Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.12.2005, Az.: 10 UF 125/05
Bewertung eines Anspruchs auf Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Abänderungsverfahren; Einbeziehung des Anrechts der Ehefrau aus der Zusatzversorgung ohne Umwertung in den Versorgungsausgleich; Abweichung des neuen Gesamtausgleichsbetrages von dem früheren Ausgleichsbetrag um mehr als 10 Prozent ; Auf vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente beruhender Versorgungsabschlag im Versorgungsausgleich; Auf das Ende der Ehezeit bezogene Bewertung aller in die Gesamtsaldierung einzubeziehenden Anwartschaften
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.12.2005
- Aktenzeichen
- 10 UF 125/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 27691
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:1212.10UF125.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Uelzen - 22.04.2005 - AZ: 3b F 1111/04
Rechtsgrundlagen
- § 10a VAHRG
- § 1587 Abs. 2 BGB
- § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB
- § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
- § 621e ZPO
- § 40 VBLS a.F.
Fundstellen
- FamRZ 2006, 1041-1042 (Volltext mit red. LS)
- NJW-RR 2006, 587-588 (Volltext mit red./amtl. LS)
- NJW-Spezial 2006, 155 (Kurzinformation)
- OLGReport Gerichtsort 2006, 203-206
Amtlicher Leitsatz
Zur Bewertung eines Anspruchs auf Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG.
In der Familiensache
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 12. Dezember 2005
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Uelzen vom 22. April 2005 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Uelzen vom 28. August 1998 (3 a F 48/98) getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) wird mit Wirkung vom 1. Mai 2004 wie folgt abgeändert:
Von dem Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover werden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 248,09 EUR, bezogen auf den 28. Februar 1998, auf das Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen.
Zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (Versicherungsnummer ...) werden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 83,35 EUR, bezogen auf den 28. Februar 1998, auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet.
Die Monatsbeträge der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Beschwerdewert: 2.000 EUR.
Gründe
I.
Die am 10. April 1936 geborene Antragstellerin und der am 7. August 1939 geborene Antragsgegner haben am 6. August 1965 miteinander die Ehe geschlossen. Auf den am 26. März 1998 zugestellten Antrag der Ehefrau wurde ihre Ehe durch das Urteil des Amtsgerichts Uelzen vom 28. August 1998 geschieden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei ging das Gericht davon aus, dass in der nach § 1587 Abs. 2 BGB bestimmten Ehezeit vom 1. August 1965 bis zum 28. Februar 1998 der Ehemann gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 1.922,04 DM und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) - umgewertet nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB in Verbindung mit der BarwertVO in volldynamische Rentenanwartschaften - von monatlich 157,80 DM, die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 938,62 DM, jeweils bezogen auf den 28. Februar 1998, erworben hatten. Daraus errechnete das Amtsgericht einen Gesamtausgleichsanspruch der Ehefrau in Höhe von monatlich 570,61 DM (= 291,75 EUR). In Höhe von monatlich 491,71 DM übertrug das Amtsgericht zugunsten der Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften, in Höhe von monatlich 78,90 DM wurden zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der VBL gesetzliche Rentenanwartschaften für die Ehefrau begründet.
Der Ehemann bezieht seit dem 1. August 2003 Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Die Ehefrau erhält seit dem 1. Mai 1996 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie hat mit einem am 29. April 2004 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begehrt. Das Amtsgericht ist aufgrund eingeholter neuer Auskünfte der Versorgungsträger davon ausgegangen, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien nunmehr wie folgt zu bewerten seien:
Ehemann:
- Gesetzliche Rentenversicherung 983,35 EUR
- Zusatzversorgung (VBL) 270,41 EUR
- insgesamt 1.253,76 EUR
Ehefrau:
- Gesetzliche Rentenversicherung 487,18 EUR
Das Amtsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass das Anrecht der Ehefrau aus der Zusatzversorgung ohne Umwertung - also mit dem Nominalwert - in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sei, da die Rente bereits gezahlt werde.
Den Gesamtausgleichsanspruch der Ehefrau hat das Amtsgericht mit (1.253,76 EUR - 487,18 EUR = 766,58 EUR : 2 =) 383,29 EUR errechnet. Zum Ausgleich hat das Amtsgericht - in Abänderung des Scheidungsurteils und wiederum bezogen auf die Ehezeit - gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 248,07 EUR auf die Ehefrau übertragen und zu Lasten der Zusatzversorgungsanwartschaften des Ehemannes gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 135,21 EUR für die Ehefrau begründet.
Dagegen wendet sich der Ehemann mit seiner Beschwerde. Er rügt, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass er infolge vorzeitiger Inanspruchnahme der Versorgung nur eine gekürzte Rente aus der Zusatzversorgung erhalte. Außerdem habe das Amtsgericht den Ehezeitanteil dieses Versorgungsanrechts nicht zutreffend ermittelt, indem es als Gesamtzeitraum, in dem das Anrecht erworben worden sei, nur die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 und nicht bis zum Rentenbeginn am 1. August 2003 zugrunde gelegt habe.
Der Senat hat ergänzende Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt.
II.
Die Beschwerde des Ehemannes ist gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e ZPO zulässig, aber nur in geringem Umfang begründet.
Der Antrag der Ehefrau auf Abänderung des im Scheidungsurteil vom 28. August 1998 getroffenen Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ist gemäß § 10 a Abs. 1, 4 und 5 VAHRG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Im Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG ist eine neue Gesamtausgleichsbilanz nach § 1587 a Abs. 1 BGB aufzustellen, und diese ist mit der im Rahmen des Scheidungsverfahrens aufgestellten Ausgleichsbilanz zu vergleichen. Ergibt sich dabei eine Abweichung des neuen Gesamtausgleichsbetrages von dem früheren Ausgleichsbetrag um mehr als 10 % oder um einen absoluten Mindestwert, so hat das Abänderungsverlangen Erfolg (§ 10 a Abs. 1 und 2 VAHRG).
a)
Nach den eingeholten neuen Auskünften der Rentenversicherungsträger, gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen, sind die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften beider Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung nunmehr wir folgt zu bewerten:
- Ehemann: 983,35 EUR
- Ehefrau: 487,18 EUR
Diese Werte weichen nur geringfügig von den im Scheidungsurteil zugrunde gelegten Werten ab. In den Auskünften ist berücksichtigt worden, dass inzwischen beide Eheleute im Rentenbezug sind. Die Versicherungsträger haben die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften jeweils zutreffend aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten der gezahlten Rente errechnet (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Beim Ehemann ist außer Betracht gelassen worden, dass seine Rente - durch Anwendung eines Zugangsfaktors von 0,961 - im Hinblick auf die Inanspruchnahme vor Erreichen der Regelaltersgrenze von 65 Jahren gekürzt wird. Das steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 1455), wonach ein auf vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente beruhender Versorgungsabschlag im Versorgungsausgleich nur insoweit zu berücksichtigen ist, als die Rente innerhalb der gesetzlichen Ehezeit bezogen wird. Die Rente des Ehemannes hat jedoch erst am 1. August 2003 und damit nach Ende der Ehezeit begonnen. Die Rente der Ehefrau wird nicht um einen Versorgungsabschlag gekürzt. Zwar bezieht sie ihre Rente schon seit Vollendung des 60. Lebensjahres. Zum damaligen Zeitpunkt konnten Frauen aber die ungekürzte Rente auch bereits mit Erreichen dieses Lebensalters beanspruchen.
b)
Der Ehemann hat in der Ehezeit außerdem eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB erworben, und zwar gegenüber der VBL auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Im Scheidungsverfahren konnte zunächst lediglich die damals bereits unverfallbare Anwartschaft auf die nicht volldynamische Versicherungsrente nach § 44 a VBL-Satzung a.F. berücksichtigt werden (vgl. die Auskunft der VBL vom 27.05.1998), während die alternativ bestehende Anwartschaft auf volldynamische Versorgungsrente nach § 40 VBLS a.F. als noch verfallbar außer Betracht blieb (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB). Nachdem der Ehemann zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten ist, steht die endgültig erworbene Versorgung fest; diese ist im vorliegenden Abänderungsverfahren in die Neuberechnung des Versorgungsausgleichs einzubeziehen, allerdings - ebenso wie im Ausgangsverfahren - rückbezogen auf das Ende der Ehezeit. Zugleich ist nunmehr zu berücksichtigen, dass sich die Berechnung der Renten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes aufgrund der Rechtsänderungen, die durch die Strukturreform mit Wirkung ab 1. Januar 2002 eingetreten sind, grundlegend verändert hat. Im Zuge dieser Strukturreform ist die Differenzierung zwischen Versorgungs- und Versicherungsrenten aufgegeben worden. Die Zusatzversorgungsrenten berechnen sich jetzt einheitlich nach einem sog. Versorgungspunktesystem. Zugunsten der bei Inkrafttreten der Reform am 01.01.2002 bereits vorhandenen Rentner und zugunsten derjenigen Versicherten, die am 01.01.2002 bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten, gelten Besitzstandsregelungen, mit denen die bis zum 31.12.2001 erworbenen Anwartschaften aufrechterhalten und in das neue Versorgungssystem transferiert worden sind.
Zu dem letztgenannten Personenkreis gehört der Ehemann. Seine nach altem Satzungsrecht erworbene Anwartschaft auf Versorgungsrente ist zum Stichtag 31.12.2001 nach Maßgabe der Übergangsvorschriften errechnet worden, wie sich aus der mit der Auskunft der VBL vom 18. August 2005 übersandten Rentenberechnung vom 21.07.2003 ergibt, und mit dem ermittelten Wert in das neue Versorgungssystem übertragen worden. Da zum Stichtag die Anwartschaft auf die Mindestversorgung nach § 40 Abs. 4 VBLS a.F. höher war als die Anwartschaft auf die Versorgungsrente nach § 40 Abs. 1 VBLS a.F. (siehe die Gegenüberstellung in Anlage 3, Blatt 6 der Rentenberechnung vom 21.07.2003), ist die Anwartschaft mit dem nach § 40 Abs. 4 VBLS a.F. ermittelten Wert von monatlich 332,87 EUR Grundlage der Berechnung der sog. Startgutschrift geworden, die in das neue System übernommen worden ist. Nach Abzug der nach neuem Recht vom 01.01.2002 bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres noch erreichbaren Betriebsrentenanwartschaft von monatlich 6,36 EUR ergab sich eine Startgutschrift von 326,51 EUR (vgl. Anlage 6, Blatt 1 der Rentenberechnung vom 21.07.2003). Hinzu kommt ein vom Ehemann nach neuem Recht in der weiteren Versicherungszeit vom 01.01.2002 bis zum Eintritt in den (vorzeitigen) Ruhestand am 01.08.2003 erworbenes Anrecht von 3,43 Versorgungspunkten = 13,72 EUR. Dieses unter der Geltung des neuen Satzungsrechts erworbene weitere Anrecht bleibt im Versorgungsausgleich von vornherein außer Betracht, weil es in vollem Umfang erst nach Ende der Ehezeit erworben worden ist.
Für den Versorgungsausgleich ist zunächst von dem Versorgungsanrecht auszugehen, das der Ehemann insgesamt in der Zeit vom Eintritt in den öffentlichen Dienst am 1. April 1974 bis zur Umstellung des Versorgungssystems am 31.12.2001 (als sog. Startgutschrift) erworben hat. Zwar muss grundsätzlich von den Berechnungsgrundlagen am Ende der Ehezeit ausgegangen werden. Andererseits müssen aber nach der Rechtsprechung des BGH (z.B. FamRZ 2000, 748, 749) [BGH 09.02.2000 - XII ZB 24/96] auch Rechtsänderungen, die nach Ehezeitende in Kraft getreten sind und sich auf die Höhe der auszugleichenden Versorgung auswirken, berücksichtigt werden. Die Neufassung der VBL-Satzung sieht indes eine Berechnung von Versorgungsanwartschaften nach neuem Recht nur bezogen auf den 31.12.2001, nicht aber auf einen früheren Zeitpunkt vor. Damit fehlen rechtliche Grundlagen für eine Berechnung der vom Ehemann insgesamt erworbenen Rentenanwartschaft, bezogen auf das Ehezeitende am 28.02.1998. Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 15. September 2005 - 10 UF 217/04 - , zur Veröffentlichung vorgesehen), ist in einem solchen Fall von der zum 31.12.2001 berechneten Startgutschrift nach neuem Recht auszugehen, das auf diesen Stichtag ermittelte Anrecht ist jedoch sodann auf das Ehezeitende "zurückzurechnen"; diese Rückrechnung erfolgt - was auch die VBL in ihrem Schriftsatz vom 18.08.2005 für einen geeigneten Lösungsansatz hält - im Verhältnis des gesamtversorgungsfähigen Entgelts bei Ehezeitende zum gesamtversorgungsfähigen Entgelt am 31.12.2001, denn die Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts drückt die individuelle Steigerung des Anrechts aus, die bezogen auf die nach der Ehe liegende Zeit im Versorgungsausgleich außer Betracht zu bleiben hat. Unter Zugrundelegung der Auskunft der VBL vom 15.09.2005 ergibt sich folgende Rückrechnung der Startgutschrift auf das Ehezeitende: 326,51 EUR (Startgutschrift am 31.12.2001) x 2.801,32 EUR (gesamtversorgungsfähiges Entgelt bei Ehezeitende) : 2.972,14 EUR (gesamtversorgungsfähiges Entgelt am 31.12.2001) = 307,74 EUR. Dieser Wert drückt also die bis zum 31.12.2001 insgesamt erworbene Anwartschaft auf Betriebsrente aus, jedoch rückbezogen auf den 28.02.1998.
Hieraus ist in entsprechender Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b BGB zeitanteilig der Ehezeitanteil zu errechnen. Dabei ist von einer Gesamtbetriebszugehörigkeit vom 01.04.1974 bis zum 31.12.2001 (333 Monate) auszugehen, weil die Anwartschaft in dem alten Versorgungssystem bis zu diesem Zeitpunkt erworben worden ist. Auf die Ehezeit entfällt eine Betriebszugehörigkeit vom 01.04.1974 bis zum 28.02.1998 (287 Monate). Der Ehezeitanteil der gesamten im alten Versorgungssystem erworbenen Versorgungsanwartschaft beträgt daher (307,74 EUR x 287 : 333 =) 265,23 EUR.
Der Versorgungsabschlag von 3,9 %, um den die Zusatzversorgungsrente aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme durch den Ehemann gekürzt wird, ist nach Auffassung des Senats ebenso wenig zu berücksichtigen wie bei der gesetzlichen Rente, weil der Ehemann die vorzeitige Rente erst nach Ehezeitende in Anspruch genommen hat (vgl. schon Senatsbeschluss vom 15.09.2005 10 UF 217/04 - ).
Nach erneuter Überprüfung ist der Senat der Auffassung, dass das Versorgungsanrecht gemäß § 1587 a Abs. 4 i.V. mit Abs. 3 Nr. 2 BGB in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umgewertet werden muss. Zwar ist das Anrecht in der Leistungsphase volldynamisch, da die laufenden Renten aus der Zusatzversicherung des öffentlichen Dienstes jährlich um 1 % erhöht werden. Diese Anpassungen weichen nicht wesentlich von den durchschnittlichen Anpassungssätzen in der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten 10 Jahren ab (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474). In der Anwartschaftsphase, die bei Ende der Ehezeit noch nicht abgeschlossen war, war das Anrecht des Ehemannes jedoch nicht volldynamisch. Der Senat hält an seiner früher geäußerten Auffassung, bei im Zeitpunkt der Entscheidung bereits laufenden Renten könne die Frage der Dynamik im Anwartschaftsstadium außer Betracht gelassen werden (Beschluss vom 15.09.2005 - 10 UF 217/04 - ) nicht fest. Die auf das Ende der Ehezeit bezogene Bewertung aller in die Gesamtsaldierung einzubeziehenden Anwartschaften erfordert auch eine Betrachtung der Wertentwicklung in der Anwartschaftsphase. Die Beurteilung der Anwartschaftsdynamik erfolgt allerdings im Abänderungsverfahren retrospektiv unter Einbeziehung der weiteren Wertentwicklung, im vorliegenden Verfahren bis zum fiktiven Rentenbeginn nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehemannes, weil die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente außer Betracht bleibt. Die Wertentwicklung des vom Ehemann erworbenen Anrechts war in der Anwartschaftsphase indes nicht mit der Wertentwicklung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung (als den nach § 1587 a Abs. 3 BGB heranzuziehenden Maßstabsanrechten) vergleichbar. Die Startgutschrift ist aus dem Anrecht auf Mindestversorgungsrente nach § 40 Abs. 4 VBLS a.F. errechnet worden. Die Höhe dieser Rente ergab sich aus einem bestimmten Prozentsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts, wobei sich die einmal erworbenen Anwartschaften jedoch nicht mehr veränderten. Die darin liegende begrenzte Teildynamik war in der hier maßgebenden Anwartschaftszeit von 1998 bis 2001 zwar mit der Dynamik gesetzlicher Rentenanwartschaften annähernd vergleichbar. In der Zeit von Januar 2002 bis zum Rentenbeginn am 01.08.2003 fanden jedoch keine weiteren Anpassungen der Anwartschaften mehr statt. Das Gleiche hätte für die weitere Zeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehemannes gegolten, wenn er die Rente erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen hätte. Die Anwartschaft war also in der Zeit von Anfang 2002 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehemannes im August 2004 sogar statisch. Damit kann nicht von einer nahezu gleichen Wertentwicklung des Anrechts in der Anwartschaftsphase wie bei Anrechten der Maßstabsversorgungen ausgegangen werden.
Das Anrecht des Ehemannes ist deshalb mit Hilfe der BarwertVO und der Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs in eine volldynamische Rentenanwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen, wobei der Umrechnungsfaktor aus Tabelle 1 der BarwertVO im Hinblick auf die Dynamik in der Leistungsphase allerdings um 65 % zu erhöhen ist (Anmerkung 2 zur Tabelle 1): 265,23 EUR x 12 = 3.182,76 EUR (Jahresbetrag der Rentenanwartschaft) x 7,3 (Faktor aus Tabelle 1 der BarwertVO unter Berücksichtigung des Alters des Ehemannes am Ende der Ehezeit von 58 Jahren) x 1,65 (Erhöhung des Faktors um 65 %) = 38.336,344 EUR (Barwert) x 0,0000916571 (Tabelle 5 der Rechengrößen zum Versorgungsausgleich, FamRZ 2005, 161) = 3,5138 x 47,44 (Tabelle 2 der Rechengrößen) = 166,69 EUR.
Der Ehemann hat daher in der Ehezeit folgende Versorgungsanrechte erworben:
- Gesetzliche Rentenversicherung 983,35 EUR
- Zusatzversorgung 166,69 EUR
- 1.150,04 EUR
- Die Differenz zu den ehezeitlichen
- Anrechten der Ehefrau von 487,18 EUR
- beträgt 682,86 EUR
Davon stehen der Ehefrau gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB die Hälfte zu, also 331,43 EUR.
Dieser Betrag übersteigt den im Urteil vom 28. August 1998 durchgeführten Ausgleich von 291,75 EUR um 39,68 EUR, das sind 13,6 % des bisherigen Gesamtausgleichsbetrages. Damit ist die Wesentlichkeitsgrenze des § 10 a Abs. 2 S. 2 VAHRGüberschritten und der Abänderungsantrag der Ehefrau begründet.
Die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich ist jedoch in geringerem Umfang zugunsten der Ehefrau abzuändern als das Amtsgericht angenommen hat. Zunächst ist gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB die hälftige Wertdifferenz zwischen den von beiden Parteien erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften auszugleichen, das sind (983,35 EUR - 487,18 EUR = 496,17 EUR : 2 =) 248,09 EUR; insoweit ist die angefochtene Entscheidung zutreffend.
Darüber hinaus ist gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG die Hälfte der vom Ehemann in der Zusatzversorgung erworbenen Anwartschaften auszugleichen. Daher sind zu Lasten der Anrechte des Ehemannes gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich (166,69 EUR : 2 =) 83,35 EUR, im Hinblick auf den Gesamtausgleichsbetrag jedoch begrenzt auf (331,43 EUR - 248,09 EUR =) 83,34 EUR, für die Ehefrau zu begründen.
Die Abänderungsentscheidung wirkt auf den der Antragstellung folgenden Monatsersten zurück (§ 10 a Abs. 7 Satz 1 VAHRG). Dem gemäß hat der Senat ausgesprochen, dass die vorliegende Entscheidung ab dem 1. Mai 2004 wirksam ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG, [...].
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 2.000 EUR.
[D]ie Festsetzung des Beschwerdewerts [beruht] auf § 99 Abs. 3 KostO.