Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 03.01.2006, Az.: 6 C 5/06

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
03.01.2006
Aktenzeichen
6 C 5/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 44212
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2006:0103.6C5.06.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Wird bei einer Hauptsacheerledigung dem Gericht nicht vor oder bei der Abgabe der Erledigungserklärung eine Einigung über die Kostenlast mit dem Verfahrensgegner angezeigt oder die Bereitschaft zur Kostenübernahme erklärt, entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach Billigkeitsgesichtspunkten über die Kostentragung.

  2. 2.

    Folgt das Gericht der mit einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung begründeten Rechtsauffassung eines Verfahrensbeteiligten nicht, bedarf es vor der gerichtlichen Entscheidung nicht einer nochmaligen Anhörung des Beteiligten oder eines rechtlichen Hinweises auf die beabsichtigte (Kosten-)Entscheidung.

Tenor:

  1. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen den Beschluss der Kammer vom 14. November 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Anhörungsrüge der Antragstellerin vom 1. Dezember 2005 gegen den am 17. November 2005 zugestellten Beschluss der Kammer vom 14. November 2005 (6 C 651/05) hat keinen Erfolg.

2

Im Hinblick auf die Annahme eines Studienplatzes an der Universität C. durch die Antragstellerin hatten die Beteiligten das gegen die Antragsgegnerin gerichtete Verfahren auf Zulassung zu einem ebensolchen Studium außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kammer hat daraufhin den Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Verfahrenskosten entschieden. Maßgeblich für die der Antragstellerin nachteilige Kostenentscheidung waren - als jeweils eigenständig tragende Gründe - der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens, wenn es zu einer Sachentscheidung gekommen wäre, sowie die ständige Rechtsprechung der Kammer in Bezug auf die Kostenlastverteilung in den Fällen, in denen die Verfahrenserledigung durch die Annahme eines Studienplatzes an einer anderen Hochschule herbeigeführt wird.

3

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Anhörungsrüge ist nicht begründet. Im Hinblick auf die von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zu der Kostenlastverteilung bei der Annahme eines Studienplatzes an einer anderen Hochschule innerhalb der Aufnahmekapazität und der Erledigung eines Rechtsstreit, der auf die Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität gerichtet war, bedurfte es nicht einer nochmaligen Anhörung der Antragstellerin zu der hiervon abweichenden Rechtsauffassung der Kammer. Das Gericht war auch nicht gehalten, im Hinblick auf das geänderte Gerichtskostenrecht vor einer Entscheidung den Beteiligten die Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Entscheidung mitzuteilen.

4

Die kostenrechtliche Möglichkeit einer Gebührenreduzierung nach Nr. 5211 des Kostenverzeichnisses - im Falle eines Hauptsacheverfahrens nach Nr. 5111 - (Anlage 1 zu § 3 GKG) setzt im Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten voraus, dass dem Gericht zuvor eine Mitteilung zumindest eines der Beteiligten zugeht, nach der sich die Beteiligten über die Kostenverteilung geeinigt haben oder einer der Beteiligten zur Kostenübernahme bereit ist. Eine solche Erklärung lag dem Gericht bis zur Abgabe der Erledigungserklärung durch die rechtskundig vertretene Antragstellerin nicht vor. Die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zu dem Antrag, der Antragsgegnerin die Kosten insgesamt aufzuerlegen, machen vielmehr deutlich, dass von dem Gericht eine nach Billigkeitsgesichtpunkten zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 161 Abs. 2 VwGO erwartet wurde, von der die Antragstellerin annahm, dass sie zu ihren Gunsten ausfallen würde. Dass sich diese Annahme als unzutreffend erwiesen hat, beruht nicht darauf, dass das Gericht aus der Sicht der Antragstellerin der Hinweispflicht nicht genügt und den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte. Der Kammer war bei ihrer Kostenentscheidung die von der Rechtsauffassung des beschließenden Gerichts abweichende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bekannt. Die nach § 161 Abs. 2 VwGO getroffene Kostenentscheidung war infolgedessen - auch wenn dem Kostenantrag der Antragstellerin nicht gefolgt worden ist - keine "Überraschungsentscheidung", weil die Problematik zuvor in dem Verfahren thematisiert worden ist. Eine Pflicht des Gerichts, die Antragstellerin vorab auf die abweichende Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Kostenentscheidung hinzuweisen, bestand daher nicht (vgl. auch: BVerwG, Beschl. vom 04.10.2005 - 6 B 63/05 - m. w. N.).

5

Im Übrigen wäre die Kostenentscheidung selbst dann nicht anders ausgefallen, wenn die Kammer hinsichtlich der Kostenregelung bei einer Verfahrenserledigung durch die Annahme eines sogenannten innerkapazitären Studienplatzes der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Berlin gefolgt wäre. Denn die Kostenentscheidung ist zusätzlich und mit insoweit eigenständig tragenden Gründen auf den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens ohne den Eintritt der Verfahrenserledigung gestützt worden. Da der von der Antragstellerin bei der Hochschule gestellte Antrag nach § 2 Abs. 2 HochschulvergabeVO nicht innerhalb der normativ gesetzten Ausschlussfrist bis zum 15. Oktober 2005 eingegangen ist, sondern dort erst am 17. Oktober 2005 vorgelegen hat, wäre der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon aus diesem Grund erfolglos geblieben. Dass die Antragstellerin im Hinblick auf diese Sachlage und das für sie daraus resultierende Kostenrisiko nicht vor der Abgabe der Erledigungserklärung die Bereitschaft zur Kostenübernahme erklärt oder mit der Antragsgegnerin eine Einigung über die Kostentragung herbeigeführt hat, fällt in ihre Risikosphäre.