Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.03.1996, Az.: 1 WS 219/95

Bestimmung der Gebühren des Nebenklagevertreters nach altem Recht bei Entscheid über den vor dem Stichtag der Gebührenerhöhung gestellten Beiordnungsantrag nach dem Stichtag; Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren nach neuem Recht bei einer Bestellung zum Pflichtverteidiger nach dem l. Juli l994 bei vorheriger Wahlverteidigung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
19.03.1996
Aktenzeichen
1 WS 219/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21390
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0319.1WS219.95.0A

Fundstelle

  • JurBüro 1996, 472 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

Die Gebühren des Nebenklagevertreters bestimmen sich auch dann nach altem Recht, wenn über den vor dem Stichtag der Gebührenerhöhung ge- stellten Beiordnungsantrag erst nach dem Stichtag entschieden wird.

Gründe

1

Rechtsanwalt K vertritt die Nebenklägerinnen G und T, Angehörige des Getöteten, in dem Strafverfahren gegen , das sich zur Zeit in der Revisionsinstanz befindet. Mit Schriftsatz vom lO. Mai l994 beantragte er bei dem Landgericht, G als Nebenklägerin zuzulassen, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihn ihr als Vertreter beizuordnen. Nach dem l. Juli l994 ließ er sich zusätzlich von T mit der Nebenklage beauftragen.

2

Rechtsanwalt K. ist den beiden Frauen durch Beschlüsse des Landgerichts vom 22. Juli und vom lO. Oktober l994 unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu ihrer Vertretung im Nebenklageverfahren beigeordnet worden. Er hat die Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren für die Vertretung vor dem Landgericht nach den höheren seit dem l. Juli l994 geltenden Gebührensätzen beantragt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat sie entsprechend den bis zum 3O. Juni l994 geltenden niedrigeren Sätzen bestimmt. Das Landgericht hat die Erinnerung des Rechtsanwalts durch Beschluss vom 26. September l995 zurückgewiesen. Seine Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

Das Landgericht hat die Vergütung für die Vertretung der Nebenklägerinnen zu Recht nach den bis zum 3O. Juni l994 geltenden Gebührensätzen bestimmt, § l34 Abs. 1 BRAGO. Dem Schriftsatz des Rechtsanwalts vom lO. Mai l994 ist nicht zu entnehmen, dass die Vertretung der Nebenklägerin G durch ihn in dem Strafverfahren gegen ... an seine Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe geknüpft sein sollte. Die den Gebührentatbestand des § 83 BRAGO auslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Nebenklägerin war mithin nicht nur bedingt angekündigt, sondern uneingeschränkt erklärt. Es ist demgemäß nach § l34 Abs. 1 BRAGO davon auszugehen, dass der Rechtsanwalt am lO. Mai l994 bereits einen unbedingten Auftrag von G zu ihrer Vertretung im Nebenklageverfahren erhalten hatte. Angesichts des klaren Wortlautes des Schriftsatzes besteht zu einer anderen Auslegung kein Raum. Im Interesse der rechtlichen Klarheit ist der Nebenklagevertreter daran festzuhalten. Es kann dahinstehen, ob im Innenverhältnis etwas anderes zwischen der Nebenklägerin und dem Rechtsanwalt vereinbart worden war (vgl. dazu OLG Koblenz JurBüro l976, lO58; OLG Bamberg JurBüro l976, l336, jeweils für das zivilprozessuale Verfahren).

4

Folglich sind gemäß § l34 Abs. 1 BRAGO die Gebühren, soweit es um die Vertretung von G geht, nach den bis zum 3O. Juni l994 geltenden Sätzen zu berechnen.

5

Der von dem Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, dass bei einer Bestellung zum Pflichtverteidiger nach dem l. Juli l994 bei vorheriger Wahlverteidigung die Anwendung des § l34 Abs. 1 BRAGO zur Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren nach neuem Recht geführt hätte, gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers wirkt nämlich ex nunc und führt regelmäßig zum Erlöschen der zuvor bestehenden Wahlverteidigung (vgl. Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § l34 Rn. lO m.w.N.). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Nebenklageverfahren erfolgt demgegenüber auf Antrag und setzt ein ggfs. bestehendes Auftragsverhältnis nur fort.

6

Soweit sich Rechtsanwalt darauf beruft, jedenfalls von der Nebenklägerin T nach dem l. Juli l994 beauftragt worden zu sein, gilt gleichwohl nichts anderes. Auch insoweit bestimmt sich die Vergütung nach dem bis zum 3O. Juni l994 geltenden Gebührenrecht, §§ l34 Abs. 2, 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (vgl. dazu OLG Karlsruhe MDR l976, 676; OLG München JurBüro l978, l49l).