Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.03.2006, Az.: 2 LC 906/04
Anspruch eines Gerichtsvollziehers auf Übernahme von Schäden am eigenen PKW während der Dienstzeit; Ersatz eines Vermögensschadens (merkantiler Minderwert) durch den Dienstherrn; Selbstständige Entscheidung des Gerichtsvollziehers über den ersatzweisen Einsatz seines Privatfahrzeugs; Zusammenhang zwischen einem Anspruch auf Wegstreckenentschädigung und dem Schadensersatzanspruch; Art der Auslegung von ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften; Pflicht des Dienstherrn zur Übernahme des Selbstbehalts; Anspruchausschließende Gründe
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.03.2006
- Aktenzeichen
- 2 LC 906/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 14801
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2006:0322.2LC906.04.0A
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DGVZ 2007, 151-158
- JurBüro 2006, 496-497 (Volltext mit amtl. LS)
- JurBüro 2006, 497
Amtlicher Leitsatz
Zu der Frage, ob einem Gerichtsvollzieher, dem Wegegelder nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz überlassen werden, für die Beschädigung eines ohne Anerkennung des Dienstherrn ersatzweise eingesetzten privateigenen Kraftfahrzeuges Ersatz für Sachschäden und für einen Vermögensschaden (merkantiler Minderwert) geleistet werden muss.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein Gerichtsvollzieher, der während der Ausübung einer dienstlichen Tätigkeit einen Vermögensschaden am eigenen Pkw erleidet, kann Ersatz dieses Schadens auf der Grundlage des § 96 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) verlangen. Eine zum § 96 NBG erlassene ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, wonach der Erstattungsanspruch nur gilt, wenn die Veranlassung der Dienstfahrt vorab aktenkundig gemacht wird, gilt nicht, wenn der Gerichtsvollzieher Wegegeld erhält.
- 2.
Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften sind nicht wie allgemeinverbindliche Rechtsnormen auszulegen. Maßgeblich sind vielmehr der Wortlaut der Verwaltungsvorschrift und die tatsächlich bestehende Verwaltungsübung.
- 3.
Der Dienstherr ist aus Fürsorgegründen zur Übernahme des Selbstbehalts verpflichtet, wenn der Gerichtsvollzieher sein Privatfahrzeug für dienstliche Zwecke einsetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten nach § 96 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) die Übernahme von Schäden, die ihm während des Dienstes bei dem Einsatz eines von ihm gehaltenen und in seinem Eigentum stehenden Personenkraftwagens entstanden sind.
Der Kläger, der im Dienst des Landes Niedersachsen steht und der im Bezirk des beklagten Oberlandesgerichts Celle, und zwar für den Bezirk des Amtsgerichts B., als Obergerichtsvollzieher tätig ist, hatte neben weiteren Diensthandlungen am 28. Januar 2002 gegen 12 Uhr in den Räumen der Firma C. GmbH in D. (Landkreis Nienburg/Weser), E., eine Vollstreckungshandlung vorzunehmen, und zwar sollte von ihm bei einem Schuldner eine eidesstattliche Versicherung abgenommen werden. Um zu der Firma C. GmbH zu gelangen, hatte der Kläger nicht den von ihm gehaltenen Personenkraftwagen der Marke VW, Typ Polo, mit dem amtlichen Kennzeichen NI-F. benutzt, dessen Einsatz für Dienstfahrten von dem Beklagten anerkannt war. Denn der VW-Polo hatte sich am Morgen des 28. Januar 2002 wegen eines technischen Defekts als nicht einsatzbereit erwiesen. Stattdessen hatte der Kläger den von ihm auch gehaltenen Personenkraftwagen der Marke Daimler-Benz, Baureihe 210 LIM E 210 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen NI-G. für die Fahrt nach D. benutzt. Dieses Fahrzeug war im November 1999 erstmals zugelassen worden und wies Anfang Februar 2002 einen Kilometerstand von rd. 85.600 km auf. Die Mercedes-Limousine ist von dem Kläger später, und zwar Mitte Februar 2004, bei einem Kilometerstand von ca. 121.500 km zum einem Preis von 17.500,-- EUR verkauft, d. h. bei dem Erwerb eines Gebrauchtwagens in Zahlung gegeben worden.
Als sich der Kläger zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung in den Büroräumen der Firma C. GmbH befand, erhob sich plötzlich ein Sturm, in dessen Verlauf ein Doppelgaragentor, das rd. 10 Meter entfernt von dem Abstellplatz der Mercedes-Limousine an eine Wand angelehnt war, durch eine Windböe durch die Luft gewirbelt und auf den Mercedes-Pkw geschleudert wurde. Hierdurch wurde das Fahrzeug des Klägers nicht unerheblich beschädigt; nach der Rechnung des Autohauses H. aus I. vom 26. Februar 2002 wurde dem Kläger für Instandsetzung- und Lackierarbeiten insgesamt ein Betrag i. H. v. 4.455,78 EUR in Rechnung gestellt. Die (Teil-Kasko-)Versicherung des Klägers beglich die Reparaturkosten bis auf einen Betrag von 330,94 EUR; denn sie zog von ihren Versicherungsleistungen eine vereinbarte Selbstbeteilung des Klägers i. H. v. 153,-- EUR sowie bei den Lackierarbeiten einen Rechnungsposten 'neu für alt' i. H. v. 177,94 EUR ab. Aufgrund dieser Schadensabrechung und unter Berücksichtigung eines Gutachtens der DEKRA J., Außenstelle B., vom 4. Februar 2002, in der für das Unfallfahrzeug u. a. im "Falle einer haftpflichtmäßigen Schadensabwicklung" eine merkantile Wertminderung i. H. v. 600,-- EUR festgestellt worden war, beantragte der Kläger, der den Unfall unter dem 8. Februar 2002 angezeigt hatte, bei dem Beklagen, ihm einen Schaden i. H. v. insgesamt 930,94 EUR zu ersetzen. Dies lehnte der Beklagte zunächst mit formlosem Schreiben vom 2. Juli 2002 ab und, als der Kläger auf einer Bescheidung bestand, mit Bescheid vom 9. September 2002. Die Ablehnung wurde u. a. damit begründet, dass nach den Verwaltungsvorschriften, die zur Ausfüllung des bei § 96 NBG von dem Dienstherrn auszuübenden Ermessens erlassen worden seien, und zwar nach der Tz. 8.2 dieser Vorschriften, die Gewährung von Sachschadensersatz ausgeschlossen sei, wenn die betreffenden Beamten Reisekostenvergütung nicht nach dem Bundesreisekostengesetz erhielten, ihnen vielmehr wie den Gerichtsvollziehern Wegegelder überlassen würden und ihnen deshalb nach den Umständen des Einzelfalls zugemutet werden könnte, den Schaden selbst zu tragen. Das Land Niedersachsen sei im Rahmen der Fürsorgepflicht nicht gehalten, den Beamten von allen Risiken des täglichen Lebens freizustellen und generell jeden Schaden eines Beamten zu übernehmen. Dies gelte umso mehr, wenn der Dienstherr im Zusammenhang mit der Benutzung privater Kraftfahrzeuge aus dienstlichen Gründen das Schadensrisiko durch sonstige Leistungen abgelte. Im Hinblick auf die Schadenshöhe und die dem Kläger zur Verfügung stehenden Einkünfte ergäben sich keine Anhaltspunkte, die den Dienstherrn verpflichten könnten, die dem Kläger entstandenen Schäden zu ersetzen. Ein Widerspruch blieb erfolglos. In seinem Widerspruchbescheid vom 5. November 2002, führte der Beklagte ergänzend aus, ein Ersatz der Schäden müsse auch deshalb ausscheiden, weil der Kläger selbst eingeräumt habe, dass die Wegegelder nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz auch die dienstlich entstehenden Kosten für das Halten eines Kraftwagens deckten; aus diesen Kosten könnten auch die Versicherungsbeiträge bestritten werden.
Der Kläger hat gegen den ihm am 13. November 2002 zugestellten Widerspruchsbescheid am 11. Dezember 2002 Klage erhoben, mit der er zunächst sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt hat. Da sich im Laufe des Klageverfahrens seine Versicherung bereit erklärt hat, bei den Erstattungsleistungen auf einen Abzug 'neu für alt' zu verzichten, hat er hinsichtlich eines Teilbetrages i. H. v. 177,94 EUR die Klage zurückgenommen, weiterhin aber die Erstattung eines merkantilen Minderwerts i. H. v. 600,-- EUR und die Übernahme der Selbstbeteilung i. H. v. 153,-- EUR verlangt. Zur Begründung dieses Klagebegehrens hat der Kläger geltend gemacht:
Der Beklagte habe ermessensfehlerhaft die Übernahme der geltend gemachten Schadenspositionen abgelehnt. Auch wenn die zu § 96 NBG erlassenen Verwaltungsvorschriften (VwV) in Tz. 8.2 VwV für Gerichtsvollzieher grundsätzlich einen Ersatz von während des Dienstes erlittenen Schäden an einem Kraftfahrzeug ausschlössen, sei die Berufung des Beklagten hierauf rechtswidrig und ermessensfehlerhaft, weil die Ermessensrichtlinien den Beklagten als Verwaltungsbehörde nicht von der Verpflichtung freistellten, eigenverantwortlich unter sachlicher Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte des konkreten Falles eine Ermessensentscheidung zu treffen. Hätte sich der Beklagte hieran gehalten, hätte er aber erkennen müssen, dass die Regelung der Tz. 8.2 VwV, die aus dem Jahre 1992 stamme, nicht mehr mit der Wirklichkeit, und zwar mit dem mittlerweile geänderten Gerichtsvollzieherkostengesetz übereinstimme. Bei Erlass der Verwaltungsvorschriften im Jahre 1992 sei man von dem damals geltenden Recht und davon ausgegangen, dass die Gerichtsvollzieher eine deutlich höhere Wegegeldentschädigung erhielten als die übrigen Landesbeamten; man habe somit angenommen, dass den Gerichtsvollziehern aus diesem Grund zugemutet werden könne, die Kosten für die Reparatur von Sachschäden an dienstlich genutzten eigenen Kraftfahrzeugen zu tragen. Diese Annahme treffe jetzt nicht mehr zu. Die Wegstreckenentschädigung für Gerichtsvollzieher sei durch die Novellierung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes im April 2001 grundlegend geändert worden. Vergleichsberechnungen zeigten, dass die Gerichtsvollzieher nach der jetzigen Rechtslage nur noch ebenso viel und teilweise sogar weniger Wegegeld beanspruchen könnten als die Beamten, die ihre Dienstreisen nach dem Bundesreisekostengesetz abzurechnen hätten. Daher könne nicht darauf abgestellt werden, dass die Wegegelder für Gerichtsvollzieher im Verhältnis zu den Beteiligten eines Vollstreckungsverfahrens den gesamten Wegeaufwand des Gerichtsvollziehers abdeckten; denn dies lasse sich nicht auf das Verhältnis des Gerichtsvollzieher zu seinem Dienstherrn übertragen. Wenn bei Erlass des Ausschlusstatbestandes der Tz. 8.2 VwV von anderen Voraussetzungen ausgegangen worden sei, müsse die Regelung der Tz. 8.2 VwV unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmung (§ 96 NBG) und der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht in dem Sinne korrigierend ausgelegt werden, dass der Ausschluss von Erstattungsleistungen bei Gerichtsvollziehern nicht mehr gelten könne. Vielmehr müsse berücksichtigt werden, dass er - der Kläger - entsprechend seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht das von dem Dienstherrn zu tragende Schadensrisiko bei Einsatz eines ihm gehörenden Privatwagens zu dienstlichen Zwecken durch den Abschluss einer Kaskoversicherung gemindert habe. Dann dürfe es aber nicht zu seinen - des Klägers - Lasten gehen, wenn die Versicherung einen Teil des Schadens - hier die Reduzierung der Schadenserstattung aufgrund eines Selbstbehalts - nicht übernehme. Vielmehr müsse dieser Betrag von dem Dienstherrn übernommen werden, weil die Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers im Außendienst ohne die Benutzung eines Kraftfahrzeuges bzw. die Bereitstellung eines Dienstfahrzeuges undenkbar sei. Überhaupt müsse der Dienstherr ihn von dem unabwendbaren Risiko eines Schadens bei der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges entlasten. Dann sei es aber nur billig, wenn der Dienstherr einen ihm - dem Kläger - verbleibenden Schaden - hier den merkantilen Minderwert und der Selbstbehalt - übernehme. Aus diesen Gründen sei auch eine sog. Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Übernahme der geltend gemachten Schäden anzunehmen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 9. September 2002 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. November 2002 zu verpflichten, dem Kläger Unfallkosten als Sachschadensersatz in Höhe von 753,-- EUR zu erstatten;
hilfsweise,
die Berufung zuzulassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erwidert:
Da einem Gerichtsvollzieher bei Aufträgen, die er innerhalb des ihm zugewiesenen Bezirks durchführe, keine Wegstreckeentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz gewährt, sondern ein Wegegeld für zurückgelegte Wegstrecken überlassen werde, das eine Auslagenpauschale darstelle, mit der der gesamte Wegeaufwand - auch für Aufwendungen für ein eigenes Kraftfahrzeug - abgegolten werde, sei in den Verwaltungsvorschriften, und zwar in deren Tz. 8.2 entsprechend differenziert worden. Erhalte ein Gerichtsvollzieher wie hier der Kläger bei seinem Auftrag in D. eine Wegstreckenentschädigung, so sei nach der Tz. 8.2 VwV im Regelfall eine Sachschadenserstattung ausgeschlossen, es sei denn, es könne dem Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls nicht zugemutet werden, den Schaden selbst zu tragen. Auch die Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts habe der Richtliniengeber nicht zum Anlass genommen, die Regelung der Tz. 8.2 VwV zu ändern oder anzupassen. Bei der Prüfung der Frage, ob im Falle des Klägers der Sachschaden ausnahmsweise von dem Dienstherrn ganz oder zumindest teilweise übernommen werden sollte, habe er - der Beklagte - sich an der Schadenshöhe, den dem Kläger nach dem Bundesbesoldungsgesetz zustehenden Dienstbezügen sowie daran orientiert, dass Versicherungsleistungen an den Kläger gewährt worden seien; danach habe er - der Beklagte - eine finanzielle Zuwendung an den Kläger nicht als geboten angesehen. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass nur für den VW-Polo eine Anerkennung nach § 6 Abs. 2 des Bundesreisekostengesetzes ausgesprochen worden sei, nicht aber für das Unfallfahrzeug (Mercedes-Benz); der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt gebeten, die genannte Anerkennung auf das unfallgeschädigte Fahrzeug zu übertragen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 10. Februar 2004 das Verfahren eingestellt, soweit der Kläger seine Klage hinsichtlich eines Teilbetrages i. H. v. 177,94 EUR zurückgenommen hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, die Berufung aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache des Klägers zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Ersatz der von ihm geltend gemachten Sachschäden noch auf eine Neubescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Da der Kläger bei dem schadensstiftenden Ereignis am 28. Januar 2002 einen Körperschaden nicht erlitten habe, könne ihm allenfalls nach § 96 NBG Schadensersatz für die von ihm geltend gemachten Schäden gewährt werden. Der Kläger habe am 28. Januar 2002 in D. eine eidesstattliche Versicherung bei einem Schuldner abnehmen sollen, es könne daher keinen Zweifeln unterliegen, dass das von ihm mitgeführte Kraftfahrzeug bei Ausübung seines Dienstes i. S. des § 96 NBG beschädigt worden sei. Denn die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung gehöre typischerweise zu den Tätigkeiten, die ein Gerichtsvollzieher zu verrichten habe (vgl. die §§ 807 Abs. 2, 899 ZPO), auch gehöre der Gerichtsvollzieher zu den Beamten, die bei der Gestaltung ihrer dienstlichen Verrichtungen frei seien, ihren Geschäftsbetrieb nämlich nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen selbst regelten, mithin sich "selbst in den Dienst versetzen" könnten. Ob das von dem Kläger zum Erreichen des Ortes der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung benutzte Kraftfahrzeug zu den sonstigen Gegenständen i. S. des § 96 Abs. 1 NBG gerechnet werden könne, könne nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände bejaht werden. Als besondere Umstände kämen die in den Tz. 5 - 7 der Verwaltungsvorschrift zu § 96 NBG genannten Voraussetzungen in Betracht. Da dem Kläger am Unfalltag der anerkannte privateigene VW-Polo nicht zur Verfügung gestanden habe, habe die Benutzung eines anderen privaten Fahrzeuges nach den Richtlinien entweder auf der Einflussnahme des Dienstherrn oder auf dessen ausdrücklichen Verlangen beruhen müssen. Wegen des besonderen Status des Klägers als Gerichtsvollzieher und angesichts des Umstandes, dass die Ausübung der diesem Amt obliegenden Pflichten ohne die Benutzung eines Kraftfahrzeuges nicht zumutbar erscheine, gehe das Gericht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass triftige Gründe für die Benutzung eines Kraftfahrzeuges am Unfalltag vorgelegen hätten, so dass der Einsatz des privaten Kraftfahrzeuges aufgrund der fehlenden Einsatzbereitschaft des anerkannten Kraftfahrzeuges auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Gerichtsvollzieherverordnung durch den Dienstherrn mitveranlasst gewesen sei. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen führe aber noch nicht zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Die Verwaltungsvorschriften sähen nämlich in Tz. 6.1 Lit. b VwV auch für den Fall des Einsatzes des privaten Kraftfahrzeuges für Dienstfahrten auf Veranlassung des Dienstherrn vor, dass eine solche Veranlassung vor Antritt der Dienstreise auszusprechen und aktenkundig festzuhalten sei. Im Falle des Klägers fehle ein derartiger Ausspruch und ein entsprechendes aktenkundiges Festhalten dergestalt, dass - quasi hilfsweise - der Kläger bei Ausfall des als privateigen anerkannten Kraftfahrzeuges auch ein weiteres Fahrzeug für Dienstreisen habe benutzen und damit in den Risikobereich des Dienstherrn habe einbringen können. Somit sei nach den für den Beklagten ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften (Tz. 6.1 Lit. b VwV) eine Erstattung der Sachschäden ausgeschlossen. Der Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, hier einen besonders begründeten Einzelfall anzunehmen und den Vorgang nach Tz. 8.1 VwV der zuständigen obersten Dienstbehörde vorzulegen, mit der Folge, dass dann ggf. von der Regelung der Tz. 6.1 Lit b VwV habe abgewichen werden können. Es wäre Sache des Klägers gewesen, für den hier eingetretenen Fall der Benutzung eines Ersatzfahrzeuges Vorsorge zu treffen und sich vorsorglich vorab den Einsatz eines weiteren privaten Kraftfahrzeuges für Dienstfahrten aktenkundig genehmigen zu lassen.
Die von dem Beklagten in Anwendung der Verwaltungsvorschriften für den Einzelfall des Klägers getroffene Ermessensentscheidung halte auch einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die mit der Entscheidung des Beklagten erfolgte Zuweisung des Schadensrisikos an den Kläger trage dem Gedanken Rechnung, dass schon zur Vermeidung einer nicht vertretbaren Belastung der Allgemeinheit der Dienstherr nicht unbegrenzt für Schäden an solchen Werten einstehen könne, die der Beamte in den Risikobereich des Dienstes einbringe, ohne dass der Dienstherr hiervon Kenntnis erlangt habe und hierauf habe Einfluss nehmen können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Verwendung eines Kraftfahrzeugs für die Dienstausübung eines Gerichtsvollziehers unverzichtbar sei. Die Beschränkung des Sachschadensersatzes so, wie sie hier vorgenommen worden sei, folge daraus, dass dem Dienstherrn das Risiko einer Beschädigung oder des Verlustes privater Habe des Beamten zwingend nur insoweit aufgebürdet werden könne, als der Dienstherr dazu Veranlassung gebe, die Habe des Beamten für dienstliche Zwecke zu verwenden. Ein Anspruch auf Erstattung des Schadens könne schließlich auch nicht mit Erfolg auf die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 87 NBG) gestützt werden, weil der Ersatz von Sachschäden als Konkretisierung der Fürsorgepflicht in den §§ 31, 32 BeamtVG und § 96 NBG bereits abschließend geregelt sei und im Fall des Klägers ein Ausnahmefall, der ausnahmsweise eine Schadensübernahme durch den Dienstherrn gebiete, nicht erkennbar sei.
Der Kläger hat fristgerecht die von dem Verwaltungsgericht gegen sein Urteil zugelassene Berufung eingelegt, die er wie folgt begründet:
In dem angefochtenen Urteil sei übersehen worden, dass die von dem Gericht für die Abweisung der Klage herangezogene Bestimmung der Tz. 6.1 VwV auf Gerichtsvollzieher von vorneherein nicht anwendbar sei. Der Gerichtsvollzieher sei ein selbständiges Organ staatlicher Vollzugsgewalt. Die für Gerichtsvollzieher geltenden Rechtsvorschriften räumten diesem eine gewisse Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit ein; denn er könne seinen Geschäftsbetrieb nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen regeln, soweit hierüber nicht besondere Vorschriften bestünden. Der Gerichtsvollzieher bestimme auch grundsätzlich den Zeitpunkt und die Reihenfolge der Erledigung seiner Vollstreckungsaufträge. Das für Gerichtsvollzieher geltende Vergütungs- und Entschädigungssystem verpflichte den Gerichtsvollzieher u. a., auf eigene Kosten ein privates Kraftfahrzeug für dienstliche Zwecke zu benutzen. Hieraus, d. h. aus der besonderen Stellung des Gerichtsvollziehers im Außendienst, folge, dass die Tz. 6.1 VwV und dort insbesondere das Erfordernis der förmlichen Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Nutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für eine Dienstreise gegeben seien, auf einen Gerichtsvollzieher nicht anwendbar sei. Im Übrigen lägen bei ihm offensichtlich überwiegende dienstliche Interessen an der Benutzung des privaten Fahrzeuges vor. Denn er habe für seine Tätigkeit im Außendienst täglich bis zu 200 km und im Jahresdurchschnitt weit mehr als 15.000 km zurückzulegen, sei mithin auf die Benutzung eines privateigenen Kraftfahrzeuges angewiesen; dies gelte auch deshalb, weil ihm der Dienstherr wie übrigens fast allen anderen Gerichtsvollziehern einen Dienstwagen nicht zur Verfügung stelle. Auch in dem angefochtenen Urteil werde - insoweit zu Recht - davon ausgegangen, dass ihm die Ausübung seines Amtes ohne die Benutzung eines Kraftfahrzeuges nicht zumutbar sei und dass die Benutzung seines Mercedes-Benz am Vorfallstag auf der Einflussnahme des Dienstherrn beruht habe. Dann sei es aber nur konsequent, wenn der Dienstherr auch das volle Risiko für die Schadensentstehung grundsätzlich übernehme und wenn der in der Tz. 6. 1 VwV vorgesehenen Formalie einer förmlichen (aktenkundigen) Gestattung der Benutzung des eingesetzten Fahrzeugs lediglich eine deklaratorische, nicht aber wie das Verwaltungsgericht zu Unrecht meine, eine konstitutive Wirkung beigemessen werde.
Aber selbst wenn man die Bestimmung der Tz. 6.1 VwV auch auf Gerichtsvollzieher anwende, müsse hier unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht von einer streng formellen Anwendung dieser Vorschrift abgesehen werden. Es müsse nämlich berücksichtigt werden, dass eines seiner Fahrzeuge, der VW-Polo, förmlich anerkannt gewesen sei. Ein überwiegendes dienstliches Interesse habe auch an der ausnahmsweisen Benutzung des Ersatzfahrzeugs (Mercedes-Benz) bestanden. Die Benutzung des VW-Polo am Vorfallstag habe ausscheiden müssen, weil bei diesem kurzfristig ein Batteriedefekt aufgetreten sei; die Batterie habe später ausgebaut und durch eine neue Batterie ersetzt werden müssen. Er - der Kläger - sei nicht verpflichtet gewesen, für den Ausfall des anerkannten Fahrzeugs (VW-Polo) ein - vorab anerkanntes - Ersatzfahrzeug bereit zu halten. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er die für den 28. Januar 2002 angesetzten rd. 35 Termin in der Samtgemeinde D. nicht abgesetzt, sondern auf ein Ersatzfahrzeug zurückgegriffen habe. Hierdurch habe er überobligatorisch seine dienstlichen Pflichten erfüllt, auch sei es in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich gewesen, für die Benutzung des Ersatzfahrzeugs eine förmliche schriftliche Anerkennung des Dienstherrn einzuholen, also ein aktenkundiges Festhalten der Einflussnahme des Dienstherrn auf die Benutzung des Ersatzfahrzeugs.
Könne damit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sein Anspruch auf Erstattung seiner Schäden i. H. v. 753,-- EUR nicht an einer Formalie (Anerkennung des benutzten Ersatzfahrzeugs für Dienstfahrten) scheitern, so sei sein Erstattungsanspruch auch nicht nach der von dem Beklagten herangezogenen Bestimmung der 8.2 VwV ausgeschlossen. Der Beklagte sei nämlich bei Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nicht gerecht geworden, so dass sich die in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Ablehnung einer Erstattung als ermessensfehlerhaft und damit als rechtswidrig erweise. Zumindest nach der Neufassung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes im April 2001 und der damit einhergehenden Änderung der den Gerichtsvollziehern zustehenden Wegegeldpauschalen könne die Bestimmung der Tz. 8.2 VwV, die nach ihrem Wortlaut mehrdeutig und damit auslegungsbedürftig sei, auf einen Gerichtsvollzieher nicht mehr Anwendung finden. Da im Gegensatz zum früheren Recht der Gerichtsvollzieher für jeden Auftrag nunmehr nur noch eine einzige Wegegeldpauschale erhalte, die Mehrheit von Amtshandlungen pro Auftrag nur indirekt, und zwar durch eine gestaffelte Höhe der einmaligen Pauschale nach dem am weitesten entfernt liegenden Ziel Berücksichtigung finde, erhalte der Gerichtsvollzieher nach neuem Recht erheblich weniger Wegegeld als die übrigen Beamten. Habe sich demnach bei der den Gerichtsvollziehern zustehenden Wegstreckenentschädigung die Rechtslage wesentlich geändert, so müsse die Bestimmung der Tz. 8.2 VwV mittels ergänzender Auslegung an die geänderte Rechtslage dadurch angepasst werden, dass dem Gerichtsvollzieher nicht mehr zugemutet werden könne, Schäden, die an einem dienstlich verwendeten Privatwagen entstanden seien, selbst zu tragen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und eine Verletzung der Fürsorgepflicht vor. Im Übrigen wäre die Ausschlussvorschrift der Tz. 8.2 der VwV, würde sie denn auch auf einen Gerichtsvollzieher Anwendung finden, mit § 96 Abs. 1 NBG nicht vereinbar. Denn das Gesetz habe in § 96 NBG nicht die Möglichkeit ausschließen wollen, dass jedem Beamten - und damit auch einem Gerichtsvollzieher - nach einer Einzelfallprüfung Sachschäden erstattet werden könnten.
Er - der Kläger - könne auch die Erstattung der geltend gemachten Schäden verlangen, weil in seinem Fall das dem Beklagten grundsätzlich zustehende Ermessen auf Null reduziert sei. Aus den Verwaltungsvorschriften, namentlich der Bestimmung der Tz. 6.5 VwV ergebe sich für den Beklagten die Verpflichtung, dem Beamten den Betrag der Selbstbeteiligung zu ersetzen. Eine Ermessensreduzierung sei auch im Hinblick auf den Ersatz des merkantilen Minderwerts anzunehmen. Hierbei müsse nämlich berücksichtigt werden, dass dem Beamten das Schadensrisiko umso weniger zugeordnet werden dürfe, je enger der Bezug zu der dienstlichen Tätigkeit sei. Da eine Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers im Außendienst ohne ein Kraftfahrzeug undenkbar sei, bestehe in seinem Fall ein so enger Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit, dass auch der merkantile Minderwert ersetzt werden müsse. Sollte allerdings wider Erwarten eine einen direkten Anspruch vermittelnde Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegen, so müsse der Beklagte zumindest zu einer Neubescheidung verpflichtet werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 10. Februar 2004 teilweise zu ändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 9. September 2002 und seines Widerspruchsbescheides vom 5. November 2002 zu verpflichten, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 753,-- EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erwidert:
Aufgrund der Ausnahmeregelung der Tz. 8.2 VwV müsse hier eine Erstattung der geltend gemachten Schäden ausscheiden. Denn die Bestimmung der Tz. 8.2 VwV für den Ersatz eines Sachschadens bei der Benutzung eines Kraftfahrzeuges beziehe sich auf solche Beamte, die wie der Kläger als Gerichtsvollzieher keine Reisekostenvergütung nach dem Bundesreisekostengesetz erhielten, sondern denen nach anderen Gesetzen wie dem Gesetz über die Kosten der Gerichtsvollzieher Reisekosten und Wegegelder überlassen würden und denen es deshalb nach den Umständen des Einzelfalls zugemutet werden könne, einen entstandenen Schaden selbst zu tragen. Für die Erstattung von Kfz-Schäden bei Gerichtsvollziehern komme es im Ergebnis auch nicht darauf an, ob es sich bei dem beschädigten Kraftfahrzeug um ein nach § 6 Abs. 2 Bundesreisekostengesetz anerkanntes Fahrzeug oder um ein 'nicht anerkanntes Ersatzfahrzeug' handele. Entscheidend sei vielmehr allein, ob sich die Entschädigung für Reisekosten bei einem Gerichtsvollzieher - wie regelmäßig - nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz richte und ihm daher die Schadensübernahme zugemutet werden könne oder ob sich die Entschädigung für eine Amtshandlung außerhalb des dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Bezirks - ausnahmsweise - nach dem Bundesreisekostengesetz richte. Für den Fall des Klägers bedeute dies, dass diesem selbst dann ein Ersatz des Sachschadens nicht hätte zugestanden werden können, wenn ihm die Benutzung des 'Ersatzfahrzeuges' vor Fahrtantritt genehmigt worden wäre und die Zumutbarkeitsprüfung zu dem gleichen Ergebnis geführt hätte. Denn unabhängig davon, welches Fahrzeug der Kläger kurzfristig zur Durchführung einer Vollstreckungshandlung innerhalb des ihm zugewiesenen Bezirks benutze, erfolge die Überlassung der Wegegelder regelmäßig nach Maßgabe des Gerichtsvollzieherkostengesetzes. Im Übrigen sei eine Ersatzleistung bei der ungenehmigten Benutzung eines 'Ersatzfahrzeuges' auf jeden Fall ausgeschlossen, wie dies in dem angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt worden sei.
Zur weiteren Sachdarstellung und zur Darstellung des Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A) Bezug genommen; diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise, und zwar nach Maßgabe des Urteilstenors begründet. Denn der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger Sachschadensersatz nach § 96 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) zu leisten und ihn hinsichtlich des auch geltend gemachten merkantilen Minderwerts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Das angefochtene Urteil vom 10. Februar 2004 ist daher teilweise, und zwar soweit in ihm das Verfahren nicht aufgrund der von dem Kläger erklärten Teilklagerücknahme eingestellt worden ist, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 9. September und 5. November 2002 zu ändern und die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von 153,-- EUR sowie zur Neubescheidung auszusprechen; im Übrigen ist die Berufung des Klägers aber zurückzuweisen.
1.
Dem Kläger steht nach § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte ihm als Sachschadensersatz den Betrag (153,-- EUR) gewährt, den die Versicherung des Klägers diesem bei der Regulierung der am 28. Januar 2002 an dem Mercedes-Pkw entstandenen Schäden aufgrund des in den Versicherungsbedingungen vereinbarten Selbstbehalts nicht erstattet hat.
1.1
Entgegen der in dem angefochtenen Urteil vom 10. Februar 2004 vertretenen Ansicht scheitert der Anspruch des Klägers auf Sachschadensersatz nicht etwa daran, dass in den zu § 96 NBG erlassenen ermessenslenkenden und die Anspruchsvoraussetzungen für eine Ersatzleistung nach § 96 NBG näher konkretisierenden Verwaltungsvorschriften (vgl. OVG NRW, Urt. v. 5.9.1972 - VI A 388/70 -, ZBR 1973, 181(182)) vom 25. November 1992 (Verwaltungsvorschriften zum Niedersächsischen Beamtengesetz, Gem. RdErl. d. MI, d. StK u. d. übr. Min. v. 15.11.1992, Nds.MBl. 1993, 93(111) - VwV -), und zwar in Tz. 6.1 Lit. b VwV, bestimmt ist, dass Sachschäden, die während einer auf Veranlassung des Dienstherrn angetretenen Dienstfahrt entstanden sind, nur dann erstattet werden können, wenn die Veranlassung vor Antritt der Dienstfahrt ausgesprochen und aktenkundig festgehalten worden war. Die Bestimmung der Tz. 6.1 Lit. b VwV kann nämlich, was das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, auf den Ersatzanspruch des Klägers deshalb keine Anwendung finden, weil sich die Regelung der Tz. 6.1 VwV insgesamt auf Beamte bezieht, die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz erhalten. Ein Anspruch auf Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz stand dem Kläger aber für die Dienstfahrt vom 28. Januar 2002, bei der sein privates Kraftfahrzeug beschädigt wurde, nicht zu. Denn das Dienstgeschäft, die abzunehmende eidesstattliche Versicherung, war im D. und damit in dem dem Kläger zugewiesenen Bezirk des Amtsgerichts B. zu erledigen, so dass dem Kläger für dieses Dienstgeschäft nach der Nummer 711 des Kostenverzeichnisses zum Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher (v. 19.4.2001, BGBl. I S. 623 - KVGvKostG - ) ein Wegegeld, nicht aber gem. der Nummer 712 KVGvKostG i. V. m. dem Bundesreisekostengesetz Wegstreckenentschädigung zustand. Für Beamte, denen wie den Gerichtsvollziehern, die innerhalb des ihnen zugewiesenen Amtsgerichtsbezirks tätig geworden sind, Wegegelder nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz überlassen werden, trifft die Ausnahmeregelung der Tz. 8.2 VwV für den Ersatz von Sachschäden eine Sonderregelung, so dass ihnen die einen Anspruch einschränkende Bestimmung der Tz. 6.1 Lit. b VwV nicht entgegengehalten werden kann.
1.2
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, eine Auslegung der Bestimmung der Tz. 8.2 VwV müsse ergeben, dass diese Regelung nach der Neuordnung der den Gerichtsvollziehern zustehenden Wegegelder durch die Novellierung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes im Jahre 2001 auf Gerichtsvollzieher generell keine Anwendung mehr finden könne, kann dem auch nicht gefolgt werden. Der Kläger berücksichtigt bei dieser Argumentation nicht hinreichend, dass ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, wie sie hier in Gestalt der Verwaltungsvorschriften zu § 96 NBG erlassen worden sind, gerade nicht wie allgemeinverbindliche Rechtsnormen auszulegen sind. Maßgeblich für die Anwendung ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften und deren Würdigung durch die Verwaltungsgerichte ist vielmehr wie bei einer Willenserklärung der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung der Verwaltungsvorschrift sowie die zu der Verwaltungsvorschrift tatsächlich bestehende Verwaltungsübung (BVerwG, Urt. v. 26.4.1979 - BVerwG 3 C 111.79 -, BVerwGE 58, 45(51f.) [BVerwG 26.04.1979 - 3 C 111/79]; Urt. v. 2.2.1995 - BVerwG 2 C 1.94 -, NVwZ-RR 1996, 47(48) [BVerwG 02.02.1995 - 2 C 19/94]; Urt. v. 17.1.1996 - BVerwG 11 C 5.95 -, NJW 1996, 1766(1767) [BVerwG 17.01.1996 - 11 C 5/95]; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, RdNr. 195 zu § 1). Dies schließt es aber entgegen der Ansicht des Klägers aus, dass in einem Verwaltungsprozess die Motive des Richtliniengebers erforscht werden und dass ggf. im Wege einer interpretierenden Auslegung die Anwendung einer bestimmten Richtlinienbestimmung verneint wird. Kommt es nämlich in erster Linie auf den objektiven Erklärungswert der jeweiligen Richtlinienbestimmung an und vermag allenfalls zusätzlich eine von den Richtlinien abweichende, den Kläger begünstigende Verwaltungsübung diesem über den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch zu verleihen, so ist es ausgeschlossen, dass ein Verwaltungsgericht im Wege einer 'gesetzeskonformen' Interpretation die jeweilige Richtlinienbestimmung (zu Gunsten des Klägers) ergänzend interpretiert. Denn dann würde das Verwaltungsgericht unter Missachtung des Gewaltenteilungsprinzips sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen (BVerwG, Urt. v. 26.11.1970 - BVerwG VIII C 104.68 -, BVerwGE 36, 323(327) [BVerwG 26.11.1970 - VIII C 104/68]).
Unter Beachtung dieser Grundsätze kommt die von dem Kläger geforderte korrigierende Auslegung der Tz. 8.2 VwV, wonach eine Anwendung auf Gerichtsvollzieher nunmehr ausgeschlossen sein soll, nicht in Betracht. Der Wortlaut der Tz. 8.2 VwV ist eindeutig und entgegen der Ansicht des Klägers nicht interpretationsfähig. Vielmehr werden nach Tz. 8.2 VwV Beamte, denen wie dem Kläger als Gerichtsvollzieher bei Dienstreisen innerhalb des ihnen zugewiesenen Amtsgerichtsbezirks Wegegeld nach andern Gesetzen als dem Bundesreisekostengesetz überlassen werden, grundsätzlich ("in der Regel") von einer Erstattung der Sachschäden ausgenommen. Da die Gerichtsvollzieher in der Tz. 8.2 VwV sogar beispielhaft erwähnt werden, kann von einer Mehrdeutigkeit oder Auslegungsbedürftigkeit der Tz. 8.2 VwV keine Rede sein. Auch eine ggf. für den Senat als Verwaltungsgericht beachtliche, weil der Bestimmung des Tz. 8.2 VwV entgegenstehende Verwaltungsübung des Beklagten (s. o.), ist weder vorgetragen noch ist sie ersichtlich.
1.3
Scheidet damit eine Nichtanwendung der Ausnahmeregelung der Tz. 8.2 VwV auf Gerichtsvollzieher im Wege einer korrigierenden Auslegung auch aus, so könnte von einer Anwendung dieser Richtlinienbestimmung auf Gerichtsvollzieher allenfalls dann abgesehen werden, wenn die Richtlinienbestimmung mit der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nicht vereinbar wäre und eine auf die Richtlinienbestimmung gestützte Ermessensausübung nach § 96 NBG deshalb im Einzelfall als rechtswidrig angesehen werden müsste. Dies ist indessen nicht der Fall; denn unter diesem Gesíchtspunkt erweist sich die von dem Beklagten zur Nichtübernahme des Selbsthalts getroffene Ermessensentscheidung nicht als rechtswidrig. Für die Frage, ob die Regelung der Tz. 8.2 VwV mit der Fürsorgepflicht nicht zu vereinbaren ist, muss nämlich bedacht werden, dass die Richtlinienbestimmung entgegen dem Vorbringen des Klägers einen Erstattungsanspruch für Gerichtsvollzieher, die bei Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte innerhalb des ihnen zugewiesenen Amtsgerichtsbezirks einen Schaden erleiden, nicht etwa generell ausgeschlossen hat, was möglicherweise unter Fürsorgegesichtspunkten bedenklich sein könnte. Denn in Tz. 8.2 VwV wird ein Ausschluss eines Gerichtsvollziehers von Erstattungsleistungen des Dienstherrn für erlittene Sachschäden in zweierlei Hinsicht eingeschränkt. Zum einen werden nur für den Regelfall ("...scheidet in der Regel aus...") bei Gerichtsvollziehern Erstattungsansprüche verneint, so dass in Sonderfällen auch einem Gerichtsvollzieher ohne weiteres nach den Richtlinien Sachschadenersatz geleistet werden kann. Zum anderen wird generell auf die Prüfung des Einzelfalls abgestellt, weil ein Ausschluss - zusätzlich - nur dann in Betracht kommt, wenn dem Gerichtsvollzieher "nach den Umständen des Einzelfalls zugemutet werden kann, den Schaden selbst zu tragen" (Tz. 8.2 VwV a. E.). Wird aber durch die Tz. 8.2 VwV auch bei einem Gerichtsvollzieher ein Ersatz von Sachschäden, die bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen entstanden sind, nicht generell ausgeschlossen, sondern kann einem Gerichtsvollzieher insbesondere nach den Umständen des Einzelfalls durchaus Ersatz geleistet werden, so kann diese Bestimmung für sich genommen nicht als ermessens- und/oder fürsorgewidrig angesehen werden. Vielmehr lässt die Bestimmung der Tz. 8.2 VwV wegen der Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls hinreichenden Raum für eine sachgerechte, der allgemeinen Fürsorgepflicht entsprechende Ermessensentscheidung.
1.4
Die von dem Beklagten unter Berufung auf die Tz. 8.2 VwV in den angefochtenen Bescheiden vom 9. September und 5. November 2002 in dem Einzelfall des Klägers getroffene Ermessentscheidung, mit der der Beklagte u. a. die Übernahme des von dem Kläger getragenen Selbstbehalts (153,-- EUR) als Sachschadensersatz abgelehnt hat, erweist sich aber als gleichheitswidrig und damit als ermessensfehlerhaft, auch kann nur die Übernahme dieses Schadenspostens als die einzige, ermessensgerechte Entscheidung nach § 96 NBG angesehen werden, so dass der Kläger beanspruchen kann, dass der Dienstherr ihm diesen Betrag als Sachschadensersatz erstattet. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
1.4.1
Hätte der Kläger wie andere, nicht unter die Ausnahmereglung der Tz. 8.2 VwV fallende Beamte Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz erhalten (und hätte es sich bei seinem Fahrzeug um ein aktenkundig anerkanntes privates Kraftfahrzeug gehandelt), so hätte er nach Tz. 6.1 Lit. b und Tz. 6.5 Abs. 2 VwV, wie dies schon das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend festgestellt hat, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, Anspruch auf Übernahme (Ersatz) des Selbstbehalts in voller Höhe gehabt. Diese in den Regelungen der Verwaltungsvorschriften ausgesprochene Bindung des Ermessens beruht auf der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.10.1985 - BVerwG C 45.82 -, BVerwGE 72, 170[BVerwG 17.10.1985 - 2 C 45/82] = ZBR 1986, 174; Urt. v. 22.9.1988 - BVerwG 2 C 2.87 -, DÖD 1989, 240), wonach der Beamte aus Fürsorgegründen auch die Übernahme des Selbstbehalts verlangen kann, wenn er sein Privatfahrzeug für dienstliche Zwecke eingesetzt und damit dem Dienstherrn den Einsatz eines Dienstfahrzeugs erspart hat, für den der Dienstherr auch Versicherungsleistungen zu übernehmen und bei einem Unfall einen vereinbarten Selbstbehalt auszugleichen, d. h. insoweit den Schaden an dem Dienstfahrzeug in Höhe des Selbstbehalts zu tragen hätte. Veranlasst der Dienstherr den Beamten, ein für notwendig gehaltenes Arbeitsmittel - hier ein Kraftfahrzeug, das ein Gerichtsvollzieher für die Wahrnehmung von Aufgaben im Außendienst heute unbedingt benötigt - selbst einzusetzen, obwohl er dem Beamten für eine vernünftige Aufgabenerfüllung dieses Arbeitsmittel (Kraftfahrzeug) an sich zur Verfügung stellen müsste, so besteht kein Grund, dem Beamten insoweit auch das Risiko nicht von ihm zu vertretender Schäden aufzubürden, die der Dienstherr bei Bereitstellung eines Dienstfahrzeuges selbst zu tragen hätte (BVerwG, Urt. v. 22.9.1988, aaO; vgl. auch Lemhöfer, in: Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG/BeamtVG, Stand: Januar 2006, RdNr. 18 a zu § 79 BBG). Gerade weil der Kläger als Gerichtsvollzieher bei der Erfüllung seiner Dienstaufgaben eine gewisse Eigenverantwortlichkeit besitzt und eine (relative) Selbständigkeit genießt (BVerwG, Urt. v. 29.4.1982 - BVerwG 2 C 33.80 -, BVerwGE 65, 260(265) [BVerwG 29.04.1982 - 2 C 33/80]; Urt. v. 29.4.1982 - BVerwG 2 C 41.80 -, BVerwGE 65, 270(275) [BVerwG 29.04.1982 - 2 C 41/80]), er die Abarbeitung seiner Vollstreckungsaufträge daher selbst organisieren kann, muss es auch grundsätzlich seiner Einschätzung überlassen bleiben, ob er sich zur Erfüllung seiner Aufträge im Außendienst eines (eigenen) Kraftfahrzeugs bedient oder etwa die Aufträge mit einem Taxi oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigt. Da der Kläger nicht in einer größeren Stadt, sondern in einem ländlichen Amtsgerichtsbezirks (Amtsgericht B.) tätig gewesen ist, kann es nicht beanstandet werden, dass er sich am 28. Januar 2002 angesichts der Vielzahl der an diesem Tag im Außendienst zu erledigenden Dienstgeschäfte eines (eigenen) Kraftfahrzeuges bedient hat. Denn weil ihm der Dienstherr ein solches nicht zur Verfügung gestellt hatte, war er gezwungen, ein eigenes Fahrzeug einzusetzen.
1.4.2
Diese Überlegungen sprechen grundsätzlich dafür, den Kläger hinsichtlich des Einsatzes eines eigenen Kraftfahrzeuges zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben - diese Situation lag bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung bei der Firma K. GmbH am 28. Januar 2002 in D. vor - , bei einem Schadensfall, der sich bei dem Einsatz dieses Fahrzeuges am 28. Januar 2002 ereignet hat, nicht schlechter zu stellen, als einen Beamten, der für den Einsatz seines Privatfahrzeugs Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz erhält. Eine andere Betrachtungsweise wäre allerdings dann angebracht, wenn feststünde, dass mit dem Wegegeld, das der Kläger nach der Nummer 711 KVGvKostG als pauschale Vergütung (s. dazu Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, RdNr. 1 zu 711 KVGv) für Dienstgeschäfte (Aufträge) innerhalb des ihm zugewiesenen Amtsgerichtsbezirks erhält, auch die Kosten für Unfallschäden an einem dienstlich eingesetzten Privatfahrzeug abgegolten werden. Denn dann wäre ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Gerichtsvollzieher und der übrigen Beamten gegeben, die Anspruch auf Westreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz haben. Indessen ist, anders als der Beklagte behauptet, nicht ersichtlich, dass mit dem Wegegeld nach der Nummer 711 KVGvKostG auch die Kosten für ein Unfallereignis abgegolten werden sollen.
Allerdings ist es richtig, dass mit dem Wegegeld nach der Nummer 711 KVGvKostG der gesamte Wegeaufwand eines Gerichtsvollziehers abgegolten werden soll, so dass etwa anfallende Fähr- und Brückengelder in der Auslagenpauschale, dem Wegegeld, enthalten sind (Hartmann, aaO, RdNr. 2). Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass mit dem Wegegeld auch die Kosten für ein außergewöhnliches Ereignis abgegolten werden, wie dies ein Unfallschaden an dem für dienstliche Zwecken eingesetzten privaten Kraftfahrzeug darstellt, insbesondere wenn der Unfallschaden wie hier auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Hierfür spricht bereits, dass mit dem Wegegeld nicht einmal die Kosten einer Kaskoversicherung abgegolten werden sollen (Hartmann, aaO, m. w. Nachw.). Schon die Wegegelder nach § 37 des bis zum 30. April 2001 in Kraft gewesenen Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher (v. 26.7.1957, BGBl. I S. 887) enthielten einen (anteiligen) Betrag für die Kosten einer Kaskoversicherung nicht (VG Aachen, Urt. v. 14.1.1993 - 1 K 1460/91 -, DGVZ 1993, 78(79); Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl. 2000, RdNr. 2 zu § 37 GVKostG). Hieran hat sich durch die Novellierung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes zum 1. Mai 2001 nichts geändert. Denn auch den Gesetzesmaterialien des Neuordnungsgesetzes vom 19. April 2001 (BT-Drucks. 14/3432) kann nicht entnommen werden, dass mit dem Wegegeld nach der Nr. 711 KVGvKostG nunmehr auch die Kosten einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung abgedeckt werden sollen. Allerdings soll durch die Ausgestaltung des Wegegeldes nach neuem Recht verhindert werden, dass gerade im ländlichen Raum, wie dies in der Vergangenheit noch unter Geltung des alten Rechts geschehen war, mit den Wegegeldern Gewinne gemacht werden können. Das Gesetz sieht daher seit Mai 2001 vor, dass die Pauschale im Gegensatz zum früheren Recht nur einmal pro Auftrag entstehen kann (Hartmann, 35. Aufl., aaO, RdNr. 6), auch ist das Wegegeld durch den Gesetzgeber nur in einer Nahzone von 20 km verdoppelt worden ist (BT-Drucks. 14/3432, S. 33). Den Gesetzesmaterialen kann aber nur entnommen werden, dass die Höhe der Wegegelder verändert und innerhalb der Wegegelder eine Umschichtung vorgenommen worden ist, nicht aber, dass sie nunmehr so bemessen sind, dass mit ihnen auch Versicherungsbeiträge (oder etwa sogar Kosten für außergewöhnliche Ereignisse wie Unfallereignisse) abgedeckt werden sollen. Werden aber von dem Wegegeld nach der Nummer 711 KVGKostG nicht einmal die Kosten einer Kaskoversicherung für den eingesetzten privaten Personenkraftwagen abgegolten, so gilt dies erst recht für die Kosten, die anlässlich einer Dienstfahrt durch ein außergewöhnliches Ereignis wie einen Unfall entstanden sind. Die von dem Beklagten für einen Erstattungsausschluss nach der Tz. 8.2 VwV insoweit angeführten Ermessenserwägungen in den Bescheiden vom 9. September und 5. November 2002 erweisen sich damit nicht als tragfähig.
1.4.3
Ein Anspruchsausschluss in Bezug auf den von dem Kläger geltende gemachten Sachschadensersatz i. H. v. 153,-- EUR rechtfertigt sich schließlich auch nicht mit der Überlegung, der Kläger habe bei der Dienstfahrt am 28. Januar 2002 nicht den von dem Dienstherrn zur Verwendung für Dienstfahrten anerkannten VW-Polo, sondern seine Mercedes-Limousine eingesetzt.
#Allerdings erscheint es richtig, dass der Gerichtsvollzieher, will er später von dem Dienstherrn nach § 96 NBG mit Erfolg Ersatzansprüche geltend machen, nicht als ermächtigt angesehen werden kann, ein beliebiges Fahrzeug für Dienstfahrten einzusetzen, mit dem sich für den möglicherweise erstattungspflichtigen Dienstherrn ein außerordentlich hohes Schadensrisiko und damit ein ebenfalls sehr hohes Erstattungsrisiko verbinden könnte. Denn der Beamte wird nach § 96 NBG einen Schadensersatz dann nicht verlangen können, wenn er das Risiko durch Verwendung von Luxusartikeln für den dienstlichen Einsatz mutwillig erhöht (vgl. Günther, ZBR 1990, 97(105)). Dem Verwaltungsgericht kann daher insoweit gefolgt werden, dass ein Gerichtsvollzieher nicht verlangen kann, für jedes im dienstlichen Interesse eingesetztes Privatfahrzeug in beliebiger Höhe von Unfallschäden freigestellt zu werden, auch wenn den Gerichtsvollzieher an der Herbeiführung des Schadens wie hier bei dem Vorfall vom 28. Januar 2002 ein Verschulden nicht treffen sollte, das schädigende Ereignis vielmehr auf höherer Gewalt beruht. Diese Begrenzung der Ersatzpflicht des Dienstherrn ergibt sich, wie zu Vermeidung von Missverständnissen klarzustellen ist, nicht aus der Bestimmung der Tz. 6.1 VwV, die wie dargelegt auf ein Unfallereignis innerhalb des dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Amtsgerichtsbezirks keine Anwendung finden kann, sondern aus allgemeinen Grundsätzen. Denn der Gesetzgeber wollte in § 96 NBG für übermäßige Forderungen einen Ersatzanspruch des Beamten nicht begründen (vgl. die amtl. Begründung zu § 95 NBG des Entwurfs, Regierungsvorlage v. 10.6.1959, LT-Drucks. Nr. 23, abgedruckt bei Kümmel, aaO, Vorbem. vor der Kommentierung zu § 96 NBG), auch ist es sinnvoll, dass der der Dienstherr grundsätzlich nur dann Schadensersatz leisten soll, wenn es ihm zuvor wie bei der Auswahl der anzuschaffenden Dienstwagen möglich gewesen ist, auf die Entstehung etwaiger Schäden, aber auch auf die Schadenhöhe Einfluss zu nehmen. Hätte etwa der Kläger einen Oldtimer mit konstruktionsbedingten langem Bremsweg benutzt und wäre es aus diesem Grund zu einem Unfall gekommen (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 31.8.2005 - 1 A 272/04 -), so hätte ein Ersatz (auch in Gestalt der Übernahme des Selbstbehalts) abgelehnt werden müssen. Denn wegen des mit dem Einsatz dieses Fahrzeuges verbundenen erhöhten Risikos hätte ein derartiges Fahrzeug vernünftigerweise nicht für Dienstfahrt eingesetzt werden sollen. Hier geht es aber nicht um einen derartigen Ausnahmefall, also nicht um die Übernahme außerordentlich hoher Reparaturkosten und damit um die Verwirklichung eines für den Dienstherrn unangemessenen hohen Schadensrisikos. Vielmehr begehrt der Kläger, soweit es um den Sachschadensersatz geht, lediglich die Übernahme eines Selbstbehalts in geringer Höhe (153,-- EUR). Für diesen Anspruch kann es aber keine Unterschied machen, dass der Kläger nicht den - anerkannten - VW-Polo, sondern seinen Zweitwagen, die Mercedes-Limousine, für die Dienstfahrt eingesetzt hatte. Dieser Umstand hat sich nämlich, was in dem angefochtenen Urteil nicht hinreichend berücksichtigt worden ist, auf das von dem Dienstherrn ggf. zu tragende Erstattungsrisiko nach § 96 NBG nicht risikoerhöhend ausgewirkt. Zwar hat sich durch den Einsatz des Mercedes an sich das Reparaturrisiko erhöht, weil eine Mercedes-Limousine der E-Klasse wesentlich kostenaufwendiger zu reparieren ist als ein VW-Polo, im vorliegenden Fall hat sich dies tatsächlich aber nicht konkret ausgewirkt, weil der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch nach § 96 NBG nicht den (vollen) Ersatz der für die Reparatur der Mercedes-Limousine aufgewendeten Kosten i. H. v. rd. 4.500,-- EUR, sondern wegen des Eintritts der Teilkaskoversicherung nur den nach den Versicherungsbedingungen dem Kläger an den Reparaturkosten verbliebenen Selbstkostenanteil i. H. v. lediglich 153,-- EUR betrifft. Dieser Anteil ist aber, wie die von dem Kläger auf Aufforderung des Senats vorgelegte Versicherungspolice des VW-Polo belegt, mit 153,-- EUR gleich hoch. Hätte der Kläger also am 28. Januar 2002 seinen (anerkannten) VW-Polo einsetzen können, so hätte sich bei dem Unfallereignis am 28. Januar 2002 für den Dienstherrn ein Schadensrisiko und damit ein Erstattungsrisiko in gleicher Höhe verwirklicht, so dass es nicht gerechtfertigt ist, an dem Einsatz der Mercedes-Limousine einen Erstattungsanspruch scheitern zu lassen.
2.
Soweit der Kläger neben der Übernahme des Selbstbehalts i. H. v. 153,-- EUR auch die Erstattung eines merkantilen Minderwerts i. H. v. 600.-- EUR beansprucht, erweist sich die auf die Bestimmung der Tz. 8.2 VwV gestützte Ablehnung in den angefochtenen Bescheiden zwar ebenfalls als ermessensfehlerhaft, eine dem Kläger einen Anspruch verleihende Ermessensverdichtung (Ermessensreduzierung auf Null) kann hier aber nicht festgestellt werden, so dass insoweit der Beklagte lediglich zu einer Neubescheidung des Klägers zu verpflichten ist.
2.1
Die von dem Beklagten bezüglich der Erstattung des merkantilen Minderwerts getroffene Ermessentscheidung erweist sich schon deshalb als ermessensfehlerhaft, weil sie auf einer Verkennung der Reichweite der Ausschlussbestimmung der Tz. 8.2 VwV beruht, der Beklagte damit bei seinen Ermessenserwägungen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Wie der Beklagte nämlich übersehen hat, betrifft die Ausnahmeregelung der Tz. 8.2 VwV nur Sachschäden an Kraftfahrzeugen, nicht aber Vermögensschäden; denn die zu § 96 NBG erlassenen Verwaltungsvorschriften knüpfen ersichtlich - s. z. B. die Tz. 6.3 Abs. 1 und 4 VwV - an den zivilrechtlichen Schadensbegriff und dort an die in den § 249 und § 251 BGB vorgenommene Unterscheidung zwischen Sach- und Vermögensschaden an, verwenden also nicht etwa einen hiervon abweichenden Schadensbegriff. Der Kläger macht mit seinem Begehren auf Ersatz eines merkantilen Minderwerts i. H. v. 600,-- EUR aber nicht einen Sachschaden, sondern einen sich erst im Falle einer Veräußerung der Mercedes-Limousine realisierenden Vermögensschaden geltend (s. dazu, dass es sich bei dem merkantilen Minderwert um einen Vermögensschaden handelt: BGH, Urt. v. 29.4.1958 - VI ZR 82/57 -, BGHZ 27, 181(186) [BGH 29.04.1958 - VI ZR 82/57] = NJW 1958, 1085 [BGH 29.04.1958 - VI ZR 82/57] u. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, RdNr. 12 zu § 251). Damit kann die von dem Beklagten als maßgeblich angesehene Ausnahmeregelung der Tz. 8.2 VwV schon von ihrem Wortlaut, nach ihrem objektiven Erklärungswert, auf den Anspruch auf Erstattung eines merkantilen Minderwerts keine Anwendung finden. Andererseits kann der Bestimmung des § 96 NBG und den zu dieser Vorschrift erlassenen Ermessensrichtlinien auch nicht entnommen werden, dass einem Beamten allenfalls Sachschäden durch den Dienstherrn erstattet werden sollen. Denn § 96 NBG behandelt nicht etwa nur den Ersatz von Sachschäden, sondern spricht allgemein von einem dem Beamten ggf. zu leistenden Schadensersatz, der damit auch den Ersatz eines merkantilen Minderwerts als Vermögensschaden umfasst, auch sehen die Ermessensrichtlinien, und zwar die Tz. 6.3 Abs. 4 VwV, vor, dass einem Beamten neben Sachschäden unter bestimmten Voraussetzungen - diese waren bei der von dem Kläger am 28. Januar 2002 eingesetzten Mercedes-Limousine gegeben (s. Tz. 6.3 Abs. 4 Satz 2 VwV) - auch Ersatz des merkantilen Minderwerts gewährt werden kann.
2.2
Kann damit auch einem Gerichtsvollzieher für einen für Dienstfahrten anstelle eines nicht vorhandenen Dienstwagens eingesetzten Privatwagen grundsätzlich nach den zu § 96 NBG erlassenen Ermessensrichtlinien Schadensersatz in Gestalt des Ersatzes eines merkantilen Minderwerts als Vermögensschadens geleistet werden, weil mit den den Gerichtsvollziehern nach der Nr. 711 KVGvKostG überlassenen Wegegeldern Kosten für Unfallschäden, insbesondere für den Ausgleich eines merkantilen Minderwerts nicht abgegolten werden und weil aus diesem Grund eine Ungleichbehandlung zu den Beamten, die Wegestreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz erhalten, nicht gerechtfertigt wäre, so bedeutet dies nicht, dass dem Kläger der als Vermögensschaden geltend gemachte merkantile Minderwert ohne weiteres zugesprochen werden müsste, also insoweit ebenfalls eine Reduzierung des dem Beklagten hinsichtlich der Erstattung von Vermögensschäden nach § 96 NBG auch zustehenden Ermessens auf Null anzunehmen wäre. Für die von dem Beklagten zu dem Schadensposten merkantiler Minderwert noch zu treffenden Ermessensentscheidung wird nämlich auch bedeutsam sein, dass der Kläger nicht den von dem Beklagten für den Einsatz für Dienstfahrten anerkannten VW-Polo bei dem Unfall vom 28. Januar 2002 benutzt hatte und dass sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht hinreichend feststellen lässt, ob dem Kläger bei der Veräußerung der Mercedes-Limousine Mitte Februar 2004 überhaupt ein Vermögensschaden in Gestalt der Realisierung des lediglich in dem DEKRA-Gutachten vom 4. Februar 2002 angenommenen merkantilen Minderwerts i. H. v. 600,-- EUR entstanden ist. Angesichts der somit für die zum Schadensposten merkantiler Minderwert von dem Beklagten noch anzustellenden Ermessenserwägungen und ggf. von ihm noch zu tätigen Sachverhaltsaufklärung besteht für diesen Schadensposten die von dem Kläger behauptete Ermessensreduzierung auf Null nicht, so dass der Beklagte insoweit nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten ist, den Kläger hinsichtlich dieses Schadenspostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
2.2.1
Die Mercedes-Limousine, die von dem Unfall am 28. Januar 2002 betroffen gewesen ist, ist von dem Kläger mit Kaufvertrag vom 12. Februar 2004 beim Kauf eines Gebrauchtwagens zu einem Kaufpreis von 17.500,-- EUR in Zahlung gegeben worden. Zwar ist das Fahrzeug nach dem Kaufvertrag als Unfallwagen ("Unfallschaden vorn Sturmschaden links") verkauft worden, hieraus ergibt sich aber keineswegs, dass der Unfall vom 28. Januar 2002 bei der Kaufpreisbildung für die Inzahlungnahme eine Rolle gespielt hat, dem Kläger also der im Gutachten vom 4. Februar 2002 prognostizierte Vermögensschaden als merkantiler Minderwert tatsächlich entstanden ist. Für die Bildung des Kaufpreises können nämlich andere Faktoren ausschlaggebend gewesen sein wie der auch für einen Mercedes Diesel nicht geringe Kilometerstand von über 121.000 km, das Alter (4 1/4 Jahre) und der Umstand, dass der Kläger den Wagen bereits als Gebrauchtwagen erworben hatte. Hinzu kommt, dass gerade einem Mercedes-Händler, der den Wagen von dem Kläger erworben (in Zahlung genommen) hat, bewusst sein musste, dass das Fahrzeug bei dem Unfall vom 28. Januar 2002 nur Karosserieschäden erlitten hatte, die durch die in einer autorisierten Fachwerkstatt vorgenommenen Reparaturarbeiten (Austausch der beschädigten Teile, Lackierung der Neuteile sowie Ausbesserung der Lackschäden) wieder ausgeglichen sein mussten, weil tragende Teile des Fahrzeuges bei dem Unfall nicht in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Es spricht daher einiges dafür, dass sich der Makel des sog. Unfallwagens bei dem Verkauf vom 18. Februar 2004 nicht ausgewirkt hat; zumindest ist fraglich, ob dem Kläger der in dem Gutachten vom 4. Februar 2002 angenommene merkantile Minderwert von 600,-- EUR in dieser Höhe entstanden ist. Sollte es hierauf ankommen, wird dies ggf. noch aufzuklären sein.
2.2.2
Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger tatsächlich und wenn ja, in welcher Höhe ein Vermögensschaden (merkantiler Minderwert) entstanden ist, wird der Beklagte auf jeden Fall zu erwägen haben, inwieweit der Umstand, dass der Kläger am 28. Januar 2002 für die Dienstfahrt nach D. ein von dem Beklagten für Dienstfahrten nicht anerkanntes Fahrzeug eingesetzt hatte, einer Erstattung des Vermögensschadens (merkantiler Minderwert) entgegenstehen könnte.
Wie der Senat schon zu dem von dem Kläger geltend gemachten Sachschadensersatz dargelegt hat (s. Tz. 1.4.3), kann der Dienstherr nicht verpflichtet sein, für ein unbegrenzt hohes Schadensrisiko, auf dessen Minimierung er zuvor nicht Einfluss nehmen konnte, dem Beamten nach § 96 NBG Ersatz zu leisten. Für die von dem Beklagten nach § 96 NBG zu treffende Ermessensentscheidung wird daher bedeutsam sein, dass er - der Beklagte - von der Verwendung der Mercedes-Limousine als Ersatzwagen für die am 28. Januar 2002 anstehenden Dienstfahrten vor dem Unfall nicht informiert worden ist, mithin keine Möglichkeit hatte, der Verwendung eines derartigen Fahrzeuges, an dem im Falle eines Unfalls ggf. ein hoher Vermögensschaden (merkantiler Minderwert) entstehen konnte, zu widersprechen und den Kläger ggf. auf Alternativen wie die ausnahmsweise Verwendung eines ihm für diesen Tag bereitzustellenden Dienstwagens zu verweisen (oder zumindest die Übernahme des Ersatzes von Vermögensschäden abzulehnen). Denn im Gegensatz zum Sachschadenersatz (Übernahme des Selbstbehalts) hat sich hier die Verwendung des Pkw vom Typ Mercedes risikoerhöhend ausgewirkt, wie dies der Senat bereits allgemein bei der Erörterung der Erstattung des Sachschadens (s. Tz. 1.4.3) ausgeführt hat.