Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 24.10.2012, Az.: 23 SchH 3/12

Ansprüche wegen überlanger Dauer eines Ermttlungs- und des anschließenden gerichtlichen Strafverfahrens

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
24.10.2012
Aktenzeichen
23 SchH 3/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 39931
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:1024.23SCHH3.12.0A

Fundstelle

  • NJW-Spezial 2013, 26

Amtlicher Leitsatz

1. Zu den Anforderungen an eine Klage wegen überlanger Dauer eines Ermittlungs- und anschließenden gerichtlichen Strafverfahrens.

2. Schuldhafte Verstöße gegen die Vorgaben aus der StPO können regelmäßig nur in einem Verfahren wegen Amtshaftung geltend gemacht werden und führen daher nicht zu einer Erhöhung des gesetzlich vorgesehenen Entschädigungsbetrags i. S. d. § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG.

Tenor:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 3.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. April 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land zu 3/4, der Kläger zu 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch das beklagte Land durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land Entschädigung wegen überlanger Dauer eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens.

Er wurde in einem Strafverfahren gegen Dritte am 4. Juli 2007 bei der Staatsanwaltschaft ... (Az.: ...) zunächst zeugenschaftlich zu der Frage vernommen, wann er ein bestimmtes Gutachten über altersgerechtes Wohnen für die anderweitig verfolgten Personen gefertigt habe. Ausweislich eines Vermerks des zuständigen Staatsanwalts vom 24. Oktober 2007 lag "dringender Verdacht" dafür vor, dass der Kläger in dieser Zeugenaussage unwahre Angaben gemacht haben könnte. Der Kläger hatte angegeben, das Gutachten habe er im Jahr 2002 in seinem Urlaub erstellt. Der Staatsanwalt entnahm jedoch den bei einer Durchsuchung aufgefundenen word-Dateiinformationen (Bd. IV, Bl. 74 R der Strafakten), die Erstellung habe erst im Jahr 2007 stattgefunden. Daraufhin ließ der Staatsanwalt den Kläger - entgegen den gesetzlichen Vorgaben - am 28. November 2007 richterlich als Zeuge zur Erzwingung einer wahrheitsgemäßen Aussage vernehmen und ließ ihn vereidigen.

Erst mehr als zwei Jahre später, am 4. November 2009, ließ der Staatsanwalt den Kläger als Beschuldigten wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung und des Meineides förmlich eintragen und hörte ihn zu den Vorwürfen an. Die Staatsanwaltschaft erhob am 5. Februar 2010 zum Amtsgericht ... Anklage, die am 11. Februar 2010 dem Kläger mit Erklärungsfrist zugestellt worden ist.

Unter dem 9. April 2010 gab der Kläger eine umfassende Einlassung ab. Nachdem die Staatsanwaltschaft hierzu am 29. April 2010 Stellung genommen hatte, beantragte der damalige Verteidiger des Klägers am 12. Mai 2010, die Einlassungsfrist bis Juni 2010 zu verlängern.

Eine Einlassung ist jedoch nicht abgegeben worden. Nennenswerte Verfahrensförderung hat in der Folgezeit nicht stattgefunden. Das Amtsgericht hat am 23. Juni 2011 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und dem Kläger mit Schreiben vom 25. August 2011, dem Kläger am 1. September 2011 zugegangen, mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft die Nichteröffnung nicht angefochten habe. Der Beschluss ist am 1. Juli 2011 rechtkräftig geworden.

Der Kläger behauptet, ihm sei von Seiten des zuständigen Staatsanwalts bereits am 28. November 2007 mitgeteilt worden, dass gegen ihn wegen Meineides ermittelt werde.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei der genaue Betrag in das Ermessen des Gerichts gestellt werde und hierbei von einem Betrag nicht unter 4.000 € ausgegangen werden solle.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, im vorliegenden Verfahren seien auch materiell-rechtliche Ansprüche aufgrund des Fehlens eines nationalen Rechtsbehelfs und damit verbundener Verletzung von Art. 13 MRK mitabzugelten.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die beigezogenen Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und im ausgesprochenen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gemäß § 199 i. V. m. § 198 GVG wegen überlanger Dauer des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens in Höhe von 3.000 € zu.

1. Dass das Verfahren bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren abgeschlossen war, steht einer Anwendung der Vorschriften nicht entgegen. Die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 23 sind erfüllt.

Das dem Klageanspruch zugrundeliegende Strafverfahren ist weniger als sechs Monate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden, sodass der Kläger zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes gemäß Art. 35 EMRK Klage zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hätte einreichen können.

Einer vorherigen Verzögerungsrüge gem. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG bedurfte es nicht.

2. Der maßgebliche Zeitraum für die Beurteilung, ob das gegen den Beschuldigten geführte Ermittlungs- und anschließende Strafverfahren übermäßig lang gewesen ist, erstreckt sich von November 2007 bis zum 1. September 2011. Auf den Zeitpunkt des 4. November 2009, an dem der Kläger den Beschuldigtenstatus förmlich erlangt hat, kam es hingegen nicht an. Dabei konnte dahingestellt bleiben, ob dem Kläger bei der richterlichen Vernehmung vom 28. November 2007 oder - wie der Kläger behauptet - in zeitlichem Zusammenhang damit durch den Staatsanwalt mitgeteilt worden war, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Meineides geführt werde. Denn der zuständige Staatsanwalt ist spätestens seit dem 24. Oktober 2007 ausweislich seines Vermerks vom selben Tag (Bd. IV, Bl. 111 d. BA.) von einem dringenden Verdacht ausgegangen, dass der Kläger bei seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft am 4. Juli 2007 die Unwahrheit gesagt habe. Er ist folglich von einem Anfangsverdacht gegen den Kläger wegen versuchter Strafvereitelung ausgegangen und hat deshalb auch einen Bundeszentralregisterauszug erfordert. Zwar begründet Tatverdacht allein noch keine Beschuldigteneigenschaft. Die Einschätzung aber, es liege sogar "dringender" Verdacht einer unwahren Aussage vor und der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund der Aussage Ermittlungen aufgenommen hat (Erfordern eines BZR-Auszuges), führen dazu, dass der Kläger ab diesem Moment von der Staatsanwaltschaft der Sache nach als Beschuldigter behandelt worden ist und lediglich äußerlich davon abgesehen wurde, ihn als Beschuldigten auch eintragen zu lassen und auf der Akte in Gestalt eines Aufklebers zu führen.

Spätestens im Termin zur richterlichen Vernehmung des Klägers am 28. November 2007, in dem dem Kläger vermeintliche Unwahrheiten in seiner Aussage vorgehalten wurden und auf Antrag des anwesenden Staatsanwalts die Vereidigung des Klägers vorgenommen worden war, musste auch der Kläger davon ausgehen, dass er als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren behandelt wird.

3. Dies zugrunde gelegt, stehen dem Kläger Ansprüche wegen unangemessener Dauer wegen des Zeitraums vom November 2007 bis November 2009 (a.) sowie wegen des Zeitraums von Juni 2010 bis Juni 2011 (b.) zu.

a. Zwar genügte die Klageschrift des hiesigen Verfahrens vom 14. Februar 2012 zunächst nicht den Anforderungen an ein substantiiertes Vorbringen. Denn allein der Hinweis des Klägers auf eine Gesamtdauer des Strafverfahrens von drei Jahren und neun Monaten begründet für sich allein genommen keinen Anspruch auf Entschädigung. Allgemeingültige Zeitvorgaben, wie lange ein Strafverfahren zu dauern hat, gibt es nicht und kann es aufgrund der Verschiedenartigkeit der Verfahren auch nicht geben. Vielmehr richtet sich die Angemessenheit nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insbesondere auf die Schwierigkeit und die Bedeutung des Verfahrens sowie auf das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter abzustellen ist. Die Verfahrensdauer ist als unangemessen anzusehen, wenn eine Abwägung aller Umstände ergibt, dass die aus den genannten Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, verletzt ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil. v. 25. Juli 2012, 7 KE 1/11). Soweit einzelne Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dafür sprechen, dass es eine Art absoluter Obergrenze geben kann, jenseits derer regelmäßig von einer unangemessenen Dauer auszugehen ist, lagen abweichende Sachverhalte mit erheblich längeren Verfahrensdauern als vorliegend zugrunde.

Der auf Hinweis des Senats vorgenommenen Ergänzung der Klageschrift kann jedoch unter Berücksichtigung der Klageerwiderung noch genügend entnommen werden, dass bereits das Ermittlungsverfahren nach Niederlegung des dringenden Anfangsverdachts, den der Staatsanwalt meinte schöpfen zu können, gegen den Kläger über zwei Jahre lang nicht gefördert worden ist. Obwohl nämlich gegen den Kläger seit November 2007 Anfangsverdacht (und schon zuvor aufgrund der Abweichung zwischen Aussage des Klägers und aufgefundener word-Dateiinformation) wegen versuchter Strafvereitelung und Meineides bestanden hatte, sind Ermittlungshandlungen gegen den Kläger bis zu seiner förmlichen Eintragung als Beschuldigter im November 2009 nicht durchgeführt worden. Zwar hat der Kläger sich die vom Beklagten hierzu vorgetragenen Tatsachen nicht zu eigen gemacht, sondern diese vielmehr "mit Nichtwissen" bestritten. Vorliegend handelt es sich jedoch bei dem zugrundeliegenden Verfahren um ein Strafverfahren, das durch das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) und die Offizialmaxime (§ 160 StPO) geprägt ist. Anders als in einem Zivilverfahren, dessen Ausgestaltung in erster Linie bei den Parteien liegt, obliegt die Förderungspflicht eines solchen Offizialverfahrens im Kern - einmal von Einlassungsmöglichkeiten abgesehen - ausschließlich den Strafverfolgungsbehörden. Warum ein Strafverfahren einen bestimmten Fortgang gefunden hat oder nicht, ist für einen Beschuldigten vielfach nur schwerlich darzulegen, zumal nur die wenigsten entsprechenden Überlegungen der auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden handelnden Personen in den Akten niedergelegt werden. Dies rechtfertigt es zumindest zusammen mit dem im Streitfall hinzutretenden Umstand, dass die Schöpfung eines Verdachts aus den word-Dateiinformationen, sich nach den Gesetzen der Logik nicht halten lässt (siehe dazu noch unten), dass der Senat auch ohne ausdrückliches Vorbringen des Klägers zu einzelnen Verfahrensabschnitten und -handlungen die in Bezug genommenen und beigezogenen Verfahrensakten heranzieht und auf Zeiten unangemessen langer Dauer überprüft. Insoweit bedurfte es keiner weiteren ins Detail gehenden Darlegung seitens des Klägers, insbesondere auch nicht zu den jeweils unterlassenen Handlungen von Staatsanwaltschaft oder Gericht. Vielmehr hätte es dem beklagten Land aufgrund seiner sekundären Darlegungslast oblegen, die in Betracht kommenden Verfahrensverzögerungen zu rechtfertigen. Da - offenbar wegen der fehlenden förmlichen Ausweisung des Klägers als Beschuldigten - aus der unberechtigten subjektiven Sicht des für das beklagte Land handelnden Staatsanwalts trotz in der Sache bereits gegebenen und auch aktenkundig gemachten Verdachts bis zum 4. November 2009 überhaupt kein Anlass bestand, weitere Ermittlungen gegen den Kläger durchzuführen, ist auszuschließen, dass das beklagte Land sachgerechte Umstände vorbringen könnte, die die eingetretene Verzögerung von zwei Jahren erklären könnten. Der Senat geht daher von einer Unangemessenheit i. S. v. § 198 Abs. 1 i. V. mit § 199 GVG für die Zeit vor Anklageerhebung von insgesamt 24 Monaten aus.

b. Nachdem das Ermittlungsverfahren ab dem 4. November 2009 zügig zum Abschluss gebracht worden ist und auch das gerichtliche Verfahren bis Juni 2010 keine unangemessenen Verfahrensverzögerungen beinhaltet - eingetretene Verzögerungen sind im Wesentlichen auf das Verhalten des Klägers bzw. seines damaligen Verteidigers zurückzuführen, die weitere Einlassungen ankündigten -, hat eine nennenswerte Verfahrensförderung seit Juni 2010 nicht weiter stattgefunden. Der Verfahrensinhalt beschränkt sich im Wesentlichen auf zwei Anfragen des Klägers vom 27. September und 31. Oktober 2010 sowie eines Vermerks aus dem Februar 2011, der nahelegt, dass eine Einlassung des Klägers nicht mehr erfolgen werde. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum das - wenn auch recht umfangreiche - Verfahren nahezu ein Jahr lang keiner Bearbeitung mit dem bloßen Ziel, eine Entscheidung über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Hauptverfahrens zu treffen, zugeführt worden ist. Der Senat bringt davon sechs Monate als unangemessen verzögerte Verfahrensdauer zusätzlich in Ansatz, wobei der Senat im Rahmen der abschließend vorzunehmenden Gesamtwürdigung auch berücksichtigt hat, dass trotz der Rechtskraft des Nichteröffnungsbeschlusses seit dem 1. Juli 2011 dem Kläger erst zwei Monate später der Abschluss des Verfahrens mitgeteilt wurde. Gleichzeitig betont der Senat, dass damit nicht zugleich eine Aussage darüber getroffen wird, ob die Verzögerung dem zuständigen Richter vorzuwerfen oder ob diese auf andere Ursachen zurückzuführen ist.

4. Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ergibt sich eine von den Behörden des beklagten Landes zu verantwortende Verzögerung von zwei Jahren und sechs Monaten. Regelmäßig beträgt die Entschädigung gemäß § 198 Abs. 2 GVG i. V. mit § 199 GVG 1.200,00 € für jedes Jahr der Verzögerung. Dies ergibt vorliegend einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 3.000 €.

Von diesem Betrag nach oben oder unten abzuweichen, hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen. Denn der Betrag ist nach den Umständen des Einzelfalls nichts als unbillig anzusehen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG). Zwar kann nicht übersehen werden, dass der Kläger infolge eines gesetzwidrigen Handelns der Strafverfolgungsbehörden - nämlich die Vernehmung als Zeuge trotz bestehenden Anfangsverdachts gegen den Kläger und die durch das Gesetz nicht abgedeckte Vereidigung zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Zeugenaussage (vgl. § 62 StPO) - letztlich in den Verdacht eines Meineids "getrieben" worden ist. Hinzukommt, dass die Schöpfung des Anfangsverdachts aus der word-Dateiinformation unberechtigt war, weil sie den Regeln der Logik nicht standhält. Ausweislich der Information soll die Datei am 22. Januar 2007 erstellt sein. Davon durfte jedoch nicht weiter ausgegangen werden. Die Dateiinformation widerlegt sich nämlich durch die übrigen Angaben des Ausdrucks selbst. Danach soll die Datei am 18. Januar 2007 - also vor dem Erstellzeitpunkt - bereits ausgedruckt worden sein. Gleichwohl handelt es sich hierbei nicht um Umstände, die eine Heraufsetzung des Regelbetrags des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG rechtfertigen. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von einem Nebeneinander der Ansprüche auf Entschädigung einerseits und der Ansprüche auf Schadensersatz wegen Amtshaftung andererseits ausgegangen (vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 16, 19). Schuldhafte Verstöße gegen die Vorgaben aus der StPO können daher regelmäßig nur in einem Verfahren wegen Amtshaftung geltend gemacht werden, für die der Senat nicht zuständig ist (vgl. OLG Celle, Nds.Rpfl. 2012, 307). Sie können den Anspruch auf Entschädigung wegen Verzögerung infolge überlanger Verfahrensdauer allenfalls in Ausnahmefällen berühren. Ein solcher lag unter Berücksichtigung weiterer sich aus den Ermittlungsakten ergebender Umstände, die die Annahme eines Anfangsverdachts gegen den Kläger auch ohne den für den Staatsanwalt maßgeblichen Dateiausdruck nachvollziehbar begründbar gemacht hätten, nicht vor.

5. Soweit der Kläger im Übrigen auch materiell-rechtliche Ansprüche wegen Fehlens eines nationalen Rechtbehelfs und die dadurch eingetretene Verletzung von Art. 13 MRK geltend machen will, ist hierfür im Rahmen der Bemessung einer Entschädigung für die überlange Dauer eines Strafverfahrens gegen das hier beklagte Land kein Raum.

6. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus § 291 i. V. mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1 und 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung im Hinblick auf die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers in Strafverfahren und die Frage, ob und inwieweit sich Fehler der Strafverfolgungsbehörden auf die Höhe der Entschädigung auswirken können, zugelassen (§§ 201 Abs. 2 Satz 3 GVG i. V. mit § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).