Landgericht Braunschweig
Urt. v. 14.04.2010, Az.: 22 O 2599/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 14.04.2010
- Aktenzeichen
- 22 O 2599/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 40297
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2010:0414.22O2599.09.0A
Rechtsgrundlagen
- MarkenG § 128 Abs. 1
- MarkenG § 127 Abs. 1
- UKlaV § 1
In dem Rechtsstreit
wegen Wettbewerbsverstoßes
hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Broihan, den Handelsrichter Niemsch und die Handelsrichterin Ahola
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 15.196,35 €.
Tatbestand
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Bewerbung von Steinsalz durch die Beklagte als "Himalaya-Salz".
Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland, der in § 1 Ziffer 5 UKlaV aufgeführt ist. Zu seinen Mitgliedern zählt auch der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e.V. Berlin, dessen Mitgliedern wiederum u. a. der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. und der Bundesverband Deutscher Reformhäuser gehören.
Die Beklagte hat im Internet unter der Internetadresse "www...de" den Verkauf von Steinsalz unter der Bezeichnung "Himalaya Kristallsalz (Brocken)" beworben und dabei auch eine Verkaufsverpackung dargestellt mit dem Hinweis "Salzkristalle aus dem Himalaya", wobei im Hintergrund abgebildete, schneebedeckte Gebirgsgipfel zu sehen sind. Insoweit wird auf die Abbildung im Antrag der Klägerin sowie auf die nachgesandte farbige Kopie verwiesen.
Wie unter den Parteien unstreitig ist, stammt das von der Beklagten beworbene Steinsalz aus der sogenannten "Salt-Range", einem Gebirgszug, der in der Provinz Punjab des Staates Pakistan liegt; insoweit streiten die Parteien darum, ob dieses Gebiet dem Begriff "Himalaya" zuzuordnen ist.
Der Kläger beruft sich für seine Klagebefugnis und Aktivlegitimation auf die ihm angehörenden Mitglieder des Handels. Insoweit reiche es aus, dass - wie mit dem Lebensmitteleinzelhandel - dieselbe Branche betroffen sei.
Die Bewerbung des Steinsalzes aus der "Salt-Range" durch die Beklagte verstoße gegen das Verbot der Angabe unrichtiger geografischer Herkunftsangaben. Angesichts der Bewerbung als "Himalaya-Salz" sowie der zusätzlichen Abbildung schneebedeckter Gipfel entwickle der Verbraucher die Vorstellung, dass das Salz aus den Höhenregionen des Himalaya stamme. Tatsächlich handele es sich bei der Salt-Range aber nur um eine etwa 700 m hohe Hügelkette in der Provinz Punjab, die 200 km vom Himalayamassiv entfernt liege und durch eine Ebene bei Jhelum klar davon getrennt sei. Dort werde ein hoher Prozentsatz des weltweiten Bedarfs an Steinsalz abgebaut. Auch geologisch hätten die Salzvorkommen der Salt-Range nichts mit der Entstehung des Himalaya zu tun, da die Steinsalzvorkommen etwa 250 Mio. alt seien während der Himalaya erst vor ca. 40 - 50 Mio. Jahren entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
- I.
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
wie nachstehend wiedergegeben, für ein Steinsalz mit dem Hinweis zu werben
"Himalaya Kristallsalz"
und/oder
"Salzkristalle aus dem Himalaya".
- II.
Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 196,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet zunächst die Klagebefugnis und die Aktivlegitimation des Klägers. Wie Stichproben ergeben hätten, stünden auf der vom Kläger beanspruchten Mitgliederliste viele Mitglieder, die nicht Mitglied seien. Weiter handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, da auch Mitglieder des Klägers wie Galeria-Kaufhof oder REWE selbst "Himalaya-Salz" anbieten würden, wozu die Beklagte auf entsprechende Verkaufsgebinde verweist.
In materieller Hinsicht liege eine Irreführung des Verbrauchers nicht vor, da die Salt-Range der südlichste Teil des umgangssprachlichen Himalayas sei, wozu die Beklagte auf Auszüge aus Wikipedia verweist, nach denen der Himalaya sich zwischen Pakistan und Burma mit einer Breite von 250 - 350 km und einer Länge von 3000 km erstreckt (Anlage B 3). Tatsächlich sei die Salt-Range geologisch wie geografisch dem Himalaya zuzuordnen, der als mächtigste Auffaltungszone der Erde durch die Kollision der indischen mit der eurasischen Platte entstanden sei. Der Himalaya bestehe nicht allein aus dem sogenannten "Hoch-Himalaya", sondern auch aus den südlichen Vorbergen des Himalaya, den sogenannten Siwaliks. Dies sei auch dem mündigen informierten Verbraucher, auf den für die Verkehrsanschauung abzustellen sei, bekannt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klagebefugnis des Klägers folgt zwar nicht allein daraus, dass er zu den in der Unterlassungsklageverordnung aufgeführten berechtigten Wettbewerbsverbänden zählt (BGH GRUR 2006, 778 [BGH 16.03.2006 - I ZR 103/03] -"Sammelmitgliedschaft IV1-). Sie folgt aber daraus, dass der Kläger hinreichend dargelegt hat, dass auch im Lebensmittelhandel tätige Verbände, wie u. a. der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e. V. und der Bundesverband Deutscher Reformhäuser e. V., zu seinen mittelbaren Mitgliedern gehört. Insoweit reicht es aus, dass Unternehmen berücksichtigt werden, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbandes sind (BGH GRUR a.a.O.). Die Beklagte selbst hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass Mitglieder des Klägers - wie Galeria-Kaufhof oder REWE - ebenfalls Steinsalz unter der Bezeichnung "Himalaya-Salz" verkaufen und damit jedenfalls zu den Wettbewerbern der Beklagten gehören.
II.
Die Klage ist aber unbegründet, da die Bezeichnung von Steinsatz aus der "Salt-Range" als "Himalaya-Salz" nicht gegen das Verbot unzutreffender geografischer Herkunftsangaben verstößt.
Nach §§ 128 Abs. 1, 127 Abs. 1 MarkenG setzt der vom Kläger begehrte Unterlassungsanspruch voraus, dass die Beklagte geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die tatsächlich nicht aus dem Ort stammen, der durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird und dadurch eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 126 Rdnr. 7).
Die Zeichnung Himalaya stellt eine solche geografische Herkunftsangabe dar, da sie auf eine bekannte Region verweist. Es besteht aber keine Gefahr der Irreführungüber die geografische Herkunft, da der Verbraucher mit der Bezeichnung "Himalaya" nicht über die tatsächliche Herkunft des angebotenen Steinsalzes getäuscht wird.
Entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Irreführung ist die Verkehrsauffassung, wobei Maßstab die Auffassung des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers ist, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (BGH GRUR 2002, 160 [BGH 19.09.2001 - I ZR 54/96] - "Warsteiner III"). Adressatenkreis für das von der Beklagten beworbene Steinsalz ist hier allgemein der Verbraucher, der sich für den Erwerb von Steinsalz in einer gehobenen Preisklasse interessiert. Zu diesen angesprochenen Verkehrskrelsen gehören auch die Mitglieder der angerufenen Kammer, die insbesondere in ihrer Zusammensetzung mit einem Juristen und zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern aus andern Berufsfeldern über ausreichende Sachkenntnis zur Beurteilung der angesprochenen Verkehrskreise verfügen, so dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich war.
Danach geht der angesprochene Verbraucher allein aus der Verwendung "Himalaya-Salz" nicht von der Vorstellung aus, es handele sich notwendiger Weise um Salz, das im sogenannten "Hochhimalaya" gefördert wird. Dem durchschnittlich interessierten Verbraucher ist bewusst, dass der Himalaya nicht allein aus abgelegenen Höhenregionen besteht, sondern auch weitere Regionen umfasst. Insoweit ist es eher femliegend, dass der Verbraucher davon ausgeht, dass Steinsalz - das bergwerksmäßig gefördert wird - in Hochregionen abgebaut werden soll. Daran ändert auch nichts die zusätzliche Abbildung schneebedeckter Gipfel. Diese Abbildung sieht der Verbraucher insgesamt als allgemeine Werbebotschaft an, bezieht dies aber nicht notwendigerweise auf den Hochhimalaya. Da nach den vorgelegten Unterlagen die Salt-Range jedenfalls noch zum südlichen Teil des Himalaya gehört, liegt keine falsche Angabe der Beklagten vor, die zu einer Fehlvorstellung des Verbrauchers führen könne.
Insgesamt sind die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches daher nicht erfüllt, so dass die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage In § 709 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert setzt sich aus dem Unterlassungsinteresse des Klägers in Höhe von 15.000,00 € und dem Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 196,35 € zusammen.