Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.07.2018, Az.: 1 KN 158/16
Antragsbefugnis des Veräußerers eines planbetroffenen Grundstücks für die Anfechtung einer Änderung des Bebauungsplans; Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft im Normenkontrollverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.07.2018
- Aktenzeichen
- 1 KN 158/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 63869
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2018:0710.1KN158.16.00
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 7 BauGB
- § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO
Fundstellen
- BauR 2018, 1872-1874
- DVBl 2019, 396
- DWW 2019, 68-72
- DÖV 2018, 918
- NordÖR 2018, 472-475
- UPR 2019, 39
- ZfBR 2018, 790-792
Amtlicher Leitsatz
Das Interesse des Veräußerers eines von Festsetzungen eines Bebauungsplans betroffenen Grundstücks, etwaige kaufrechtliche Gewährleistungspflichten erfüllen zu können, ist nicht abwägungserheblich.
Eine gewillkürte Prozessstandschaft im Normenkontrollverfahren ist jedenfalls dann unzulässig, wenn sie erst nach Ablauf der Normenkontrollantragsfrist erklärt wird.
Tenor:
Der Normenkontrollantrag wird verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich gegen die 5. Änderung des Bebauungsplans Nr. 36 "G. straße/H. Straße" der Antragsgegnerin, da sie meint, der Plan stehe der Erteilung einer Baugenehmigung für ein von ihr errichtetes, inzwischen an Dritte veräußertes Wohnhaus entgegen.
Die Antragstellerin war bis 2014/2015 Eigentümerin des 1674 m2 großen Grundstücks G. straße 80 (Flurstück 39/1, Flur 14 der Gemarkung D.) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Dieses war ursprünglich mit einem aus mehreren Gebäuden bestehenden Beherbergungsbetrieb bebaut. Der bislang für dieses Grundstück geltende Bebauungsplan Nr. 36 setzte ein sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Kurgebiet / Gebiet für Fremdenbeherbergung fest, in dem unter anderem Betriebe des Beherbergungsgewerbes zulässig waren.
Am 5.12.2012 erteilte der Landkreis I. der Antragstellerin im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Baugenehmigung zum Umbau des Betriebs. Der Antrag sah vor, die Bestandsgebäude teilweise abzureißen und an deren Stelle ein Gebäude mit sechs Ferienwohnungen neu zu errichten; die Betriebsbeschreibung sieht deren Vermietung an Feriengäste vor. Auf Rechtsbehelf der Antragsgegnerin hob das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung mit Urteil vom 7.5.2015 (4 A 53717/13) auf, da das mit Blick auf eine gemeindliche Erhaltungssatzung erforderliche Einvernehmen nicht vorgelegen habe; Anträge auf Zulassung der Berufung lehnte der Senat mit Beschluss vom 10.9.2015 (1 LA 90/15) ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Antragstellerin das Gebäude bereits errichtet und das Eigentum am Baugrundstück zwischen dem 28.5.2014 und dem 18.6.2015 sukzessive an Dritte übertragen. Eine Klage auf erneute Erteilung der Baugenehmigung ist zum Az. 4 A 4739/16 beim Verwaltungsgericht Oldenburg anhängig.
Parallel dazu fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin am 11.12.2012 den Aufstellungsbeschluss für die hier streitgegenständliche 5. Änderung des Bebauungsplans. Am 26.6.2014 beschloss der Rat der Antragsgegnerin eine am 15.8.2014 bekannt gemachte, zweijährige Veränderungssperre. Am 21.9.2015 beschloss der Verwaltungsausschuss, die Planaufstellung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB durchzuführen. Vom 21.6.2016 bis einschließlich 22.7.2016 fand die öffentliche Auslegung statt. In dieser erhob die Antragstellerin Einwendungen, ohne offenzulegen, dass sie nicht mehr Eigentümerin des Vorhabengrundstücks war. In seiner Sitzung vom 8.8.2016 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss die 5. Änderung als Satzung. Nach Ausfertigung durch den Bürgermeister am 10.8.2016 wurde der Satzungsbeschluss in der D. Zeitung vom 11.8.2016 bekannt gemacht.
Der Plan umfasst ein Gebiet von ca. 19 ha im Norden der Ortslage der Antragsgegnerin; im Wesentlichen handelt es sich um den Bereich zwischen den parallel in Ost-West-Richtung verlaufenden Straßen J. /H. Straße im Norden und G. straße im Süden sowie nördlich bzw. südlich an diese Straßen angrenzende Grundstücke. Das Plangebiet ist teils als reines Wohngebiet, teils als Sondergebiet unterschiedlicher Zweckbestimmung ausgewiesen. Für den streitgegenständlichen Bereich südlich der G. straße ist (unverändert) das Sondergebiet SO1 mit der Zweckbestimmung "Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung", zwei Vollgeschosse, nur Einzelhäuser in offener Bauweise, eine Grundflächenzahl von 0,2, eine Geschossflächenzahl von 0,5 und eine Mindestgrundstücksgröße von 600 m2 festgesetzt. Hierzu heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 2:
"In den sonstigen Sondergebieten SO1, SO2 und SO3 gemäß § 11 BauNVO mit der Zweckbestimmung "Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung"
- sind zulässig:
- Kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes in der Form des Vermietens von Zimmern, Appartements, Suiten jeweils ohne Küchen oder Kochgelegenheiten. Abstellräume jedweder Art sind unzulässig. Alle Unterkünfte müssen ganzjährig einem wechselnden Personenkreis zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung stehen.
- Je festgesetzter Mindestgröße der Baugrundstücke nur ein kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes. Nur bei doppelter und mehrfacher Mindestgröße der Baugrundstücke ist auch dementsprechend eine doppelte und mehrfache Anzahl von kleinen Betrieben zulässig. Zwischenlösungen sind unzulässig.
- zwei Dauerwohnungen (Wohnungen für Personen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel haben), in einem Wohngebäude und einem gemischt genutzten Gebäude je festgesetzter Mindestgröße des Baugrundstücks. Nur bei doppelter oder mehrfacher Mindestgröße der Baugrundstücke ist auch dementsprechend eine doppelte und mehrfache Anzahl von Dauerwohnungen zulässig. Zwischenlösungen sind unzulässig.
- Ferienwohnungen in Dauerwohnungen umzuwandeln.
- Neubauten, wenn Gebäude durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse, die nicht durch menschliches Eingreifen entstanden sind, vollständig zerstört worden sind. Nur dann darf in dem Neubau wieder die bestandene Anzahl an Wohnungen des zerstörten Gebäudes neu errichtet werden. Den Nachweis der Anzahl dieser Wohnungen vor dem Totalschaden hat der Eigentümer (Bauherr) zu führen.
- der am Stichtag 21.06.2016 nachweislich vorhandene Bestand an Ferienwohnungen, soweit die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen erfüllt sind.
- die Erweiterung und Änderung der vorgenannten vorhandenen Ferienwohnungen.
- Ferienwohnungen in Dauerwohnungen umzuwandeln.
- im SO1, SO2 und SO3 sind ausnahmsweise zulässig:
- Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke
- Räume für freie Berufe
- Im SO1, SO2 und SO3 sind unzulässig:
- Kleine Beherbergungsbetriebe in Form des Vermietens von Apartments und Ferienwohnungen, die eine, wenn auch nur vorübergehende, unabhängige Gestaltung eines häuslichen Wirkungskreises erlauben
- Ferienwohnungen und Zweitwohnungen
- Dauerwohnungen in Ferienwohnungen und Zweitwohnungen umzuwandeln,
- Windenergieanlagen (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB)
Mit ihrem am 16.11.2016 gestellten Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin geltend: Sie sei antragsbefugt. Mit der Aufhebung der Baugenehmigung vom 5.12.2012 sei ihr Bauantrag vom 28.8.2012 wiederaufgelebt; ihren Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung drohe der Bebauungsplan zu vereiteln. Sie sei nach wie vor Bauherrin, da sie einen Bauherrenwechsel nach § 52 Abs. 2 Satz 4 NBauO nicht angezeigt habe. Sie sei ihren Käufern gegenüber zur Herstellung rechtmäßiger Zustände verpflichtet. Ihr Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich; für das Ziel des Plans, Zweitwohnungen auszuschließen, habe es einer Planänderung nicht bedurft. Es sei abwägungsfehlerhaft, in einem Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenbeherbergung Ferienwohnungen auszuschließen, Dauerwohnungen hingegen zuzulassen. Ein Ermittlungsdefizit liege darin, dass die Antragsgegnerin nicht geklärt habe, wie viele der von ihr im Bestand festgestellten Ferienwohnungen genehmigt seien. Der Bebauungsplan sei funktionslos, da auf unabsehbare Zeit mehr als 50% der vorhandenen Nutzungseinheiten als Ferienwohnungen genutzt würden. Für die Differenzierung zwischen vorhandenen und neuen Ferienwohnungen bestehe keine städtebauliche Rechtfertigung. Das Erfordernis, dass zulässige Ferienwohnungen zum Stichtag die bauordnungsrechtlichen Vorschriften erfüllten, sei nicht hinreichend bestimmt; unklar sei, ob damit das materielle Baurecht gemeint sei oder auf das Vorliegen einer Genehmigung abgestellt werde. Das festgesetzte Nebeneinander von Dauerwohnen und Fremdenbeherbergung sei nach den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.7.2013 - 4 CN 7.12 - aufgestellten Grundsätzen unzulässig.
Am 29.6.2018 haben die derzeitigen Eigentümer des Grundstücks G. straße 80 sich schriftlich damit einverstanden erklärt, dass die Antragstellerin das anhängige Normenkontrollverfahren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fortführe. Der Antragstellerin werde insoweit eine echte Prozessführungsbefugnis im Sinne gewillkürter Prozessstandschaft eingeräumt.
Die Antragstellerin beantragt,
die vom Rat der Antragsgegnerin am 8. August 2016 als Satzung beschlossene 5. Änderung des Bebauungsplans Nr. 36 "G. straße / H. Straße" für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie meint, die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Dass sie den Käufern gegenüber zur Herstellung rechtmäßiger Zustände verpflichtet sei, sei nicht näher dargelegt und werde mit Nichtwissen bestritten. Rechtmäßige Zustände ließen sich im Übrigen auch durch eine plankonforme Nutzung herbeiführen. Dass ein Bauherrenwechsel nicht angezeigt worden sei, bedeute nicht, dass die Antragstellerin weiter Bauherrin sei. Sie habe offenbar nicht mehr die dafür erforderliche Sachherrschaft über den Bau. Schließlich seien etwaige Belange als "Nicht-mehr-Eigentümerin" nicht abwägungserheblich gewesen, da die Antragstellerin solche im Einwendungsverfahren nicht zum Ausdruck gebracht habe, diese der Antragsgegnerin also auch nicht hätten bekannt gewesen sein können. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Plan sei erforderlich. Seine Zielsetzung sei es, einerseits den Fremdenverkehr zu stärken, andererseits auch Dauerwohnen auf der Insel zu ermöglichen. Das sei legitim. Der Plan sei umsetzbar; dass dies erst auf längere Sicht möglich sei, schließe seine Erforderlichkeit nicht aus. Ein Nebeneinander von Ferien- und Dauerwohnen könne in einem Sondergebiet für Fremdenbeherbergung zugelassen werden. Sie habe dem Ferienwohnen über die Bestandsschutzregelung in einer diese Zweckbestimmung rechtfertigenden Weise Raum gelassen. Die Stichtagsregelung sei sachgerecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten, namentlich die beigezogenen Gerichts- und Beiakten des Verwaltungsgerichts Oldenburg zum Az. 4 A 4739/16 verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist unzulässig. Die Antragstellerin ist nicht antragsbefugt.
Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch eine Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, einen Normenkontrollantrag stellen. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8 = BVerwGE 107, 215 = BRS 60 Nr. 46; Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 -, juris Rn. 9 = NVwZ 2004, 1120 = BRS 67 Nr. 51; stRspr.). Die Antragsbefugnis kann insbesondere eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots begründen. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Es verleiht Privaten ein subjektives Recht darauf, dass ihre Belange in der Abwägung ihrem Gewicht entsprechend "abgearbeitet" werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, a.a.O., Rn. 15 ff.). Der Antragsteller in einem Normenkontrollverfahren kann sich deshalb im Rahmen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch darauf berufen, dass seine abwägungsrelevanten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. Macht er eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er einen Belang als verletzt bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war.
Beachtlich sind nur die privaten Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind hiernach insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, a.a.O., Rn. 12; Urt. v. 30.4.2004, a.a.O., Rn. 9; stRspr.). Namentlich kommt eine Verletzung des subjektiven Rechts auf Abwägung der eigenen Belange nicht in Betracht, wenn den Antragstellern weder Nutzungsbefugnisse noch Verfügungsbefugnisse an einem planbetroffenen Grundstück zustehen (BVerwG, Beschl. v. 3.8.2017 - 4 BN 11.17 -, juris Rn. 11; Urt. v. 29.6.2015 - 4 CN 5.14 -, NVwZ 2015, 1457 = BauR 2015, 1827 = juris Rn. 9 ff.).
Gemessen hieran hat die Antragstellerin einen abwägungserheblichen Belang nicht bezeichnet. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses stand das für die Vermittlung einer Antragsbefugnis allein in Betracht kommende Grundstück G. straße 80 nicht einmal mehr anteilig in ihrem Eigentum. Dingliche oder obligatorische Nutzungsrechte standen ihr nicht zu. Die Antragstellerin sucht ihre Antragsbefugnis daraus herzuleiten, dass sie weiterhin Bauantragstellerin und den damaligen Grundeigentümern gegenüber zur Herstellung rechtmäßiger Zustände, d.h. einer (erneuten) formellen Legalisierung des Vorhabens, wie es Gegenstand der inzwischen aufgehobenen Baugenehmigung gewesen war, verpflichtet sei. Das überzeugt nicht.
Die reine formale Position als Bauantragstellerin begründet einen abwägungserheblichen Belang nicht; ist das Eigentum am Vorhaben/Grundstück mittlerweile auf Dritte übergegangen, so berührt die Erteilung oder Ablehnung der Baugenehmigung jedenfalls unmittelbar keine Interessen des Bauantragstellers mehr.
Eine Antragsbefugnis kann die Antragstellerin aber auch nicht aus ihrer Behauptung ableiten, sie sei "ihren Käufern gegenüber zur Herstellung rechtmäßiger Zustände verpflichtet". Auch dies ist kein abwägungserheblicher Belang. Dabei kann der Senat zugunsten der Antragstellerin unterstellen, dass die Erwerber des Grundstücks G. straße 80 tatsächlich Gewährleistungs- oder gar Schadensersatzansprüche gegenüber der Antragstellerin geltend machen könnten, sollte die Erteilung einer Baugenehmigung an den Festsetzungen der angegriffenen Bebauungsplanänderung scheitern.
Sehr fraglich ist bereits, ob dies nicht schon deshalb gilt, weil die Bebauungsplanänderung der erneuten Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben nicht entgegenstehen dürfte. Gegenstand des Bauantrags ist ein Haus mit 6 Ferienwohnungen zum Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. spätestens am 18.6.2015, bereits fertiggestellt, nur eben noch nicht bestandskräftig genehmigt, war. Damit dürfte es - wie auch der Landkreis I. im erneuten Genehmigungsverfahren meint (vgl. BA 003 Bl. 131) - von der textlichen Festsetzung Nr. 2 Pkt. 1, 6. Spiegelstrich, profitieren, wonach im Sondergebiet 1 der am Stichtag 21.06.2016 nachweislich vorhandene Bestand an Ferienwohnungen zulässig ist, soweit die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen erfüllt sind. Die Festsetzung ist erkennbar dahingehend zu verstehen, dass die in Bezug genommenen "bauordnungsrechtlichen Bestimmungen" die des materiellen Bauordnungsrechts sind, namentlich die Anforderungen an Küchen/Kochgelegenheiten und Abstellräume (vgl. explizit S. 10 der Planbegründung). Hätte die Antragsgegnerin auch die Einhaltung der formellen Anforderungen der NBauO, namentlich das Erfordernis einer Baugenehmigung zur Voraussetzung der Regelung machen wollen, wäre zweifellos die Formulierung "der am 21.06.2016 nachweislich vorhandene und genehmigte Bestand an Ferienwohnungen" gewählt worden. Auch würde die Festsetzung, bezöge sie sich auf das Vorhandensein einer Baugenehmigung, wenig Sinn ergeben, denn genehmigte Ferienwohnungen genössen ohnehin Bestandsschutz. Für diese Lesart spricht ferner deutlich die Planbegründung, in der es auf S. 27 zur Begründung der textlichen Festsetzung Nr. 2 Pkt. 1, 6. Spiegelstrich, heißt:
"Ferienwohnungen sind im Plangebiet in großer Anzahl vorhanden. Sie unterliegen aber teilweise nicht dem Bestandsschutz. Nicht bestandsgeschützte Ferienwohnungen sind aber städtebaulich vertretbar. Sie genießen einen Vertrauensschutz. [...] Die Möglichkeit [...] im Ergebnis den Bestand zu legalisieren, liegt im Planungsermessen der Stadt D.."
Zudem nimmt die Antragsgegnerin im weiteren Verlauf der Begründung zur Bezeichnung der Wohnungen, die der genannten Festsetzung unterfallen, Bezug auf die Bestandserhebung vom 15.6.2016 (BA1 Bl. P240 ff.). Dort wird nicht nach dem Genehmigungsstatus der Wohnungen differenziert; namentlich sind dort auch die 6 Ferienwohnungen in der G. straße 80 aufgeführt. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, da sie das Vorhaben im Genehmigungsverfahren intensiv bekämpft habe, könne der Bebauungsplan nicht so verstanden werden, dass er dieses legalisiere, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie - hätte sie dieses mit dem Bebauungsplan verhindern wollen - mit hinreichender Deutlichkeit ein (abstraktes, dann ggf. auch andere vorhandene Nutzungen erfassendes) Kriterium, das das Vorhaben nicht erfüllt, in die textlichen Festsetzungen hätte aufnehmen müssen. Die Einlassung der Antragsgegnerin im Verfahren 4 A 4739/16, die Voraussetzungen der textlichen Festsetzung Nr. 2 Pkt. 1, 6. Spiegelstrich, lägen nicht vor, weil das Vorhaben im Widerspruch zur am Stichtag geltenden Veränderungssperre und zu den §§ 172 ff. BauGB gestanden habe, überzeugt nicht, da beides planungsrechtliche, nicht bauordnungsrechtliche Genehmigungshindernisse wären.
Ob all dies bereits mit der zur Verneinung der Antragsbefugnis erforderlichen Offenkundigkeit im Rahmen der Zulassung feststeht, kann aber dahinstehen. Denn auch dann, wenn die erneute Genehmigung des Vorhabens an den Festsetzungen des geänderten Bebauungsplans scheitern würde, wäre das Interesse der Antragstellerin, vor dadurch bedingten zivilrechtlichen Ansprüchen der Grundstückserwerber verschont zu werden, nicht abwägungserheblich.
Sollte die Antragstellerin den Erwerbern gegenüber offengelegt haben, dass die für das Vorhaben erteilte Baugenehmigung Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits war und gleichwohl die Gewährleistung für ihren Fortbestand nicht ausgeschlossen haben, so liefe dies auf eine gewillkürte Garantie für einen den Erwerbern günstigen Inhalt des künftigen Bebauungsplans hinaus. Das Interesse, diese Garantie erfüllen zu können, wäre jedoch kein Nutzungs-, sondern ein rein wirtschaftliches Interesse und hätte keinen hinreichenden städtebaulichen Bezug mehr (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 3.8.2017 - 4 BN 11.17 -, juris Rn. 12 zum fehlenden städtebaulichen Bezug des Interesses der Gesellschafter am bauplanungsrechtlichen Schicksal eines dem Gesellschaftsvermögen zugehörigen Grundstücks). Es wäre ein reines Derivat des Nutzungsinteresses des neuen Grundstückseigentümers. Dieses allein muss maßgeblich für die gemeindliche Abwägung sein. Bringt der neue Eigentümer das Interesse an der mit dem Bauantrag verfolgten Nutzung nicht in den Planungsprozess ein oder verfolgt er gar entgegengesetzte Interessen, so gibt es keinen Grund, es dem Voreigentümer zu ermöglichen, den Planungsprozess in ggf. abweichender Weise zu beeinflussen. Der Fall liegt insoweit ähnlich wie der des Nacherben, dem es das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls versagt, seine Nutzungsvorstellungen unabhängig von denjenigen des aktuellen Eigentümers geltend zu machen (Beschl. v. 27.10.1997 - 4 BN 20/97 -, NJW 1998, 770 = ZfBR 1998, 101 = juris Rn. 6 ff.). Eine Rechtsschutzlücke dahingehend, dass der Erwerber sich gegen die Planänderung nicht wehren müsste, weil er ja Rückgriffsansprüche gegen den Veräußerer hätte, dieser aber sich gegen die Planänderung nicht wehren kann, entsteht nicht. Versäumt es der durch die oben beschriebene Garantie abgesicherte Erwerber, sein Interesse an einer bauantragsgemäßen Nutzung im Planaufstellungs- und ggf. Normenkontrollverfahren geltend zu machen, so stellt dies seine vertraglichen Ansprüche gegenüber dem Voreigentümer zumindest unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens in Frage. Hält es der Erwerber für unzumutbar, selbst gegen den Plan vorzugehen, möchte er aber die Nachteile einer Planänderung nicht in Kauf nehmen, bleibt es ihm unbenommen, dem "garantiepflichtigen" Voreigentümer für die Wahrnehmung seiner Interessen im Planaufstellungs- und ggf. Normenkontrollverfahren Vertretungsmacht zu erteilen. Das ist hier indes nicht geschehen.
Der Fall liegt insoweit anders als der des anwartschaftsberechtigten Grundstückserwerbers, dem eine Antragsbefugnis zugesprochen werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.1982 - 4 C 51.79 -, NJW 1983, 1626 = BauR 1983, 154 = juris Rn. 22 f.; OVG Greifswald, Beschl. v. 28.10.2009 - 5 M 146/09 -, NordÖR 2010, 67 = juris Rn. 45). Abwägungserheblich ist bei diesem seine dem Eigentum angenäherte Beziehung zum Grundstück selbst. Eine derartige Beziehung weist das Interesse der Antragstellerin, vor Regressansprüchen verschont zu bleiben, nicht auf. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die Grundstückserwerber nach Maßgabe von § 437 Nr. 2 BGB vom Vertrag zurücktreten und der Antragstellerin so wieder zum Eigentum am Vorhabengrundstück verhelfen könnten. Diese Möglichkeit ist einer dinglich gesicherten, nach außen erkennbaren Erwerbsanwartschaft nicht ansatzweise vergleichbar.
Sollte die Antragsgegnerin den Erwerbern gegenüber den Umstand, dass das auf dem Vorhabengrundstück errichtete Gebäude noch nicht bestandskräftig genehmigt war, verschwiegen haben, wäre ihr Interesse, von den Folgen dieses Verschweigens verschont zu werden, mangels rechtlicher Schutzwürdigkeit ohnehin nicht abwägungserheblich.
Auch die Prozessstandschaftserklärungen der aktuellen Grundstückseigentümer vom 29.6.2018 führen nicht zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags. Eine solche gewillkürte Prozessstandschaft dürfte im Verwaltungsprozess jedenfalls für die Verfahrensarten abzulehnen sein, in denen das Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte fordert (so für die Anfechtungsklage BVerwG, Urt. v. 26.10.1995 - 3 C 27.94 -, NVwZ-RR 1996, 537 = juris Rn. 19; Kopp/Schenke, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 25; Happ, in: Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 76). Selbst wenn eine gewillkürte Prozessstandschaft aber grundsätzlich im Normenkontrollverfahren möglich wäre, wäre sie jedenfalls dann unzulässig, wenn die Erklärung des eigentlichen Rechtsinhabers erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist abgegeben wird (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Alberst/Hartmann, ZPO, 76. Aufl. 2018, Grdz. § 50 Rn. 30). Die gewillkürte Prozessstandschaft darf nicht genutzt werden, um einem Rechtsinhaber, der es versäumt hat, rechtzeitig Rechtsbehelfe zu ergreifen, die Umgehung der dafür vorgesehenen Fristen durch Übernahme eines bislang mangels Antragsbefugnis ebenso unzulässigen Rechtsbehelfs zu ermöglichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.