Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.03.1996, Az.: 1 WS 36/96

Zuständigkeit für die Bewährungsaufsicht nach Strafaussetzung im Anschluss an eine Zurückstellung der Strafvollstreckung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.03.1996
Aktenzeichen
1 WS 36/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21368
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0326.1WS36.96.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Amtlicher Leitsatz

Zur Zuständigkeit für die Bewährungsaufsicht nach Strafaussetzung im Anschluss an eine Zurückstellung der Strafvollstreckung.

Gründe

1

Das Landgericht Aurich (Große Strafkammer) hatte gegen den Verurteilten durch Urteil vom 4. Februar l993 u.a. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Der Verurteilte hat zunächst einen Teil der Strafe in der JVA Lingen I, Abt. Groß-Hesepe, verbüßt. Seinen Antrag, nach Verbüßung der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe den Rest zur Bewährung auszusetzen, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück mit dem Sitz in Lingen mit Beschluss vom l5. Juli l994 abgelehnt.

2

Das Landgericht Aurich als Gericht des l. Rechtszuges hat durch Beschluss vom 9. August l994 dem Antrag des Verurteilten entsprechend gemäß § 35 BtMG einer Zurückstellung der Strafvollstreckung zugestimmt. Die Entschließung der Staatsanwaltschaft Aurich, mit der die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe gemäß § 35 BtMG zurückgestellt worden ist, datiert vom l6. August l994.

3

Am 2. Januar l995 hat das Landgericht Aurich als Gericht des l. Rechtszuges die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in der therapeutischen Einrichtung mit Wirkung vom 9. Januar l995 gemäß § 36 Abs. 1 BtMG auf die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet. Gleichzeitig hat es die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG.

4

Am 28. November l995 hat das Landgericht Aurich die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Osnabrück (mit Sitz in Lingen) um Übernahme der weiteren Bewährungsüberwachung gebeten. Die Strafvollstreckungskammer hat dies unter dem l3. Dezember l995 abgelehnt. Das Landgericht Aurich hat um Bestimmung des zuständigen Gerichts nachgesucht.

5

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück war als zuständig zu bestimmen.

6

Zuständig für die Überwachung des Verurteilten in der Bewährungszeit ist gemäß § 462 a Abs. 1 Satz 2 StPO die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts, in dessen Bezirk der Verurteilte inhaftiert war. Wird nämlich die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nach erfolgreicher Behandlung unter Anrechnung der Behandlungszeit zur Bewährung ausgesetzt, richtet sich die Zuständigkeit des nach einer solchen Strafaussetzung die Bewährungsaufsicht führenden Gerichts nach § 462 a Abs. 1 StPO mit der Folge, dass in den Fällen, in denen Freiheitsstrafe vollzogen wurde, grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer Vorrang vor dem Gericht des l. Rechtszugs hat (BGH StV l995, 427). Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück war bereits am l5. Juli l994, mithin zu einem Zeitpunkt, als der Verurteilte sich in Strafhaft befand, mit der Sache im Sinne des § 462 a StPO befasst.

7

Der Bundesgerichtshof hat dazu in der genannten - nur im Leitsatz veröffentlichten - Entscheidung unter anderem ausgeführt:

"§ 462 a Abs. 1 StPO trifft eine allgemeine Zuständigkeitsbestimmung für die Fälle, in denen Freiheitsstrafe vollzogen wird oder wurde. Grundsätzlich hat die Strafvollstreckungskammer hiernach Vorrang vor dem Gericht des ersten Rechtszuges, und zwar bei gleichbleibenden Umständen auf Dauer. Das Betäubungsmittelgesetz weist hiervon abweichend durch § 36 Abs. 5 Satz 1 Entscheidungen im Zusammenhang mit der Zurückstellung der Vollstreckung, der Anrechnung von Behandlungsmaßnahmen auf die Strafe sowie darauf zurückzuführende Entscheidungen über Strafaussetzung zur Bewährung dem Gericht des ersten Rechtszuges zu. Die Frage, welches Gericht nach einer solchen Strafaussetzung die Bewährungsaufsicht zu führen hat, regelt es jedoch nicht. Zwar erklärt § 36 Abs. 5 Satz 4 BtMG für die Entscheidungen über Strafaussetzung den § 454 Abs. 3 StPO für anwendbar, und diese Vorschrift verweist ihrerseits auf § 453 StPO und nachfolgende Bestimmungen. Alle diese durch Verweisung in Bezug genommenen Vorschriften enthalten aber lediglich Verfahrensregeln, welche für das "zuständige Gericht" gelten. Welches Gericht zuständig ist, ist ihnen nicht zu entnehmen. Die gegenteilige Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (MDR l987, 52O; ebenso Körner BtMG 4. Aufl. § 36 Rdn. 46) findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Der Senat vermag ihm auch keinen Grundsatz dahin zu entnehmen, dass in Betäubungsmittelsachen dem Gericht des ersten Rechtszuges ein Vorrang vor der Strafvollstreckungskammer zukomme (vgl. BGHSt 32, 58, 6[BGH 24.08.1983 - 2 ARs 251/83]O). Er hat vielmehr bereits entschieden, dass der Widerruf der nach § 36 BtMG bewilligten Strafaussetzung nach Aufnahme des Verurteilten in eine Vollzugsanstalt zwecks Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gemäß § 462 a Abs. 1, 4 StPO der Strafvollstreckungskammer obliegt (BGHSt 37, 338[BGH 27.02.1991 - 2 ARs 29/91]). Die dafür angeführten Gründe gelten auch hier."

8

Dem schließt sich der Senat an.