Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.03.1993, Az.: 5 M 748/93

Anspruch der beamteten Lehrerin auf Dienstbefreiung zur Wahrnehmung von Stillzeiten; Fehlende Erforderlichkeit der Dienstbefreiung bei Stillmöglichkeit außerhalb der Unterrichtsstunden; Glaubhaftmachung unzumutbarer Nachteile durch Verlegung der Stillzeiten; Zeitliche Beschränkung des Anspruchs auf das erste Lebensjahr des Kindes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.03.1993
Aktenzeichen
5 M 748/93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1993, 18736
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1993:0330.5M748.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 25.01.1993 - AZ: 13 B 150/93

Verfahrensgegenstand

Gewährung von Stillzeiten

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Dienstbefreiung zum Stillen ist nicht erforderlich im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO (Mutterschutzverordnung), wenn eine beamtete Lehrerin ihr Kind außerhalb der von ihr zu erteilenden Unterrichtsstunden stillt oder wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der sich für sie aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflichten in der Lage ist, die Stillzeiten durch zumutbare organisatorische Maßnahmen in angemessenen Grenzen zu halten und damit auch den dienstlichen Belangen dadurch Rechnung zu tragen, dass sie ihr Kind außerhalb der von ihr zu erteilenden Unterrichtsstunden stillt, wenn und sobald dies ohne unzumutbare Nachteile für Mutter und Kind möglich ist.

  2. 2.

    Eine Verschiebung der Stillzeit um knapp 1 1/2 Stunden führt dann zu unzumutbaren Nachteilen, wenn die Gabe von Fremdnahrungsmitteln zur Überbrückung dieser Zeit nicht möglich oder für das Kind unverträglich ist oder wenn anzunehmen ist, dass durch die Verlegung der Stillzeiten ein Milchstau oder eine Mastitis entsteht oder die Milchproduktion zurückgeht.

Der 5. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
am 30. März 1993
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer Hannover - vom 25. Januar 1993 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin unterrichtet nach dem gegenwärtig für sie maßgeblichen Stundenplan als Realschullehrerin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit an der Realschule im Schulzentrum ... täglich von der 1. bis zur 5. Unterrichtsstunde, die um 12.25 Uhr endet, und einmal in der Woche bis zur 6. Unterrichtsstunde, die um 13.15 Uhr endet. Zum Stillen ihres am 28. Dezember 1991 geborenen Sohnes gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Dienstbefreiung, die es ihr ermöglichte, nur bis zum Abschluß der 4. Unterrichtsstunde (11.20 Uhr) zu unterrichten und anschließend ihren Sohn zu stillen.

2

Diese Dienstbefreiung auch über das 1. Lebensjahr des Sohnes hinaus zu gewähren, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. November 1992 mit der Begründung ab, aus § 7 Abs. 1 der Verordnung über den Mutterschutz für Beamtinnen - MuSchVO - (i.d.F. der Bekanntmachung vom 11.1.1991, BGBl I S. 125) ergebe sich ein über das 1. Lebensjahr des Kindes hinausreichender Anspruch auf Dienstbefreiung nicht, das habe das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Beschl. v. 2.5.1983 - 13 Sa 4/83 -) für den inhaltsgleichen § 7 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter - MuSchG - bestimmt.

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Dem unter Vorlage der eidesstattlichen Versicherung vom 13. Januar 1993 und der ärztlichen Bescheinigung von Dr. ... vom 18. Dezember 1992 gestellten Antrag,

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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der Antragstellerin vorläufig für die 5. und 6. Unterrichtsstunde Dienstbefreiung zu gewähren,

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hat das Verwaltungsgericht durch den Beschluß vom 25. Januar 1993 teilweise stattgegeben und unter Ablehnung des Antrags im übrigen die Antragsgegnerin verpflichtet, die Antragstellerin bis zum 28. Februar 1993 in der 6. Unterrichtsstunde vom Dienst freizustellen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Der Erlaß der einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO) sei nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang gerechtfertigt, weil die Antragstellerin nur insoweit das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs glaubhaft gemacht habe. Nach § 7 Abs. 1 MuSchVO, der nach § 88 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - entsprechend anzuwenden sei, sei stillenden Müttern auf ihr Verlangen die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal eine Stunde frei zu geben. Dem aus dieser Regelung folgenden Anspruch auf Dienstbefreiung stehe nicht schon entgegen, daß der Sohn der Antragstellerin am 28. Dezember 1992 ein Jahr alt geworden ist. § 7 Abs. 1 MuSchVO mache den Antrag auf Dienstbefreiung zum Stillen nicht vom Alter des Kindes abhängig. Der in der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen zur zeitlichen Begrenzung des Anspruchs auf Dienstbefreiung zum Stillen herangezogene Begriff des Säuglings sei in § 7 MuSchVO nicht erwähnt. Daraus folge allerdings nicht, daß der Beamtin, die ihr Kind stille, ein zeitlich unbeschränkter Anspruch auf Dienstbefreiung zustehe. Da nach § 7 Abs. 1 MuSchVO nur die zum Stillen erforderliche Zeit freizugeben sei, bedürfe es gerade bei älteren Kindern einer eingehenden Darlegung, warum gerade eine die Unterrichtsverpflichtung unterbrechende Stillzeit notwendig sei. Bei älteren Kindern komme es für die Bestimmung der Stillzeiten nicht allein auf den Willen des Kindes an, dieser Wille könne in einem zumutbaren Umfang gesteuert werden. Deshalb könne die Stillzeit des Sohnes der Antragstellerin schadlos auf 13.00 Uhr verschoben werden, so daß eine Dienstbefreiung für das Stillen nicht notwendig sei. Das ergebe sich daraus, daß die 5. Stunde um 12.25 Uhr ende und die Antragstellerin in ihren bisherigen Anträgen eine Fahrzeit von 30 Minuten für die Fahrt von der Schule zu ihrer Wohnung angegeben habe. Es sei unverständlich, weshalb nunmehr eine Fahrzeit von einer Stunde geltend gemacht werde. Wenn die Antragstellerin nicht mit dem eigenen Auto fahren wolle, so könne sie auf Taxenunternehmen zurückgreifen. Damit verschiebe sich die Stillzeit gegenüber der bisherigen Stillzeit unter Berücksichtigung der Angabe der Antragstellerin, zwischen 12.15 Uhr und 12.30 Uhr mit dem Stillen begonnen zu haben, lediglich um eine halbe Stunde. Dies führe nicht zur Abnahme der Milchproduktion, da auch die in der Nacht größere stillfreie Zeit nicht zu einer merklichen Reduzierung geführt habe. Hinsichtlich der 6. Unterrichtsstunde sei jedoch eine Übergangsfrist zu gewähren, in der das Kind auf eine spätere Stillzeit eingestellt werden könne, sei es durch Zufütterung, sei es durch Gewöhnung. Während Verschiebungen von einer halben Stunde den Rhythmus nicht wesentlich veränderten und daher eine kurzfristige Umstellung möglich sei, bedürfe es bei einer Umstellung um wesentlich mehr als eine halbe Stunde einer Eingewöhnungsphase, die mit vier bis sechs Wochen ausreichend bemessen sei. Sollte dies jedoch zu mehr als nur völlig unwesentlichen Beeinträchtigungen des Kindes führen, so sei es der Antragstellerin unbenommen, unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung eine Verlängerung zu beantragen.

6

Gegen diesen ihr am 27. Januar 1993 zugestellten Beschluß hat die Antragstellerin am 3. Februar 1993 Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie die Bescheinigung der Still- und Laktaktionsberaterin ... vom 29. Januar 1993 und die hautfachärztliche Begutachtung von Dr. vom 2. Februar 1993 vorlegt und darüber hinaus im wesentlichen geltend macht: Die einengende Auslegung des § 7 Abs. 1 MuSchVO der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid vom 24. November 1992 und durch das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluß sei nicht gerechtfertigt. Sie benötige die Zeit der 5. Unterrichtsstunde (11.40 bis 12.25 Uhr), um ihren Sohn weiterhin stillen zu können. Dies sei - wie sich aus den vorgelegten Bescheinigungen ergebe - auch deshalb erforderlich, weil ihr Sohn aufgrund entsprechender familiärer Dispositionen bei Verwendung von Kinder- und Babynahrung allergische Reaktionen zeige. Wenn sie die 5. Unterrichtsstunde erteile, könne sie - da sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei - erst um 13.46 Uhr und bei Erteilung der 6. Unterrichtsstunde erst um 14.26 Uhr mit dem Stillen beginnen. Eine derartige Verschiebung würde zu einem Rückgang der Milchproduktion führen und das Risiko eines Milchstaues oder einer Mastitis mit sich bringen.

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Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag mit der Maßgabe zu erkennen, daß die Dienstbefreiung bis zu den Schulsommerferien 1993 zu gewähren ist.

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Die Antragsgegnerin, die der Antragstellerin im Hinblick auf dieses Verfahren Dienstbefreiung für die 6. Unterrichtsstunde über den 28. Februar 1993 hinaus gewährt, beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

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Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen und macht darüber hinaus im wesentlichen geltend: Nach Auskunft ihres ärztlichen Dienstes, der den Kinderarzt Dr. ... hinzugezogen habe, sei das Stillen eines Kindes über den 8. Lebensmonat hinaus physiologisch grundsätzlich nicht angezeigt. Das Gutachten von Dr. ... vom 2. Februar 1993 gebe keine Veranlassung, von der mit dem Bescheid vom 24. November 1992 getroffenen Entscheidung abzuweichen. Der in dieser Bescheinigung attestierte Milchschorf rechtfertige weder die Annahme einer Neurodermitis des Sohnes der Antragstellerin noch könne daraus auf die Verstärkung einer durch Fremdnahrungsmittel bedingten atopischen Neigung geschlossen werden. Es sei der Antragstellerin durchaus zuzumuten, ihren Sohn nach der 5. und einmal in der Woche nach der 6. Unterrichtsstunde zu stillen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, hinsichtlich des Sachverhalts im übrigen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge (Beiakten A) Bezug genommen.

11

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

12

Die Antragstellerin hat das nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung vorausgesetzte Bestehen eines streitigen und regelungsbedürftigen Rechtsverhältnisses nicht glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO) gemacht.

13

Nach § 88 Abs. 1 NBG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO ist einer Beamtin auf ihr Verlangen die zum Stillen erforderliche Zeit freizugeben. Bei dem in dieser Norm verwendeten Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Wie die beiden mit Beamtenrecht befaßten Senate des beschließenden Gerichts mehrfach (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.2.1989 - 2 M 5/89 -, ZBR 1989, 151; Beschl. v. 9.5.1988 - 2 OVG B 36/88 - 2-9969; Beschl. v. 4.8.1986 - 5 OVG B 240/86 - 5-7317; Beschl. v. 30.8.1983 - 2 OVG B 36/83 - 2-8997; Beschl. v. 29.4.1983 - 2 OVG B 15/83 - 2-8929) und das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 30.6.1988 - 2 C 60.86 -, BVerwGE 79, 366 = DVBl 1988, 1064 = NJW 1988, 3030 = DÖD 1988, 29) entschieden haben, ist die Erforderlichkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO zu verneinen, wenn eine beamtete Lehrerin ihr Kind außerhalb der von ihr zu erteilenden Unterrichtsstunden stillt. Außerdem ist eine Dienstbefreiung zum Stillen nicht "erforderlich", wenn die beamtete Lehrerin unter Berücksichtigung der sich für sie aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflichten in der Lage ist, die Stillzeiten durch zumutbare organisatorische Maßnahmen in angemessenen Grenzen zu halten und damit auch den dienstlichen Belangen dadurch Rechnung zu tragen, daß sie ihr Kind außerhalb der von ihr zu erteilenden Unterrichtsstunden stillt, wenn und sobald dies ohne unzumutbare Nachteile für Mutter und Kind möglich ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.8.1966 - 5 OVG B 42/86 - 5-7317 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts v. 3.7.1985 - 5 AZR 79/84 -, NJW, 1986, 864). Ob unter diesem Gesichtspunkt eine Erforderlichkeit im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 MuSchVO zu bejahen oder zu verneinen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweils zu beurteilenden Einzelfalles zu prüfen.

14

Danach ist für die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung vorausgesetzt, daß sie die 5. Unterrichtsstunde zuzüglich der einmal in der Woche zu erteilenden 6. Unterrichtsstunde benötigt, um ihren Sohn zu stillen, und daß es ihr nicht möglich ist, das Kind ohne zumutbare Nachteile nach der 5. Unterrichtsstunde und einmal in der Woche nach der 6. Unterrichtsstunde zu stillen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

15

Auch wenn mit dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin davon ausgegangen wird, daß sie nicht mehr - wie früher einmal von ihr angegeben - 30 Minuten für die Heimfahrt benötigt, sondern auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist und ihre Wohnung erst 50 Minuten nach Schulschluß erreichen und deshalb bei Schulschluß nach der 5. Stunde erst um 13.46 Uhr mit dem Stillen beginnen kann, ist bisher nicht glaubhaft gemacht, daß dieser Stillbeginn zu einem unzumutbaren Nachteil für sie oder ihren Sohn führt. Aus dem Vortrag der Antragstellerin und der Bescheinigung von Dr. ... vom 2. Februar 1993 ergibt sich, daß die Antragstellerin ihren Sohn nicht nur stillt, sondern auch mit Fremdnahrungsmitteln ernährt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Antragstellerin zur Zeit, als sie ihren Sohn ausschließlich stillte, einen Beginn des Stillens in der Zeit von 12.15 Uhr bis 12.30 Uhr für ausreichend hielt, ist nicht erkennbar, daß eine Verschiebung der Stillzeit um knapp 1 1/2 Stunden (13.46 Uhr) zu unzumutbaren Nachteilen führt. Daß die Gabe von Fremdnahrungsmitteln zur Überbrückung der Zeit von 12.30 Uhr bis 13.46 Uhr nicht möglich oder für das Kind unverträglich ist, hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren trotz des Hinweises auf die Möglichkeit der Ernährungsergänzung durch Fremdnahrungsmittel in dem angegriffenen Beschluß nicht glaubhaft gemacht. Anhaltspunkte dafür, daß durch die Verlegung der Stillzeiten ein Milchstau oder eine Mastitis entsteht oder die Milchproduktion zurückgeht, sind ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, vielmehr hat die Antragstellerin die Stillzeit im Laufe des vergangenen Februars bereits verlegen müssen und nicht geltend gemacht, daß die genannten Erscheinungen auf getreten sind. Aus der Bescheinigung der Stillberaterin vom 29. Januar 1993 ergibt sich lediglich die allgemeine Aussage, daß ein Hinauszögern von Stillzeiten das Risiko eines Milchstaus oder einer Mastitis nach sich ziehen kann. Darüber, ob dies nach einer Stillzeit von 15 Monaten und im Fall der Antragstellerin angenommen werden kann, ergibt sich weder aus dieser Bescheinigung noch aus den übrigen vorgelegten Unterlagen eine Aussage.

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Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, daß es zu unzumutbaren Nachteilen für sie oder ihr Kind führen wird, wenn sie einmal in der Woche erst nach der 6. Unterrichtsstunde um 14.26 Uhr mit dem Stillen ihres Kindes beginnt. Auch dieser Zeitraum ist durch die Gabe von Fremdnahrungsmitteln überbrückbar und es ist, da entsprechende ärztliche Äußerungen nicht vorliegen, auch nicht anzunehmen, daß diese Stillzeit zum Entstehen eines Milchstaus, einer Mastitis oder zum Rückgang der Milchproduktion führt. Außerdem ist es der Antragstellerin unter Berücksichtigung der dargestellten, sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflichten zumutbar, einmal wöchentlich ein Fahrzeug in Anspruch zu nehmen und dadurch die Vorverlegung der Stillzeit um 20 Minuten zu ermöglichen (14.06 statt 14.26 Uhr). Darüber hinaus ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Verlegung der Stillzeit zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin sich aufgrund des bisher gewährten vorläufigen Rechtsschutzes auf die Veränderung hat einstellen und ihr Kind daran gewöhnen können.

17

Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluß auch darauf hin, daß es der Antragstellerin unbenommen bleibt, unter Vorlage entsprechender ärztlicher Äußerungen eine Dienstbefreiung zum Stillen ihres Kindes erneut zu beantragen mit der Begründung, die Verlegung der Stillzeit habe zu unzumutbaren Nachteilen für sie oder ihr Kind geführt. Dies setzt allerdings voraus, daß entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung ein Anspruch auf Dienstbefreiung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil der Sohn der Antragstellerin älter als ein Jahr ist. Die Frage, ob eine solche zeitliche Begrenzung aus § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchVO hergeleitet werden kann, wird in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 79, 366, 371) [BVerwG 30.06.1988 - 2 C 60/86] ausdrücklich offengelassen und in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sowie in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (vgl. Urt. v. 29.10.1987 - 10 Sa 379/87 -, NZA 1988, 312; Beschl. v. 2.5.1983 - 13 Sa 4/83 -), gefolgt von einigen Autoren (Zmarzlik, Zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Stillzeit nach § 7 MuSchG, DP 1983, 1044; Zmarzlik u. a., Mutterschutzgesetz - Kommentar, 6. Aufl., RdNr. 2 a zu § 7 MuSchG m.w.N.), die Auffassung vertritt, die Gewährung von Stillzeiten sei auf das erste Lebensjahr des Kindes beschränkt, geht das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urt. v. 3.11.1989 - 5 Sa 106/88 -, Arbeitsrecht im Betrieb 1990, 266), ebenfalls gefolgt von einigen Autoren (Bolvien, Die Gewährung von Stillzeiten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 MuSchG, Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1983, 225; Ortmann, Stillzeiten für Lehrerinnen, Der Personalrat 1985, 40, 42 jeweils m.w.N.), davon aus, daß weder aus § 7 Abs. 1 MuSchG noch aus § 7 Abs. 1 MuSchVO eine Rechtsgrundlage für eine solche zeitliche Begrenzung des Anspruchs hergeleitet werden kann. Hiervon sind bisher auch die mit Beamtenrecht befaßten Senate des beschließenden Gerichts ausgegangen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.8.1986 - 5 OVG B 240/86 - 5-7317; Beschl. v. 9.5.1988 - 2 OVG B 36/88 - 2-9969). Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es in dem hier zu beurteilenden Fall jedoch nicht, da - jedenfalls gegenwärtig - Anhaltspunkte dafür nicht erkennbar sind, daß die Antragsgegnerin bei Vorlage eines ärztlichen Gutachtens, nach dem die hier umstrittene Verlegung der Stillzeiten zu unzumutbaren Nachteilen für die Antragstellerin oder ihr Kind führt, eine diesen Nachteilen begegnende Dienstbefreiung ablehnen wird.

18

Die Kosten des danach erfolglosen Beschwerdeverfahrens hat nach § 154 Abs. 2 VwGO die Antragsgegnerin zu tragen.

19

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Stelling
Nelle
Reisner