folge bis heute erfolglos. Im Berichtszeitraum 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018 gab es Gespräche mit fünf Interessenten, im Berichtszeitraum 1. Juli 2018 bis 13. August 2019 mit einem Interessenten. Auf die detaillierte Darstellung des Sachverhaltes in den Gründen des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Verden (Aller) vom 8. August 2019 und auf die Berichte des Beteiligten vom 5. März 2015, 16. Juni 2016, 17. August 2016, 19. Dezember 2016, 28. November 2017, 24. Oktober 2018 und 16. September 2019 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 10. Juni 2019 beantragte der Schuldner, die Zwangsverwaltung aufzuheben. Zur Begründung seines auf § 161 ZVG gestützten Antrages führte er im Wesentlichen aus, dass die Gläubigerin kein Rechtsschutzinteresse für das Zwangsverwaltungsverfahren habe. Aus der für dieses Grundstück und andere Grundstücke des Schuldners angeordneten Zwangsverwaltung sei bislang nicht 1,00 € Ertrag erwirtschaftet worden, aber zu Gunsten des Zwangsverwalters ein Betrag von mehr als 100.000,00 € in die Aufrechterhaltung der Zwangsverwaltung investiert worden, ohne zugleich den Verfall der Liegenschaften zu verhindern. Am vorliegenden Objekt seien (im Verkehrswertfestsetzungsverfahren) vom Gutachterausschuss des Landkreises Verden Schäden in Höhe von 35.000,00 € festgestellt worden, die nur während der Zwangsverwaltung entstanden sein könnten. Das Objekt gewähre weder jetzt noch in der Zukunft Nutzungen, und die Gläubigerin habe in den vergangenen Jahren jede Nutzungsmöglichkeit auch dadurch verstreichen lassen, dass sie das Objekt habe verwahrlosen lassen. Schon daran werde erkennbar, dass die Gläubigerin verfahrensfremde Zwecke verfolge und die von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses für die Anordnung der Zwangsverwaltung entfallen sei. Zudem sei die Zwangsverwaltung auch gemäß § 161 Abs. 2 ZVG wegen Befriedigung der Gläubigerin aufzuheben. Insoweit habe der Schuldner bereits Vollstreckungsgegenklage erhoben (Landgericht Verden Az. 4 O 154/19). Auch sei die Befriedigung einer eventuellen Restforderung der Gläubigerin angesichts der Verkehrswerte der noch in der Zwangsversteigerung verbliebenen Grundstücke des Schuldners sichergestellt, sodass auch insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für die ohnehin ertraglose Verwaltung bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Antragsschrift Bezug genommen.

Die Gläubigerin hat mit Schreiben vom 25. Juni 2019 beantragt, den Antrag des Schuldners auf Aufhebung der Zwangsverwaltung gemäß § 161 ZVG zurückzuweisen. Zur Begründung führte die Gläubigerin im Wesentlichen aus, dass der Antrag des Schuldners bereits unzulässig sei, weil § 161 ZVG dem Schuldner kein eigenes Antragsrecht einräume. Vielmehr hebe das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren von Amts wegen auf, sofern die dort genannten Einstellungsgründe zu seiner Gewissheit feststünden. Der Schuldner sei insoweit auf die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO verwiesen. Auch die Klärung der Frage, ob die Gläubigerin bereits befriedigt sei, sei dem anhängigen Vollstreckungsgegenklageverfahren vorbehalten. Zudem lasse der Umstand, dass das zwangsverwaltete Objekt keine Einnahmen erziele, das Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin nicht per se entfallen. Neben der Erzielung von Einnahmen seien auch andere Umstände wie die Bemühungen des Zwangsverwalters, das Objekt vermietungsfähig zu machen, oder aber die Objektsicherung zu berücksichtigen. Aus den Berichten des Beteiligten sei zu entnehmen, dass dieser stets darauf aus gewesen sei, entweder die Erzielung von Pachten bzw. Nutzungsentschädigungen oder aber die Räumung zwecks anschließender Verpachtung zu bewirken. Dass sich dies über mehrere Jahre hingezogen habe, sei in erster Linie den diversen Anträgen und Eingaben des Schuldners zu verdanken. Der Beteiligte habe diverse Gespräche geführt, um das Objekt einer Bewirtschaftung zuzuführen, und das Objekt aktiv angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2019 nahm der Verfahrensbevollmächtige des Schuldners zu dem vorgenannten Schreiben der Gläubigerin im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass der Antrag des Schuldners als unbefristete Erinnerung gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung aufgrund geänderter Umstände anzusehen sei. Unbeschadet dessen, dass das Vollstreckungsgegenklageverfahren vor dem Landgericht Verden damit enden könne, dass der Schuldner der Gläubigerin nur noch einen geringfügigen Betrag schulde, ergebe sich das Fehlen des Rechtsschutzinteresses der Gläubigerin aus einer Gesamtschau aller Umstände des vorliegenden Verfahrens. Die Gläubigerin habe für sieben Grundstücke des Schuldners die Zwangsversteigerung beantragt. Für vier Grundstücke sei im Jahr 2012 zudem die Zwangsverwaltung beantragt worden, wobei zwei der Zwangsverwaltungen seitdem keinen einzigen Cent Ertrag erwirtschaftet hätten. Der Beteiligte sei nicht um Räumung und Vermietung bemüht. Die Zwangsverwaltung der vorliegenden Immobilie diene ausschließlich dazu, den Schuldner, der die Gläubigerin in der Vergangenheit erheblich geärgert habe („###“), jede wirtschaftliche Grundlage zu entziehen, um letztlich alle sieben Grundstücke verwerten zu können. Der Beteiligte habe es mit Duldung der Gläubigerin über Jahre hinweg unterlassen, gegenüber dem Insolvenzverwalter der Fa. V eine Nutzungsentschädigung zu verlangen. Durch die lange Zeit der Zwangsverwaltung sei es dem Schuldner auch nicht möglich gewesen, seine Gewerbeimmobilien zu nutzen und daraus Erträge zu erzielen, mit denen er selbst zur Reduzierung seiner Schulden (sofern jetzt noch welche bestehen sollten) hätte beitragen können. Dies zeige, dass es der Gläubigerin vorliegend nicht um die Erzielung von Erträgen, sondern nur darum gehe, dem Schuldner mangels Räumlichkeiten seine Existenzgrundlage zu entziehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Erwiderungsschrift Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 8. August 2019 hat das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – durch den zuständigen Rechtspfleger das Zwangsverwaltungsverfahren wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses der Gläubigerin aufgehoben und angeordnet, dass die Beschlagnahme des Grundstücks mit der Rechtskraft des Beschlusses entfalle. In den Beschlussgründen heißt es im Wesentlichen, dass das Vollstreckungsgericht unabhängig von einem Antragsrecht des Schuldners das Bestehen des Rechtsschutzbedürfnisses der Gläubigerin als Prozessvoraussetzung in jeder Phase des Verfahrens zu beachten und im Falle seines Entfallens das Zwangsverwaltungsverfahren aufzuheben habe. Zweck des Verfahrens sei es grundsätzlich, der Gläubigerin die Erträge aus der Vermietung oder Verpachtung des zwangsverwalteten Grundstücks zukommen zu lassen. Vorliegend seien durch die Zwangsverwaltung seit ihrer Anordnung im Jahr 2012, also seit nunmehr sieben Jahren, keine Einnahmen erzielt worden. Auch seit der Räumung vor zweieinhalb Jahren habe der Beteiligte den Grundbesitz nicht vermieten können. Vielmehr habe die Gläubigerin an ihn Vorschüsse in Höhe von bislang 54.460,00 € geleistet, wovon 12.836,41 € auf die Vergütung des Beteiligten entfallen seien. Zwar seien in dem Gesamtbetrag auch Grundsteuern, Kosten der Versorgungsträger und Versicherungen sowie Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen enthalten, die der Schuldner ohnehin hätte aufwenden müssen. Andererseits sei dem Schuldner durch das Verfahren die Möglichkeit entzogen worden, die Immobilie selbst zu bewirtschaften und daraus Einnahmen zu erzielen. Wenn mit Erträgen nicht zu rechnen sei, müssten besondere Gründe für die Anordnung der Zwangsverwaltung vorliegen, wie z.B. die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder die Abwendung der Misswirtschaft eines unfähigen oder unwilligen Schuldners, um Wertverluste des Grundstücks zu vermeiden. Ob der Beteiligte für eine ordnungsgemäße Instandhaltung gesorgt habe, sei streitig. Auch habe die Gläubigerin ihren Vortrag, dass ihr Rechtsschutzbedürfnis auch in der Objektsicherung liege, nicht erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss, der der Gläubigerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten jeweils am 13. August 2019 zugestellt wurde, hat die Gläubigerin durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26. August 2019, beim Amtsgericht Verden (Aller) eingegangen am 27. August 2019, sofortige Beschwerde mit den Anträgen eingelegt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Zwangsverwaltung wieder vollumfänglich in Kraft zu setzen und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bis zur abschließenden Entscheidung über die sofortige Beschwerde die sofortige Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahren außer Vollzug zu setzen. Zur Begründung führte sie neben einer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs und unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags zur Unzulässigkeit des Antrags des Schuldners auf Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens im Wesentlichen aus, dass bei ihr sehr wohl ein Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Zwangsverwaltungsverfahrens bestehe. Der Bundesgerichtshof habe die Zulässigkeit der Zwangsverwaltungsanordnung auch für den Fall bestätigt, dass aus der Zwangsvollstreckung kein Ertrag zu erwarten sei und eine Befriedigung der Forderung aussichtslos erscheine. § 803 Abs. 2 ZPO sei auf die Zwangsverwaltung nicht anwendbar. Für die Zwangsverwaltung ergebe sich das Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin vielmehr bereits aus dem Bestreben, das Eigentum vor weiterem Verfall zu bewahren und es mit Hilfe des Zwangsverwalters in einen besseren Zustand zu bringen, um es letztlich einer einträglicheren Nutzung zuzuführen. Zudem bestehe das für die Vollstreckung notwendige Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin schon – und allein – in der Befriedigung der titulierten Forderung. Es liege hier auch kein Fall eines ausnahmsweise fehlenden Rechtsschutzinteresses vor. Vielmehr habe das Objekt erst durch die aufwendigen Bemühungen des Beteiligten in einen nunmehr vermietbaren Zustand gebracht werden können. Die Vermietung des Objektes sei auch aufgrund des Handelns des Schuldners be- und verhindert worden. Das Gericht habe keine Ermittlungen dazu angestellt, ob eine Vermietung auch künftig nicht möglich sein werde. Zudem rechtfertige die Verhinderung des Verfalls des Eigentums und von verwertungshindernden Maßnahmen des Schuldners die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung der Zwangsverwaltung. Es drohe die konkrete Gefahr, dass ohne die Anordnung einer Zwangsverwaltung die Gläubigerin im Rahmen der Verwertung ihrer Sicherheit der Willkür des Schuldners schutzlos ausgesetzt wäre. Nach den bislang gemachten Erfahrungen spreche alles dafür, dass der Schuldner, sobald er die Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlange, mit Dritten – vorzugsweise seiner Ehefrau und seinem Sohn – Vereinbarungen und Verträge mit dem ausschließlichen Ziel abschließen werde, jeden möglichen Bietinteressenten abzuschrecken. In der Folge würde die Sicherheit für die Gläubigerin faktisch unverwertbar und damit wertlos werden. Der Schuldner habe seit Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung bezüglich sämtlicher Objekte alle nur denkbaren Schritte und Anstrengungen unternommen, um diese Maßnahmen zu be- bzw. verhindern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 28. August 2019 hat das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – durch den zuständigen Rechtspfleger die Wirksamkeit der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes außer Vollzug gesetzt. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 18. September 2019 hat der Schuldner beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Mit weiterem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20. September 2019 hat der Schuldner zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass sein Antrag auf Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens jedenfalls als entsprechende Anregung an das Vollstreckungsgericht, das Verfahren von Amts wegen aufzuheben, zu werten gewesen sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Schuldner seinen bisherigen Vortrag. Eigentliches Ziel der Zwangsverwaltung, dass der Gläubigerin weit wichtiger sei als die Erzielung von Einnahmen, sei es, den Schuldner von jeder Nutzung auszuschließen. Dieses Ziel sei aber vom Zweck des ZVG nicht gedeckt. Wenn über Jahre hinweg nur Vollstreckungskosten produziert und von der Gläubigerin beglichen würden, erlösche deren Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Vollstreckung so offensichtlich sinnlos sei. Zudem sei der vorliegende Sachverhalt, bei dem die (noch nicht einmal in erster Linie gewollte) Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung bereits feststehe, nicht mit jenem vergleichbar, der der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde liege. Hier würden vollstreckungsfremde Ziele verfolgt. Die Zwangsverwaltung werde insoweit zur Verfolgung nicht schutzwürdiger Ziele begehrt, um den Schuldner zu schikanieren oder ihm Schaden zuzufügen. Die Gläubigerin verfüge aktuell weder über eine noch zu vollstreckende schuldrechtliche Forderung, noch habe sie über Jahre das Ziel der Einnahmen-Generierung verfolgt. Der Beteiligte habe sein Ziel, nur den Schuldner fernzuhalten, bereits dadurch belegt, dass er Anfragen von Mietinteressenten schlicht nicht beantwortet habe, wenn sie aus dem Umfeld des Schuldners gekommen seien. Seit der Räumung des Objektes vor zweieinhalb Jahren habe der Beteiligte keinerlei Vermietungsbemühungen unternommen. Im Rahmen der Zwangsverwaltung seien durch den jahrelangen Leerstand substanzielle Schäden an dem Objekt eingetreten, sodass sich ein Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin auch nicht aus einer zu befürchtenden Verschlechterung des Objektes herleiten lasse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 24. Oktober 2019 hat das Amtsgericht Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – durch den zuständigen Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. In den Gründen des Beschlusses heißt es im Wesentlichen, dass die Vermietungsbemühungen des Beteiligten auch im Zeitraum seit der Räumung des Objektes erfolglos geblieben seien. Dass der Schuldner in diesem Zeitraum weiterhin versucht hätte, die Vermietung zu verhindern, sei aus den Akten nicht ersichtlich. Zwar seien auch die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und Herstellung eines vermietbaren Zustandes Gründe, die für ein Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin sprechen könnten. Gerade dies sei jedoch zwischen den Parteien höchst streitig. Die durch die Zwangsverwaltung verursachten erheblichen Kosten, zu denen inzwischen noch weitere Vorschüsse und Vergütungen in Höhe von 7.421,53 € und 3.804,29 € hinzugekommen seien, gingen letztlich zu Lasten des Schuldners. Es sei auch nicht ersichtlich, warum sich die Aussichten für eine künftige Vermietung des Objektes ändern sollten. Andererseits werde dem Schuldner die Möglichkeit genommen, selbst mit der Immobilie Einnahmen zu erzielen und damit seine Schulden zu tilgen. Wirtschaftliche Erwägungen sowohl auf Schuldner- als auch auf Gläubigerseite könnten bei der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist statthaft (§ 793 ZPO, s. Drasdo in: Stöber, ZVG, 22. Aufl., 2019, § 161 Rdnr. 6) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zwar kommt es auf die Antragsbefugnis des Schuldners im Rahmen des § 161 ZVG nicht an, weil das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren von Amts wegen aufheben darf (bzw. muss), wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Insoweit hat das Vollstreckungsgericht den entsprechenden Antrag des Schuldners hier sachgerecht als diesbezügliche Anregung ausgelegt und daraufhin das weitere Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangsverwaltungsverfahrens von Amts wegen geprüft. Jedoch hat die Gläubigerin ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Zwangsverwaltungsverfahrens, sodass der das Zwangsverwaltungsverfahren aufhebende Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 8. August 2019 aufzuheben war.

1. a.) aa.) Das Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzinteresses ist eine sachliche Voraussetzung der Zwangsvollstreckung und muss daher auch in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gegeben sein. Es fehlt, wenn der Gläubiger kein schutzwürdiges Interesse an der Vollstreckungsmaßnahme hat, etwa weil die beantragte Zwangsverwaltung zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele begehrt wird, um beispielsweise den Schuldner zu schikanieren oder ihm Schaden zuzufügen (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Juli 2002, Az. IX ZB 26/02, <juris> Rdnrn. 12 u. 14). Liegt kein Rechtsschutzinteresse vor, darf ein Zwangsvollstreckungsverfahren nicht angeordnet werden; entfällt es im Laufe des Verfahrens, muss die Zwangsverwaltung aufgehoben werden. Ob ein Rechtsschutzinteresse gegeben ist, kann in einem Vollstreckungsverfahren und insbesondere im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren allerdings nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des formal ausgestalteten Durchsetzungsrechts gewürdigt werden. Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich hier grundsätzlich bereits aus dem Interesse des Gläubigers an einer Befriedigung der Forderung, die durch den Vollstreckungstitel als begründet ausgewiesen wird (BGH, aaO., Rdnr. 13; BGH, Beschl. v. 30. Januar 2004, Az. IXa ZB 233/03, <juris> Rdnr. 9). Vor diesem Hintergrund kann ein Rechtsschutzinteresse selbst dann bestehen, wenn das der Zwangsverwaltung unterliegende Objekt gegenwärtig keine Erträge abwirft, wenn in absehbarer Zeit nicht mit Einnahmen zu rechnen ist bzw. wenn von Anfang an ein Überschuss über die Kosten nicht zu erwarten ist (a.A. LG Hechingen, Rpfleger 1991, S. 430 [BGH 23.04.1991 - 4 StR 121/91]). § 803 Abs. 2 ZPO findet im Bereich der Immobiliarvollstreckung keine (analoge) Anwendung (vgl. BGH, Beschl. v.18. Juli 2002, aaO., Rdnrn. 8 ff.). Ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers ergibt sich daher regelmäßig bereits aus dem Bestreben, das Objekt vor (weiterem) Verfall zu bewahren oder es mit Hilfe des Zwangsverwalters in einen besseren Zustand zu bringen, um es letztendlich einer einträglicheren Nutzung zuzuführen (vgl. BGH, aaO., Rdnr. 15). Des Weiteren kann sich das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers auch aus der Zusammenschau mit einem von ihm parallel in dasselbe Objekt betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren ergeben (vgl. Engels in: Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 15. Aufl., 2016, § 146 Rdnr. 58; Keller in: Böttcher/Keller, ZVG, 6. Aufl., 2016, § 146 Rdnr. 6), wie beispielsweise dann, wenn eine unübersichtliche Mietsituation besteht (vgl. Engels, aaO.). Im Ergebnis kann daher das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses nur dort im Voraus verneint werden, wo klar erkennbar ist, dass durch die Zwangsverwaltung weder die unmittelbare Befriedigung des Gläubigers erfolgt noch dieser Zweck mittelbar durch rechtliche oder tatsächliche Umstände erreicht werden kann (vgl. Keller, aaO.).

bb.) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist vorliegend ein Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin an der Fortführung des Zwangsverwaltungsverfahrens gegeben. Zwar hat die Zwangsverwaltung des Grundstücks bislang keine Erträge erbracht, sondern erhebliche Kosten verursacht. Auch ist es dem Zwangsverwalter in den mehr als zweieinhalb Jahren seit der Räumung des Objektes nicht gelungen, dieses zu vermieten. Gegenwärtig kann allerdings nicht festgestellt werden, dass eine Vermietung auch in der Zukunft aussichtslos ist. Nach den Berichten des Zwangsverwalters hat es seit Juli 2017 durchaus Gespräche mit einzelnen Interessenten gegeben. Im Übrigen hat auch der Schuldner selbst vorgetragen, dass es Mietinteressenten aus seinem Umfeld gegeben habe, deren Anfragen der Zwangsverwalter allerdings nicht beantwortet habe. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus als möglich, dass in absehbarer Zukunft noch ein Mieter gefunden werden kann. Ob sich ein Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin an der Fortdauer der Zwangsverwaltung darüber hinaus auch aus der Sicherstellung der Instandhaltung und mithin der Substanzerhaltung des Objektes – gerade auch im Hinblick auf das von ihr parallel betriebene Zwangsversteigerungsverfahren – ergibt, kann hier offenbleiben. Auf den im parallelen Zwangsversteigerungsverfahren zu erzielenden Versteigerungserlös und folglich auf das Vollstreckungsinteresse der Gläubigerin würde es sich nämlich jedenfalls nachteilig auswirken, wenn der Schuldner im Falle der Aufhebung der Zwangsverwaltung mit dritten Personen, vornehmlich solchen aus seinem persönlichen Umfeld, Mietverträge und andere Vereinbarungen abschließen würde, die die Attraktivität des Objektes für potenzielle Bieter verringern würden. Dass es sich bei dieser von der Gläubigerin geäußerten Befürchtung nicht nur um eine rein theoretische Möglichkeit handelt, sondern dass diesbezüglich vielmehr eine reale Gefahr besteht, ergibt sich bereits daraus, dass der Schuldner das Objekt ursprünglich an eine Gesellschaft vermietet hatte, deren Geschäftsführer er war, wobei die Zahlung der Miete aufgrund von Nachtragsvereinbarungen zum Mietvertrag langjährig ausgesetzt war, und dass er gegenüber dem Zwangsverwalter im Jahr 2014 geltend gemacht hatte, dass Teile des Objektes unter anderem an seinen Sohn und seine Ehefrau vermietet gewesen seien. Weiter ist auch im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Schuldner selbst vorgetragen hat, dass es Mietinteressenten „aus seinem Umfeld“ gegeben habe, denen der Zwangsverwaltung jedoch nicht geantwortet habe. Aus alledem ergibt sich, dass die Gläubigerin jedenfalls gegenwärtig sehr wohl ein Rechtsschutzinteresse an der Fortdauer der Zwangsverwaltung hat.

b.) Der Schuldner kann sich ferner nicht darauf berufen, dass die Gläubigerin – was der Schuldner zugleich auch mit einer bereits beim Landgericht Verden anhängigen Vollstreckungsgegenklage geltend macht – inzwischen ganz oder zumindest ganz überwiegend befriedigt sei. Zwar ist das Zwangsverwaltungsverfahren nach § 161 Abs. 2 ZVG aufzuheben, „wenn der Gläubiger befriedigt ist.“ Hiermit ist jedoch nur die Befriedigung innerhalb des Zwangsverwaltungsverfahrens gemeint. Im Falle einer außergerichtlichen Befriedigung darf das Zwangsverwaltungsverfahren hingegen nicht aufgehoben werden (vgl. Drasdo, aaO., § 161 Rdnrn. 9 u. 23). Hier gilt der allgemeine zwangsvollstreckungsrechtliche Grundsatz, dass das Vollstreckungsorgan materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Vollstreckungsforderung grundsätzlich nicht berücksichtigen darf. Der Vollstreckungsschuldner ist insoweit auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen.

2. Aus denselben Gründen wie unter vorstehend Ziff. 1. a.) ist die Aufhebung der Zwangsverwaltung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit (§ 765a ZPO) geboten. Es kann daher offenbleiben, ob der Aufhebungsantrag des Schuldners vom 10. Juni 2019 als ein entsprechender Vollstreckungsschutzantrag ausgelegt werden könnte.

3. Durch den vorliegenden Beschluss der Kammer ist der Beschluss des Amtsgerichts Verden (Aller) – Vollstreckungsgericht – vom 28. August 2019, durch den „die Wirksamkeit der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens“ (d.h. bis zur abschließenden Entscheidung der Kammer über die sofortige Beschwerde der Gläubigerin) außer Vollzug gesetzt wurde, prozessual überholt und mithin gegenstandslos.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

3. Ein Beschwerdewert (nach dem GKG) war nicht festzusetzen, weil in dem Fall, dass einer Beschwerde nach § 793 ZPO stattgegeben wird, keine Gebühr (insbesondere auch keine Wertgebühr nach Nr. 2121 KV-GKG) anfällt. Eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG wurde bislang nicht beantragt.