Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.01.2001, Az.: L 4 KR 33/00
Befreiung von Zuzahlungen in der Krankenversicherung bei unzumutbaren Belastungen; Bewohnerbezogener Aufwendungszuschuss; Objektföderung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 24.01.2001
- Aktenzeichen
- L 4 KR 33/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 15928
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0124.L4KR33.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 24.01.2000 - AZ: S 1 KR 27/99
Rechtsgrundlagen
- § 61 Abs.2 Nr.1 SGB V
- § 61 Abs.2 Nr.2 SGB V
- § 61 Abs.2 Nr.3 SGB V
- § 13 Abs.1 S.1 NPflG
- § 21 BSHG
Fundstelle
- NZS 2001, 538
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
AOK-Bremen/Bremerhaven, Bürgermeister-Smidt-Straße 95, 28079 Bremen,
Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss gemäß § 13 NPflG gehört nicht zum monatlichen Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt und ist auch kein Einkommen des Pflegebedürftigen im Sinne von § 76 BSHG.
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
ohne mündliche Verhandlung am 24. Januar 2001
durch
die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -,
den Richter Schreck und die Richterin Böhmer-Behr sowie
den ehrenamtlichen Richter B. und die ehrenamtliche Richterin C.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die vollständige Befreiung von Zuzahlungen zu Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Fahrkosten.
Streitig ist, ob der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss gem § 13 des Niedersächsischen Pflegegesetzes (NPflegeG) im Rahmen des § 61 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V - zu berücksichtigen ist.
Die am 31. Juli 1923 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert, seit dem 1. August 1983 als Rentnerin. Sie lebt im Pflegeheim D.. Die Klägerin ist schwerpflegebedürftig und erhält Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Die Heimkosten betrugen 1998 4.701,46 DM, von denen 2.500,--- DM durch die Pflegeversicherung getragen werden. Der Landkreis Verden zahlte dem Pflegeheim E. 1998 für die Klägerin einen bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss in Höhe von monatlich 1.034,86 DM (Bescheid vom 21. April 1998). Die Klägerin bezog 1998 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 698,65 DM, Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 737,52 DM und eine Rente der Versorgungsverwaltung (Ausgleichs- und Grundrente) in Höhe von 481,00 DM.
Auf Grund ihres Antrages vom 23. Februar 1998 war sie bis zum 31. August 1998 von Zuzahlungen vollständig befreit.
Mit Schreiben vom 10. August 1998 beantragte sie bei der Beklagten die Befreiung von Zuzahlungen und Eigenanteilen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheiden vom 13. August 1998 und 28. August 1998 ab, da die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt in Höhe von 1.917,17 DM die gesetzlich festgelegte Einkommensgrenze (1998: 1.736,00 DM) überschritten. § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V könne keine Anwendung finden, da der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nicht auf der Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), sondern gem NPflegeG gezahlt werde. Eigene Aufwendungen für die Unterbringung im Pflegeheim führten nicht zu einer Minderung der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 18. August 1998 und 15. September 1998 Widerspruch ein. Sie führte zur Begründung aus, dass sie als Heimbewohnerin genauso viel Geld zur Verfügung habe, wie ein Bewohner, der statt des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses Sozialhilfeleistungen zur Deckung der Heimkosten in Anspruch nehme. Von dem verbleibenden Geld müsse sie alle ihre persönlichen Bedürfnisse befriedigen. Wenn sie Rezeptzuzahlungen leisten müsse, sei sie schlechter gestellt als ein Sozialhilfeempfänger. Dies führe zu einer sozialen Ungerechtigkeit, die dem Zweck des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V widerspreche.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 zurück, den sie damit begründete, dass die Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V nicht vorlägen. Danach seien Empfänger von Bedürftigkeitsleistungen wie Sozialhilfe befreit. Dies gelte auch für Heimbewohner, deren Unterbringungskosten ganz oder teilweise vom Sozialamt oder der Kriegsopferfürsorge getragen würden. Die Klägerin gehöre nicht zu den Sozialhilfeempfängern, sie finanziere die Unterbringungskosten und Verpflegungskosten aus ihren Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Dazu gehörten auch Witwengrundrenten und Grundrenten für andere Hinterbliebene, weil diese Leistungen hauptsächlich den entgehenden allgemeinen Lebensunterhalt ersetzen sollten. Anrechnungsfrei seien lediglich zweckgebundene Zuwendungen, die einen besonderen schädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken sollten. Die Zahlung des Landkreises Verden stelle keine Sozialhilfeleistung dar, so dass auch dieser Betrag als Einnahme zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen sei. Die monatlich zur Verfügung stehenden Einnahmen in Höhe von 2.513,68 DM brutto lägen oberhalb des Grenzwertes nach § 61 SGB V. Der Auffassung, dass Heimbewohner nach § 61 SGB V von der Zuzahlung zu befreien seien, die ihre Unterbringung aus eigenen Mitteln bestreiten und deren verbleibende Einkünfte nicht höher als das den Empfängern von Sozialhilfe nach § 21 Abs 3 BSHG gewährte Taschengeld seien, sei nach der Gesetzeslage nicht zu folgen.
Hiergegen hat die Klägerin am 14. Dezember 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben, das die Klage mit Beschluss vom 20. Januar 1999 an das SG Stade verwiesen hat. Sie ist der Auffassung, dass der vom Landkreis Verden bewilligte bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nicht als Einkommen angerechnet werden könne. Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss werde für die durch die Einrichtung getätigten Investitionskosten gewährt. Die Höchstgrenze werde durch einen Förderbescheid für jede Einrichtung gesondert festgestellt. Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss werde so berechnet, dass der Bewohner sein Einkommen zur Deckung der Heimkosten einsetzen müsse, ihm noch ein Barbetrag verbleibe, der dem eines Heimbewohners, der ergänzend Sozialhilfe in Anspruch nehme, entspreche, und der etwaige Differenzbetrag zur Deckung der Heimkosten als bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss vom Landkreis gewährt werde. Auch dabei werde die Grundrente im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht berücksichtigt. Die Klägerin habe demnach als Heimbewohnerin genauso viel Geld zur monatlichen Verfügung wie ein Heimbewohner, der neben seinem Einkommen ergänzend Sozialhilfe zur Deckung der Heimkosten in Anspruch nehme. Zweck des § 61 SGB V sei es, Personen mit geringem Einkommen von der Zuzahlung und Eigenbeteiligung freizustellen. Bei Beziehern von Sozialleistungen oder Personen, die zu Lasten eines Sozialhilfeträgers in einem Heim untergebracht seien, werde unterstellt, dass es für diese Personengruppe immer eine unzumutbare Belastung darstelle, wenn sie den Eigenanteil selbst aufbrächten. Dem Sinn dieser Vorschrift entspreche es aber auch, diese Regelung auf Versicherte anzuwenden, die zwar in einem Heim wohnten, die aber die Unterbringungskosten in voller Höhe aus eigenen Mitteln finanzierten und denen dadurch nur noch ein Barbetrag bis zur Höhe des Taschengeldes nach § 21 Abs 2 BSHG verbleibe.
Das SG Stade hat mit Urteil vom 24. Januar 2000 den Bescheid der Beklagten vom 13. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufgehoben, die Beklagte verurteilt, die Klägerin für das Jahr 1998 von Zuzahlungen, Eigenanteilen und Fahrkosten vollständig zu befreien und festgestellt, dass der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nicht zu den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zähle. Die Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 1 SGB V lägen nicht vor, denn die Bruttoeinnahmen der Klägerin überstiegen die Zumutbarkeitsgrenze, die 1998 bei 1.736,00 DM gelegen habe. Neben der Alters- und der Witwenrente seien auch die Versorgungsbezüge in Höhe von 481,00 DM monatlich einzubeziehen. Maßgebend sei dafür, dass die Ausgleichs- bzw Grundrente den entgehenden allgemeinen Lebensunterhalt ersetzen solle. Demgegenüber träte die Funktion, einen Ausgleich für immaterielle Schäden und für Mehraufwendungen infolge des Todes des Ehemannes zu schaffen, in den Hintergrund. Die Klägerin könne die vollständige Befreiung auch nicht auf der Grundlage des § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V erhalten. Die Krankenhilfe gemäß § 26 b BVG sei ihr erst für die Zeit ab dem 1. Februar 1999 gewährt worden. Diese Leistung könne auch deshalb nicht zur vollständigen Befreiung führen, weil es sich nicht um Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern um Hilfe in einer besonderen Lebenslage handele. Die Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V seien aber erfüllt. Der Landkreis Verden als Träger der Sozialhilfe (und im Übrigen auch als Träger der Kriegsopferfürsorge) habe anteilig die Kosten der Unterbringung der Klägerin im Alten- und Pflegeheim übernommen. Der gesetzliche Tatbestand sei nach seinem Sinn und Zweck bereits dann erfüllt, wenn die Kostenübernahme lediglich zum Teil erfolge. Andernfalls würden diejenigen ungerechtfertigt schlechter gestellt, deren Einnahmen im vollen Umfang zur Begleichung der Heimkosten verwendet würden, jedoch dafür nicht ausreichten. Die Investitionsaufwendungen seien als Teil der Unterbringungskosten anzusehen. Zwar würden sie von den Kosten für Unterkunft und Verpflegung getrennt. Entscheidend komme es aber darauf an, dass sie zu dem vom Pflegebedürftigen grundsätzlich in voller Höhe zu tragenden Heimentgelt zählten. Ohne Zahlung der - anteiligen - Investitionskosten werde die Gegenleistung für die Unterbringung nicht erfüllt. § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V solle Heimbewohner generell begünstigen und könne nicht dahin ausgelegt werden, anteilige Investitionskosten sowie möglicherweise weitere Kostenanteile für Pflege oder soziale Betreuung aus den Kosten der Unterbringung herauszurechnen. Für den Antrag zu 3) habe ein Feststellungsinteresse bestanden, weil die Einordnung des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses in § 61 Abs 2 Nr 1 SGB V für die nach 1998 folgenden Jahre von Bedeutung sein könne, auch wenn sie sich im Jahre 1998 nicht auswirkten. Der Aufwendungszuschuss sei als anteilige Zahlung der Investitionskosten an das Heim anzusehen, in Bezug auf den Pflegebedürftigen nicht einmal als "durchlaufender Posten". Diese Sichtweise entspreche dem tatsächlichen Zahlungsweg. § 13 Abs 7 NPflegeG regele ausdrücklich, dass der Zuschuss jedenfalls "kein Einkommen der Pflegebedürftigen im Sinne von § 76 BSHG und § 25 d BVG" sei. Dies lasse sich auf das SGB Vübertragen.
Gegen das der Beklagten am 10. Februar 2000 zugestellte Urteil hat diese am 23. Februar 2000 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V in Übereinstimmung mit der von Spitzenverbänden der Krankenversicherung vertretenen Auffassung nicht vorlägen. Das Pflegewohngeld sei als ein bewohnerorientierter Aufwendungszuschuss für Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen anzusehen, welches direkt an die Pflegeeinrichtung gehe und nicht an den Pflegeheimbewohner ausgezahlt werde. Anspruchsinhaber sei insoweit nicht der Heimbewohner, sondern die Pflegeeinrichtung. Eine Befreiung der Bezieher von Pflegewohngeld würde daher dem Willen des Gesetzgebers zuwider laufen, wonach dem in § 61 SGB V näher beschriebenen Personenkreis mit geringem Einkommen eine Eigenbeteiligung nicht zugemutet werden könne. Der Gesetzgeber sei seinerzeit davon ausgegangen, dass lediglich der Personenkreis gemeint sei, der originäre Sozialhilfeleistungen erhalte. Es erfolge keine Kostentragung des Sozialhilfeträgers in dem Sinne, wie dies § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V fordere. Dies mache insbesondere die unterschiedliche Handhabung in den Bundesländern deutlich. Das Land Niedersachsen habe die bewohnerbezogene Lösung bei der Gewährung des Investitionskostenzuschusses gewährt, während in anderen Ländern bewohnerunabhängige, pauschale Platzförderungen bestünden, die nicht an Einzelpersonen gebunden seien. Im Übrigen würden die Zuschüsse auch nicht immer von den Trägern der Sozialhilfe/Kriegsopferfürsorge, sondern von anderen Behörden gewährt. Insgesamt wäre daher eine Ungleichbehandlung dahingehend festzustellen, dass die Frage der Befreiung nach § 61 SGB V je nach Wohnsitz des Versicherten unterschiedlich zu beantworten wäre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 24. Januar 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:
Es stehe fest, dass die Klägerin die Kosten der Heimunterbringung aus eigenen Mitteln nicht bestreiten könne. Die Zahlung des Pflegewohngeldes seitens des Landkreises, der damit die Kosten der Unterbringung wenigstens teilweise übernehme, indiziere die Bedürftigkeit der Klägerin. Eine Eigenbeteiligung sei ihr demzufolge nicht zuzumuten. Eine wohnortspezifische Ungleichbehandlung aufgrund der länderspezifischen Ausgestaltung der Investitionskostenbezuschussung widerspreche nicht der Anwendung des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V. Es sei sichergestellt, dass bei gleichen Sachverhalten auf Länderebene auch eine gleiche Entscheidung erfolge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Prozessakte des SG Stade ergänzend Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung geworden.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.
Die gem § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist nicht gem § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ausgeschlossen. Dabei kann dahinstehen, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM überschreitet, denn jedenfalls betrifft die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Die Klägerin hat weder ihren Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen vom 10. August 1998 noch ihren Klageantrag vom 11. Dezember 1998 zeitlich befristet oder auf das Jahr 1998 beschränkt. Vielmehr verlangt sie eine zeitlich unbeschränkte Befreiung. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zulässig (vgl BSG SozR 3-2500 § 61 Nr 3 Seite 15).
Auch in der Berufungsinstanz sind noch Leistungen für mehr als 1 Jahr im Streit. Zwar hat das Urteil des SG in seinem Tenor die Befreiung von Zuzahlungen auf das Jahr 1998 beschränkt und damit nur über die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1998 entschieden. Es geht aber davon aus, dass eine Zuzahlungsbefreiung über das Jahr 1998 hinaus begehrt wird, denn es hat ausdrücklich für die Zeit über 1998 hinaus festgestellt, dass der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nicht zu den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zählt, was für die nach 1998 folgenden Jahre von Bedeutung sein könnte.
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die Hauptfürsorgestelle für Kriegsopfer und Schwerbehinderte auf Grund des Bescheides vom 18. Februar 1999 die Rezeptzuzahlungen im Rahmen der Krankenhilfe übernimmt. Ein Rechtsschutzbedürfnis, also ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung, ist regelmäßig gegeben, wenn der Kläger die Aufhebung eines ihn belastenden Verwaltungsaktes oder eine ihm zustehende Leistung begehrt (Meyer-Ladewig, SGG, 1998, vor § 51 Rdnr 16a).
Die Klage ist auch begründet.
Zutreffend hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 13. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin von Zuzahlungen, Eigenanteilen und Fahrkosten vollständig zu befreien.
Gem § 61 Abs 1 SGB V hat die Krankenkasse Versicherte von der Zuzahlung zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln, Hilfsmitteln sowie zu stationären Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen nach § 23 Abs 4, §§ 24, 40 oder 41 zu befreien (Nr 1), bei der Versorgung mit Zahnersatz den von den Versicherten zu tragenden Anteil der Kosten nach § 30 Abs 2 SGB V zu übernehmen (Nr 2) und die im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendigen Fahrkosten von Versicherten zu übernehmen (Nr 3), wenn der Versicherte unzumutbar belastet würde. Wann eine unzumutbare Belastung vorliegt, ergibt sich aus § 61 Abs 2 SGB V, der eine abschließende Regelung enthält (BSGE SozR 3-2500 § 61 Nr 3 Seite 17 mit Hinweis auf BT-Drucksache 11/2237, Seite 187).
Nach § 61 Abs 2 Nr 1 SGB V liegt eine unzumutbare Belastung vor, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vH der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches (SGB IV) nicht überschreiten. Bezugsgröße im Sinne des § 18 SGB IV ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr. Dies betrug für 1998 4.340,00 DM (40 % = 1.736,00 DM). Dieser Betrag wird von den monatlichen Bruttoeinnahmen der Klägerin zum Lebensunterhalt (Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung: 698,65 DM, Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung: 737,52 DM und Rente der Versorgungsverwaltung: 481,00 DM) überschritten. Mit zutreffenden Gründen hat das SG unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 21/80 = BSGE 50, 250 = SozR 2200 § 182a Nr 2 die Versorgungsbezüge (Grundrente und Ausgleichsrente) in Höhe von insgesamt 481,00 DM monatlich in diese Berechnung mit einbezogen.
Zu Unrecht ging die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 jedoch davon aus, dass auch der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss nach § 13 NPflegeG zu den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zählt, denn dieser wird gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 an den Träger der stationären Einrichtung der Dauerpflege gezahlt. Der Träger der Einrichtung ist Inhaber des Förderungsanspruchs (sog Objektförderung), wenn auch dem Pflegebedürftigen gemäß § 13 Abs 4 NPflegeG ein Antragsrecht zusteht. Der Aufwendungszuschuss ist gemäß § 13 Abs 7 NPflegeG auch kein Einkommen des Pflegebedürftigen iSv § 76 BSHG und § 25 d BVG.
Zu Recht hat das SG auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V verneint. Danach ist eine unzumutbare Belastung durch die Zuzahlung anzunehmen, wenn der Versicherte ua Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem BVG erhält. Für die Annahme einer unzumutbaren Belastung nach § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V ist allein der Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff BSHG maßgebend (BSGE SozR 3-2500 § 61 Nr 3 Seite 16). Die Klägerin erhält keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach § 27a BVG (vgl dazu Höfler, in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Bd 1 Stand: 1 August 2000, § 61 Rdnr 14). Die ab 1. Februar 1999 gewährte Krankenhilfe gem § 26 b BVG zählt nicht zur Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern zur Hilfe in einer besonderen Lebenslage.
Die Klägerin erfüllt jedoch die Voraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V. Danach liegt eine unzumutbare Belastung vor, wenn die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.
Die Annahme einer unzumutbaren Belastung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur möglich, wenn der Versicherte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht ist (BSGE SozR 3-2500 § 61 Nr 3 Seite 16 mwN). So liegt es hier. Die Klägerin lebt im Pflegeheim F..
Die Kosten der Unterbringung in diesem Heim trägt zum Teil der Landkreis Verden.
Bei der Erfüllung der Befreiungsvoraussetzungen des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V ist es unerheblich, ob die Unterbringungskosten - wie hier - in Höhe von 1.034,86 DM 1998 - ganz oder nur teilweise - von einem Sozialhilfeträger oder einem Träger der Kriegsopferfürsorge aufgebracht werden und ein Teil vom Versicherten selbst oder seinen Angehörigen übernommen wird, denn auch ein nur teilweises Aufbringen der Kosten indiziert Hilfsbedürftigkeit (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. April 1999 - Az.: L 2 (5) KN 108/98 KR -; Gerlach in Hauck/Haines, Gesetzliche Krankenversicherung, 1. Band, Stand: 1. Juni 2000, § 62 Rdnr 23).
Die Unterbringungskosten der Klägerin werden von einem Träger der Sozialhilfe getragen. Die Gewährung von bewohnerbezogenem Aufwendungszuschuss für vollstationäre Einrichtungen der Dauerpflege nach § 13 NPflegeG ist gem § 15 Abs 1 Satz 2 NPflegeG den Landkreisen und den kreisfreien Städten übertragen, örtlich zuständig ist die kommunale Körperschaft, in deren Gebiet die Pflegeeinrichtung liegt. Der Landkreis Verden, der den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss leistet, ist gem § 96 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des BSHG (Nds AGBSHG) örtlicher Träger der Sozialhilfe.
Der Landkreis zahlt auch in Erfüllung seiner Aufgabe als Sozialhilfeträger. Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss soll die Sozialhilfe ersetzen. Das folgt aus § 1 Abs 2 (Umkehrschluss) und § 13 Abs 1 Satz 1 NPflegeG.
Durch die Zahlung des bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses werden Unterbringungskosten getragen. Der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss wird gem § 13 NPflegeG Trägern vollstationärer Einrichtungen nach § 9 NPflegeG gewährt für Folgeaufwendungen (Zinsen für Fremd- und Eigenkapital, Abschreibungen mit Ausnahme der Sonderabschreibungen, Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung) aus betriebsnotwendigen Investitionen nach Maßgabe der Verordnung nach § 14 Nr 4 für die Herstellung, Anschaffung, Wiederbeschaffung oder Ergänzung von Gebäuden und von sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern, deren Anschaffungswert den in der Verordnung nach § 14 Nr 3 festgelegten Mindestbetrag überschreitet, Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern nach Nr 1 b, soweit ein durch Verordnung nach § 14 Nr 6 bestimmter Höchstbetrag nicht überschritten wird.
Die Investitionsaufwendungen iSd § 9 NPflegeG gehören zu den Kosten der Unterbringung im Pflegeheim, die vom Heimbewohner zu tragen sind. Gem § 82 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) - dürfen Investitionsaufwendungen - wie sie in § 9 NPflegeG beschrieben werden - nicht in den Pflegevergütungen und den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung berücksichtigt werden. Vielmehr kann die Pflegeeinrichtung diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen (§ 82 Abs 3 Satz 1 SGB XI). Der Pflegebedürftige kann damit für seine Unterbringung im Heim mit erheblichen zusätzlichen Kosten belastet werden. Um die Risiken für die Pflegebedürftigen zu mindern und die Sozialhilfeträger von möglichen zusätzlichen Kosten zu entlasten, sind manche Bundesländer dazu übergegangen, finanzielle Aufwendungszuschüsse für besonders berechnete Investitionskosten für bestimmte Heimbewohner in Form des Pflegewohngeldes zu zahlen. Gefördert wird damit die Pflegeeinrichtung direkt (sog Objektförderung), die zunächst die Investitionskosten zu finanzieren hat, um sich anschließend durch "gesonderte in Rechnungsstellung" bei den Heimbewohnern zu refinanzieren (Spellbrink, in Hauck/Haines, Soziale Pflegeversicherung, Stand: 1. Oktober 2000, § 82 Rdnr 31 ff). Ein Verzicht auf Förderung (vgl auch § 9 SGB XI) würde dazu führen, dass die Pflegebedürftigen bzw die Sozialhilfeträger die Investitionskosten in voller Höhe selbst tragen müssten und die Kosten der Heimunterbringung dadurch erheblich steigen würden. Damit würde ein sozialpolitisches Ziel des Pflege-Versicherungsgesetzes, nämlich einen möglichst großen Teil der Pflegebedürftigen von der Sozialhilfe unabhängig werden zu lassen, konterkarriert (vgl Neumann in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 4, Pflegeversicherung, 1997, § 22 Rdnr 51 und 57).
Im Ergebnis führt dies dazu, dass hier der Landkreis Verden, also der Sozialhilfeträger, anstatt Sozialhilfe zu leisten, die bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüsse für vollstationäre Einrichtungen zahlt. Damit sind die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Nr 3 SGB V erfüllt. Denn § 62 Abs 2 Nr 3 SGB V verlangt nach seinem Wortlaut nicht, dass der Versicherte Leistungsempfänger spezifischer Leistungen - wie der Sozialhilfe - ist, sondern es kommt ausschließlich darauf an, wer die Kosten der Heimunterbringung (zumindest teilweise) trägt. Dies ist hier der Landkreis Verden, der Träger der Sozialhilfe. Hätte der Gesetzgeber nur den Personenkreis gemeint, der originäre Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG bezieht, hätte er dies im Wortlaut des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V zum Ausdruck bringen können, denn es ist bekannt, dass die Träger von Sozialhilfe und Kriegsopferfürsorge nicht nur originäre Sozialhilfeleistungen erbringen. Im Übrigen wäre § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V dann überflüssig, da der Tatbestand, dass Leistungen nach dem BSHG und dem BVG bezogen werden, bereits durch § 61 Abs 2 Nr 2 SGB V erfasst wird.
Durch die Zahlung der bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüsse an das Pflegeheim dürfen der Klägerin die Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs 3 SGB XI nicht mehr gesondert in Rechnung gestellt werden (vgl Bescheid des Landkreises Verden vom 21. April 1998). Die Berechnung des Aufwendungszuschusses erfolgt nach einer Bedürftigkeitsprüfung, denn gem § 13 Abs 1 Satz 1 NPflegeG erhalten nur diejenigen nach § 8 Abs 3 zu berücksichtigen Pflegebedürftigen (Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI sind) bewohnerbezogene Zuschüsse, die Leistungen nach dem BSHG oder den Vorschriften über die Kriegsopferfürsorge erhalten oder ohne den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss erhalten würden. Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens und Vermögens der Pflegebedürftigen gelten das BSHG und die Vorschriften über die Kriegsopferfürsorge entsprechend. Es bleiben jedoch unberücksichtigt ihre Unterhaltsansprüche, ausgenommen gegenüber Ehegatten, und ein Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 45 vH des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach § 22 BSHG (§ 13 Abs 5 NPflegeG). Eine weitere Vorschrift zur Einkommensermittlung enthält § 10 der Vorordnung zur Durchführung des NPflegeG vom 20. Juni 1996 (Nds GVBl S 280).
Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es idR § 61 Abs 2 Nr 3 SGB V nicht darauf an, dass der Aufwendungszuschuss für Investitionskosten direkt an die Pflegeeinrichtung und nicht an den Pflegeheimbewohner ausgezahlt wird, sondern allein darauf, wer die Kosten der Unterbringung trägt. Würde das Pflegeheim den Zuschuss nicht erhalten, könnte es andernfalls gem § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XI den Teil der Aufwendungen dem Pflegebedürftigen selbst in Rechnung stellen. Der Pflegebedürftige selbst hat gem § 13 Abs 4 NPflegeG ein Antragsrecht, wenn der Einrichtungsträger keine bewohnerbezogenen Aufwendungszuschüsse beantragt.
Die hier vertretene Auslegung stimmt auch mit dem Sinn und Zweck des § 61 Abs 2 Nr 3 SGB Vüberein. Darin hat der Gesetzgeber einen Personenkreis festgelegt, bei dem er unabhängig von den individuellen Einkommensverhältnissen eine unzumutbare Belastung unterstellt. Die Vorschrift enthält den Grundgedanken, dass dem darin beschriebenen Personenkreis mit geringem Einkommen eine Eigenbeteiligung nicht zugemutet werden kann (Höfler, in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Band 1, Stand: 1. August 2000, § 61 Rdnr 16 mit Hinweis auf den Regierungsentwurf zum GRG, Seite 187).
Die unterschiedliche Ausgestaltung des Landesrechts führt zu keiner willkürlichen Ungleichbehandlung im Sinne des Art 3 Abs 1 Grundgesetz -GG-. Art 3 GG verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 67, 231, 236 [BVerfG 17.07.1984 - 1 BvL 24/83]) [BVerfG 17.07.1984 - 1 BvL 24/83]. Es entspricht der Konzeption des Förderalismus im GG, dass die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen zu gleichen Sachverhalten unterschiedliche Regelungen treffen können. Das darf jedoch nicht zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung führen. Die Auffassung des erkennenden Senats gewährleistet, dass in den Bundesländern gleiche Sachverhalte gleich behandelt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.