Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.03.2007, Az.: L 8 SO 39/06

Anspruch auf Gewährung der Kosten für eine angemessene Alterssicherung; Volle richterliche Überprüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessene Alterssicherung"; Unabhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Rentenalter; Maßgeblichkeit einer voraussichtlichen Entlastung des Sozialhilfeträgers

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
22.03.2007
Aktenzeichen
L 8 SO 39/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 37050
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0322.L8SO39.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 09.05.2006 - AZ: S 53 SO 40/06

Redaktioneller Leitsatz

Wenn der Versicherte für den Bezug der Regelaltersrente die vorgeschriebene Wartezeit noch nicht erfüllt hat, können die hierfür notwendigen freiwilligen Beiträge nach § 33 SGB XII zur "angemessenen Alterssicherung" übernommen werden. Unerheblich ist, ob der Rentenbezug zur Unabhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Rentenalter führt.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2006 sowie der im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassene Bescheid der Landeshauptstadt F. vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10. Januar 2006 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 4. März 2005 auf Übernahme von Beiträgen für eine angemessene Alterssicherung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen für seine angemessene Alterssicherung.

2

Die Beklagte soll Beiträge zu seiner gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen.

3

Der im August 1951 geborene Kläger erhält seit vielen Jahren Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt -; seit dem Jahr 1991 von der Stadt H., nach seinem Umzug nach F. seit 1996 von der Landeshauptstadt F ... Seit dem Januar 2005 bezieht der Kläger Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach einem Versicherungsverlauf, den die LVA Hannover erstellte (Bl 509 VA und Bl 976 VA) kann der Kläger 30 Monate mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung aufweisen (Zeiten zwischen April 1968 und 21. September 1973). In der Vergangenheit hatte der Kläger mehrfach Anträge gestellt, Beiträge für seine Alterssicherung aus Mitteln der Sozialhilfe gemäß § 14 Bundessozialhilfegesetz - BSHG zu übernehmen. Diese Anträge blieben erfolglos. Das Versicherungsamt der Landeshauptstadt F. erstellte nach Kenntnisnahme des Versicherungsverlaufs folgende Berechnung:

4

Wie Sie der folgenden Berechnung entnehmen können, wird eine freiwillige Beitragszahlung bis zum Erreichen von 60 Beitragsmonaten nicht dazu führen, dass Herr I. jemals ohne lfd. HLU auskommen wird.

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Aufgrund der derzeit erreichten 30 Monate besteht noch kein Anspruch auf irgendeine Rente. Um mit dem 65. Lebensjahr eine Rente bekommen zu können, müssten für Herrn P. noch mindestens 30 freiwillige Beiträge gezahlt werden.

6

1999 gezahlte Beiträge mit z. Zt. niedrigstem Satz mtl. 122,85 DM = 1.474,20 DM jährlich und Höchstsatz mtl 1.657,50 DM = 19.890,- DM jährlich würde bei niedrigsten Beiträgen für 12 Monate eine mtl Rente von 0,57 DM zur Folge haben. Die Zahlung von Höchstbeiträgen für 12 Monate würde eine mtl Rentenzahlung von 7,63 DM bewirken.

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Bei gleich bleibenden Beitragssätzen - die genaue Höhe für 2000 und 2001 steht noch nicht fest - bedeutet dies für 2000 ebenfalls 0,57 DM bzw. 7,63 DM mtl, für 2001 ebenso, wobei - um die 60 Monate zu erreichen - für 2001 nur für 6 Monate Beiträge gezahlt werden müssten.

8

Beitragsaufwand insgesamt: Niedrigster Satz = 3.685,50 DM Höchstsatz = 49.725,- DM Rentenanwartschaft mtl bei niedr Satz = 17,- DM mtl bei Höchstsatz = 228,90 DM bei Rentenbeginn 01.09.2016 (65. Lebensjahr).

9

Eine Möglichkeit Renten wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu erhalten ist derzeit nicht gegeben und wird auch durch die freiwilligen Beiträge nie gegeben sein.

10

In dem darauf folgenden Rechtstreit hat das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 29. Februar 2000 - 3 A 6060/98 - die Klage des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine angemessen Alterssicherung abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sah eine angemessene Alterssicherung erst für gegeben, wenn der Hilfesuchende zum Zeitpunkt der Rentenleistung unabhängig von Sozialhilfe sei. Diese Voraussetzung läge hier nicht vor. Das Urteil des VG Hannover wurde rechtskräftig.

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Nach Inkrafttreten des SGB XII am 1. Januar 2005 begehrte der Kläger neuerlich Beitragszahlungen für seine gesetzliche Rentenversicherung. Es müssten monatliche Leistungen von 78,00 EUR eingezahlt werden. Nach seinem ersten Antrag vom 4. März 2005 bekräftigte der Kläger bei Vorsprachen am 16. März und 8. April 2005 (Bl 922, 924, 928 VA) sein Anliegen. Nach Vorlage eines Versicherungsverlaufs vom 16. Juni 2006 der LVA Hannover, der dem Versicherungsverlauf aus dem Jahr 1999 entspricht (Bl 976 und Bl 509 VA), lehnte die im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnde Landeshauptstadt F. den Antrag auf Übernahme von Beiträgen zur Alterssicherung ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Alterssicherung sei erst dann angemessen, wenn durch den zu erwartenden Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtung der sonstigen Einkünfte und Ansprüche ein Leben unabhängig von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt möglich sei. Da gemäß §§ 41 ff SGB XII bei Bedürftigkeit der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter bestehe, würden nur noch in Ausnahmefällen Leistungen der Alterssicherung nach § 33 SGB XII gewährt. Maßgeblich sei, ob die Übernahme von Kosten der Altersvorsorge voraussichtlich zu einer Entlastung für den Sozialhilfeträger führen werde. Selbst bei höchstmöglichem Beitragaufwand sei der Rentenanspruch zu gering, um unabhängig von Sozialhilfe leben zu können.

12

Der Kläger hat am 12. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Da ihn die Behörden in Deutschland in eine soziale Notlage gestürzt hätten und er mittlerweile seit neun Jahren von seiner in der Dominikanischen Republik lebenden Ehefrau getrennt sei, müsse der Betrag von monatlich 78,00 EUR in seine Rentenversicherung eingezahlt werden. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger Beiträge für eine Alterssicherung gemäß § 33 SGB XIII nicht zustünden. Diese Vorschrift sei identisch mit dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden § 14 BSHG. Hierzu habe das VG Hannover bereits in seinem Urteil vom 29. Februar 2000 ein entsprechendes Anliegen des Klägers abgewiesen. Da sich an der Situation des Klägers hinsichtlich seiner Rentenanwartschaften nichts geändert habe, komme ein Anspruch nach § 33 SGB XII nicht in Betracht. Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 16. Mai 2006 zugestellt.

13

Der Kläger hat am 22. Mai 2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Behauptung, nachzuzahlende Rentenbeiträge würden ihn nicht unabhängig machen, sei eine Lüge und ein weiterer Versuch, ihn in Nazi-Deutschland weiter zu misshandeln.

14

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  1. 1.

    den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2006 sowie den im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassenen Bescheid der Landeshauptstadt F. vom 12. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10. Januar 2006 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - auf seinen Antrag vom 4. März 2005 Sozialhilfe durch Übernahme der Kosten für eine angemessene Alterssicherung zu gewähren.

15

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Landeshauptstadt F. und der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist zum Teil begründet. Richtige Klageart ist hier die verbundene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne der §§ 54 Abs. 1, 56 (objektive Klagehäufung) SGG. Nach § 33 SGB XII besteht kein gebundener Rechtsanspruch auf Leistung. Die Gewährung der Kosten für eine angemessene Alterssicherung steht im Ermessen der Beklagten. Der Kläger kann daher unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide - und des Gerichtsbescheids - nur die Verpflichtung der Beklagten erreichen, ihm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen - Bescheidungsklage. Ein durchgreifender Anspruch des Klägers auf Zahlung der Kosten für eine angemessene Alterssicherung besteht nicht, weil keine Anhaltspunkte für eine Ermessensschrumpfung auf Null vorliegen. Ebenso sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Ermessensentscheidung nur zu Ungunsten des Klägers ausgehen kann.

19

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 33 SGB XII. Danach können, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine angemessenen Alterssicherung (oder auf ein angemessenes Sterbegeld) zu erfüllen, die erforderlichen Kosten übernommen werden. Diese Regelung entspricht inhaltlich dem bisherigen § 14 BSHG. Sie bietet dem Leistungsberechtigten die Möglichkeit, eine begonnene Alterssicherung fortzusetzen und damit ganz oder teilweise unabhängig von Sozialhilfe zu werden. Sie liegt ferner im Interesse des Sozialhilfeträgers, der in Zukunft eine Entlastung erwarten kann. Praktische Bedeutung hat die Regelung vor allem in den Fällen, in denen zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit noch einige Monate Beiträge zu entrichten sind (vgl Wenzel in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 33 SGB XII Rdnr 3; Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 33 SGB XII Rdnr 1). Kosten für eine angemessene Alterssicherung sind insbesondere freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 7 SGB VI. Gerade wenn eine begonnene Alterssicherung mit eigenen Mitteln nicht weitergeführt werden kann, wenn der Antragsteller in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war und die für den Bezug des Altersruhegeldes vorgeschriebene Wartezeit noch nicht erfüllt hat, können die hierfür notwendigen Beiträge übernommen werden (Bayerischer VGH, Urteil vom 2. Juli 2001 - 12 B 98.1650 - FEVS 53, 570 zu § 14 BSHG; Wenzel a.a.O., Rdnr 5). Ein Anspruch auf die Regelaltersrente des § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI besteht nur, wenn eine gewisse Mindestversicherungszeit (gleich Wartezeit - § 34 Abs. 1 SGB VI) erfüllt ist. Für die eben genannte Regelaltersrente muss der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, § 35 SGB VI; die allgemeine Wartzeit beträgt gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI fünf Jahre. Diese allgemeine Wartezeit von fünf Jahren = 60 mit Beitragszeiten (§§ 51 Abs. 1, 55 SGB VI) belegten Monaten hat der Kläger nicht erfüllt, da nach seinem Versicherungsverlauf nur 30 Monate Beitragszeiten vorliegen. Gerade für derartige Fallgestaltungen ist § 33 SGB XII geschaffen, um durch Entrichtung von Beiträgen wenigstens die allgemeine Wartezeit zu erreichen, um damit einen Anspruch auf die Regelaltersrente zu begründen. Hierbei steht es dem Sozialhilfeträger natürlich frei, Beiträge über die 60 Monate hinaus zu entrichten, um den Rentenanspruch weiter zu erhöhen.

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Das Tatbestandsmerkmal "angemessene Alterssicherung" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der voller richterlicher Überprüfung unterliegt (vgl Bundesverwaltungsgericht - BVerwG , Urteil vom 27. Juni 2002 - 5 C 43/01 BVerwGE 116, 342 =FEVS 54, 5 zu § 14 BSHG). Die Vorschrift des § 33 SGB XII befindet sich im Dritten Kapitel - Hilfe zum Lebensunterhalt. In diesem Zusammenhang muss der Begriff ausgelegt werden. Eine angemessene Alterssicherung liegt daher vor, wenn sichergestellt ist, dass der Leistungsberechtigte im Alter Hilfe zum Lebensunterhalt nicht in Anspruch nehmen muss; ihm müssen daher finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, die ausreichen, seinen Regelbedarf, die Kosten der Unterkunft und etwaigen Mehrbedarf zu decken. Ist eine Alterssicherung auf diesem Niveau bereits gesichert, scheitert eine Hilfegewährung nach § 33 SGB XII bereits aus diesem Grunde. Denn eine angemessene Alterssicherung wäre dann mit anderen Mitteln als denen der Sozialhilfe sichergestellt (vgl Grube in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 2005, § 33 Rdnr 7 m.w.N.; Wenzel, a.a.O., Rdnr 7; Falterbaum in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, Loseblattsammlung Stand Dezember 2004, § 33 Rdnr 6; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2002, a.a.O., Rdnr 15 im Juris-Abdruck, zur Sterbegeldversicherung des § 14 BSHG; ebenso die Rechtsprechung des BVerwG zur Übernahme von Beiträgen für eine angemessene Alterssicherung einer Pflegeperson im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach § 69 Abs. 3 Satz 2 BSHG, Fassung 1976, später § 69 b Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BSHG, hier insbesondere Urteil vom 22. März 1990 - 5 C 40/86 - BVerwGE 85, 102; Urteil vom 22. Juni 1978 - V C 31.77 - BverwGE 56, 88 = FEVS 26, 409).

21

Eine derartige ausreichende Alterssicherung ist beim Kläger nicht vorhanden. Denn er weist lediglich 30 Monate Beitragszeiten auf, die nicht zu einer Regelaltersrente führen. Da er langjährig im Bezug von Sozialhilfe steht, ist auch nicht zu erwarten, dass er auf andere Art und Weise Vorsorge für sein Alter getroffen hat und über andere (nicht bekannte) Alterssicherungen verfügt.

22

Aus den Berechnungen des Versicherungsamtes der Landeshauptstadt F. ergibt sich, dass der Kläger bei maximal möglicher Übernahme von freiwilligen Beiträgen keine Rente erreichen wird, die ihn unabhängig von Sozialhilfe leben lässt. Errechnet ist insoweit bei einem Höchstsatz eine monatliche Rentenanwartschaft von 228,90 DM (Bl. 518 VA - Stand 27. Mai 1999). Daran hat die Beklagte angeknüpft und gemeint, dass der Kläger mit dieser Rente keine angemessene Altersicherung im vorgenannten Sinne erreichen wird, da er im Alter bei der Höhe einer derartigen Rente nicht unabhängig von Sozialhilfe leben könne. Zwar trifft es zu, dass der Kläger bei einer derartigen Rentenhöhe im Alter ergänzende Sozialhilfe erhalten muss. Doch hat die Beklagte den Begriff angemessene Alterssicherung im Sinne des § 33 SGB XII unzutreffend interpretiert.

23

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wurde zum Teil die Annahme vertreten, dass eine Alterssicherung nur dann angemessen sei, wenn sie dazu führt, dass dem Hilfesuchenden ab Eintritt des Versicherungsfalles durch das ihm dann zustehende Altersruhegeld allein oder in Verbindung mit sonstigen Einnahmen jedenfalls Mittel in einer Höhe zur Verfügung stehen, die der Höhe des für ihn maßgeblichen Leistungssatzes der Sozialhilfe zuzüglich der um das Wohngeld verminderten Unterkunftskosten entsprechen und es so ermöglichten, unabhängig von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt zu leben (vgl OVG Saarland, Urteil vom 27. Juli 1989 - 1 R 200/87 - FEVS 42, 126; siehe auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 4 BS 284/01 - FEVS 54, 365; Bayerischer VGH, Urteil vom 2. Juli 2001 - 12 B 98.1650 - FEVS 53, 570; siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 1995 - 6 S 971/93). Diese Erwägung ist unzutreffend, weil sie den Zielen des § 33 SGB XII nicht entspricht.

24

Eine angemessene Alterssicherung im Sinne des § 33 SGB XII liegt ebenso vor, wenn der Rentenbezug nicht zur Unabhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Rentenalter führt. Denn die oben dargestellte angemessene Alterssicherung stellt lediglich eine Obergrenze für diese Hilfe dar. Vielmehr kann eine durch § 33 SGB XII gewährleistete Alterssicherung auch unter dem Sozialhilfeniveau liegen. Es ist nicht zwingend, dass die Beiträge nach § 33 SGB XII die Leistungsberechtigten im Alter frei von Sozialhilfe machen müssen. Denn das Tatbestandsmerkmal der angemessenen Alterssicherung in § 33 SGB XII bezeichnet die Obergrenze, lässt aber als Vorsorge auch Beiträge für eine die Sozialhilfe nur teilweise entlastende Alterssicherung zu (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 18/98 - FEVS 51, 167 zu § 14 BSHG). Für diese Annahme spricht weiterhin die Regelung in § 1 Satz 1 SGB XII, wonach die Leistungen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten so weit wie möglich befähigen sollen, unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Dieses Ziel wird auch erreicht, wenn eine Regelaltersrente nicht zur vollständigen Freistellung des Bezuges von Sozialhilfe führt. Maßgeblich muss sein, ob überhaupt eine Entlastung der Sozialhilfe zu erwarten ist. Dies gilt um so mehr, als durch Zahlungen von Rentenversicherungsbeiträgen, die der Höhe nach denen für einen versicherungspflichtigen Durchschnittsverdiener zu entrichtenden Beiträgen entsprechen, erst nach über 20 Jahren eine oberhalb des Sozialhilfeniveaus liegende Alterssicherung erreicht wird. Daher darf in den Fällen wie dem vorliegenden, in denen die spätere Altersrente voraussichtlich unter dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, eine Beitragsübernahme nach § 33 SGB XII nicht von vornherein ausgeschlossen werden (vgl Schellhorn, a.a.O., Rdnr 4; Grube, a.a.O., Rdnr 9; Wenzel, a.a.O., Rdnr 7; Falterbaum, a.a.O., Rdnr 9; Dauber in Mergler/Zink, Kommentar zum SGB XII, Loseblattsammlung Stand Januar 2006, § 33 Rdnr 6).

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Die Ansicht, dass eine Leistungsgewährung nach § 33 SGB XII im Hinblick auf die Regelung in §§ 41 ff SGB XII kaum mehr in Betracht komme, überzeugt nicht. Nach diesen Vorschriften hat jeder alte Mensch bei Bedürftigkeit Anspruch auf die Leistungen der Grundsicherung im Alter (vgl Birk in Lehr- und Praxiskommentar - SGB XII, 7. Aufl. 2005, § 33 Rdnr 5). Würde diese Ansicht zutreffen, wäre die Regelung in § 33 SGB XII überflüssig, weil jeder alte Mensch Leistungen der Grundsicherung nach § 41 SGB XII erhalten kann, sofern er bedürftig ist. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung können daher einen Anspruch nach § 33 SGB XII nicht ausschließen.

26

Nach den dargelegten Grundsätzen sind die angefochtenen Bescheide ermessensfehlerhaft. Denn sie gehen von falschen rechtlichen Voraussetzungen hinsichtlich des Begriffs angemessene Alterssicherung aus. Eine Ermessensentscheidung wurde daher nicht getroffen. Die Beklagte muss nunmehr eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Übernahme der Kosten für eine angemessene Alterssicherung treffen und dabei die Senatsansicht berücksichtigen, wonach eine angemessene Alterssicherung auch dann vorliegt, wenn die zu erwartende Altersrente den Leistungsberechtigten nur teilweise vom Sozialhilfebezug freistellt. Hierbei wird die Beklagte in ihre Überlegungen mit einbeziehen müssen, welche Höhe die Altersrente erreicht, wenn mit den Beitragszahlungen nicht allein die Wartezeit von 60 Monaten erfüllt wird, sondern Beitragszahlungen darüber hinaus bis zum Erreichen des Rentenalters erbracht würden. Erst danach liegt der für eine umfassende Ermessensbetätigung ausreichende Sachverhalt vor, so dass die Beklagte abwägen kann, ob sie aus wirtschaftlichen Ermessenserwägungen derartigen Beitragsaufwand leisten will. Hierbei darf die Beklagte nicht das gesetzgeberische Ziel aus den Augen verlieren, wonach auch mit Mitteln der Sozialhilfe für eine Alterssicherung gesorgt werden kann.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger nur teilweise obsiegt, muss die Beklagte nur die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten erstatten.

28

Die Revision bedarf der Zulassung (§ 160 SGG). Diese ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlichen Entscheidungen abweicht.