Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.01.2001, Az.: L 4 KR 238/98
Versicherungspflicht eines Rentners, der hauptberuflich ein Hotel- und Restaurantbetrieb betreibt, in der Krankenversicherung der Rentner; Auswirkungen eines Rentenbescheides auf die Krankenversicherungspflicht eines Rentners; Bindungswirkung eines Rentenbescheides
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 24.01.2001
- Aktenzeichen
- L 4 KR 238/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 15927
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0124.L4KR238.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 12.10.1998 - AZ: S 9 KR 39/97
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 1 Nr.11 SGB V
- § 5 Abs. 5 SGB V
- § 31 Satz 1 SGB X
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse, Im Haspelfelde 24, 30173 Hannover,
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
ohne mündliche Verhandlung am 24. Januar 2001
durch
die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -,
den Richter Schreck und die Richterin Böhmer-Behr sowie
den ehrenamtlichen Richter C. und
die ehrenamtliche Richterin D.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner.
Der im Jahre 1931 geborene Kläger bewirtschaftete bis 30. September 1996 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den er ab 1. Oktober 1996 verpachtete. Er betreibt nach wie vor einen Hotel- und Restaurantbetrieb. Vom 1. Januar 1995 an war er bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.
Der Kläger beantragte am 22. November 1996 Regelaltersrente und meldete sich zur Krankenversicherung der Rentner. Mit Bescheid vom 12. Dezember 1996 gewährte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Regelaltersrente ab 1. Dezember 1996 und führte auf Seite 2 des Bescheides unter der Überschrift "Berechnung der Rente" aus: " Da Sie in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sind, haben Sie einen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen. ..." In dem Bescheid heißt es dann weiter (Seite 4) unter dem Stichwort "Hinweise": "Über Ihren Antrag auf Zuschuss zur Krankenversicherung/Zuschuss zur Pflegeversicherung erhalten Sie in Kürze weitere Nachricht." Mit einem zweiten Rentenbescheid vom 22. Januar 1997 nahm die BfA eine Neuberechnung der Regelaltersrente vor, wobei sie dem Kläger den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag gewährte.
Mit Bescheid vom 13. Januar 1997 setzte die Beklagte die Beiträge des Klägers als freiwilliger Versicherter zur Pflegeversicherung fest und führte aus, dass der Beitrag zur Krankenversicherung bis auf weiteres unverändert fortgelte. Er habe ab 1. Januar 1997 nach Beitragsklasse 20 unverändert monatlich 666,00 DM an Krankenversicherungsbeiträgen zu zahlen. Hiergegen legte der Kläger am 28. Januar 1997 Widerspruch ein, weil er nach dem Bescheid der BfA vom 12. Dezember 1996 pflichtversichert sei und diese Pflichtversicherung eine freiwillige Versicherung ausschließe. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 26. Mai 1997 Klage erhoben, die das Sozialgericht Lüneburg (SG) mit Urteil vom 12. Oktober 1998 abgewiesen hat. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 2 Abs 1 Nr. 4, Nr 4a des 2. Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) keine Versicherungspflicht des Klägers bestehe. Hieran ändere auch der Bescheid der BfA vom 12. Dezember 1996 nichts. Denn die BfA habe insoweit als sachlich unzuständige Behörde entschieden. Darüber hinaus sei der Rentenbescheid in sich widersprüchlich. Er spreche einerseits von der Krankenversicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner. Andererseits gehe er von einer Entscheidung über den Antrag auf Zuschuss zur Krankenversicherung aus; das sei aber nur bei einer freiwilligen Versicherung denkbar.
Hiergegen hat der Kläger am 17. November 1998 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem Rentenbescheid vom 12. Dezember 1996 um einen begünstigenden Verwaltungsakt handele, der nach § 39 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) wirksam und bislang nicht zurückgenommen, widerrufen, aufgehoben worden sei oder sich auf andere Weise erledigt habe. Der Bescheid sei auch nicht nichtig oder unwirksam; die BfA sei keine unzuständige "Behörde", sondern habe im Auftrag der Beklagten gehandelt. Darüber hinaus liege auch keine Widersprüchlichkeit vor. Zwar habe er - der Kläger - im Rentenantragsformular einen Zuschuss zu den Aufwendungen der Krankenversicherung beantragt. Das sei aber zur Vermeidung etwaiger Rechtsnachteile selbstverständlich gewesen und könne nicht als Widerspruch zu der Aussage über das Vorliegen von Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner angesehen werden.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vortrag sinngemäß,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 12. Oktober 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 1997 aufzuheben und
- 2.
festzustellen, dass er ab 1. Dezember 1996 versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Rentner ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind mit den Prozessakten der ersten und zweiten Instanz Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger ist nicht ab 1. Dezember 1996 versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Rentner. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist.
Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben unter bestimmten Voraussetzungen versicherungspflichtig. Eine Versicherungspflicht besteht nach § 5 Abs 5 SGB V aber nicht für die Rentner, die hauptberuflich erwerbstätig sind. Entsprechendes gilt für die landwirtschaftliche Krankenversicherung. Nach § 2 Abs 4a KVLG 1989 ist nicht versicherungspflichtig, wer außerhalb der Land- und Forstwirtschaft hauptberuflich erwerbstätig ist. Der Kläger stellt selbst nicht in Abrede, dass er nach diesen Vorschriften nicht krankenversicherungspflichtig ist. Er meint aber, der Rentenbescheid der BfA vom 12. Dezember 1996 habe für ihn eine Versicherungspflicht begründet. Dem vermag sich der Senat in Übereinstimmung mit dem SG nicht anzuschließen.
Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob der Rentenbescheid vom 12. Dezember 1996 überhaupt eine Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner enthält. Hieran bestehen deshalb Zweifel, weil die Bezugnahme auf die Versicherungspflicht nur im Rahmen der Rentenberechnung erfolgt ist und daher fraglich ist, ob sich der Verfügungssatz des Bescheides auch auf die Krankenversicherungspflicht erstreckt.
Es kann auch unentschieden bleiben, ob die Unzuständigkeit der BfA zur Entscheidung über die Versicherungspflicht eines Rentners in der Krankenversicherung der Rentner nach § 28 h Abs 4 Viertes Sozialgesetzbuch den Rentenbescheid in diesen Punkt nicht nur rechtswidrig, sondern sogar nichtig macht (§ 40 Abs 1 SGB X).
Der Rentenbescheid vom 12. Dezember 1996 entfaltet schon deshalb keine Bindungswirkung hinsichtlich der Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner, weil er insoweit nicht den Anforderungen eines Verwaltungsaktes entspricht. Nach § 31 Satz 1 SGB X setzt ein Verwaltungsakt voraus, dass eine Behörde eine Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft, die auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Bescheid vom 12. Dezember 1996 ist in sich widersprüchlich. Enthält eine Maßnahme einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aber Aussagen, die sich widersprechen, so kann sie schon nach den Grundsätzen der Logik keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfalten. Das muss insbesondere dann gelten, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um statusbegründende Feststellungen handelt.
Der Bescheid vom 12. Dezember 1996 enthält einerseits Hinweise zur Krankenversicherungspflicht des Klägers. Zum anderen ist ausgeführt, dass der Kläger über seinen Antrag auf Krankenversicherungszuschuss in Kürze weitere Nachricht erhalten wird. Letzteres - hierauf hat bereits das SG hingewiesen - setzt jedoch die freiwillige Krankenversicherung voraus. Da der Kläger nur entweder pflichtversichert oder freiwillig krankenversichert sein kann, vermag der Rentenbescheid in dieser Hinsicht keine Rechtswirkungen zu zeitigen.
Der Bescheid der BfA vom 12. Dezember 1996 hat hinsichtlich der Versicherung des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner keine Regelung getroffen und kann somit auch keine bindende Wirkung entfalten. Der Bescheid der beklagten Krankenkasse über die freiwillige Versicherung des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner ist daher rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.