Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 21.05.2010, Az.: 4 T 338/10 (36)
Voraussetzungen für die Entlassung eines einmal bestellten Zwangsverwalters
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 21.05.2010
- Aktenzeichen
- 4 T 338/10 (36)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 18439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2010:0521.4T338.10.36.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Clausthal-Zellerfeld - 04.03.2010 - AZ: 2 L 2/10 AG
Rechtsgrundlage
- § 153 Abs. 2 ZVG
Verfahrensgegenstand
Miteigentumsanteil an d. Grundstück(en) ... verbunden mit dem Sondereigentum an der in Altenau, ... gelegenen Wohnung
In der Zwangsverwaltungssache
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
am 21.05.2010
durch
den Richter Dr. Stamer als Einzelrichter
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 01.04.2010 wird der Beschluss des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld vom 04.03.2010 aufgehoben.
Der im Beschluss vom 04.03.2010 anstelle der Beschwerdeführerin bestellte Zwangsverwalter Hxxx Fxxx wird klarstellend entlassen.
Der Beschwerdewert wird auf 600 EUR festgesetzt,
Gründe
I.
Auf Antrag des Gläubigers, des Hausverwalters Kxxx Rxxx, vom 21.01.2010 hat das Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld mit Beschluss vom 27.01.2010 die Zwangsverwaltung des im Rubrum näher genannten Grundbesitzes angeordnet und die Beschwerdeführerin als Zwangsverwalterin bestellt.
Der Gläubiger, der Hausverwalter Kxxx Rxxx, ist sowohl der betreibende Gläubiger als auch der bevollmächtigte Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft zu der die unter Zwangsverwaltung stehende Wohnung gehört. Bereits unmittelbar nach der Inbesitznahme durch die Beschwerdeführerin wandte sich der Gläubiger an das Amtsgericht mit der Bitte, diese sofort abzulösen. Er sehe sich nicht in der Lage, mit der vom Gericht bestellten Zwangsverwalterin weiterhin zusammen zu arbeiten. Er führt dazu an, dass diese ihn beim Termin zur Inbesitznahme am 08.02.2010 in ultimativer Form aufgefordert habe, sofort an der in Besitz zu nehmenden Wohnung zu erscheinen und ihr den Zutritt zu der Wohnung zu ermöglichen. Auf den Hinweis des Gläubigers, dass er im Hinblick auf eine anderweitige Inanspruchnahme nicht sofort zur Verfügung stehen könne, sei er von der Beschwerdeführerin mit der Bemerkung quittiert worden, sie habe auf das sofortige Erscheinen des Hausverwalters als Zwangsverwalterin einen Anspruch und bestehe deshalb darauf, dass er ihrem Wunsch sofort Folge leiste. Wegen der Einzelheiten wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 09.02.2009 (Bl. 11 d.A.) Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat daraufhin zunächst die Beschwerdeführerin angehört und anschließend mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.03.2010 die Beschwerdeführerin als Zwangsverwalterin entlassen und statt ihrer Herrn Hxxx Fxxx zum Zwangsverwalter bestellt. Als Begründung führte das Amtsgericht an, dass der Gläubigervertreter keine Möglichkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Gläubiger und Zwangsverwalterin mehr sehe. Da eine konstruktive Zusammenarbeit jedoch unabdingbar sei, hat das Amtsgericht dem Antrag des Gläubigervertreters stattgegeben.
Dieser Beschluss wurde der Beschwerdeführerin per Empfangsbekenntnis am 22.03.2010 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 01.04.2010, eingegangen bei Gericht am selben Tage, legte die Beschwerdeführerin dagegen sofortige Beschwerde ein und bestritt, den Gläubiger in unangemessenem Ton aufgefordert zu haben, für die Inbesitznahme der Wohnung zur Verfügung zu stehen.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten der Beschwerdekammer vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Clausthal-Zellerfeld vom 04.03.2010 ist zulässig, insbesondere fristgerecht, und in der Sache auch erfolgreich.
Das Amtsgericht hat die Beschwerdeführerin unberechtigt als Zwangsverwalterin entlassen. Die Voraussetzungen für die Entlassung eines einmal bestellten Zwangsverwalters richten sich nach § 153 Abs. 2 ZVG. Danach kann das Gericht dem Verwalter die Leistung einer Sicherheit auferlegen, gegen ihn Zwangsgeld festsetzen und ihn entlassen. Dafür muss aber dann ein wichtiger Grund vorliegen und weniger einschneidende Maßnahmen nicht als ausreichend erscheinen (BGH, WM 1998, 993; OLG Hamm NJW RR 1988, 60; Rechtspfleger 1994, 517). Die Entlassung des Zwangsverwalters soll deswegen gegen seinen Willen wegen der damit verbundenen Gefährdung von Ansehen und Kredit des Verwalters nur äußersten Notfall erfolgen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen objektiv nicht ausreichend erscheinen oder bereits erfolglos geblieben sind, also bei schweren Pflichtwidrigkeiten, etwa Veruntreuung von Geldern oder bei einem Eingriff in nicht beschlagnahmtes Schuldnervermögen (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 153 Rdnr. 7.2). Ein Verschulden ist zwar zur Entlassung nicht nötig und es genügt auch die offensichtliche Unfähigkeit oder Unverträglichkeit mit dem Schuldner, wenn durch sie das Verfahren ernsthaft beeinträchtigt wird. Auch kann die Entlassung dann vorgenommen werden, wenn nach Lage der Verhältnisse eine ordnungsgemäße Führung der Verwaltung durch ihn nicht zu erwarten ist (OLG Hamm, NJW RR 1988, 60). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Aus dem Anwaltsschriftsatz des Gläubigers vom 09.02.2009 ist lediglich ersichtlich, dass es zwischen ihm und der Beschwerdeführerin womöglich zu Unstimmigkeiten gekommen ist. Selbst wenn sie dabei in unangemessener Weise sich im Ton vergriffen hätte, würde dies noch lange nicht die Entlassung aus der Zwangsverwaltung rechtfertigen. Dafür, dass die Beschwerdeführerin offensichtlich unfähig zur Durchführung der Zwangsverwaltung oder dass von ihr nach Lage der Verhältnisse eine ordnungsgemäße Führung der Verwaltung nicht zu erwarten ist, ist nichts ersichtlich. Selbst wenn in dem Verhalten vom 08.02.2010 eine Pflichtwidrigkeit der Beschwerdeführerin gelegen haben könnte, so wäre dies vorrangig durch Sicherheitsleistung, oder Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld zu ahnden.
Die Entlassung der Beschwerdeführerin war mithin aufzuheben. Da mit dem angefochtenen Beschluss zugleich ein neuer Zwangsverwalter bestellt wurde, ist dieser hiermit zu entlassen (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 153 Rdnr. 7.2).
Eine Kostentscheidung war nicht veranlasst, da sich die Kostenentscheidung erfolgreicher Rechtsbehelfe in Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich nach den §§ 91 ff. ZPO zu richten hat. Die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO setzen jedoch ein kontradiktorisches Verfahren voraus (vgl. BGHZ 170, 378; OLG Zweibrücken, MDR 1990, 253), woran es vorliegend fehlt, da nicht das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Vordergrund steht. In solchen Fällen bedarf es keiner Kostenentscheidung, da bereits § 788 ZPO eine umfassende Kostenregelung enthält und auch die Kosten im Beschwerdeverfahren als Vollstreckungskosten im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO zu begreifen sind, die im Falle ihrer Notwendigkeit ebenfalls den Vollstreckungsschuldner treffen (OLG Zweibrücken a.a.O.).
Der Beschwerdewert wurde nach dem Interesse der Beschwerdeführerin gemäß § 3 ZPO pauschal auf 600 EUR geschätzt. Dies entspricht der Mindestvergütung nach§ 20 Abs. 1 ZwVwV.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.