Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 26.01.2006, Az.: 3 A 55/04
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 26.01.2006
- Aktenzeichen
- 3 A 55/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44239
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2006:0126.3A55.04.0A
Verfahrensgang
Fundstelle
- InfAuslR 2006, 389-390 (Volltext mit amtl. LS)
In der Verwaltungsrechtssache
.........
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 3. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Zschachlitz, die Richterin am Verwaltungsgericht Drinhaus, die Richterin am Verwaltungsgericht Struckmeier sowie die ehrenamtlichen Richter C. und D,
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 08.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2004 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.031,88 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Abschiebungskosten. Unter dem 01.09.1999 unterzeichnete die Klägerin die auf einem amtlichen Formular der Bundesrepublik Deutschland geschriebene "Verpflichtungserklärung", in der es u. a. heißt:
"Ich, die Unterzeichnete..., verpflichte mich gegenüber der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung für (Name, etc. der Ausländerin) ab Einreise drei Wochen nach § 84 des Ausländergesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 82 und 83 des Ausländergesetzes die Kosten für die Ausreise oben genannten Ausländers/in zu tragen."
Ferner heißt es in dem Formular:
"Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten (z. B. Flugticket) oben genannten Ausländers/in nach §§ 82 und 83 des Ausländergesetzes.
Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf
den Umfang und die Dauer der Haftung,
die Möglichkeit von Versicherungsschutz,
die zwangsweise Beitreibung der aufgewendeten Kosten im Wege der Vollstreckung, soweit ich meiner Verpflichtung nicht nachkomme."
Die in der Verpflichtungserklärung genannte Ausländerin erhielt daraufhin ein Visum zur Einreise in die so genannten Schengener Staaten und reiste am 23.04.2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Visum lief am 14.05.2000 ab. Am 27.12.2000 wurde die Ausländerin in Nürnberg - unter Alias-Namen - festgenommen. Es wurde festgestellt, dass sie - ebenfalls unter Alias-Namen - in der Bundesrepublik Deutschland ihre Anerkennung als Asylberechtigte erfolglos betrieben hatte und dass eine vollziehbare Abschiebungsandrohung gegen sie bestand. Die Ausländerin wurde in Abschiebehaft genommen und - nachdem während der Haftzeit der für die Einreise am 23.04.2000 verwandte Reisepass zum Vorschein kam - am 23.04.2001 auf Veranlassung der Ausländerbehörde in ihr Heimatland - Mongolei - abgeschoben.
Mit Leistungsbescheid vom 08.05.2003 forderte die Bezirksregierung Braunschweig die Klägerin auf, die entstandenen Kosten in Höhe von 8.031,88 EUR zu zahlen, die sich aus den Kosten der Abschiebehaft in Höhe von 7.113,03 EUR, den Kosten der Reisepassverlängerung in Höhe von 17,90 EUR, den Kosten eines Sammeltransportes in die JVA München in Höhe von 115,71 EUR, den Flugkosten von München nach Ulan Bator in Höhe von 685,13 EUR und den Kosten für den Transport zum Flughafen in Höhe von 16,26 EUR zuzüglich einer Personalkostenpauschale für Einzeltransport in Höhe von 83,85 EUR zusammensetzen.
Den dagegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2004, zugestellt am 27.01.2004, zurück.
Mit der am 26.02.2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Leistungsbescheides.
Die Klägerin trägt vor, dass die Ausländerin sie in Deutschland besucht habe. Sie habe sie nach ca. 14 Tagen Aufenthalt zum Zug begleitet, weil die Ausländerin nach eigenen Angaben nach Berlin reisen wollte, um dort noch jemanden zu besuchen und anschließend ordnungsgemäß aus der Bundesrepublik auszureisen. Dabei habe sich die Klägerin auch vergewissert, dass die Ausländerin ein gültiges Rückflugticket bei sich hatte. Die Ausländerin habe versichert, pünktlich auszureisen. Einige Tage danach habe die Klägerin in der Mongolei angerufen und vom Vater der Besucherin erfahren, dass diese gut in der Mongolei angekommen sei.
Soweit die Beklagte diese Angabe der Klägerin für widerlegt halte, weil die Ausländerin keine entsprechenden Einträge in ihrem Pass gehabt habe, habe sie nicht beachtet, dass die Ausländerin in der Bundesrepublik Deutschland unter mindestens fünf Alias-Namen aufgetreten sei und wohl auch entsprechend viele Pässe benutzt habe. Danach sei es also durchaus möglich, dass die Ausländerin mit einem anderen Pass ausgereist sei und wiederum mit einem anderen Ausweis in die Bundesrepublik eingereist sei. Mit der tatsächlich erfolgten Ausreise der Ausländerin habe aber jede Verpflichtung der Klägerin geendet.
Die Kostenerstattung komme auch deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin die Erklärung nur unterschrieben habe, da sie von der Ausländerin getäuscht worden sei und sich darüber hinaus aufgrund ihrer schlechten Deutschkenntnisse über die Tragweite dessen, was sie unterschrieben habe, in keinster Weise bewusst gewesen sei. Die Unterschrift vom 01.09.1999 werde daher angefochten. Die Ausländerin habe nicht nur in ihrem Visumsantrag falsche Angaben gemacht, sondern die Klägerin auch mit falschen Angaben und falschem Namen zur Einladung überredet. Die Klägerin habe die Ausländerin in der Mongolei als Krankenschwester ihrer Mutter und Pflegeperson kennen gelernt, wobei sich in diesem besonderen Verhältnis dann aus Dankbarkeit die Einladung ergeben habe.
Die Verpflichtungserklärung sei auch aus anderen Gründen treuwidrig bzw. nichtig, weil mit der Verpflichtungserklärung Forderungen begründet werden könnten, die in der Höhe zu einer ausweglosen Überschuldung oder einem unkalkulierbaren Risiko führten. Dies gelte auch im vorliegenden Fall, weil die Kosten durch die hohen Kosten für die Abschiebehaft unüberschaubar seien. Die Klägerin habe auf die Dauer der Abschiebehaft überhaupt keinen Einfluss gehabt. Die Haftung hätte sich auch auf Krankheiten, Operationen u. Ä. beziehen können, so dass die gesamte Verpflichtungserklärung wegen ihrer Uferlosigkeit als nichtig angesehen werden müsse. Die geltend gemachten Kosten überstiegen bei weitem das, was die Klägerin zahlen könne. Sie sei Hausfrau und lebe von den Einkünften ihres allein verdienenden Ehemannes, die bei 1.100,00 bis 1.200,00 DM im Zeitpunkt der Erteilung der Verpflichtungserklärung gelegen hätten. Zudem habe die Klägerin fünf Kinder im Alter von ein bis 16 Jahren. Schließlich sei die Klägerin nicht ausreichend über die wirtschaftliche Konsequenz ihrer Erklärung unterrichtet worden. Die Klägerin, die nur unzureichend deutsch spreche, nicht aber Schriftstücke im Behördendeutsch verstehe, habe als geschäftlich völlig Unwissende und Unerfahrene die Bedeutung des von ihr unterzeichneten Formulars nicht erkennen können. Auch sei der Klägerin während der langen Dauer der Abschiebehaft niemals die Gelegenheit gegeben worden, sich mit der Ausländerin in Verbindung zu setzen und auf diese einzuwirken, damit die Kosten durch deren Verhalten minimiert würden. Schließlich werde auch bestritten, dass die Einreise der Ausländerin nur wegen des Vorliegens der Verpflichtungserklärung gestattet worden sei. Offenbar habe bei Erteilung des Visums gar keine Kenntnis von der Verpflichtungserklärung bestanden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 08.05.2003 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Vortrag der Klägerin, die Ausländerin sei nach Ablauf des Visums ausgereist, sei nicht nachgewiesen. Zuletzt befänden sich in dem Reisepass zwei Stempel vom 23.04.2000 über die Ausreise aus der Mongolei und die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Daher sei davon auszugehen, dass sich die Ausländerin nach ihrer Einreise am 23.04.2000 bis zu ihrer Festnahme am 27.12.2000 durchgängig im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Für die Geltendmachung der Abschiebungskosten sei es nicht notwendig gewesen, die Klägerin über den weiteren Aufenthalt der Ausländerin zu informieren, zumal die Ausländerin diverse Alias-Personalien benutzt habe, um ihre Identität zu verschleiern. Das Vorliegen der Verpflichtungserklärung sei darum auch erst im Nachhinein festgestellt worden, nachdem der Reisepass der Ausländerin während der Abschiebehaft vorgelegt worden sei.
Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf ihre mangelhaften Deutschkenntnisse berufen. Es habe ihr freigestanden, sich bei der Abgabe der Verpflichtungserklärung eines Dolmetschers zu bedienen. Sie sei bei Abgabe der Verpflichtungserklärung deutlich auf Umfang und Dauer der Kostenhaftung hingewiesen worden. Dies habe sie durch ihre Unterschrift bestätigt. Sie sei auch darauf hingewiesen worden, dass sich die Ausreisekosten nach den §§ 82 und 83 AusIG bemessen. Dass es sich bei diesen Kosten nicht um die Kosten für den Lebensunterhalt während des Aufenthaltes handele, sei offensichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Leistungsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig, in deren Rechtsnachfolge nunmehr die Beklagte handelt, vom 08.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2004 ist rechtswidrig und vorletzt die Klägerin in ihren Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angefochtenen Leistungsbescheides ist nach den Vorschriften des Ausländergesetzes zu beurteilen. Das während des Klageverfahrens am 01. Januar 2005 in Kraft getretene neue Aufenthaltsgesetz ist hier nicht anwendbar. Für die Anfechtungsklage gegen den Leistungsbescheid vom 08.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2004 über die Kosten der im April 2001 durchgeführten Abschiebung ist mangels anders lautender Übergangsbestimmungen auf die bisherige Rechtslage nach dem Ausländergesetz abzustellen (BVerwG, Urt. v. 14. Juni 2005 -BVerwG 1C 11.14 -).
Nach § 82 Abs. 2 AusIG haftet neben dem Ausländer für die Kosten der Abschiebung, zu denen nach § 83 Abs. 1 AusIG auch die Kosten für die Abschiebehaft, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten und die Beförderungs- und sonstigen Reisekosten gehören, auch derjenige, der sich gegenüber der Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen. Die Klägerin hat sich in der Verpflichtungserklärung vom 01.09.1999 nach dem verwendeten Formular zwar auch zur Erstattung der Ausreisekosten verpflichtet. Es kommt grundsätzlich auch nicht darauf an, ob sie sich über die gesamte Tragweite der übernommenen Verpflichtung im Klaren war - z. B, wegen ihrer noch unvollkommenen Deutschkenntnisse -. Auch wenn sie sich geirrt hätte, handelte es sich nur um einen unbeachtlichen Motivirrtum, da sie - wie sich aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt - den Sinn und Zweck der Verpflichtungserklärung jedenfalls erkannt hatte (vgl. VG München, Urt. v. 16.01.2002-M 23 K 01.4677-zitiert nach Juris). Denn sie trägt selbst vor, sie habe sich vergewissert, dass die Ausländerin im Besitz eines Rückflugtickets gewesen sei und habe sich in der Mongolei erkundigt, dass die Ausländerin dort angekommen sei. Die erfolgte Anfechtung der Willenserklärung wegen Irrtums geht darum ins Leere.
Der Inanspruchnahme der Klägerin steht jedoch entgegen, dass sie sich in der abgegebenen Verpflichtungserklärung zur Übernahme dieser Kosten nur für den Zeitraum von drei Wochen ab Einreise der Ausländerin verpflichtet hat. Auf die erst im Jahre 2001 angefallenen Ausreise- und Abschiebekosten kann die Kostenübernahme wegen des nicht eindeutigen Wortlautes der Verpflichtungserklärung nicht erstreckt werden. Der Wortlaut der Verpflichtungserklärung beschränkt die zeitliche Begrenzung der Verpflichtungserklärung nicht eindeutig auf die Übernahme der Kosten des Lebensunterhalts. Vielmehr ist sie so gestaltet, dass die zeitliche Beschränkung gleichermaßen sowohl für die Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AusIG als auch für die Ausreise- und Abschiebekosten nach den §§ 82 und 83 AusIG gelten kann (vgl. hierzu ebenso die 6. Kammer des erkennenden Gerichts im Urteil vom 17.12.2003 - 6 A 83/03 -, a. A. offenbar die 8. Kammer des erk. Gerichts - Urt. v. 16.12.2005 - 8 A 361/03 -). Die 6. Kammer des erkennenden Gerichts hat hierzu Folgendes ausgeführt:
"Der Beklagten, die sich in diesem Zusammenhang auch auf den Erlass des Niedersächsischen Innenministerium vom 28.08.2001 (Az.: 45.22-12231/3-20) zur Geltendmachung von Abschiebungskosten sowie auch auf die vom VG Hamburg - Einzelrichter der 7. Kammer - im Gerichtsbescheid vom 24.09.2003 (7 VG 1147/2003) vertretene Ansicht stützen kann, ist einzuräumen, dass es aus der Sicht der zuständigen Ausländerbehörde (anders als aus der Sicht der Verpflichteten) nicht selten keinen vernünftigen Sinn macht, die Verpflichtung zur Übernahme von Abschiebungskosten auf einen bestimmten Zeitraum zu beschränken, der sich regelmäßig an der Dauer des nach der vorgelegten Verpflichtungserklärung ausgestellten Visums orientiert. Die von ihr gewünschte Unterscheidung zwischen dem Zeitraum der Haftung für den Lebensunterhalt und der Haftung für die Abschiebungskosten hätte sicherlich auch bei der Fassung bzw. beim Ausfüllen des amtlichen Formulars berücksichtigt werden können (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. vom 24.11.1998 - 1 C 33/97, BVerwGE 108, 1 ff). Das ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen und kann der Verpflichtungserklärung auch nicht durch (scheinbare) "Auslegung" untergeschoben werden, zumal die Klägerin ihrerseits ein berechtigtes Interesse daran hat, auf den Wortlaut der wahrscheinlich von einer Amtsperson ausgefüllten Erklärung vertrauen zu dürfen."
Die erkennende Kammer schließt sich dieser Auffassung im Ergebnis an. Die Gestaltung des zum damaligen Zeitpunkt bundeseinheitlich benutzten von der Klägerin unterschriebenen Formulars ist so gehalten, dass unter dem individuell ausgefüllten und hervorgehobenen Feld des Haftungszeitraums ohne räumliche Trennung steht:
"-... nach § 84 des Ausländergesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 82 und 83 des Ausländergesetzes die Kosten für die Ausreise o.g. Ausländers/in zu tragen."
Auch wenn Kosten einer Abschiebung anders als u.U. Kosten einer freiwilligen Ausreise normalerweise erst anfallen können, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nach Ablauf des erlaubten Aufenthaltes nicht nachkommt, wird bei der gewählten Gestaltung des Formulars und dem aufzählenden, verbindenden Charakter des Wortes "und" für den Erklärenden nicht deutlich, dass die gewählte zeitliche Beschränkung sich allein auf die Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AusIG beziehen soll.
Bei der Auslegung von Willenserklärungen nach den §§133,157 BGB ist neben dem Wortlaut zwar der "Sinn und Zweck" der Erklärung zu berücksichtigen. Ist eine Erklärung aber wie die vorliegende Erklärung vom Wortlaut her nicht eindeutig und entspricht es wie im vorliegenden Fall ersichtlich dem Interesse des Erklärenden, seine Haftungspflicht insgesamt zeitlich zu beschränken, so ist ein behördliches Formular entsprechend einschränkend auszulegen, wenn nicht unmissverständlich anderweitig klargestellt ist, dass die Verpflichtungserklärung für unterschiedliche Haftungsfälle abgegeben wird und eine zeitliche Beschränkung nicht für die Haftung für die Ausreise oder Abschiebungskosten gilt. Eine solche eindeutige Klarstellung enthält das amtliche Formular nicht. Es ist auch nicht nachgewiesen oder behauptet worden, dass die Klägerin anderweitig über eine fehlende zeitliche Begrenzung der Haftung für die Abschiebekosten unterrichtet worden ist.
Danach kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin ihrer Inanspruchnahme zudem entgegenhalten kann, die Ausländerin sei nach ihrer Kenntnis und nach einer telefonischen Bestätigung des Vaters der Ausländerin nach der vorgesehenen Besuchsdauer in ihr Heimatland zurückgefahren. Es kommt auch nicht darauf an, ob für die Geltendmachung der Ansprüche aus der Verpflichtungserklärung ein Ursachenzusammenhang zwischen der Abgabe der Verpflichtungserklärung und der Einreise der Ausländerin erforderlich ist.
Der Klage ist deswegen mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus der Anwendung des § 167 VwGO i. V m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Kammer lässt gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zu. Die entschiedene Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, da es um die Auslegung eines bundesweit benutzten Formulars geht. Die Entscheidung hat darum eine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung wegen grundsätzlicher Bedeutung wird nicht zugelassen.