Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 24.01.2006, Az.: 9 A 3/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 24.01.2006
- Aktenzeichen
- 9 A 3/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53260
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 10 BPersVG
- § 28 BPersVG
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller, Gesamtpersonalrat beim (zu 2) beteiligten Bundesamt für Strahlenschutz, begehrt den Ausschluss eines Mitglieds, des Beteiligten zu 1). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Bei dem Beteiligten zu 2) ist ein aus elf Mitgliedern bestehender Gesamtpersonalrat gebildet. Außerdem bestehen sechs örtliche Personalräte. Ende des Jahres 2003 gab die Dienststellenleitung eine „Leitlinie Zielvereinbarungen“ heraus, über deren Inhalt bei den Beschäftigten und Personalvertretungen kontrovers diskutiert wurde. Zwischen dem Antragsteller und der Beteiligten zu 2) wurde daraufhin vereinbart, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzusetzen. Die Arbeitsgruppe hatte zur Aufgabe, der Dienststelle einen abgestimmten Entwurf einer Leitlinie Zielvereinbarung vorzulegen, damit diese anschließend das Mitbestimmungsverfahren einleitet. Über die Einsetzung der Arbeitsgruppe wurden die Beschäftigen mit E-Mail vom 31. März 2004 informiert. Der Antragsteller beschloss in seiner Sitzung vom 01./02.06.2004, drei seiner Mitglieder in die Arbeitsgruppe zu berufen; darunter befand sich auch der Beteiligte zu 1). Später wurde ein weiteres (viertes) Mitglied in die Arbeitsgruppe entsandt. Seitens der Dienststelle wurden sechs Bedienstete in die Arbeitsgruppe entsandt. In der Folgezeit kam die Arbeitsgruppe zu insgesamt sieben Sitzungen zusammen.
Unter dem 03. Oktober 2004 legte der Beteiligte zu 1) in einem Positionspapier eine Stellungnahme zu dem Abschluss von Zielvereinbarungen vor. Darin setzte er sich u. a. dafür ein, dass der Abschluss von Zielvereinbarungen freiwillig sein müsse; die verpflichtenden Regelungen der bestehenden Leitlinie hätten keine Akzeptanz gefunden. Der Antragsteller beschloss in seiner Sitzung vom 04./05. Oktober 2004, das erwähnte Positionspapier des Beteiligten zu 1) zur Grundlage für die Mitarbeit der Vertreter des Gesamtpersonalrates in der Arbeitsgruppe Zielvereinbarungen zu verwenden.
In seiner 7. Sitzung am 17. März 2005 beschloss die Arbeitsgruppe die der Dienststelle vorgelegte „Leitlinie Zielvereinbarungen“. Unter dem 23. März 2005 verfasste der Beteiligte zu 1) eine Stellungnahme zu dem Ergebnis der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe. Hierin heißt es auszugsweise:
„Das in den sechs Sitzungen der AG erarbeitete Ergebnis für einen neuen Leitlinienentwurf stellte bereits einen Kompromiss dar, aus meiner Sicht berücksichtigte er aber im Wesentlichen die den Vertretern des GPR in der AG mitgegebenen Vorgaben. Danach sollten Zielvereinbarungen als Führungsinstrument in der Regel zur Anwendung kommen, Ausnahmen waren somit möglich, sie wurden aber nicht explizit festgelegt. Die Regelung von Ausnahmen oblag vielmehr den Beteiligten in freier Selbstverantwortung entsprechend den Führungsgrundsätzen des BfS. Insoweit gab es danach keine zwingende Verpflichtung zum Abschluss von Zielvereinbarungen. Wurden Zielvereinbarungen geschlossen, brauchten sie nur dann schriftlich festgehalten werden, wenn eine beteiligte Seite das wünschte.
In die siebte Sitzung brachte der Vertreter der Amtsleitung die Änderungswünsche der Amtsleitung ein. Im Wortlaut waren sie bis dahin keinem Mitglied der AG bekannt gewesen. Die Änderungswünsche wurden diskutiert, formulierungsgemäß bearbeitet und dann von den Mitgliedern der AG mehrheitlich verabschiedet.
Die in der Abstimmung unterlegenen Mitarbeiter der AG hatten darauf hingewiesen, dass das in den vorherigen Sitzungen erarbeitete (obige) einvernehmliche Ergebnis in wesentlichen Punkten geändert wird. Insbesondere werde die Verpflichtung zum Abschluss von Zielvereinbarungen durch die Hintertür eingeführt, hinzu kommt die Verpflichtung zu einer umfassenden schriftlichen Dokumentierung.
....
In der AG wurde auch die Meinung vertreten, dass demnächst im Zuge des neuen Tarif- und Dienstrechts sowieso die Pflicht zu Zielvereinbarungen auf alle zukäme. Dazu vertrete ich die Auffassung, dass wir zum einen noch nicht so weit sind (frühestens 2007), zum anderen tatsächlich noch nichts in dieser Hinsicht konkret festgelegt ist.
Ich kann daher nur anraten, der Leitlinie in der Version vom 17.03. nicht zuzustimmen.“
Dieses Schreiben gab der Beteiligte zu 1) den örtlichen Personalräten mittels E-Mail zur Kenntnis. In seiner 16. Sitzung am 19./20. April 2005 stimmte der Gesamtpersonalrat der Leitlinie Zielvereinbarung zu. In den folgenden Sitzungen des Gesamtpersonalrats kam es zu kontroversen Diskussionen über die Frage, inwieweit der Beteiligte zu 1) sich durch sein Vorgehen einer Pflichtverletzung schuldig gemacht habe.
In einem offenen Brief der örtlichen Personalräte Bonn, Neuherberg und Salzgitter vom 07. Juni 2005, gerichtet an alle Beschäftigten, kritisierten diese das Vorgehen des Gesamtpersonalrates sowie deren Zustimmung zur Leitlinie Zielvereinbarung. In dem Schreiben ist ausgeführt, die örtlichen Personalvertretungen seien erst mit dem Endprodukt konfrontiert und zur Stellungnahme aufgefordert worden. Änderungen und Zwischenstände seien den örtlichen Personalvertretungen nicht bekannt gegeben worden. Es liege keine überzeugende Erklärung dafür vor, weshalb die ablehnenden Stellungnahmen ignoriert worden seien.
In seiner 20. Sitzung am 12./13. Juli 2005 beschloss der Antragsteller, ein Ausschlussverfahren gegen den Beteiligten zu 1) einzuleiten.
Am 22. August 2005 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Er macht geltend: Der Beteiligte zu 1) habe einen groben schuldhaften Pflichtverstoß begangen, der zu seinem Ausschluss führen müsse. Er habe gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen. Ihm seien als Mitglied der Arbeitsgruppe Umstände bekannt geworden, die nicht für Dritte bestimmt gewesen seien bis der Gesamtpersonalrat die Informationen im Beschlusswege zur Veröffentlichung unter Wahrung der Rechte der Betroffenen freigäbe. Er habe gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen, indem er die Ergebnisse der Arbeitsgruppe, verbunden mit einer Bewertung, an örtliche Personalräte verschickt habe, ohne dass zuvor der Gesamtpersonalrat die Möglichkeit gehabt habe, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu diskutieren und einen Beschluss zu fassen. Zudem sei der Beteiligte zu 1) nicht befugt gewesen, diese Informationen an die örtlichen Personalräte weiterzugeben. Es handele sich nicht um Informationen, die zur Verbreitung durch den Gesamtpersonalrat freigegeben gewesen seien. Hierdurch habe er auf den Meinungsbildungsprozess des Gesamtpersonalrats eingewirkt. Damit werde die Arbeit des Gesamtpersonalrates untergraben. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beteiligten zu 1) sei nicht mehr möglich. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller auch bei zukünftig anstehenden Arbeiten Informationen, die zunächst ausschließlich für den Gesamtpersonalrat gedacht seien, unter Umgehung des Personalrates, Dritten zur Verfügung stelle, um über diese Dritten Einfluss auf die Entscheidung des Gesamtpersonalrates zu nehmen. Außerdem habe der Beteiligte im Vorfeld zur 20. Sitzung des Gesamtpersonalrates mit dem ins Auge gefassten Ersatzmitglied Kontakt aufgenommen und dieses umfassend informiert. Auch insoweit habe er unter Umgehung des Gesamtpersonalrates versucht, Einfluss auf eine Entscheidung zu nehmen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beteiligten zu 1) aus dem Gesamtpersonalrat des Bundesamtes für Strahlenschutz auszuschließen.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei schon zweifelhaft, ob seine Teilnahme in der Arbeitsgruppensitzung als Wahrnehmung von Aufgaben oder Befugnissen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz anzusehen sei. Bei der Arbeitsgruppe habe es sich nicht um ein Gremium der Personalvertretung gehandelt. Er habe das Schreiben vom 23. März 2005 auch lediglich unter seinen Namen verfasst; eine Bezugnahme auf seine personalvertretungsrechtliche Funktion sei nicht erfolgt. Es sei in der Arbeitsgruppe auch nicht vereinbart worden, über Beratungsstand und Entwicklung Stillschweigen zu bewahren. Der Vermerk habe keinerlei Angaben enthalten, die der Geheimhaltung bedurft hätten. Im Nachhinein habe er erfahren, dass auch der Vorsitzende des Antragstellers unmittelbar nach der 7. Arbeitsgruppensitzung zwei Mitglieder des örtlichen Personalrates informiert habe. Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht liege auch deshalb nicht vor, weil es sich um die Weitergabe von Informationen an die örtlichen Personalräte gehandelt habe, die zu diesem Komplex später hätten Stellung nehmen sollen. Auf die Meinungsbildung im Gesamtpersonalrat habe er nicht Einfluss nehmen wollen. Er habe keineswegs voraussehen können, in welcher Weise die öffentlichen Personalräte auf seine Informationen reagieren würden. Im Übrigen habe die Beschlussfassung auch gezeigt, dass er sich von Einwendungen der örtlichen Personalräte nicht habe beeinflussen lassen. Es sei üblich und gerechtfertigt, dass er das Ersatzmitglied über die Tagesordnungspunkte und den Sach- und Streitstand informiert habe.
Der Beteiligte zu 2) hat sich zur Sache nicht geäußert und stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Ausschluss des Beteiligten zu 1) aus dem Gesamtpersonalrat ist abzulehnen.
Das Begehren des Antragstellers auf Ausschluss des Beteiligten zu 1) bleibt in der Sache erfolglos, weil die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 BPersVG nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Personalrat auf Antrag eines Viertels der Wahlberechtigten oder einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beschließen. Der Personalrat kann aus den gleichen Gründen den Ausschluss eines Mitglieds beantragen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Diese Regelungen gelten entsprechend für den Gesamtpersonalrat (§ 56 i.V.m. § 54 Abs. 1 BPersVG).
Verstöße i. S. von § 28 BPersVG sind dann als grob anzusehen, wenn sie ein mangelndes Pflichtbewusstsein des Personalratsmitglieds erkennen lassen. Der Verstoß gegen die gesetzliche Pflichten muss von solchem Gewicht sein, dass er das Vertrauen in eine künftige ordnungsgemäße Amtsführung zerstört oder zumindest schwer erschüttert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.04.2004 - 6 PB 04 -, NVwZ-RR 2004, 666). Die Verwendung des Begriffs „grob“ ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; der Verstoß muss mithin so gravierend sein, dass er die einschneidende Folge des Ausschlusses rechtfertigt. Auf leichtere Verstöße kann auf andere Weise reagiert werden, etwa mit dem Hinweis, einer Vorhaltung oder der Androhung der Einleitung des Ausschlussverfahrens im Wiederholungsfall. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung als grob setzt außer der Erfüllung von objektiven Kriterien auf der subjektiven Seite ein schuldhaftes Verhalten voraus. Es genügt jede Art von schuldhaftem Verhalten, auch einfache Fahrlässigkeit. Für die Qualifikation eines Verhaltens als grobe Pflichtverletzung kann ein einmaliger Verstoß ausreichen (vgl. Lorenzen, BPersVG, § 28 Rnrn. 31 f.). Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht (§ 10 BPersVG) kann den Ausschluss rechtfertigen, wobei allerdings die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl. VGH München, Beschl. v. 08.12.1999 - 17 P/99.1582 -, PersV 2000, 173).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist hier jedenfalls ein zum Ausschluss führender Pflichtverstoß des Beteiligten zu 1) nicht festzustellen.
Es spricht bereits Überwiegendes dafür, dass der Beteiligte zu 1) eine Pflichtverletzung nicht begangen hat, als er das von ihm verfasste Schreiben vom 23. März 2005 den örtlichen Personalvertretungen zur Kenntnis brachte.
Hinsichtlich einer Verletzung der Schweigepflicht gelten dabei folgende Grundsätze: Gemäß § 10 BPersVG haben Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnehmen oder wahrgenommen haben, über die ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten und Tatsachen Stillschweigen zu bewahren. Dabei entfällt die Schweigepflicht nicht deshalb, weil der Beteiligte zu 1) aus seiner Tätigkeit als Mitglied der Arbeitsgruppe berichtet hat, die selbst kein personalvertretungsrechtlich vorgesehene Gremium darstellt. Erforderlich und ausreichend ist, dass es sich um Umstände handelt, die den Verpflichteten aufgrund oder mindestens im Zusammenhang mit seinen personalvertretungsrechtlichen Aufgaben und Befugnissen bekannt geworden sind (vgl. Lorenzen/Faber, BPersVG, a.a.O., § 10 Rn. 14). Das ist bei dem Beteiligten zu 1) der Fall. Denn er ist als Mitglied des Antragstellers in die Arbeitsgruppe entsandt worden. Die ihm obliegende Schweigepflicht nach § 10 BPersVG erfasst deshalb auch die Angelegenheiten und Tatsachen, die ihm bei seiner Tätigkeit in der Arbeitsgruppe bekannt geworden sind. Die Schweigepflicht des Beteiligten zu 1) entfällt hier nicht aufgrund der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Zwar besteht eine Schweigepflicht nicht „gegenüber der zuständigen Personalvertretung“. Der Beteiligte zu 1) kann sich aber auf diese Ausnahme von der Schweigepflicht nicht berufen. Denn insoweit gilt der Grundsatz, dass Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht auch unter Personen und Organen, die Aufgaben und Befugnisse nach dem Personalvertretungsgesetz wahrnehmen, nur im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bestehen (vgl. Lorenzen/Faber, a.a.O., Rn. 23). Es ist deshalb nicht Sache des Beteiligten zu 1), prinzipiell geheim zu haltende Angelegenheiten an die beteiligenden örtlichen Personalvertretungen heranzutragen. Entscheidend kommt es hier aber darauf an, ob das Schreiben des Beteiligten zu 1) vom 23.03.2005 überhaupt geheimhaltungsbedürftige Informationen enthielt. Als geheimhaltungsbedürftig wird das Abstimmungsverhalten als interner Prozess der Willensbildung im Personalrat angesehen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.12.1997 - 18 M 4676/97 -, ZfPR 1998, 122). Selbst wenn man diese Geheimhaltungspflicht auch auf das Abstimmungsverhalten in einem gemeinsam von der Dienststelle und dem Personalrat gebildeten Arbeitskreis bezieht, liegt hier unter diesem Gesichtspunkt eine Verletzung der Schweigepflicht nicht vor. Denn - im Unterschied von dem der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall - hat der Beteiligte zu 1) hier nicht das persönliche Abstimmungsverhalten preisgegeben. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er selbst einen von dem Mehrheitsbeschluss abweichenden Standpunkt vertritt. Darin liegt aber keine Verletzung der Schweigepflicht (vgl. auch Manderla, PersV 2004, 297 f.). Eine Verletzung der Schweigepflicht ist auch nicht darin zu sehen, dass der Beteiligte zu 1) in seinem Schreiben vom 23. März 2005 den örtlichen Personalräten über Einzelheiten der in der Arbeitsgruppe mehrheitlich beschlossenen Leitlinie berichtet hat. Der Inhalt der in der Arbeitsgruppe entworfenen Leitlinie Zielvereinbarung ist ihrer Natur nach nicht geheimhaltungsbedürftig, wie dies etwa für bestimmte Details aus Personalakten gilt, von denen ein Personalratsmitglied im Rahmen seiner Tätigkeit Kenntnis erlangen kann. Es liegt vielmehr nahe, dass insoweit die Schweigepflicht gemäß § 10 Abs. 2 BPersVG entfällt, weil das Schreiben des Beteiligten zu 1) vom 23. März 2005 ausschließlich Angelegenheiten oder Tatsachen enthielt, die „ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen“. Die Dienststelle selbst hat den Inhalt der in der Arbeitsgruppe ausgearbeiteten und verabschiedeten Leitlinie weder ausdrücklich noch konkludent als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Kontroverse darüber, in welchem Umfang der Abschluss von Zielvereinbarungen verpflichtend eingeführt wird, bereits dem örtlichen Personalrat weitgehend bekannt gewesen ist. Nicht erkennbar ist schließlich, dass der Beteiligte zu 1) seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzte, als er das heranzuziehende Ersatzmitglied über die in der 20. Sitzung zu behandelnden Tagesordnungspunkte informierte.
Selbst wenn aber eine Verletzung der Schweigepflicht annähme, so wäre nach den besonderen Umständen des Falles dieser Verstoß lediglich als leicht zu bewerten. Das wird schon daraus deutlich, dass es sich nach den vorstehenden Ausführungen um einen Grenzfall handelt, in welchem sich die Frage, ob der Beteiligte zu 1) überhaupt einen Pflichtenverstoß begangen hat, nicht ohne weiteres durch naheliegende Erwägungen in eindeutiger Weise beantworten lässt. Wenn aber eine Pflichtverletzung - so sie überhaupt vorliegt - nur schwer zu erkennen war, so kann sie nicht als derart schwerwiegend angesehen werden, dass das betreffende Personalratsmitglied für eine weitere Amtsausübung als untragbar erscheint. Ferner kann bei der Gewichtung des Verstoßes nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beteiligte zu 1) sich nicht allgemein an die Beschäftigten gewendet hat, sondern lediglich die Mitglieder der örtlichen Personalräte informiert hat. So ist in der Rechtsprechung ein Verstoß gegen die Schweigepflicht in einer Angelegenheit, die von der Dienststelle als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wurde, deshalb nicht als grober Pflichtverstoß gewertet worden, weil die Informationen nicht allgemein veröffentlicht, sondern lediglich an ein Mitglied eines nachgeordneten Personalrates weitergegeben wurden (OVG MV, Beschl. v. 06.04.2004 - 8 L 352/04 -, ZfPR online 10/2005, S. 1). Auch dieser Gesichtspunkt führt dazu, dass der Antrag auf Ausschluss des Beteiligten zu 1) aus dem Gesamtpersonalrat abzulehnen ist.