Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.03.1993, Az.: 10 M 565/93

Gerichtliche Überprüfung; Umfang; Rat; Abberufung eines Gemeindedirektors; Unsachliche Motive; Verfassungswidriger Zweck; Rechtsmißbrauch; Abberufungsgründe; Offenlegung; Abwahlquorum; Vertrauensverlust

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.03.1993
Aktenzeichen
10 M 565/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 13603
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1993:0301.10M565.93.0A

Fundstellen

  • DÖV 1993, 1101
  • DÖV 1993, 1100 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. Eine gerichtliche Überprüfung der die einzelnen Ratsmitglieder bei der Abstimmung bestimmenden Motive ist in aller Regel entbehrlich. Dies schließt aber nicht aus zu prüfen, ob der Rat von seiner Abberufungsentscheidung aus unsachlichen Motiven wie etwa bei der Verfolgung verfassungswidriger oder gesetzwidriger Zwecke sowie bei Abwahl aufgrund von Koalitionsvereinbarungen oder rein parteipolitischen Überlegungen Gebrauch gemacht hat. Ein solcher Fall des Rechtsmißbrauchs ist auch dann gegeben, wenn der Rat mit der Abberufung erkennbar allein das Ziel verfolgt, den Abberufenen für die pflichtgemäße Ausübung seines Amtes, etwa für die Beanstandung eines rechtswidrigen Ratsbeschlusses, zu "bestrafen".

2. Da der Rat über die Abberufung ohne Aussprache entscheidet (GemO ND § 61 Abs 2 S 5) und deshalb die Abberufungsgründe nicht offenzulegen braucht, ist es Sache des Abberufenen, konkrete Anhaltspunkte dafür darzulegen, daß die Abberufung auf unsachlichen Gründen beruht. Diese Anhaltspunkte müssen so gewichtig sein, daß sie den Beweis des ersten Anscheins für einen wirklichen Vertrauensverlust, der durch das Abwahlquorum begründet wird, nachhaltig erschüttern.