Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.09.2000, Az.: 22 W 80/00

Kosten des selbständigen Beweisverfahrens; Hauptsache; Teilklage

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.09.2000
Aktenzeichen
22 W 80/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 41929
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ist insgesamt vom Gericht der Hauptsache zu entscheiden, auch wenn nur teilweise Klage erhoben wird.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner zu 2.

Beschwerdewert: 10.000 DM.

Gründe

I.

Der Antragsgegner zu 2 hat für die Antragstellerin die Planung, Ausschreibung und Vergabe der durchzuführenden Bauarbeiten an dem Bauvorhaben der Antragstellerin in..., im Rahmen eines Architektenvertrages übernommen. Die Erd, Stahlbeton, Maurer und Putzarbeiten an dem Bauvorhaben wurden von der Antragsgegnerin zu 1 im Auftrag der Antragstellerin durchgeführt. Mit Beschluss vom 9. Oktober 1995 hat das Landgericht die von der Antragstellerin beantragte Beweiserhebung zu Baumängeln an ihrem Bauvorhaben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und mit Beschluss vom 3. Juli 1996 den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 70.000 DM festgesetzt, nachdem die Antragstellerin die Mängelbeseitigungskosten auf 50.000 DM und ihre weiteren Ansprüche auf 20.000 DM geschätzt hatte. Nach Abschluss der Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren hat das Landgericht auf den Antrag des Antragsgegners zu 2 der Antragstellerin mit Beschluss vom 26. Februar 1999 aufgegeben, binnen sechs Wochen Klage zu erheben. Innerhalb der gewährten Fristverlängerung hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner zu 2 mit Klageschrift vom 3. Mai 1999 Klage vor dem Amtsgericht Achim erhoben und beantragt, den Antragsgegner zu 2 zu verurteilen, an sie 6.148 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Mai 1998 zu zahlen. Diese Klage soll inzwischen zurückgenommen worden sein. Den Antrag des Antragsgegners zu 2, der Antragstellerin die ihm entstandenen Kosten aus dem selbständigen Beweisverfahren aufzuerlegen, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Juli 2000, dem Antragsgegner zu 2 zugestellt am 24. August 2000, zurückgewiesen, da die Klageerhebung i.S. des § 494 a Abs. 2 ZPO erfolgt sei und eine Teilkostenentscheidung nicht in Betracht käme. Die Kosten seien insgesamt Teil der Hauptsache und darüber einheitlich und unter entsprechender Anwendung des § 96 ZPO im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Eine Aufteilung der Kostenentscheidung sei nicht sachgerecht und berge die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller zu 2 unter Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in NJW RR 1998, S. 358 f [OLG Düsseldorf 26.08.1997 - 22 W 45/97] mit seiner Beschwerde vom 25. August 2000, beim Landgericht Verden eingegangen am 28. August 2000.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Landgericht hat den Antrag des Antragsgegners zu 2, der Antragstellerin die ihm entstandenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, zu Recht zurückgewiesen.

Gem. § 494 a Abs. 2 S. 1 ZPO hat das Gericht dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, wenn der Antragsteller nicht innerhalb der ihm nach § 494 a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist Klage erhoben hat. Die Antragstellerin hat aber gegen den Antragsgegner zu 2 mit Schriftsatz vom 3. Mai 1999 Klage vor dem Amtsgericht Achim erhoben und beantragt, den Antragsgegner zu 2 zu verurteilen, an sie 6.148 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Mai 1998 zu zahlen.

Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ist aber insgesamt vom Gericht der Hauptsache zu entscheiden, auch wenn nur teilweise Klage erhoben wird (OLG München, OLGR 1994 S. 212, OLG Düsseldorf, Baurecht 1993, S. 370, OLG Düsseldorf NJW RR 1998, S. 358 [OLG Düsseldorf 26.08.1997 - 22 W 45/97], anderer Ansicht OLG Düsseldorf NJW RR 1998, S. 210 [OLG Düsseldorf 15.07.1997 - 7 W 40/97], OLG Koblenz NJW RR 1998, S. 68 [OLG Koblenz 24.01.1997 - 3 W 23/97] Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 494 a, Rdnr. 11 und ZöllerHerget, ZPO, 21. Aufl. § 494 a Rdnr. 4 a m.w.N.). Denn hinsichtlich der Teile des Streitgegenstandes des selbständigen Beweisverfahrens, die auch Streitgegenstand im Hauptsacheverfahren geworden sind, sind die Kosten der Beweiserhebung Teil der Kosten in der Hauptsache. Hinsichtlich der Kosten für den restlichen Streitgegenstand aus dem selbständigen Beweisverfahren, der nicht Streitgegenstand der Hauptsache geworden ist, hat das Gericht der Hauptsache in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO mitzuentscheiden.

Für eine solche Behandlung sprechen Gründe der Praktibilität und der Prozessökonomie.

Die Aufspaltung des ursprünglichen Streitgegenstandes in zwei verschiedene Verfahren würde für die Parteien u.U. zu einer erheblichen Gebührenmehrbelastung führen, weil die bei der einheitlichen Bewertung hinsichtlich des höheren Betrages sich auswirkende Gebührendegression bei Aufteilung in einzelne Teilbeträge nicht zur Wirkung kommt (OLG München a.a.O. mit Verweis auf Herget, Jur. Büro 1992, S. 782).

Bei einer Aufteilung in zwei Verfahren bestände die Gefahr, dass eine außerhalb der Hauptsache nach § 494 a Abs. 2 ZPO getroffene Teilkostenentscheidung der in der Hauptsache nach Abschluss des Verfahrens getroffenen Kostenentscheidung widerspricht. Denn es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und dem für die Kostenentscheidung maßgeblichen Ausmaß des tatsächlichen Obsiegens bzw. Unterliegens in der Hauptsache. Es ist z.B. nicht ausgeschlossen, dass der gerichtliche Sachverständige, aufgrund dessen Gutachten der Antragsteller seine bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens ins Auge gefasste Forderung bei der Klagerhebung reduziert hat, in der Beweisaufnahme im Hauptverfahren zu einem höheren Ergebnis kommt oder dass an Stelle des durch Ablehnung oder in anderer Weise aus dem Hauptverfahren ausgeschiedenen Sachverständigen ein anderer Sachverständiger zu einem höheren Betrag kommt und der Antragsteller die Klage entsprechend erhöht ( OLG München a.a.0.).

Auch könnte das Gericht des selbständigen Beweisverfahrens die begehrte Teilkostenentscheidung nicht treffen, ohne sich durch Beiziehung der Akten des Hauptverfahrens, das bei einem anderen Gericht anhängig sein kann, über den Umfang der Klageerhebung zu vergewissern.

Nach alledem ist es bei jeder Klagerhebung zur Hauptsache allein sinnvoll, dass vom Gericht der Hauptsache nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens in genauer Kenntnis des tatsächlichen Prozessverlaufs einheitlich über die Kosten des Rechtsstreits und des selbständigen Beweisverfahrens entschieden wird, selbst wenn eine Klagrücknahme erfolgt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.