Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 09.02.2010, Az.: 6 T 46/10 (005)
Zurückweisung einer Beschwerde mangels Vorliegens eines Eröffnungsgrundes im Insolvenzverfahren
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 09.02.2010
- Aktenzeichen
- 6 T 46/10 (005)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 34988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2010:0209.6T46.10.005.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 02.12.2009 - AZ: 274 IN 421/09 a
- nachfolgend
- BGH - 22.04.2010 - AZ: IX ZA 8/10
Rechtsgrundlage
- § 18 Abs. 1 InsO
In dem Insolvenzverfahren
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
am 09.02.2010
durch
den ... als Einzelrichter
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 02.12.2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Der Beschwerdeführer hat am 22.09.2009 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Schuldnerin Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 25.09.2009 u.a. die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Antragstellerin angeordnet, den Rechtsanwalt ... zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt und ihn damit beauftragt, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt.
Sein Gutachten vom 27.11.2009 kommt zu dem Ergebnis, dass zum Zeitpunkt des Insolvenzantrages die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß §18 Abs. 2 InsO drohte, weil aufgrund der Einstellung der Warenbelieferungen der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin spätestens am 02.10.2009 hätte eingestellt werden müssen. Die Schuldnerin wäre sodann nicht in der Lage gewesen, die am 05.10.2009 fällig werdenden Entgeltansprüche ihrer Arbeitnehmer in Höhe von rund 31.000 Euro zu begleichen, zumal fällige Mietforderungen für die angemieteten Geschäftslokale und Leasingraten für die zum Teil geleaste Betriebs- und Geschäftsausstattung hinzutraten. Ferner hat er für den Zeitpunkt der Gutachtenerstattung die drohende Zahlungsunfähigkeit festgestellt, da die Weiterführung des Betriebes nicht gesichert sei, gleichwohl monatliche Aufwendungen in Höhe von rund 40.000 Euro entstünden. Eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hat er hingegen nicht festgestellt. Ferner ist der Gutachter davon ausgegangen, dass eine Überschuldung im Sinne des §19 Abs. 2 Satz 1 InsO vorliegt, weil die Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin nach den Umständen überwiegend unwahrscheinlich sei. Die konstante Belieferung sei nicht gesichert. Die ... habe die Warenbelieferung gegenüber der Schuldnerin aufgrund des beendeten Franchisevertrages bereits im April 2009 eingestellt. Derzeit erfolge nur noch aufgrund der Anordnung der vorläufigen Verwaltung und der laufenden Vertragsverhandlungen mit dem Kaufinteressenten eine befristete Weiterbelieferung des Geschäftsbetriebes der Schuldnerin. Die weitere Belieferung würde jedoch unverzüglich eingestellt werden, sofern kein Kaufvertrag mit dem Kaufinteressenten zustande kommen sollte. Auch wenn eine buchhalterisch ausgewiesene Überschuldung der Schuldnerin derzeit noch nicht bestehe, sei unter Ansatz der anzusetzenden Liquidationswerte im Rahmen einer Überschuldungsbilanz eine Überschuldung von gegenwärtig 148.010,78 Euro anzusetzen. Vor diesem Hintergrund hat der Gutachter empfohlen, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen.
Dies ist mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.12.2009 geschehen. Als Begründung ist dort angegeben, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig, was insbesondere aufgrund des Gutachtens vom 29.11.2009 feststehe. Dieser Beschluss ist berichtigt worden mit Beschluss vom 14.01.2010 dahingehend, dass es in den Gründen heißen müsse, die Schuldnerin sei überschuldet, es drohe Zahlungsunfähigkeit. Der Eröffnungsbeschluss ist der Beschwerdeführerseite durch Aufgabe zur Post am 04.12.2009 zugestellt worden.
Mit einem am 17.12.2009 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben wendet sich der Geschäftsführer der Schuldnerin gegen den Eröffnungsbeschluss vor allem mit der Begründung, eine Zahlungsunfähigkeit habe bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 02.12.2009 nicht vorgelegen. Es habe einen Kaufinteressenten gegeben, der bereit gewesen sei, die Geschäfte der Schuldnerin bis zum Verkauf und damit erfolgten reibungslosen Übernahme und Weiterführung mit der notwendigen Ware zu versorgen. Am 02.12.2009 habe sich die Schuldnerin in keiner anderen Situation befunden als zum Zeitpunkt der Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am 25.09.2009. Die Schuldnerin habe stabile Umsätze erwirtschaftet. Durch den Weiterbetrieb bis zur bevorstehenden Veräußerung des Restaurants wäre - gerade in der umsatzstärksten Zeit des Jahres (gemeint offensichtlich die Weihnachtszeit) - eine Entlohnung der Arbeitnehmer mehr als abgesichert gewesen. Es sei noch genügend Ware vorhanden gewesen, um den Betrieb weiter zu führen. Auch die Bestellung neuer Ware für den 08.12.2009 hätte am 04.12.2009 ohne Weiteres noch erfolgen können.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Geschäftsführer der Schuldnerin mit Schreiben vom 12.01.2010 klargestellt, dass sein Schreiben als sofortige Beschwerde angesehen werden solle, weil lediglich eine drohende Zahlungsunfähigkeit, eine Überschuldung dagegen nicht vorgelegen habe.
Mit Beschluss vom 14.01.2010 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde des Geschäftsführers der Schuldnerin nicht abgeholfen. Dazu hat es insbesondere ausgeführt, soweit sich die Beschwerde dagegen richten könnte, die Eröffnung sei wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit erfolgt, fehle es bereits an einer formellen Beschwer, da insoweit dem Antrag der Schuldnerin entsprochen worden sei. Soweit man angesichts der Begründung davon ausgehen sollte, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit nach Stellung des Eigenantrages weggefallen sei, könne die Beschwerde zwar zulässig sein, wäre aber unbegründet, weil sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Gutmann ergebe, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit, die Anlass zur Stellung des Insolvenzantrages gewesen war, nach wie vor Bestand habe. Eine kontinuierliche Warenbelieferung sei gerade auch nach den Feststellungen des Sachverständigen und vorläufigen Insolvenzverwalters nicht zu sichern gewesen, was dann auch zur Einstellung des Geschäftsbetriebes geführt hätte. Die vorzunehmende Betriebseinstellung bedeute, dass danach eine Überschuldung vorgelegen hätte. Unter der Prognose der Nichtfortführung des Geschäftes sei die Antragstellerin überschuldet gewesen. Hierauf komme es jedoch im Ergebnis nicht darauf an, da zum Zeitpunkt der Eröffnung zumindest die Zahlungsunfähigkeit unstreitig drohte. Neue Tatsachen, die darauf hindeuten könnten, dass auch eine drohende Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr vorgelegen haben könnte, seien nicht vorgetragen worden.
Der Insolvenzverwalter hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens im Wesentlichen vorgebracht, er schließe sich den Ausführungen des Amtsgerichts Braunschweig an. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe bestanden. Der Geschäftsführer habe seinen Eigenantrag selbst auf den Grund der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft gestützt. Hintergrund sei eine Einstellung der erforderlichen Warenbelieferung der Insolvenzschuldnerin zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gewesen. Die Insolvenzschuldnerin habe nach dem Zeitpunkt, zu dem die Franchisegeberin ihre Warenlieferungen eingestellt habe (April 2009) nur noch über einen Kaufinteressenten, der ebenfalls ... betreibe, weitere Warenlieferungen erhalten. Dieser Kaufinteressent habe jedoch auf strikte Anweisung der ... zum 15.09.2009 seine Warenlieferung an die Insolvenzschuldnerin eingestellt. Es habe keine Möglichkeit gegeben, die Originalware von anderen Lieferanten zu erhalten. Nur aufgrund der Anordnung der vorläufigen Verwaltung habe eine befristete Weiterbelieferung über den Kaufinteressenten erreicht werden können, und zwar bis Ende November 2009, als auch diese Warenlieferungen eingestellt worden seien. Mangels weiterer Warenlieferungen seien die Geschäftslokale der Insolvenzschuldnerin letztendlich am 02.12.2009 endgültig geschlossen worden. Diese Einstellung des Geschäftsbetriebes sei in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin erfolgt.
Für die weiteren Einzelheiten der im Sachverhalt zitierten Schreiben und Beschlüsse wird auf die Akten verwiesen.
Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Im Einzelnen:
Die sofortige Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn man das Beschwerdevorbringen dahingehend versteht, dass der Eröffnungsgrund nachträglich weggefallen sein soll. Zutreffend geht das Amtsgericht mit seinem Beschluss vom 14.01.2010 nämlich davon aus, dass es ansonsten an der notwendigen, so genannten formellen Beschwer fehlte, weil mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Eigenantrag der Schuldnerin gefolgt worden war. Die gerichtliche Entscheidung weicht damit nicht von dem Antrag ab.
Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde dahingehend verstanden worden, dass der Eröffnungsgrund nach Stellung des Eigenantrages weggefallen sein soll. Auch mit dieser Begründung hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil aufgrund der Begutachtung des ... von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des §18 Abs. 1, 2 InsO und einer Überschuldung im Sinne des §19 Abs. 1, 2 InsO bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auszugehen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Nichtabhilfebeschluss vom 14.01.2010 sowie auf die Stellungnahme des Insolvenzverwalters im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vom 04.02.2010 verwiesen, der sich die Kammer nach eigener Überprüfung anschließt.
Auch durch das Vorbringen der Beschwerde wird das Ergebnis der Begutachtung nicht in Frage gestellt. Vielmehr ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin mit der Verfahrensweise des vorläufigen Insolvenzverwalters, nämlich die Filialen zu schließen, nicht einverstanden gewesen sein will. Dies vermag die Prognose des Gutachtens jedoch nicht in Zweifel zu ziehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §97 Abs. 1 ZPO.
Wert für das Beschwerdeverfahren: 101.000 Euro