Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.03.1996, Az.: 1 WS 11/96

Tragung der Kosten für ein strafrechtliches Verfahren bei Verweisung an ein höheres Gericht im Falle der Verurteilung des Angeklagten; Kostenrechtliche Einheit des Verfahrens bei Verweisung an ein höheres Gericht ; Notwendigkeit einer Verweisung der Sache an das Schwurgericht

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.03.1996
Aktenzeichen
1 WS 11/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21400
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0313.1WS11.96.0A

Fundstelle

  • NStZ 1996, 405 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Bei Verweisung an ein höheres Gericht hat der Angeklagte bei Verurteilung sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen

Gründe

1

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körper- verletzung zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe ver- urteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat die kleine Straf- kammer des Landgerichts das Urteil aufgehoben und die Sache wegen des bestehenden konkreten Verdachts des versuchten Totschlages an das Schwurgericht verwiesen. Das Schwurgericht hat wiederum wegen gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten erkannt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Es hat dem Angeklagten die Kosten des gesamten Verfahrens auferlegt, jedoch die Berufungsgebühr um 1/4 ermäßigt und in diesem Umfang die Staatskasse mit 1/4 der notwendigen Aus- lagen des Angeklagten im Berufungsverfahren belastet.

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...

3

Das Schwurgericht hat dem Angeklagten zu Recht sämtliche bei ihm und vor dem Amtsgericht entstandenen Kosten als gesetzliche Folge der Verurteilung auferlegt, §·465 StPO. Auch bei Verweisung an ein höheres Gericht, vgl. dazu OLG Stuttgart JW·1928, 2294, gilt der Grundsatz der kostenrechtlichen Einheit des Verfahrens (vgl. dazu BGH NStZ·1982, 80; KK/Schimanski, StPO, 3.·Aufl., Rn.·3 zu §·465).

4

Die Verweisung der Sache an das Schwurgericht durch das Berufungsgericht war geboten. Sie entsprach den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge der Sachlage, wie sie sich in der Hauptverhandlung bei ihm darstellte (vgl. dazu BGH MDR·1972, 18; OLG Oldenburg GA·1992, 471, 472). Die Verweisung war deswegen sach- gerecht. Die Regelung des §·6·a StPOüber die Zuständigkeit besonderer Strafkammern steht ihr nicht entgegen. Die kleine Straf- kammer des Landgerichts ist ausschließlich Berufungsstrafkammer, §·76 Abs.·1 GVG. Sie kann nicht erstinstanzlich über die im Zuständigkeitskatalog des §·74 GVG gehörende Straftaten entscheiden (vgl. dazu Anm. von Meyer in JR·1985, 522).

5

Unter diesen Umständen war es nicht unbillig, den Angeklagten trotz der Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung mit sämtlichen vor dem Schwurgericht entstandenen Kosten zu belasten.

6

Das folgt daraus, dass nach Lage der Sache die Verhandlung vor dem Schwurgericht einschließlich aller bei ihm geführten Untersuchun- gen für die Entscheidung erforderlich war (vgl. dazu BGHSt·26, 29, 34). Eine Freistellung von Verfahrenskosten nach §·8 GKG kommt nicht in Betracht.

7

Auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung ist nicht zu beanstanden, §·473 Abs.·4 StPO. Wie durch das Amtsgericht ist der Angeklagte durch das Schwurgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, während er in erster Linie freigesprochen werden wollte. Das zu der Verhandlung vor dem Schwurgericht führende Berufungsverfahren war mithin nur insoweit erfolgreich, als die verhängte Strafe abweichend von dem amtsgerichtlichen Verfahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

8

Die Auferlegung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht hat der Angeklagte nach dem Inhalt seiner Beschwerde von der Anfechtung ausgenommen. Es sei erwähnt, dass die Entscheidung auch insoweit nicht zu beanstanden ist. Zwar musste die Sache nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht an das Schwurgericht verwiesen werden. Dessen Entscheidung bestätigt jedoch andererseits auch die ursprüngliche Prognose der Staatsanwaltschaft bei der Anklage, dass eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines versuchten Tötungsdelikts nicht wahrscheinlich sei. Unter diesen Umständen war die Anrufung des Strafrichters durch die Staatsanwaltschaft nicht deutlich fehlerhaft. Deswegen war es nicht unbillig, dem Angeklagten auch sämtliche in dem Verfahren vor dem Amtsgericht entstandenen Kosten aufzuerlegen, §·465 Abs.·2 StPO.