Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 03.11.2009, Az.: 23 StVK 507/09

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
03.11.2009
Aktenzeichen
23 StVK 507/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 50628
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung bleibt Vollstreckungsgrundlage für eine in einem einbezogenen Urteil verhängte Maßregel dieses Urteil und nicht die Entscheidung, in der die nachträgliche Gesamtstrafe unter Aufrechterhaltung der Maßregel gebildet wurde.
2. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist - unverzüglich - für erledigt zu erklären, wenn die Voraussetzungen des § 64 S. 2 StGB (hinreichend konkrete Erfolgsaussicht) nicht mehr vorliegen.
3. Die Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen fehlender Erfolgsaussicht schließt die Aussetzung des nicht durch Anrechnung der Unterbringung erledigten Strafrests nicht aus.
4. Die Strafvollstreckungskammer ist nicht gehindert, vorab über die Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu entscheiden, wenn hinsichtlich der Frage der Aussetzung des nicht erledigten Strafrests noch keine abschließende Entscheidung getroffen werden kann.
5. Ein einmaliger Alkoholrückfall rechtfertigt die Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für sich genommen nicht. Es kommt auf Zeitpunkt und Umfang des Rückfalls an sowie auf den Umgang des Verurteilten mit diesem Rückfall.

Tenor:

1. Die im Urteil des Landgerichts O. vom .. angeordnete Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt wird für erledigt erklärt.

2. Mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Maßregelvollzug tritt Führungsaufsicht ein.

3. Die Dauer der Führungsaufsicht beträgt fünf Jahre.

4. Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung des für seinen künftigen Wohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt; die namentliche Bestellung erfolgt gesondert.

5. Dem Verurteilten wird aufgegeben, jeden Wechsel seines Wohn- oder Aufenthaltsorts oder seiner Arbeitsstelle unverzüglich und unaufgefordert der zuständigen Führungsaufsichtsstelle anzuzeigen.

6. Er hat sich im Falle der Arbeitslosigkeit unverzüglich bei der zuständigen Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit zu melden.

7. Dem Verurteilten wird untersagt, alkoholhaltige Getränke zu sich zu nehmen.

8. Die Erteilung weiterer Weisungen bleibt vorbehalten.

9. Die Belehrung über die Bedeutung der Führungsaufsicht und über die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen die hier erteilten Weisungen wird der Maßregelvollzugseinrichtung übertragen.

Gründe

I.

1

Der Verurteilte ist bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und seit fast 10 Jahren Alkoholiker. Ferner hat er ein geringes Selbstwertgefühl und leidet an sozialen Phobien.

..

2

Das Landgericht - Schwurgericht - O. verhängte in diesem Verfahren gegen den Verurteilten wegen „gemeinschaftlicher“ gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und drei Monaten (Einzelstrafen 2 Jahre und 1 Jahr 2 Monate) und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Der Verurteilte war mit einem Blutalkoholgehalt von 2,59 g/Promille gemeinsam mit einem Mittäter mit einem Saufkumpan in Streit geraten; der Saufkumpan wurde in einen 10° kalte Fluß geworfen und nachdem er sich ans Flußufer retten konnte, vom Verurteilten und seinem Mittäter zusammengetreten.

3

Die von dem Landgericht verhängten Einzelstrafen wurden in die durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - N. gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung einbezogen. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des Landgerichts O. blieb aufrecht erhalten. Anlaß der erneuten Verurteilung war das grundlose Verprügeln von zwei leicht geistig Behinderten (Einzelstrafe 10 Monate).

4

Die Maßregel wird seit dem 18. April 2007 vollstreckt. ..

5

Mit Beschlüssen vom 9. Oktober 2009 (23 StVK 579/07), 13. Mai (23 StVK 269-270/08) und vom 27. November 2008 (23 StVK 718/08) ordnete die beschließende Kammer jeweils die Fortdauer der Unterbringung an. In dem letztgenannten Beschluß führte sie aus, daß die Maßregel noch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Es könne noch nicht hinreichend sicher beurteilt werden, ob der Verurteilte auch in schwierigen Lebenssituationen abstinent und ohne Straftaten leben könne. Ab März 2009 wurden dem Verurteilten noch weitergehende Vollzugslockerungen - siebentägige Beurlaubungen in seine, auch von seiner langjährigen Lebensgefährtin .. genutzte, Wohnung in P. gewährt. Die Maßregelvollzugseinrichtung empfahl unter dem 6. Mai 2009 nach zunächst positivem Verlauf dieser Lockerungen die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung.

6

Anfang Juni 2009 kam es jedoch zu einem (massiven) Alkoholrückfall. Mit dem Kenntnisstand, daß der Verurteilte am 4. Juni 2009 aus einer Beurlaubung stark alkoholisiert im Vollzug erschienen sei, ordnete die beschließende Kammer am 15. Juni 2009 (23 StVK 289/09) die Fortdauer der Maßregel mit der Begründung an, daß die für eine Aussetzung erforderlichen (Belastungs-)Erprobungen des Verurteilten zunächst nicht erfolgreich verlaufen seien; der Verurteilte habe die im beschützten Rahmen des Maßregelvollzugs für ihn problemlos mögliche Alkoholabstinenz in Freiheit, im Rahmen einer mehrtägigen Beurlaubung, nicht aufrecht erhalten können. Es müsse nun zunächst therapeutisch mit dem Verurteilten analysiert werden, wie es trotz der schon langen, scheinbar erfolgreichen, Behandlung im Maßregelvollzug zu diesem Rückfall kommen konnte. Danach werde von Neuem mit der Gewährung von Vollzugslockerungen zu beginnen sein; sollten diese Lockerungen dann erfolgreich verlaufen, könne zu einem späteren Zeitpunkt die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung in Betracht kommen. Von einem endgültigen Scheitern der Behandlung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt sei noch nicht auszugehen, weil es sich um den ersten Alkoholrückfall des Verurteilten handele.

7

Inzwischen hat sich herausgestellt, daß der Verurteilte schon am 1. Juni 2009 beim Spaziergehen in einem Park den Trinkaufforderungen anderer Personen nicht widerstehen konnte und sodann über drei Tage jeweils etwa eine Flasche Wodka konsumierte. Er kontaktierte zwar seine Lebensgefährtin und die Selbsthilfegruppe; aus Angst vor Sanktionen aber nicht die Maßregelvollzugseinrichtung, in der er am 4. Juni alkoholisiert zu einem Gespräch erschien. In den Folgetagen hatte er Entzugserscheinungen.

8

Unter dem 1. September 2009 regte die Maßregelvollzugseinrichtung, .. , die Erledigung der Unterbringung an. Es sei dem Verurteilten nicht gelungen, die Dynamik, die hinter seinem Rückfall gestanden habe, zu erkennen. Es sei davon auszugehen, daß es auch bei weiterer Behandlung nicht gelinge, daß der Verurteilte den Alkoholabusus und dessen Zusammenhang mit seinen Straftaten hinreichend reflektiere und künftig nicht mehr in seine dysfunktionalen Kognitionen zurückfalle.

9

Auf Grundlage dieser Stellungnahme hat die Staatsanwaltschaft beantragt, die Unterbringung für erledigt zu erklären und den nicht verbüßten Rest der Strafe (aus dem Urteil des Schöffengerichts N.) nicht zur Bewährung auszusetzen.

10

Der Verurteilte ist dem Erledigungsantrag entgegen getreten und hat beantragt, die nicht verbüßten Reste der Strafen - auch aus noch nicht voll verbüßten Vorverurteilungen - zur Bewährung auszusetzen..

II.

11

1. Trotz der Einbeziehung der von dem Landgericht O. verhängten Einzelstrafen in die durch das Amtsgericht - Schöffengericht - N. gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe und der vollstreckungsbehördlich unter dem Aktenzeichen der amtsgerichtlichen Verurteilung erfolgenden Vollstreckung der Maßregel ist deren Grundlage - anders als in Bezug auf die Gesamtfreiheitsstrafe (vgl. BGH NStZ 1997, 100f. [BGH 12.06.1996 - 2 ARs 130/96]; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2007, 30ff. [BVerfG 19.10.2006 - 2 BvR 1486/06]) - weiterhin das vorgenannte Urteil des Landgerichts O. In dem späteren Urteil des Schöffengerichts ist die Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erneut angeordnet worden, sondern nur nach § 55 Abs. 2 StGB (letztlich deklaratorisch) aufrecht erhalten worden; die Prüffristen für die Frage der Fortdauer der Unterbringung richten sich ohnehin nach dem ursprünglichen Vollstreckungsbeginn aufgrund des landgerichtlichen Urteils.

12

2. Die Kammer entscheidet zunächst nur abschließend über die Frage der Erledigung der Unterbringung. Hinsichtlich der Frage der Aussetzung der von dem Verurteilten nicht verbüßten Strafreste .. ist zunächst die - mit heutigem gesonderten Beschluß angeordnete - Einholung eines Gefährlichkeitsprognosegutachtens erforderlich (§ 454 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Diese Entscheidung hindert jedoch eine Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung nicht; die Regelung des § 454b Abs. 3 StPO verbietet der Kammer nur, isoliert über die (Nicht-)Aussetzung einzelner Strafreste zu entscheiden, nicht aber, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen fehlender konkreter Erfolgsaussicht zu erledigen, wenn noch offen ist, ob Strafreste - aus anderen Verurteilungen - zur Bewährung ausgesetzt werden können (vgl. a. OLG Hamm, Rpfleger 2008, 332).

13

Sinn und Zweck des § 454b Abs. 3 StPO ist, eine einheitliche Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung herbeizuführen und so dem Verurteilten die Chance zu geben, in allen Verfahren vorzeitig aus der Strafhaft entlassen zu werden (OLG Hamm, Beschl. v. 16.12.1986, 4 Ws 663/86, juris). Die Frage der Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist hiervon unabhängig allein auf der Grundlage der §§ 67d Abs. 5, 64 S. 2 StGB zu beurteilen und stellt sich auch - anders als in diesem Fall - oftmals schon, bevor nach der jeweiligen Mindestverbüßungsdauer eine Entscheidung über die Aussetzung von Strafresten überhaupt in Betracht kommt. Aber auch wenn - wie hier - die Unterbringung schon so lange andauert, daß ihr weiterer Vollzug nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 StGB nicht mehr auf die Strafe angerechnet werden kann, ist nicht angezeigt, mit einer Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung zuzuwarten, bis abschließend über die Aussetzung der Strafreste entschieden werden kann. Der Verurteilte befände sich dann zunächst weiter im Vollzug der Unterbringung und könnte bei späterer Versagung der Strafaussetzung erst ab dieser Entscheidung, so die Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung nicht "vorgezogen" werden könnte, mit der Verbüßung des Strafrests beginnen. Dies widerspräche auch dem verfassungsrechtlichen Gebot, eine aussichtslos gewordene Unterbringung umgehend zu erledigen (vgl. OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2003, 157f. [OLG Zweibrücken 19.12.2002 - 1 Ws 596/02]; LG Marburg, Beschl. v. 30.11.2007, 50 StVK 218/07, juris).

III.

14

Die im Urteil des Landgerichts O. vom 19. Januar 2007 angeordnete Maßregel läßt nicht mehr erwarten, daß der Verurteilte von seiner Alkoholabhängigkeit geheilt wird oder eine erhebliche Zeit vor einem Rückfall in diesen Hang bewahrt wird (§ 64 S. 2 StGB) und war daher für erledigt zu erklären (§ 67d Abs. 5 StGB).

15

1. Diese Erkenntnis folgt für sich genommen nicht aus dem Umstand, daß der Verurteilte - unmittelbar vor einer ansonsten vermutlich ergangenen Aussetzungsentscheidung der Kammer - einen Alkoholrückfall gehabt hat. Fraglos ist im Rahmen der Behandlung in einer Entziehungsanstalt mit einem Rückfall zu rechnen und die Kammer hat auch in ihrer kurz nach dem Rückfall des Verurteilten ergangenen Entscheidung vom 15. Juni 2009 ausgeführt, daß dieser (erste) Alkoholrückfall des Verurteilten nicht zur mangelnden Erfolgsaussicht seiner weiteren Behandlung in einer Entziehungsanstalt führe.

16

Allerdings darf schon bei dieser Bewertung nicht übersehen werden, daß es sich - anders als die Kammer angenommen hatte - nicht um ein (mehr oder minder) leicht alkoholisiertes Erscheinen in der Maßregelvollzugseinrichtung handelte, sondern um einen ganz massiven Alkoholrückfall, in dessen Verlauf sich der Verurteilte über drei Tage mit jeweils etwa einer Flasche Wodka betrank.

17

Entscheidend ist vielmehr, was der Stationsarzt in Fortführung der schriftlichen Stellungnahme des Klinikums vom 1. September 2009 bei der persönlichen Anhörung des Verurteilten ausgeführt hat: Der Verurteilte ist mit seinem Rückfall schon nicht so umgegangen, wie es für eine erfolgreiche Aufarbeitung dieses Geschehens in der Entziehungsanstalt und für eine erfolgversprechende Weiterbehandlung zu erwarten gewesen wäre. Er hat sich nach seinem Rückfall aus Angst vor Konsequenzen nicht von sich aus bei der Maßregelvollzugseinrichtung gemeldet und jedenfalls bis zu seiner Rückkehr in zwischenzeitlichen Telefonaten mit seiner Bezugstherapeutin den Rückfall nicht eingeräumt. Er hat - auch in der nachfolgenden Unterbringung - gezeigt, daß er die theoretisch erlernten Rückfallvermeidungs- und bearbeitungsstrategien nicht, jedenfalls nicht in schwierigen Lebenssituationen, anwenden kann.

18

Zudem hat der Stationsarzt überzeugend verdeutlicht, daß die bei dem Verurteilten theoretisch erlernten Kenntnisse in einer weiteren Behandlung nicht vertieft werden können, sondern es ihm einfach - letztlich persönlichkeitsbedingt - nicht gelingt, diese Kenntnisse umzusetzen, in sein Verhalten zu integrieren.

19

Die Kammer vermag nach alledem mit der Maßregelvollzugseinrichtung nicht zu erkennen, wie, mit welchem therapeutischen Ansatz, die weitere Behandlung in der Entziehungsanstalt erfolgreich gestaltet werden könnte.

20

Auch der Verurteilte hat hierfür keinen Ansatz aufgezeigt. Soweit er ausgeführt hat, daß er noch Chancen für sich sehe und darauf verwiesen hat, was er nach dem Rückfall unternommen habe, verdeutlicht dies letztlich auch, daß eine tragfähige Alkoholabstinenz durch seine Weiterbehandlung in der Entziehungsanstalt nicht erreicht werden kann. Er hat sich nach dem Rückfall an seine Lebensgefährtin und eine Selbsthilfegruppe gewandt, aber eben nicht an die Vollzugsanstalt. Ferner stellt er sich eine Weiterbehandlung durch einen niedergelassenen Psychotherapeuten vor, also eben außerhalb des Maßregelvollzuges.

21

Die Kammer sieht sich auch nicht veranlaßt, zunächst von einer Erledigungsentscheidung abzusehen und auf eine - von ihr nicht erzwingbare - Verlegung des Verurteilten in eine andere Entziehungsanstalt hinzuwirken. Der Verurteilte hat eingeräumt, daß es gerade nicht an der für eine erfolgreiche Behandlung auch erforderlichen Kooperationsbasis zwischen ihn und seinen Therapeuten fehle.

22

2. Die Kammer ist sich bei dieser Entscheidung bewußt, daß eine Erfolgsaussicht der weiteren Unterbringung auch dann bejahbar ist, wenn die Unterbringung nur erwarten läßt, daß der Verurteilte für längere Zeit vor einem Rückfall in seinem Hang bewahrt wird. Die Kammer geht aber nach den unter 1) angeführten Erwägungen und den weiteren Ausführungen des Stationsarztes, der Verurteilte könne außerhalb eines stützenden Rahmens vielleicht drei Monate alkoholabstinent leben, davon aus, daß die Weiterbehandlung den Verurteilten nicht für längere Zeit vor einem Alkoholrückfall bewahren kann.

23

3. Die Verneinung der Erfolgsaussicht der weiteren Unterbringung steht auch nicht dazu im Widerspruch, daß die Kammer mit gesondertem Beschluß die Einholung eines Gefährlichkeitsprognosegutachtens zur Frage der Aussetzung der Strafreste angeordnet hat. Dies bedeutet nur, daß die Kammer erwägt, die Strafreste zur Bewährung auszusetzen und zwar, weil sie nicht ausschließen kann, daß die von dem Verurteilten im Anhörungstermin offenbarten Vorstellungen einer Weiterbehandlung außerhalb des Maßregelvollzuges und eine möglicherweise hierauf stützbare beschützende Struktur dazu ausreichend sein könnte, daß der Verurteilte - trotz wahrscheinlicher Alkoholrückfälle - künftig keine Straftaten mehr begeht und daher trotz letztlich gescheiterter Behandlung in einer Entziehungsanstalt vorzeitig in die Freiheit entlassen werden könnte.

IV.

24

1. Mit der Entlassung aus dem Maßregelvollzug aufgrund der hier ausgesprochenen Erledigung der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein (§67d Abs. 5 S. 2 StGB). Ein Anlaß, die fünfjährige Höchstdauer der Führungsaufsicht abzukürzen, besteht jedenfalls gegenwärtig nicht (§68c Abs. 1 StGB).

25

2. Der Verurteilte ist - zur Entlassung aus dem Strafvollzug - einem Bewährungshelfer zu unterstellen (§68a Abs. 1 StGB). Dieser wird namentlich bestellt werden, sobald geklärt ist, wann und wohin der Verurteilte entlassen werden wird.

26

Demzufolge hat sich die Kammer auch ausdrücklich vorbehalten, dem Verurteilten dann weitere Weisungen für seine Lebensführung zu erteilen.

27

Schon jetzt hat sie es für geboten erachtet, ihm den Konsum alkoholischer Getränke zu untersagen (§ 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB), weil er praktisch nur unter Alkoholeinfluß straffällig geworden ist. Die Kammer hofft, daß dem Verurteilten diese Weisung ein wenig hilft, Rückfälle zu vermeiden. Er hat zudem Wechsel seines Wohn- oder Aufenthaltsorts, sowie seiner Arbeitsstätte der zuständigen Führungsaufsichtsstelle anzuzeigen (§68b Abs. 1 Nr. 8 StGB) und sich im Falle der Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit zu melden (§ 68b Abs. 1 Nr. 9 StGB). Sowohl aus der Vorgeschichte des Verurteilten wie auch aus zwischenzeitlichen Stellungnahmen des Klinikums ist zu schließen, daß der Verurteilte deutlich weniger straffällig werden dürfte, wenn ihm die Arbeitsaufnahme gelänge.

V.

28

Die Übertragung der Belehrung über die Bedeutung der Führungsaufsicht und über die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen die hier ausgesprochenen Weisungen folgt aus §§ 463, 454 Abs. 4 StPO. Im Hinblick auf die noch offene Dauer des Strafrests erachtet es die Kammer für vertretbar, die Belehrung schon jetzt durch die Maßregelvollzugseinrichtung erteilten zu lassen. Sollten die Strafreste nicht zur Bewährung ausgesetzt werden und der Verurteilte entweder die Strafe aus dem Urteil des Schöffengerichts oder aus dem Urteil der Schwurgerichtskammer vollständig verbüßen, träte ohnehin eine neue Führungsaufsicht ein (§§ 68f, 68e Abs. 1 Nr. 3 StGB).