Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.02.2010, Az.: 9 O 3169/09

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
11.02.2010
Aktenzeichen
9 O 3169/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 40296
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2010:0211.9O3169.09.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Marke (Adword)

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig am 11.02.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Meyer, die Richterin Dembowski und den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Broihan beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  2. 2.

    Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden Klägerin) hat den Verfügungsbeklagten (im Folgenden Beklagter) im Wege der einstweiligen Verfügung aus Markenrecht in Anspruch genommen.

2

Die Klägerin ist Inhaberin zahlreicher Marken mit dem Bestandteil "...". Bei Eingabe des Begriffes "..." in Google erschien die Anzeige (Anlage K 6). der ... Holzhaus ... GmbH (im folgenden ... GmbH). Der Beklagte hat als Dienstleister diese Anzeige für die ... GmbH erstellt. Die ... GmbH ist in dem Verfahren 9 O 3168/09 in Anspruch genommen worden.

3

Nach Kenntnisnahme von der Anzeige wandte sich zunächst die Klägerin selbst an die ... GmbH mit Schreiben vom 16.11.2009 (Anlage K 9). Die ... GmbH reagierte mit Email vom 18.11.2009 (Anlage K 14). Daraufhin erfolgte eine Abmahnung des Klägervertreters vom 27.11.2009 (Anlage K 10). Die ... GmbH reagierte ihrerseits mit Email vom 30.11.2009 (Anlage K 11). Der Beklagte wies mit Mail vom 27.11.09 (Anlage K 6) alle Ansprüche zurück.

4

Die Klägerin hat folgende Anträge angekündigt:

  1. 1.

    Dem Antragsgegner wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Wettbewerbszwecken die Bezeichnung "...", gleich in welcher Schreibweise, als Schlüsselwort/Keyword zum Aufruf von Google-Adword-Anzeigen, die auf das Unternehmen der Antragsgegnerin hinweisen, zu benutzen oder benutzen zu lassen.

  2. 2.

    Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € angedroht; an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft. Ordnungshaft ist zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin.

5

Im Laufe des Verfahrens hat der Beklagte - ebenso wie die ... GmbH - eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Das einstweilige Verfügungsverfahren ist daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Die Parteien verhandeln mit widerstreitenden Kostenanträgen.

6

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

7

Es wird weiter Bezug genommen auf den Hinweis vom 18.12.2009 (Bl. 17 d. A.). Auf das Verfahren 9 O 3168/09 wird Bezug genommen.

8

II.

Nachdem das Verfahren von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, war gemäß § 91a ZPO nur noch über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Danach waren dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen.

9

1.

Der Antrag hätte Erfolg gehabt.

10

Unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung der Kammer, den Entscheidungen des OLG Braunschweig sowie der Urteile des BGH (BGH I ZR 125/07 = GRUR 2009, 498 [BGH 22.01.2009 - I ZR 125/07] - Bananabay; BGH I ZR 30/07= GRUR 2009, 500 [BGH 22.01.2009 - I ZR 30/07] - beta layout; BGH I ZR 139/07= GRUR 2009, 502 [BGH 22.01.2009 - I ZR 139/07] - pcb; vgl. Ohly, GRUR 2009, 709; Knaak GRUR-Int 2009, 551) sind nach Auffassung der Kammer in den Fällen der sog. Adword-Werbung verschiedene Konstellationen (Stufen) zu unterscheiden.

11

Eine Markenverletzung kommt zunächst grundsätzlich in Betracht, wenn das geschützte Zeichen in dem Anzeigentext selbst (markenmäßig) verwendet wird. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben.

12

Eine Markenverletzung kann grundsätzlich weiter dann vorliegen, wenn das geschützte -nicht beschreibende - Zeichen vom dem Webungstreibenden gezielt als sog. Schlüsselwort (Keyword) für die Schaltung von Adword-Anzeigen gebucht wird. Dabei handelt es sich um die Sachverhaltsvariante, die der BGH dem EUGH vorgelegt hat (BGH a.a.O. - bananabay). Die Kammer hält insoweit an ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. u.a. 9 O 2852/05 = MMR 2006, 9  O 1840/06 = MMR 2007, 121 [LG Braunschweig 15.11.2006 - 9 O 1840/06 (261)]; 9  O 1964/08) fest, die auch vom OLG Braunschweig (vgl. u.a. GRUR-RR 2007, 72 - Jette; WRP 2007, 435 [OLG Braunschweig 05.12.2006 - 2 W 23/06] - impuls; GRUR-RR 2007, 392 - bananabay) bestätigt worden ist (ausdrücklich zustimmend auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. A. § 14, Rn. 164). Auch der EuGH hat in einer Entscheidung vom 18.06.2009 (GRUR 2009, 757 (761) Ziff. 58 - L'Oreal/Bellure) bestätigt, dass das Markenrecht verschiedene Funktionen der Marke schütze. Dazu zähle nicht nur die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion, sondern u.a. auch die Kommunikations- und Werbefunktion der Marke. Dies umfasst genau die von den Braunschweiger Gerichten beschriebene "Lotsenfunktion" der Marke.

13

In den Fällen der Buchung als Keyword ist der klagende Markeninhaber aber darlegungs- und beweispflichtig (Glaubhaftmachung bei der einstweiligen Verfügung) für die Tatsache, dass die gezielte Buchung als Keyword erfolgt ist (BGH - pcb, a.a.O. (504); OLG Braunschweig 2 U 44/08; 2 U 165/08; 2 U 193/08). Im vorliegenden Fall ist von der Klägerin unstreitig vorgetragen und auch glaubhaft gemacht, dass das geschützte Zeichen der Klägerin gezielt als Keyword gebucht worden ist. Damit liegen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen für eine Markenverletzung vor. Die weiteren Fallgruppen sind daher nicht mehr zu prüfen.

14

2.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung wäre auch nicht deshalb ausgeschlossen gewesen, weil die Klägerin sich zunächst selbst an die ... GmbH gewandt hat und die Löschung des Keywords verlangt hat, was letztlich erfolgt ist (vgl. Hinweis vom 18.12.2009).

15

Die Reaktion der ... GmbH bestand darin, dass sie durch Mitteilung der Stellungnahme "unseres Internetmanagements" mitteilte, dass die Verwendung von Marken als Adword zulässig sei und keinerlei Unterlassungsansprüche bestünden. Die ... GmbH hat auch nicht erklärt, den Begriff löschen zu lassen. Der Klägerin war daher nicht zuzumuten, die ursprünglich von ihr gesetzte Frist abzuwarten, da die ... GmbH deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie der Aufforderung nicht nachkommen will. Die Klägerin konnte daher einen Anwalt mit der Geltendmachung ihrer Rechte beauftragen. Erst als Reaktion auf dessen Abmahnung ist die Löschung erfolgt.

16

3.

Der Beklagte hat zwar eine fremde Werbung gestaltet, aber selbst im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Er kann daher selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

17

4.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 GKG. Dabei war - anders als bei 9 O 3168/09 - zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Beklagten nur um den Dienstleister der Anwalt GmbH handelt, der eigentliche Markenangriff aber von der Anwalt GmbH ausgeht. Die an sich gebotene Verbindung der Verfahren war nach der Erledigung nicht mehr zulässig.

Dr. Meyer
Dembowski
Dr. Broihan