Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 12.12.2000, Az.: 203-VgK-16/2000
Ausschreibung von ÖPNV-Leistungen; Beanstandung der Vergabe und Untervergabe der Durchführung von Linienverkehren; Rechtkräftiger Abschluss des Nachprüfungsverfahrens; Möglichkeit eines vorbeugenden Primärrechtsschutzes in Form eines Feststellungsverfahrens; Nichterreichen des maßgeblichen EU-Schwellenwertes
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 12.12.2000
- Aktenzeichen
- 203-VgK-16/2000
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 30763
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 GWB
- § 98 Nr. 2 GWB
- § 114 Abs. 2 S. 1 GWB
Verfahrensgegenstand
Ausschreibung von ÖPNV-Leistungen
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden ORR Gause,
den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Tyrra und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Oec. Brinkmann
ohne mündliche Verhandlung
gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB
entschieden:
Tenor:
Der Nachprüfungsantrag der Antragsteller wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller gesamtschuldnerisch.
Die Kosten werden auf 5.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller betreiben gewerbliche Busverkehre nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) sowie Schülertransporte als Freistellungsverkehre nach der Freistellungsverordnung zum PBefG. Der Antragsgegner zu 1 hat am 11.02.1997 des Antragsgegners zu 2 mit der Durchführung der gesamten Schülerfreistellungsverkehre in ihrem Kreisgebiet beauftragt. Bei der Antragsgegnerin zu 2, die vormals als Eigenbetrieb des Antragsgegners zu 1 organisiert war, handelt es sich um eine hundertprozentige Gesellschaft der Antragsgegnerin zu 1. Die Antragsteller zu 1 bis 7 hatten bereits im Nachprüfungsverfahren - 203-VgK-10/99 - die Beauftragung der Antragsgegnerin zu 2 durch den Antragsgegner zu 1 mit der Durchführung des gesamten Schülerfreistellungsverkehrs im Landkreis xxxxx beanstandet. Im Übrigen richtete sich der Nachprüfungsantrag gegen die Vergabepraxis der Antragsgegnerin zu 2 bei der Untervergabe der Durchführung von Linienverkehren. Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg hat den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 28.09.1999 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hatte die Vergabekammer ausgeführt, dass die Übertragung der Erfüllung einer dem Landkreis obliegenden gesetzlichen Pflicht auf eine privatrechtliche Gesellschaft zumindest dann, wenn diese in vollständiger Anteilseignerschaft des Landkreises steht, keine dem Wettbewerb zu unterstellende Beauftragung darstellt. Selbst wenn man eine solche Beauftragung darin sehen wolle, so wäre die Anrufung der Vergabekammer unzulässig, weil der diesbezüglich bereits 1997 erteilte Zuschlag nicht gem. § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB aufgehoben werden könne. Diese Entscheidung der Vergabekammer ist rechtskräftig.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 06.11.2000, eingegangen am 07.11.2000, haben die Antragsteller erneut die Vergabekammer angerufen. Sie wenden sich erneut gegen die Übertragung der Durchführung der gesamten Schülerfreistellungsverkehre durch den Antragsgegner zu 1 auf die Antragsgegnerin zu 2. Bereits die zu Grunde liegenden gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Antragsgegnern seien unzulässig und verstießen gegen das Kartellverbot des § 1 GWB sowie gegen nationales und europäisches Vergaberecht. Zur Begründung beziehen sie sich auf ein Gutachten des xxxxxxxxxxxxx vom 30.10.2000. Im Übrigen wenden sich die Antragsteller gegen die Vergabepraxis der Antragsgegnerin zu 2. Diese habe nur die gekündigten Schülerfreistellungsverkehre der Antragsteller, nicht jedoch alle übrigen kündbaren Fahrleistungen in diesem Bereich ausgeschrieben. Zum Beispiel seien die Fahrleistungen der Antragstellerin zu 1 in xxxxxxxx neu ausgeschrieben worden, wogegen die zum 30.06.2000 mit Wirkung vom 31.12.2000 kündbaren Fahrleistungsverträge im übrigen Bereich xxxxxxxx sämtlich nicht gekündigt und mithin stillschweigend verlängert worden seien. Diese Fahrleistungen seien seit weit über 10 Jahren nicht ausgeschrieben worden, obwohl diese insgesamt weit über dem maßgeblichen Schwellenwert liegen. Die Antragsteller räumen ein, dass sich der Antrag nicht auf eine konkrete Ausschreibung, sondern auf eine künftige Ausschreibung richte. Unter dem Gesichtspunkt vorbeugenden Rechtsschutzes sei der Antrag jedoch geboten, da zu befürchten sei, dass die Antragsgegner in dieser Art der Vergabe fortfahren und damit den Antragstellern schweren Schaden bis zur Existenzgefährdung zufügten.
Die Antragsteller beantragen,
Der Antragsgegner zu 1 wird verpflichtet, den bisher der xxxxxxxxxxx GmbH erteilten Auftrag zur Durchführung der Schülerfreistellungsverkehre ab dem 01.01.2001 gem.§ 97 ff. GWB öffentlich auszuschreiben.
Die Antragsgegnerin zu 2 wird verpflichtet, alle von ihr im öffentlichen Personennahverkehr im Verhandlungsverfahren vergebenen Aufträge mit einem über dem Schwellenwert liegenden Auftragswert gem. § 97 ff. GWB öffentlich auszuschreiben.
Die Antragsgegner beantragen,
die gestellten Anträge abzulehnen.
Sie halten die angefochtene Übertragung der Durchführung der Schülerfreistellungsverkehre durch den Antragsgegner zu 1 auf die Antragsgegnerin zu 2 für rechtmäßig und verweisen diesbezüglich auf den rechtskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 28.09.1999. Auch im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unzulässig, da sich der Antrag nicht auf eine konkrete Ausschreibung, sondern entweder auf bereits abgeschlossene Vergabeverfahren oder evtl. künftige Ausschreibungen richte. Derzeit seien weder im Schülerfreistellungsverkehr noch im Linienverkehr bestehende Verträge gekündigt, die in absehbarer Zeit erneut ausgeschrieben werden müssten. Die nächste Ausschreibung stehe erst zum 01.02.2001 an, weil dann im Bereich der Schülerfreistellungsverkehre die mit den Antragstellern geschlossenen Verträge teilweise ausliefen. Das diesbezügliche Vergabeverfahren sei gerade in Gang gesetzt worden, indem die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichung der Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften erfolgt sei. Die Forderung, sämtliche Schülerfreistellungsverkehre zum 01.01.2001 öffentlich auszuschreiben, widerspreche den vertraglichen Bindungen, die die Antragsgegnerin zu 2 mit den zahlreichen Unternehmern im Schülerfreistellungsverkehr eingegangen sei. Im Übrigen werde der von den Antragstellern begehrte vorbeugende Rechtsschutz durch den 4. Teil des GWB nicht gewährt.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Von einer mündlichen Verhandlung hat die Vergabekammer gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB wegen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags abgesehen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Soweit sich die Antragsteller gegen die bereits mit Schreiben vom 10.02.1997 erfolgte unbefristete Beauftragung der Antragsgegnerin zu 2 durch den Antragsgegner zu 1 wendet, folgt die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages bereits aus § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, wonach ein bereits erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden kann. Soweit die Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 2 begehren, alle von ihr im öffentlichen Personennahverkehr im Verhandlungsverfahren vergebenen Aufträge mit einem über dem Schwellenwert liegenden Auftragswert gem. § 97 ff. GWB öffentlich auszuschreiben, folgt die Unzulässigkeit aus der Tatsache, dass eine der Nachprüfung durch die Vergabekammer unterliegende Auftragsvergabe durch die Antragsgegnerin zu 2 aktuell nicht anhängig ist oder unmittelbar bevorsteht. Ein vorbeugender Primärrechtsschutz in Form eines Feststellungsverfahrens wird aber durch den die Zuständigkeit der Vergabekammer ausschließlich regelnden 4. Teil des GWB nicht gewährt.
Soweit sich die Antragsteller gegen die besagte unbefristete Beauftragung der Antragsgegnerin zu 2 durch den Antragsgegner zu 1 mit Schreiben vom 10.02.1997 wenden, ist der Nachprüfungsantrag wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Für die Antragsteller zu 1 bis 7 folgt diese Unzulässigkeit bereits daraus, dass die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg bereits eben dieses Nachprüfungsbegehren mit Beschluss vom 28.09.1999 im damaligen Nachprüfungsverfahren 203-VgK-10/1999 zurückgewiesen hat. Diese Entscheidung wurde den Antragstellern am 07.10.1999 formell zugestellt und wurde nicht im Wege der sofortigen Beschwerde gem. §§ 116 ff. GWB angefochten. Sie ist damit rechtskräftig. Darüber hinaus hält die Vergabekammer die Übertragung der Erfüllung einer dem Landkreis obliegenden gesetzlichen Pflicht, die sich hier aus § 114 Nds. Schulgesetz ergibt, auf eine privatrechtliche Gesellschaft zumindest dann, wenn wie im vorliegenden Fall die privatrechtliche juristische Person in hundertprozentiger Anteilseignerschaft des Landkreises steht, vergaberechtlich für unbedenklich, weil sie keine dem Wettbewerb zu unterstellende Beauftragung darstellt. Zum einen ist eine derartige Aufgabenübertragung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 10 NLO i.V.m.§§ 108, 109 NGO zulässig. Letztendlich stellt sich dieÜbertragung der Erfüllung einer gesetzlichen Pflichtaufgabe auf eine von der Kommune beherrschten GmbH als vergaberechtlich nicht relevanter Organisationsakt dar, bei dem die Kommune lediglich ihre durch Art. 28 GG abgesicherte Organisationsfreiheit ausübt. Während die Frage, ob ein nicht ausschreibungspflichtiges sog. "Inhouse-Geschäft" auch im Falle einer Minderheitsbeteiligung der Kommune vorliegt, umstritten ist, hat sich im Schrifttum die zutreffende Auffassung durchgesetzt, dass eine Vergabepflichtigkeit einer Kommune dann nicht besteht, wenn es sich um ein Tochterunternehmen handelt, dessen Anteile allein von dem öffentlichen Auftraggeber gehalten werden (vgl. Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rdnr. 55; Litpher/Berger, Ausschreibungspflicht von Kommunen bei der Deckung des Energiebedarfs?, Stellungnahme für den Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU), Juli 2000, Anlage zum VKU Nachrichtendienst September 2000, S. 4, m.w.N.). Schließlich wäre eine derartige Beauftragung wie im streitbefangenen Fall auch einer Nachprüfung durch die Vergabekammer gar nicht mehr zugänglich, da Gegenstand einer solchen Nachprüfung nur das noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren sein kann (vgl. BT-Drucksache 13/9340, S. 17; OLG Düsseldorf, Entscheidung v. 13.04.1999 (BauR 7/99, S. 751 ff., 757). Hier erfolgte die Vergabe an die Antragsgegnerin zu 2 aber bereits rechtswirksam im Februar 1997. Ein vor Anrufung der Vergabekammer bereits erteilter Zuschlag aber kann gem. § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht aufgehoben werden. Der gegen den Antragsgegner zu 1 gerichtete Antrag der Antragsteller war daher als unzulässig zu verwerfen.
2.
Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens kann daher - wie schon im Nachprüfungsverfahren 203-VgK-10/1999 - allein die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag zu 2 angefochtene vermeintliche Vergabepraxis der Antragsgegnerin zu 2 sein, sofern eine die Schwellenwerte für eine EU-weite Ausschreibung erreichende oder überschreitende Auftragsvergabe im Wege eines Vergabeverfahrens eingeleitet wurde oder in vergaberechtswidriger Weise ohne Vergabeverfahren unmittelbar bevorsteht. Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, da, wie die Antragsteller selbst einräumen, sich der Antrag nicht auf eine konkrete Ausschreibung, sondern, unter dem Gesichtspunkt eines vorbeugenden Rechtsschutzes, auf eine künftige Ausschreibung richtet. Auch diese künftige Ausschreibung wird jedoch nicht hinreichend konkretisiert. Die Antragsteller begehren vielmehr die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 2, künftig alle Verkehre, die Gegenstand von laufenden Verträgen mit Busunternehmern außerhalb der von den Antragstellern repräsentierten "Bietergemeinschaft Busverkehr xxxxx sind, sobald vertragsrechtlich zulässig, zu kündigen und auszuschreiben. Ein derartiger, auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichteter Feststellungsantrag ist jedoch entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht durch den die Zuständigkeit der Vergabekammer ausschließlich regelnden 4. Teil des GWB gedeckt. Die Vergabekammer ist nicht ermächtigt, in laufende, rechtswirksam geschlossene Verträge in irgendeiner Weise rechtsgestaltend, geschweige denn dahingehend einzugreifen, den Auftraggeber zur Kündigung zu veranlassen.
Richtig ist, dass sich ein Nachprüfungsantrag gem. § 107 ff. nicht notwendigerweise gegen ein laufendes Vergabeverfahren gem. § 101 GWB richten muss. Erfährt etwa ein Unternehmer von einer bevorstehenden freihändigen Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Sinne des § 99 GWB, der die Schwellenwerte des § 100 Abs. 1 GWB überschreitet, und hat er diese freihändige Vergabe unverzüglich gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gegenüber dem Auftraggeber gerügt, so ist auch ein diesbezüglicher Nachprüfungsantrag zulässig. Dies folgt daraus, dass § 101 Abs. 5 GWB grundsätzlich die Durchführung eines Vergabeverfahrens für die Vergabe von Aufträgen oberhalb des EU-Schwellenwertes verbindlich vorschreibt und daher die vergaberechtswidrige Nichtdurchführung einer Ausschreibung die schwer wiegendste Form der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB ist.
Richtig ist auch, dass die Antragsgegnerin zu 2 als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB verpflichtet ist, Untervergaben von Verkehren, deren Wert oberhalb der EU-Schwellenwerte liegt, nur im Wege einer EU-weiten Ausschreibung zu vergeben. Dabei darf als Grundregel unterstellt werden, dass immer dann von einem neuen Auftrag und somit von dem Bedarf eines neuen Vergabeverfahrens auszugehen ist, wenn die Vertragsverlängerung nur durch eine beidseitige Willenserklärung zu Stande kommen kann. Regelmäßig wird das beiderseitige Einvernehmen nämlich nur dann erforderlich sein, wenn sich die Verlängerung nicht nur als Änderung eines Einzelaspekts im Gesamtrahmen der bisherigen, fortbestehenden Vertragsbeziehungen darstellt, sondern wirtschaftlich dem Abschluss eines neuen Auftrages gleichkommt. Andernfalls wäre der Umgehung der Vergaberegeln Tür und Tor geöffnet, indem eine einmal begründete Beschaffungsbeziehung durch wiederholte Vertragsverlängerungen stets ohne Ausschreibung und somit unter Ausschluss des Vergabewettbewerbs fortgesetzt werden könnte(Jestaedt, Kemper, Marx, Prieß "Das Recht der Auftragsvergabe", 3.1.2.2, Seite 47ff.).
Die Vergabekammer hält außerdem an ihrer in den Entscheidungen zu den Nachprüfungsverfahren 203-VgK-10/1999, 203-VgK-12/1999, 203-VgK-14/1999 und 203-VgK-01/2000 dargelegten Auffassung fest, dass es sich bei der Antragsgegnerin zu 2 nicht um eine Sektorenauftraggeberin nach Abschnitt 3 oder 4 VOL/A handelt, sondern dass für sie der Schwellenwert von 200.000,-- Euro gem. § 1 a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A für eine europaweite Ausschreibung maßgeblich ist.
Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags scheitert jedoch daran, dass die Antragsgegnerin zu 2 aktuell weder einen diesen Schwellenwert erreichenden Auftrag ausgeschrieben hat oder ausschreiben will, noch eine sonstige, vergaberechtswidrige Vergabe eines solchen Auftrages unmittelbar bevorsteht. Die Antragsgegnerin hat unstreitig, wie die Antragsteller selbst vortragen, die zum 31.12.1999 gekündigten, vormals von den Antragstellern bedienten Schülerfreistellungsverkehre, die Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens 203-VgK-10/1999 waren und unstreitig zumindest in ihrer Gesamtheit den maßgeblichen EU-Schwellenwert von 200.000,-- Euro deutlich überschritten hatten, ausgeschrieben. Hinsichtlich weiterer Schülerfreistellungsverkehre, die Gegenstand von mit den Antragstellern geschlossenen Verträgen sind, die zum 01.02.2001 auslaufen, hat die Antragsgegnerin zu 2 ebenfalls unbestritten ein EU-weites Vergabeverfahren eingeleitet. Darüber hinaus haben die Antragsteller nicht ein konkretes Auftragsvolumen vorgetragen, das Schülerfreistellungsverkehre oder Linienverkehre betrifft und entweder als einzelne Linie oder in der Gesamtheit mehrerer Linien Gegenstand eines aktuell auslaufenden Vertrages bzw. Verträge ist/sind, so dass eine dem EU-weiten Wettbewerb zu unterstellendes, aktuelles Vergabeverfahren zumindest anstände. In diesem - wesentlichen - Punkt unterscheidet sich der vorliegend zu entscheidende Sachverhalt von dem Sachverhalt, der dem von den Antragstellern zitierten Beschluss der Vergabekammer des Landes Hessen vom 15.09.1999, Az.: VK 3/99, zu Grunde lag. Dort hatte der Auftraggeber, unter anderem auf Grund von Rügen, ein Vergabeverfahren aufgehoben, so dass nach Auffassung der Vergabekammer Hessen ein konkreter Auftrag nunmehr unmittelbar zur Vergabe anstand. Die Vergabekammer Hessen hat für diesen konkreten Einzelfall ausnahmsweise der Bieterin einen vorbeugenden Rechtsschutz zugesprochen. Sie hat jedoch im Übrigen betont, dass bei einem solchen in die Zukunft wirkenden Rechtsschutz nur solche Sachverhalte in Betracht kommen, die nicht auch im "normalen", vom Gesetzgeber angebotenen Nachprüfungsverfahren geprüft werden können. Der vorbeugende Rechtsschutz müsse - soweit er grundsätzlich anzuerkennen sei - die Ausnahme sein und sich in Bezug auf Gegenstand und Regelungsziel auf das unbedingt Notwendige beschränken. Der Vergabesenat des OLG Frankfurt am Main hat sich in seinem zu dieser Entscheidung ergangenen Beschluss vom 25.09.2000 - 11 Verg. 2/99 - nicht geäußert, da die Frage, ob vorbeugender Rechtsschutz überhaupt im Nachprüfungsverfahren zulässigerweise beantragt werden kann, dort keiner Entscheidung bedurfte, weil der die Antragsgegnerin verpflichtende Ausspruch der Vergabekammer im dortigen Beschwerdeverfahren nicht angefochten worden ist.
Die Vergabekammer hält an ihrer bereits im Beschluss vom 28.09.1999 im Nachprüfungsverfahren 203-VgK-10/1999 geäußerten Rechtsauffassung fest, dass der von den Antragstellern begehrte vorläufige Rechtsschutz im Wege einer echten Feststellungsklage oder Unterlassungsklage durch den die Zuständigkeit der Vergabekammer ausschließlich regelnden 4. Teil des GWB nicht gewährt wird. Er lässt sich auch nicht im Wege einer analogen Anwendung von verwaltungsverfahrens- oder verwaltungsprozessrechtlichen Grundsätzen konstruieren. Eine solche Konstruktion würde vielmehr dem Sinn und Zweck des § 107 Abs. 3 GWB widersprechen, nach der ein Bieter einen Verstoß gegen Vergabevorschriften unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber zu rügen hat. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es gerade auch, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, rechtzeitig etwaige Vergabeverstöße zu korrigieren, um so ohne Entscheidung der Vergabekammer eine vergaberechtmäßige Auftragsvergabe durchführen zu können.
Die Nachprüfungsanträge der Antragsteller waren daher wegen Unzulässigkeit zu verwerfen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Es wird die Mindestgebühr in Höhe von 5.000,-- DM bzw. 2.556,46 EURO gem. § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Die Überweisung der o. a. Gebühr hat sich durch den mit Verfügung der Vergabekammer vom 08.11.2000 festgesetzten und bereits entrichteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe erledigt.
Tyrra
Brinkmann