Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.04.2018, Az.: 9 K 210/17
Berücksichtigen des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs i.R.d. Festsetzung der Einkommensteuer; Pauschalversteuerung des Arbeitslohns i.R.v. Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 16.04.2018
- Aktenzeichen
- 9 K 210/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 65476
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 16.12.2020 - AZ: VI R 19/18
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 2 S. 2, 3, 4, 5 EStG
- § 19 Abs. 1 EStG
- § 40a Abs. 2 EStG
- § 40a Abs. 5 EStG
Fundstellen
- BiB 2019, 17
- EFG 2018, 1626-1628
- StX 2018, 758-759
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs und damit einhergehend streitig, ob der Kläger im Streitjahr geringfügig beschäftigt war und aufgrund der durch den Arbeitgeber bislang erfolgten Pauschalversteuerung des Arbeitslohns Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in der Einkommensteuerveranlagung nicht erfasst werden dürfen. Des Weiteren begehrt der Kläger mit seiner Klage die Anerkennung weiterer außergewöhnlicher Belastungen unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684.
Der Kläger ist Rentner. In seiner Einkommensteuererklärung 2015 erklärte er neben gewerblichen Beteiligungseinkünften, Einkünften aus Kapitalvermögen, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch sonstige Einkünfte aus Leibrenten sowie anderen wiederkehrenden Leistungen. Ferner machte er außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt 4.250 € geltend, welche sich aus 1.249 € Krankheitskosten sowie 3.000 € Fahrtkosten für den volljährigen behinderten Sohn des Klägers zusammensetzten.
Daneben erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Diesen Einkünften lag eine Anstellung bei einer GmbH (GmbH) zu Grunde. Dort war der Kläger geringfügig beschäftigt. Die Lohnversteuerung erfolgte durch die GmbH pauschal nach § 40a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mit einem Pauschsteuersatz in Höhe von 2% des Arbeitsentgelts. Geschäftsführer der GmbH ist ein weiterer Sohn des Klägers. Seitens der GmbH wurde der monatliche Arbeitslohn des Klägers wie folgt ermittelt:
Gehalt | 75 € |
---|---|
geldwerter Vorteil PKW Nutzung | 374 € |
(574 € abzgl. vom Kläger gezahlter Zuschuss 200 €) | |
_______________________________ | _____ |
Bruttoverdienst: | 449 € |
Der privaten PKW Nutzung lag ein am 5. Mai 2010 zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossener Kraftfahrzeugüberlassungsvertrag als Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag zu Grunde. Danach überlässt die GmbH dem Kläger das Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz, GLK. Insoweit ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass in dem Kfz-Überlassungsvertrag ein falsches Kennzeichen angegeben worden ist.
In § 2 Ziffer 6 des Kfz-Überlassungsvertrages heißt es:
"Der Arbeitnehmer leistet für die Anschaffung des Fahrzeugs eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 €, die er auf das Konto des Arbeitgebers überweist. Die Zuzahlung wird für einen Zeitraum von 96 Monaten gezahlt. Sollte das Fahrzeug vorzeitig zurückgegeben, veräußert oder getauscht werden, werden dem Arbeitnehmer für jeden nicht genutzten Monat 1/96stel erstattet."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kfz-Überlassungsvertrag (Blatt 15 FG-Akte in 9 K 162/17) verwiesen.
Entsprechend hat der Kläger einmalig 20.000 € an die GmbH gezahlt. Diese hat die Einmalzahlung anschaffungskostenmindernd berücksichtigt, sodass sie die Abschreibung für das Fahrzeug von einer um 20.000 € geminderten Bemessungsgrundlage vornahm.
In der Zeit vom 2. Juni 2016 bis zum 10. Juni 2016 führte der Beklagte bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 durch. Dabei berechnete der zuständige Außenprüfer den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung des dem Kläger überlassenen Firmenfahrzeugs wie folgt:
Bruttolistenpreis Mercedes-Benz GLK 350 CDI 4 MATIC: | 57.322 € |
---|---|
privater Nutzungswert monatlich 1% des Bruttolistenpreises: | 573 € |
Nutzungswert pro Jahr (573 € x 12) = 6.876 € |
Die Zuzahlung des Klägers zu den Anschaffungskosten des PKW berücksichtigte der Betriebsprüfer dahingehend, dass er den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzungsmöglichkeit des Kraftfahrzeugs minderte. Dabei war er unter Rückgriff auf Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) der Auffassung, dass nach der Anrechnung im Zahlungsjahr verbleibende Zuzahlungen in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den Privatnutzungswert für das Kraftfahrzeug angerechnet werden. Auf Basis dessen berücksichtigte der Außenprüfer die Zuzahlung wie folgt:
Zuzahlung Arbeitnehmer | 20.000 € |
---|---|
abzgl. geldwerter Vorteil 2010: | 6.876 € |
verbleiben | 13.124 € |
abzgl. geldwerter Vorteil 2011: | 6.876 € |
verbleiben | 6.248 € |
abzgl. geldwerter Vorteil 2012 | 6.248 € |
verbleiben | 0 € |
Entsprechend minderte die Zuzahlung des Klägers den privaten Nutzungswert bis Ende 2012, sodass nach Auffassung des Betriebsprüfers ab dem Kalenderjahr 2013 der geldwerte Vorteil aus der privaten Kfz Nutzung mit jährlich 6.876 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers zu berücksichtigen sei. Vor diesem Hintergrund errechnete der Betriebsprüfer für die Kalenderjahre beginnend ab 2013 folgende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit für den Kläger:
Gehalt (75 € x 12): | 900 € |
---|---|
geldwerter Vorteil Kfz Nutzung | 6.876 € |
Summe | 7.776 € |
Da somit der monatliche Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 648 € (7.776 €/12 Monate) den Betrag von 450 € überstieg, lagen nach Auffassung des Beklagten die Voraussetzungen einer pauschalen Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers im Streitjahr nicht mehr vor.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2017 veranlagte der Beklagte den Kläger zur Einkommensteuer 2015. Dabei wertete er eine Kontrollmitteilung des Lohnsteueraußenprüfers aus und berücksichtigte zusätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers, indem er einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 7.776 € ansetzte und davon den Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 1.000 € zum Abzug brachte. Von den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen brachte der Beklagte eine zumutbare Eigenbelastung in Höhe von 3% des Gesamtbetrags der Einkünfte in Abzug, sodass sich letztlich ein Betrag in Höhe von 2.857 € steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen auswirkte.
Dagegen legte der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten am 23. Februar 2017 Einspruch ein und verwies zur Begründung auf seine Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014.
Danach solle aufgrund der Kfz-Überlassungsvereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger die Zuzahlung in Höhe der vom Kläger geleisteten 20.000 € jährlich ratierlich auf die Anschaffungskosten des PKW geleistet werden. Demnach ergebe sich bei einer aufgrund der Kfz-Überlassungsvereinbarung vereinbarten Nutzungsdauer von 96 Monaten (8 Jahren) ein monatlicher Zuzahlungsbetrag in Höhe von 208,33 €. Folglich sei die bislang durch die GmbH vorgenommene Berechnung des Bruttoarbeitslohns des Klägers, bei welcher der monatliche geldwerte Vorteil um 200 € gemindert wurde, korrekt.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens zur Einkommensteuer 2013 und 2014 war der Prozessbevollmächtigte der Auffassung, dass die vom Beklagten zitierte Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR auf den vorliegenden Fall nicht zuträfe, da es hier zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung darüber gebe, wie die Anzahlung der 20.000 € zu berücksichtigen sei. Außerdem gebe es eine Rückzahlungsverpflichtung bei einem vorzeitigen Verkauf des Fahrzeugs. Dazu fügte der Prozessbevollmächtigte eine Kopie des Kfz-Überlassungsvertrages für den Beklagten bei. Ferner teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass der Kläger im März 2015 einen Schlaganfall erlitten habe und dadurch nicht mehr verkehrstauglich sei, sodass ab diesem Zeitpunkt eine Privatnutzung des Kraftfahrzeugs durch ihn nicht mehr möglich gewesen sei. Das Fahrzeug werde seitdem ausschließlich nur noch für betriebliche Zwecke verwendet und sei im Sommer 2016 verkauft worden.
Ausweislich eines ärztlichen Entlassungsberichts befand sich der Kläger wegen des Schlaganfalls vom 18. März bis zum 25. März 2015 in stationärer Behandlung (Bl. 11 GA).
Aus einem Aktenvermerk des Beklagten vom 24. Februar 2017 ergibt sich, dass der Lohnsteueraußenprüfer im Rahmen der Prüfung den Kfz-Überlassungsvertrag nicht in Augenschein genommen hat. Nach Auffassung des Außenprüfers könne die Vereinbarung jedoch keinen Unterschied machen, weil keine monatlichen Zahlungen geleistet wurden, sondern eine Einmalzahlung (vgl. Bl. 33 Einspruchsheftung zu 9 K 162/17).
Mit Schreiben vom 1. März 2017 teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten daher mit, dass auch die Vorlage des Kfz-Überlassungsvertrages nichts an seiner Rechtsauffassung ändere. Denn auch hier seien keine monatlichen Zahlungen für die Kfz-Überlassung vereinbart worden, sondern eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 €. Dass die Zahlung für einen Zeitraum der Nutzung von 96 Monaten vereinbart wurde, ändere nach Auffassung des Beklagten nichts an der Anwendung der Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nummer 4 Sätze 2 und 3 LStR. Vielmehr stelle diese Vereinbarung lediglich eine Rechengröße für eine eventuelle Erstattung der Zuzahlung bei vorzeitiger Rückgabe des Fahrzeugs an den Arbeitgeber dar.
Mit Schreiben vom 17. März 2017 wies der Beklagte den Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass aufgrund der vorzeitigen Rückgabe des Kraftfahrzeugs bis zum Schlaganfall des Klägers im März 2015 ein Nutzungszeitraum von Mai 2010 bis März 2015 erfolgt sei, welcher 59 Monate umfasse. Der PKW sei daher 37 Monate vor Ablauf der vereinbarten Nutzungszeit zurückgegeben worden. Daher habe der Kläger entsprechend der Kfz-Überlassungsvereinbarung einen Rückerstattungsanspruch, welcher steuerpflichtigen Arbeitslohn darstelle, da der Nutzungswert der PKW-Nutzung um den Zuzahlungsbetrag gemindert worden sei. Ferner seien noch 3 Monate der PKW Nutzung für Januar bis März 2015 sowie das monatliche Gehalt von 75 € zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund ergebe sich für 2015 insgesamt ein Arbeitslohn in folgender Höhe:
Rückzahlungsanspruch | 20.000 € x 37/96 Monate | 7.708 € |
---|---|---|
Private Kfz Nutzung Januar-März 2015 | 57.300 € x 1% x 3 Monate | 1.719 € |
Monatliches Gehalt Januar-Dezember 2015 | 75 € x 12 Monate | 900 € |
Summe | 10.327 € |
Insoweit wies der Beklagte auf die Möglichkeit einer verbösernden Einspruchsentscheidung hin.
Per Email vom 21. April 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte das Ruhen des Einspruchsverfahrens, bis über die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 (9 K 162/17) entschieden werde. Betreffend die angedrohte Verböserung bat der Prozessbevollmächtigte um Beachtung des Zuflussprinzips. Der Kläger habe die Rückerstattung für die vorzeitige Rückgabe des Fahrzeugs lediglich in Höhe von 4.175 € am 29. August 2016 erhalten.
Auf Nachfrage des Beklagten legte der Prozessbevollmächtigte am 10. Mai 2017 einen Zahlungsnachweis über die Überweisung für die anteilige Rückzahlung der PKW Anschaffungskosten in Höhe von 4.375 € vom 29. August 2016 vor. Ferner teilte er mit, dass das Fahrzeug am 22. Juli 2016 veräußert worden sei. Des Weiteren legte der Prozessbevollmächtigte Lohnjournale für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2017 vor. Danach erfolgte bis zur Veräußerung des Fahrzeugs im Juli 2016 weiterhin eine Versteuerung eines geldwerten Vorteils für die private Kfz Nutzung, sodass der Rückzahlungsanspruch für einen Zeitraum von 21 Monaten, mithin in Höhe von 21/96 angesetzt worden sei.
Mit Einspruchsbescheid vom 15. Mai 2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR mindere ein Nutzungsentgelt, welches der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung des Kraftfahrzeugs zahle, den Nutzungswert. Zuschüsse des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten könnten im Zahlungsjahr ebenfalls auf den privaten Nutzungswert angerechnet werden. Nach der Anrechnung verbleibende Zuschüsse könnten in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug angerechnet werden. Vorliegend habe der Kläger für die Kfz-Überlassung kein Entgelt für die Nutzung des Kraftfahrzeugs, sondern eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 € für die Anschaffung des PKW an den Arbeitgeber gezahlt. Daher sei diese Zahlung nicht auf einen pauschalen monatlichen Betrag beschränkt bei der Ermittlung des privaten Nutzungswerts zu berücksichtigen, sondern in jedem Jahr voll auf den Nutzungswert anzurechnen, bis der Zuzahlungsbetrag verbraucht sei. Daran ändere auch die Vereinbarung eines bestimmten Zeitraums, für den die Zuzahlung gezahlt werden solle, nichts, weil diese Regelung nur dazu getroffen wurde, um eventuelle Erstattungsansprüche des Klägers bei vorzeitiger Beendigung der Nutzungsüberlassung zu konkretisieren.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 15. Juni 2017 bei dem Niedersächsischen Finanzgericht eingegangenen Klage. Er ist der Auffassung, dass die Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde, da der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung getroffen habe, wonach er monatlich 200 € zum Abzug von dem nach der 1%-Regelung berechneten Betrag angerechnet bekomme. Hilfsweise müsse auch im Streitjahr 2015 die Kostendeckelung Berücksichtigung finden. Somit seien maximal 1.029,18 €, berechnet für Kfz-Steuern, Versicherung, laufende Kfz-Kosten sowie Reparaturen bezogen auf 3 Monate (Januar bis März 2015) als geldwerter Vorteil aus der privaten Kfz Nutzung anzusetzen. Der Sohn des Klägers habe immer darauf gehofft, dass der Kläger nach dem erlittenen Schlaganfall wieder gesund werde, damit dieser das Fahrzeug weiter nutzen könne. Der Kläger behauptet, dass das Fahrzeug seit dem Schlaganfall im März 2015 auf dem Betriebsgelände der GmbH gestanden habe und bis zum Verkauf im Juli 2016 ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet worden sei. Der Kläger ist daher der Auffassung, dass bereits ab April 2015 eine Versteuerung des geldwerten Vorteils aus einer privaten Kfz Nutzung für den Kläger nicht mehr vorgenommen werden brauche. Insoweit habe das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 24. Januar 2017 10 K 1932/16) entschieden, dass die 1%-Regelung nur dann greife, wenn der Nutzungsberechtigte auch tatsächlich zur Nutzung berechtigt sei. Durch den Schlaganfall und der daraus resultierenden Fahruntüchtigkeit sei der Kläger jedoch zu Nutzung definitiv nicht mehr berechtigt gewesen.
Betreffend die beantragte Kostendeckelung aus den insoweit vorgelegten Tankrechnungen der Firma OHG sei ersichtlich, dass es sich um eigenhändige Unterschriften des Klägers handele. Bei den nunmehr ergänzend vorgelegten Tankrechnungen von Juli bis Oktober 2015 hätten andere Mitarbeiter der GmbH das Fahrzeug betankt. Dies bekräftige nach Auffassung des Klägers seine Behauptung, dass er das Fahrzeug seit März 2015 nicht mehr genutzt habe.
Ferner verweist der Kläger auf seine Klagebegründung im Verfahren 9 K 162/17 und bezieht sich hilfsweise auf das BFH Urteil vom 18. Oktober 2007 (VI R 59/06), wonach die Zuzahlungssumme in Höhe von 20.000 € für den Kläger zum Werbungskostenabzug über 8 Jahre verteilt anzusetzen sei. Der Kläger verweist explizit auf Satz 2 in § 2 Abs. 6 des Kfz- Überlassungsvertrages, wonach die Zuzahlung für einen Zeitraum von 96 Monaten gezahlt werde. Dieser Passus stelle eindeutig klar, dass die Zuzahlung für einen Zeitraum auf die zukünftigen 96 Monate bezogen werden müsse. Satz 3 der Regelung betreffend die Rückzahlungsmodalitäten komme erst dann zur Anwendung, wenn der Fall der vorzeitigen Rückgabe eintrete. Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger hier für einen höherwertigen PKW unter Zuzahlung von 20.000 € entschieden habe. Hätte er sich seinerzeit für einen PKW mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 30.000 € ohne Zuzahlung entschieden, wäre die 1%-Regelung klar mit 300 € pro Monat angesetzt worden. Nun habe der Kläger jedoch eine Zuzahlung geleistet und der Vertrag habe diese auf einen Zeitraum von 96 Monaten bezogen. Dadurch habe er die Möglichkeit erhalten, bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis einen Rückanspruch zu generieren. Hätte er diese Zuzahlung ohne weitere Vereinbarung geleistet, so hätte ihm ein Ersatzanspruch bei Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht zugestanden. Allein deshalb mache es nach Auffassung des Klägers Sinn, eine laufzeitabhängige Zuzahlung mit Dauer und eventuellem Rückanspruch zu vereinbaren. Insoweit seien die Vertragsbeteiligten völlig frei in ihrer Vertragsgestaltung. Vor diesem Hintergrund müsse dem Kläger eine Reduzierung der 1%-Prozent Besteuerung zugestanden werden, weil er ansonsten gegenüber demjenigen schlechter behandelt werde, der einen betrieblichen PKW privat nutzt, der einen um die Summe der Zuzahlung günstigeren Bruttolistenpreis ausweist. Insoweit komme es zu einer anderweitigen Besteuerung bei einem vergleichbaren Sachverhalt, was nach Auffassung des Klägers Art. 3 des Grundgesetzes widerspreche.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 15. Februar 2017 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 15. Mai 2017 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit jeweils auf 0 € herabgesetzt werden, für die außergewöhnlichen Belastungen die Staffelmethode entsprechend des Urteils des BFH vom 27. Januar 2017 VI R 75/14 angewendet wird und die Einkommensteuer 2015 entsprechend herabgesetzt wird.
- 2.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält weiter an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung fest. Ferner weist der Beklagte darauf hin, dass es zum hiesigen Streitpunkt in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 1-3 LStR eindeutige Regelungen gebe, an die der Beklagte gebunden sei. Vorliegend sei auch zu berücksichtigen, dass die Zuzahlung des Klägers nicht in monatlichen Raten, sondern vielmehr in einer Summe an den Arbeitgeber erfolgte. Entsprechend sei die Zuzahlung auch bei Aktivierung der Anschaffungskosten des Pkw bei der GmbH in Abzug gebracht worden. Dies sei genau der Fall, der in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR geregelt sei. Da der Nutzungswert des Klägers im entsprechenden Kalenderjahr unter dem Zuzahlungsbetrag gelegen habe, komme die vorgenannte Richtlinie zur Anwendung, wonach verbleibende Zuschüsse in den folgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Fahrzeug angerechnet werden können. Entsprechend habe der Beklagte den Vorgang auch behandelt. Die Regelungen in § 2 Nummer 6 Abs. 2 und 3 des Kfz-Überlassungsvertrages regele nach Auffassung des Beklagten lediglich die Rückzahlungsansprüche des Klägers für den Fall, dass der Arbeitgeber das Fahrzeug vor Ablauf eines bestimmten Nutzungszeitraums zurückverlangen sollte. Für die tatsächliche Zahlung des Zuschusses bei Anschaffung des Kraftfahrzeugs, die in einer Summe und eben nicht in Monatsraten erfolgt sei, hätten die Regelungen des Überlassungsvertrages aber keinerlei Bedeutung.
Soweit der Kläger nunmehr für das Streitjahr 2015 die sogenannte Kostendeckelung beantrage, sei zu berücksichtigen, dass zu den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs die Aufwendungen für Kraft- und Schmierstoffe, Haftpflicht- und Kaskoversicherungen, Kfz-Steuer, Reparaturkosten sowie Wartungs- und Inspektionskosten zählten. Die erst im Rahmen des Klageverfahrens eingereichte Aufstellung des Klägers zur Ermittlung der Kosten für den PKW reichten nach Auffassung des Beklagten nicht aus, um eine Kostendeckelung im Sinne des BMF Schreibens vom 18. November 2009 (IV C 6-S 2177/07/10004) vorzunehmen. Zum einen enthalte sie keinerlei Nachweise zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten des betreffenden Kraftfahrzeugs, zum anderen umfasse sie nur einen Zeitraum von 3 Monaten, obwohl das Kraftfahrzeug dem Kläger nach eigener Aussage bis zum Verkauf des Kraftfahrzeugs im Juli 2016 ununterbrochen zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden habe. Allein diese Nutzungsmöglichkeit stelle nach Auffassung des Beklagten bereits einen geldwerten Vorteil dar. Auf den tatsächlichen Umfang der Nutzung komme es nicht an. Aus diesem Grunde seien für die Anwendung der Kostendeckelung auch die gesamten Kosten des PKW für das gesamte Kalenderjahr 2015 nachzuweisen. Denn nach den Angaben des Klägers sei der PKW ab März 2015 ausschließlich betrieblich genutzt worden, weshalb auch für den Rest des Jahres 2015 laufende Betriebskosten angefallen seien. Da die von dem Kläger für das Kalenderjahr 2015 eingereichten Tankabrechnungen der Firma OHG für die einzelnen Tankvorgänge nicht immer ein Fahrzeug zuordneten, sondern oftmals mit einem Namen abgezeichnet worden seien, könne nicht überprüft werden, ob diese Kosten durch das dem Kläger überlassene Fahrzeug verursacht worden sind. Daher lägen die Voraussetzungen für die Anwendung der sogenannten Kostendeckelung nach Auffassung des Beklagten nicht vor.
Die von dem Kläger ab März 2015 aufgrund eines erlittenen Schlaganfalls behauptete Unfähigkeit, ein Kraftfahrzeug zu führen, sei nach Auffassung des Beklagten nicht hinreichend nachgewiesen. Die Sehstörungen des Klägers beruhten nach den vorgelegten Unterlagen auf beidseitigen Katarakten, also grauem Star. Diese Augenerkrankung sei eine häufige Alterserscheinung, die über Jahre hinweg erworben werde und nicht mit dem im März 2015 erlittenen Schlaganfall des Klägers in Zusammenhang stehe. Zudem seien an beiden Augen OPs durchgeführt worden, die dieses gesundheitliche Problem behoben hätten. Im Übrigen sei, wie den eingereichten medizinischen Unterlagen zu entnehmen sei, ein guter Allgemeinzustand ohne neurologische Befunde und Bewegungseinschränkungen oder Lähmungen attestiert worden. Aufgrund der durchgeführten Rehabilitationsbehandlung habe zudem noch eine Kraft- und Mobilitätssteigerung bei dem Kläger erreicht werden können. Aus dem Gutachten des medizinischen Dienstes ergebe sich, dass keine Einschränkung der Alltagskompetenz bestehe.
Zudem stehe der Behauptung, dass der Kläger seit einem Schlaganfall nicht mehr in der Lage sei einen PKW zu führen, die Aussage im Schriftsatz vom 24. Oktober 2017, den der Kläger zu dem unter dem Aktenzeichen 9 K 162/17 beim Finanzgericht anhängigen Rechtsstreit übersandt hat, entgegen. Danach seien nämlich die Umsatzsteigerungen des Unternehmens der GmbH von 3 Millionen in 2010 auf 5,4 Millionen in 2015 maßgeblich auf den Kläger zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund ergebe sich ein dauernder Verlust der Fahrtauglichkeit des Klägers aus den eingereichten Unterlagen jedenfalls nicht.
Auch das tatsächliche Verhalten der Beteiligten lasse nicht darauf schließen, dass dem Kläger das Fahrzeug seit März 2015 nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Insbesondere habe der Kläger das Fahrzeug nicht wie vertraglich vereinbart mit Originalschlüssel, Fahrzeugpapieren und Reifen an seinen Arbeitgeber zurückgegeben und darüber ein schriftliches Protokoll verfasst. Dies wäre allerdings gerade vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsführer der GmbH der Sohn des Klägers ist, zu Beweiszwecken erforderlich gewesen. Nach eigener Aussage sei der Originalschlüssel im Besitz des Klägers verblieben.
Auch die Behauptung des Klägers, der PKW habe auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers gestanden, verfange nicht, da sein Wohngrundstück und das Betriebsgelände der GmbH, praktisch ineinander übergingen und über die Hintertür des Wohnhauses, an der keine Stufe vorhanden ist, zu erreichen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger das Unternehmen der GmbH ehemals als Einzelunternehmen geführt habe und vormals Eigentümer des Betriebsgrundstücks gewesen sei.
Der dem Kläger nach dem Überlassungsvertrag zustehende Rückzahlungsanspruch aus der von ihm geleisteten einmaligen Zuzahlung sei ebenfalls erst ab dem Zeitpunkt der Veräußerung des überlassenen PKW berechnet und tatsächlich an den Kläger ausgezahlt worden, nämlich erst im August 2016. Dies hätte der Kläger wohl kaum hingenommen, wenn er den PKW schon ab März 2015 an seinen Arbeitgeber zurückgegeben hätte und den PKW nicht mehr habe nutzen können. Ferner sei zu bedenken, dass dem Kläger das Fahrzeug nicht nur zur Nutzung überlassen werde, wenn er es selbst fahre, sondern auch, wenn es von jemand anderem für Zwecke des Klägers gefahren werde, wie zum Beispiel aus Gründen, die dem Gutachten des medizinischen Dienstes zu entnehmen seien. Danach erledige zum Beispiel der Sohn des Klägers, der Geschäftsführer der GmbH, Einkäufe, Botengänge und Arztfahrten, wie zum Beispiel die Fahrten zum Augenarzt nach den Katarakt Operationen des Klägers. Auch hierin liege eine Nutzungsüberlassung des PKW des Arbeitgebers an den Kläger, jedenfalls sei diese zumindest nicht auszuschließen.
Die von dem Kläger vorgetragene Ungleichbehandlung sei für den Beklagten nicht ersichtlich. Denn wenn einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Fahrzeug zu einem um 20.000 € niedrigeren Bruttolistenpreis überlassen werde, werde ihm auch nur dieser PKW zur Nutzung überlassen und bei der 1%- Regelung berücksichtigt. Demnach liege nach Auffassung des Beklagten also ein anderer Sachverhalt zugrunde (weniger hochwertiges Fahrzeug) und somit könne es auch nicht zu einer Ungleichbehandlung kommen. Im Übrigen seien dem Kläger eine Reduzierung der 1%- Besteuerung auch zugestanden worden, indem die Zuzahlung in den Vorjahren entsprechend der Richtlinie 8.1 Abs. 9 Satz 2 und 3 LStR jeweils voll dem geldwerten Vorteil gegengerechnet wurde.
Wegen der geltend gemachten Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen sei der Beklagte jedoch bereit, den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid entsprechend zu ändern.
Dem Gericht haben die Steuerakten des Beklagten nebst Einspruchsheftung sowie Auszügen aus den Unterlagen der Lohnsteueraußenprüfung bei dem Arbeitgeber des Klägers vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 15. Februar 2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
Zu Unrecht hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit erfasst, obwohl der Kläger in den Streitjahren geringfügig beschäftigt war und sein Arbeitsentgelt mit Abgeltungswirkung durch die GmbH pauschal versteuert werden durfte. Ferner hat der Beklagte bei Berechnung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) nicht berücksichtigt.
1.Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers waren im Streitjahr nicht in der Einkommensteuerveranlagung zu erfassen.
Nach § 40a Abs. 5 EStG in Verbindung mit § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG ist pauschal versteuerter Arbeitslohn bei der Veranlagung zur Einkommensteuer außer Ansatz zu lassen, da die Steuer bereits durch den Pauschsteuersatz abgegolten ist.
Im Streitjahr hat die GmbH den Arbeitslohn des Klägers zu Recht pauschal nach § 40a Abs. 2 EStG versteuert.
Danach kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf den Abruf von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (§ 39e Abs. 4 Satz 2 EStG) oder die Vorlage einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (§ 39 Abs. 3 oder § 39e Abs. 7 oder Abs. 8 EStG) die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern (einheitliche Pauschsteuer) für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, für das er Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c (geringfügig versicherungspflichtig Beschäftigte) oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a (versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte) des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu entrichten hat, mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben.
Der Kläger war im Streitjahr geringfügig beschäftigt.
Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt.
Das monatliche Arbeitsentgelt des Klägers überstieg im Streitjahr nicht den Betrag von 450 €.
Neben dem Bruttogehalt in Höhe von monatlich 75 € ist dem Kläger Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils aus der Nutzung des betrieblichen Pkw zur privaten Nutzung zugeflossen.
Nach ständiger Rechtsprechung führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG (BFH, Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256, 107, BFH/NV 2017, 516 m. w. N.). Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder nach der 1 %-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Beide vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen lediglich unterschiedliche Wege zur Bewertung dieses Vorteils bereit. Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen (BFH, Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256, 107, BFH/NV 2017, 516 m. w. N).
Nach diesen Grundsätzen ist es zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dem Kläger durch die Überlassung des betrieblichen PKW Mercedes GLK zur Privatnutzung dem Grunde nach Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG zugeflossen ist.
Der Arbeitgeber des Klägers hat diesen geldwerten Vorteil vorliegend durch die 1%-Regelung bewertet.
Dabei ist allein streitig, wie die durch den Kläger bei Anschaffung des Fahrzeugs erfolgte Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Pkw in Höhe von 20.000 € bei der Bewertung des geldwerten Vorteils zu berücksichtigen ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten mindert die erfolgte Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Pkw den geldwerten Vorteil monatlich in Höhe von 20.000€/96 Monate, mithin um 208 €.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 18. Oktober 2007 für einen vergleichbaren Fall, in welchem der Arbeitnehmer zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung durch seinen Arbeitgeber überlassenen Porsche eine Zuzahlung getätigt hatte, entschieden, dass es sich bei der Zuzahlung dem Grunde nach um Werbungskosten des Arbeitnehmers handele. Ein solcher Aufwand zu den Anschaffungskosten für ein fremdes Wirtschaftsgut, welches der Arbeitnehmer zur Einkünfteerzielung nutze, sei wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts zu behandeln und über die voraussichtliche Gesamtdauer des Nutzungsrechts abzuschreiben (BFH, Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06, BFHE 219, 208, BStBl. II 2009, 200).
In seiner jüngsten Rechtsprechung ist der BFH von dem Grundsatz, dass es sich bei solchen Aufwendungen dem Grunde nach um Werbungskosten handeln soll ausdrücklich abgerückt und hat nunmehr entschieden, dass monatliche Nutzungsentgelte sowie vom Arbeitnehmer getragene Kosten des ihm zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Pkw bereits auf der Einnahmenseite den geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers mindern. Ein zusätzlicher Werbungskostenabzug solcher Aufwendungen komme daher nicht in Betracht (BFH, Urteile jeweils vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256,107, BFH/NV 2017, 516; VI R 24/14, BFH/NV 2017, 448 [BFH 30.11.2016 - VI R 24/14]).
Aus dieser Rechtsprechungsentwicklung folgert der erkennende Senat, dass die Zuzahlung des Klägers zu den Anschaffungskosten nicht als Werbungskosten, sondern vielmehr auf der Einnahmenseite bereits den geldwerten Vorteil mindert. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Grundsätze des BFH zur gleichmäßigen Verteilung der Zuzahlung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer (Urteil des BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06) keine Anwendung mehr finden sollen. Denn der BFH hat in den Urteilsgründen in seinem Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14 ausdrücklich ausgeführt, dass die Grundsätze des Urteils vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06 nur insoweit nicht mehr gelten sollen, als danach das Nutzungsentgelt als Werbungskosten abgezogen werden sollte.
Entsprechend folgt der Senat nicht der Auffassung des Beklagten, es habe zwingend eine Anrechnung wie in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR zu erfolgen. Dabei stellt der Senat klar, dass er an die in der R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR geregelten Rechtsauffassung der Verwaltung ohnehin nicht gebunden ist.
Nach einer Literaturmeinung widerspricht R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR bereits der Rechtsprechung des BFH, wonach die Zuzahlung gleichmäßig auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs zu verteilen ist (Becker, NWB 2013, 62, 64). Ferner sei zu berücksichtigen, dass R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR eine Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung darstelle. Durften früher Zuzahlungen im Zahlungsjahr lediglich mit dem für die Privatnutzung anzusetzenden geldwerten Vorteil "bis auf null" verrechnet werden, gingen überschießende Zahlungen verloren. Dies hatte zur Folge, dass die Beteiligten darauf achten mussten, dass die Zuzahlungen den als Arbeitslohn anzusetzenden Betrag nicht überstiegen und die Zuzahlung ggf. auf mehrere Jahre verteilt werden musste (Niermann, DB 2010, 2127, 2130).
Unter Berücksichtigung dieser Literaturmeinungen, welcher sich der erkennende Senat anschließt, ist das Gericht der Auffassung, dass der Anwendungsbereich der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR insbesondere dann eröffnet ist, wenn eine Zuzahlung geleistet wird, aber keine Vereinbarung zur voraussichtlichen Nutzungsdauer oder zu einer Verteilung der Zuzahlung getroffen wird.
Insoweit regelt auch das seit dem 4. April 2018 gültige Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) (IV C 5-S 2334/18/10001) nichts Gegenteiliges. Dort wird bei einer erfolgten Zuzahlung des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten des Kfz allgemein auf R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR verwiesen. Sodann wird ein Beispiel gebildet, welches insoweit von dem vorliegenden Fall abweicht, als darin keine Rede davon ist, dass hinsichtlich der Verwendungsdauer der Zuzahlung eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossen wurde.
Im vorliegenden Fall wurde jedoch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH zur Nutzungsdauer und zur Verteilung der Zuzahlung auf 8 Jahre getroffen. Ungeachtet dessen, dass der Senat ohnehin nicht an die Anwendung der der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR und das vorgenannte BMF- Schreiben gebunden ist, ist unter Berücksichtigung der vorgenannten Literaturmeinungen, denen sich der Senat anschließt, demnach bereits der Anwendungsbereich der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR vorliegend nicht eröffnet.
Darüber hinaus ist auch der Rechtsgedanke des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG zu berücksichtigen. Danach sind Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet werden insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Hier handelte es sich um einen Nutzungszeitraum von 8 Jahren, sodass die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG anzuwenden ist. Auch diese Regelung zeigt, dass eine gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung über die Nutzungsdauer zu erfolgen hat, wenn von vornherein ein Zeitraum für die Nutzung und dementsprechend für die Zuzahlung zwischen den Beteiligten vereinbart worden ist.
Ferner führt die gleichmäßige Minderung des geldwerten Vorteils wirtschaftlich zu einem vergleichbaren Ergebnis, wie wenn die Zuzahlung bereits die Bemessungsgrundlage der 1%-Regelung, mithin den Bruttolistenpreis mindern würde. Danach hätte sich vorliegend monatlich ein geldwerter Vorteil in Höhe von 373 € ergeben (57.300 € abzgl. 20.000 € Zuzahlung x 1%). Im Rahmen der gleichmäßigen Verteilung der Zuzahlung als Minderungsposten zum geldwerten Vorteil ergibt sich danach ein monatlicher Betrag in Höhe von 365 € (57.300 € x 1% abzgl. 208 € (20.000 € verteilt auf 96 Monate)).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich vorliegend für den Kläger folgender Arbeitslohn im Streitjahr:
2015 | |
---|---|
Gehalt (75€/Monat) | 900 € |
geldwerter Vorteil Kfz Nutzung (365 €/Monat) | 4.380 € |
Summe | 5.280 € |
Ob dem Kläger eine Kostendeckelung zusteht und ob lediglich für die Monate Januar bis März ein geldwerter Vorteil zu erfassen ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
Denn bereits der Arbeitslohn bei Versteuerung eines geldwerten Vorteils für das gesamte Streitjahr führt dazu, dass der monatliche Arbeitslohn des Klägers 440 € (5.280 €/12 Monate) beträgt und damit die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung des Klägers im Streitjahr erfüllt waren. Somit hat der Arbeitgeber des Klägers zu Recht die Lohnsteuer gemäß § 40a Abs. 2 EStG pauschal mit 2% versteuert, sodass wegen der Abgeltungswirkung der Pauschalversteuerung - entsprechend dem Klagebegehren - keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mehr im streitgegenständlichen Bescheid erfasst werden durften nach § 40a Abs. 5 in Verbindung mit § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG.
2. Der Einkommensteuerbescheid 2015 ist jedoch auch insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte bei der Berechnung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Eigenbelastung einheitlich mit 3% berechnet hat.
Der Senat legt den diesbezüglich gestellten Antrag des Klägers dahingehend aus, dass er sich auf das Urteil des BFH vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 (BFHE 256, 339, BStBl. II 2017, 684) bezieht und dass insoweit im Klageantrag versehentlich ein falsches Entscheidungsdatum (27. Januar 2017 anstatt 19. Januar 2017) genannt worden ist.
Insoweit schließt sich der Senat der übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten an, wonach es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen des Klägers für Fahrtkosten aufgrund der Behinderung des Sohnes und der Krankheitskosten dem Grunde nach um außergewöhnliche Belastungen handelt und dass die Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung entsprechend der nunmehr durch den BFH (Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 , BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) erfolgten Auslegung der Regelung des § 33 Abs. 3 EStG zu erfolgen hat.
Danach ergeben sich folgende abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen im Streitjahr 2015:
Aufwendungen | 4.250 € | |
---|---|---|
Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE) | 39.681 € | |
Eigenbelastung bis 15.340 € GdE | 2% | 307 € |
Eigenbelastung von 15.341 € bis 51.130€ GdE | 3% | 730 € |
abziehbare außergewöhnliche Belastungen | ______ | 3.213 € |
bislang abziehbar lt. Bescheiden vom 15.02.2017 | ______ | 2.857 € |
noch zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen | 356 € |
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2, § 709 S. 2 Zivilprozessordnung.
6. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da vor dem Hintergrund einer gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung in R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist, wie eine in einer Summe erfolgende Zuzahlung eines Arbeitnehmers zu einem ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz zu behandeln ist, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Geltungsdauer der Zuzahlung geschlossen wird.