Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 08.03.2007, Az.: L 1 RA 23/03

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
08.03.2007
Aktenzeichen
L 1 RA 23/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61349
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0308.L1RA23.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - AZ: S 7 RA 82/99

Tenor:

  1. Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat der Beklagten deren notwendige außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. me/Go

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte als privatrechtlicher Träger einer Versorgungslast an die Klägerin als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Aufwendungen aufgrund von Rentenanwartschaften zu erstatten hat, die durch die familiengerichtliche Entscheidung über einen Versorgungsausgleich begründet worden sind.

2

Dem vorliegenden Erstattungs-Rechtsstreit liegt ein Verfahren zu Grunde, in dem im Wege des so genannten Quasisplitting Rentenanwartschaften auf dem Konto der bei der Beklagten gesetzlich rentenversicherten und seit April 1987 im Rentenbezug stehenden Frau I.J. (im Folgenden: Versicherte) begründet wurden (zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - EU - aufgrund des Bescheides vom 15. Juli 1987, seit September 1995 Regelaltersrente aufgrund des Bescheides vom 18. Juli 1995). Die Versicherte war vom 4. April 1956 bis zur Scheidung am 4. Oktober 1979 mit Herrn K.J. (im Folgenden: Ausgleichsverpflichteter) verheiratet, dem ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten. Im Nachgang zum Scheidungsverfahren beschloss das Amtsgericht (AG) L. - Familiengericht - am 14. Juni 1984 (Az: 1 F 16/79 - 6 -; Ausgleichsberechtigter gegen Versicherte): "1. Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr. 50220728 A 006, werden auf das Versicherungskonto für die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr. 50290830 W 540, Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 28. Februar 1979 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 352,90 DM übertragen. 2. Zu Lasten der für den Antragsteller bei der Gesellschaft Deutscher Metallhütten- und Bergleute - GDMB - in Clausthal-Zellerfeld bestehenden Versorgungsanwartschaften werden auf dem Versichertenkonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr. 50290830 W 540, Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 28. Februar 1979 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 244,87 DM begründet".

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Die Entscheidung des AG wurde am 14. August 1984 rechtskräftig (Streit zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens darüber, ob auch der Beklagten der Beschluss vom 14. Juni 1984 zugestellt wurde). Die Klägerin, die bereits in ihrem Bescheid vom 15. Juli 1987 aus den durch das AG begründeten Anwartschaften Werteinheiten ermittelt und entsprechende Rentenanteile an die Versicherte gezahlt hatte, wandte sich mit ihrem Schreiben vom 1. Dezember 1997 an die Beklagte und forderte diese zur Erstattung der Aufwendungen aufgrund der Entscheidung des AG auf (damalige Höhe 26 624,41 DM). Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte, erläuterte die Klägerin u.a., die Entscheidung des AG (zu 2.) sei zu Unrecht ergangen. Denn während im Wege des Quasisplitting Rentenanwartschaften lediglich aus Anrechten gegenüber öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgern begründet werden könnten, sei am 14. Juni 1984 im vorliegenden Fall eine Entscheidung zu einem Anrecht (Betriebsrente) gegenüber einem privatrechtlichen Verein ergangen, der hiesigen Beklagten. Die falsche Entscheidung über die Art der Durchführung des Versorgungsausgleichs (Quasisplittung statt schuldrechtlicher Versicherungsausgleich) sei jedoch für alle Beteiligten verbindlich, neben den betroffenen Ehegatten auch für die Versicherungs- und Versorgungsträger.

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Das Sozialgericht (SG) hat die am 16. April 1999 erhobene und auf einen Erstattungsbetrag von nunmehr 32 279,13 DM (bezogen auf den Zeitraum Januar 1992 bis Dezember 1997) gerichtete Klage mit seinem Urteil vom 27. November 2002 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, der als Anspruchsgrundlage einzig heranzuziehenden Vorschrift des § 225 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI sei in Verbindung mit den §§ 1587a, 1587b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu entnehmen, dass lediglich öffentlich-rechtliche Versorgungsträger verpflichtet sein könnten. Als eingetragener Verein und juristische Person des Privatrechts könne die Beklagte unter keinen Umständen Verpflichtete eines Anspruchs aus § 225 SGB VI sein. Angesichts der somit bereits fehlenden materiellen Berechtigung der Klägerin brauche über die von der Beklagten hilfsweise geltend gemachte Einrede der Verjährung nicht entschieden zu werden.

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Gegen das ihr am 16. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer am 7. Februar 2003 eingegangenen Berufung. Zu deren Begründung trägt sie u.a. vor, der Zweck des Erstattungsverfahrens im Anschluss an die Begründung von Versorgungsanwartschaften treffe auch im vorliegenden Fall zu. Denn unabhängig von der Rechtsform des Versorgungsträgers, bei dem der Ausgleichspflichtige die Anwartschaften erworben habe, seien an den übernehmenden Träger keine Beiträge abgeführt worden. Der Gesetzgeber habe das Quasisplitting stets mit einem späteren Erstattungsverfahren verbunden, um Beitragsabführung und Leistungsgewährung nicht endgültig auseinander fallen zu lassen. Wenn er die Durchführung des Erstattungsverfahrens bei öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgern als bei vertretbarem Aufwand sichergestellt angesehen habe, bedeute das nicht, dass privatrechtlich organisierte Versorgungsträger von der Erstattung befreit sein könnten. Auch gebiete es das Prinzip der Kostenneutralität, den Rentenversicherungsträger umfassend so zu stellen, dass ihm aufgrund des Ausgleichs zwischen den Ehegatten keine Aufwendungen ohne entsprechende Gegenleistung entstünden. Jedenfalls dürfe er nicht abschließend mit Leistungspflichten belastet bleiben, denen keine entsprechenden Einnahmen gegenüber stünden (Bezugnahme auf die BSG-Urteile vom 29. September 1998, Az: B 4 RA 14/98 R sowie vom 9. November 1999, Az: B 4 RA 16/99 R ).

6

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 27. November 2002 aufzuheben und

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten zu erstatten, die durch Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von 244,87 DM (bezogen auf den 28. Februar 1979) auf dem Konto der M., geborene N. (Versicherte) entstanden sind und noch entstehen.

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Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

9

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt, dass der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten ebenso verwiesen wie auf den Inhalt der bei der Klägerin über die Versicherte geführten Rentenakte.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, §§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG). Über sie konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise zuvor einverstanden erklärt hatten, §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG.

12

Die Klägerin hat ihre Klage zutreffend als allgemeine Leistungsklage, § 54 Abs. 5 SGG, vor dem SG Braunschweig als dem Gericht erhoben, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, § 57 Abs. 1 Satz 2 SGG.

13

Die Berufung war als in der Sache unbegründet zurückzuweisen. Denn das SG hat zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen der als Grundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch zunächst in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 225 SGB VI verneint. Ebenso wenig kann das Begehren der Klägerin auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gestützt werden. Auf die Fragen, ob ein etwaiger Anspruch der Klägerin verjährt ist und ob vorrangig der Rechtsstreit um Korrektur des Beschlusses vom 14. Juni 1984 oder aber ein zivilgerichtliches Erstattungsverfahren zu betreiben ist, brauchte vom Senat nicht eingegangen zu werden.

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Gemäß § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden die Aufwendungen eines Trägers der Rentenversicherung (hier der Klägerin) aufgrund von Rentenanwartschaften, die durch die Entscheidung eines Familiengerichts begründet worden sind (hier die anteilige Rente der Versicherten; gemäß § 1587b Abs. 2 BGB begründete Anwartschaften im Umfang von 9,2983 Entgeltpunkten von insgesamt 28,5569 Entgeltpunkten), von dem zuständigen Träger der Versorgungslast erstattet.

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Ein Anspruch der Klägerin aus § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf Zahlung (bezogen auf anteilige Rentenleistungen ab dem Kalenderjahr 1992 bis zu einem nicht feststehenden Zeitpunkt - Tod der Versicherten) ist aber deshalb nicht gegeben, weil sich die dort geregelte Erstattung ausschließlich gegen öffentlich-rechtliche Versorgungsträger richtet und weil die Beklagte kein solcher, sondern ein eingetragener Verein und damit eine juristische Person des Privatrechts ist. Der in personaler Hinsicht begrenzte Anwendungsbereich ergibt sich zwar nicht zwingend allein aus dem Wortlaut des § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, jedoch unter Einbeziehung der in dieser Norm in Bezug genommenen zuständigen Träger der Versorgungslast, aus deren Leistungsverpflichtungen (gegenüber den Versorgungsempfängern) durch die Familiengerichte im Wege des Quasisplittings Rentenanwartschaften begründet werden können. Als erstattungspflichtige Versorgungsträger kommen danach lediglich Träger einer beamtenrechtlichen oder beamtenähnlichen Versorgungslast, § 1587b Abs. 2 BGB, sowie öffentlich-rechtliche Versorgungsträger i.S. des § 1 Abs. 3 Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) in Betracht (so ausdrücklich etwa Polster in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 225 SGB VI Rdnr. 6). Das in § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Bezug genommene Quasisplitting ("Begründung" von Rentenanwartschaften) bezieht sich auf die zu Lasten der Beamtenversorgung eines Ausgleichsverpflichteten und zu Gunsten eines Ausgleichsberechtigten entstehende Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Rentenanwartschaften sind nach § 1587b Abs. 2 BGB zu begründen, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte in der Ehezeit ein "Mehr" an Anwartschaften auf beamten- oder beamtenähnliche Versorgung allein oder zusammen mit Rentenanwartschaften hat als der ausgleichsberechtigte Ehegatte. Dabei zählen beim Ausgleichspflichtigen bei den beamten- oder beamtenähnlichen Versorgungen nur solche mit, die er gegenüber einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, einem ihrer Verbände einschließlich der Spitzenverbände oder einer ihrer Arbeitsgemeinschaften erworben hat. Aus der Rechtsentwicklung ergibt sich nämlich, dass damit die öffentlichen Stellen betroffen sein sollen, die früher in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw. in § 8 Abs. 1 AVG genannt waren. Denn auf diese Vorschriften wurde in der früheren Fassung des § 1587b Abs. 2 BGB ausdrücklich verwiesen. Seitdem das AVG ab dem 1. Januar 1992 durch das SGB VI ersetzt wurde, finden sich die angesprochenen Personenkreise in § 5 Abs. 1 SGB VI (Versorgungsanwartschaften der Beamten des Bundes, der Länder oder sonstiger Gebietskörperschaften, anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Anwartschaften der Richter und Soldaten, Anwartschaften auf lebenslängliche Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder kirchenrechtlichen Regelungen von Personen, die bei Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts usw. beschäftigt sind).

16

Während die Leistungen, die der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aus den beamtenrechtlich begründeten Rentenanwartschaften zu erbringen hat, von einem öffentlich-rechtlichen Träger der Versorgungslast ohne weiteres übernommen werden, ist die Erstattung nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei privatrechtlichen Trägern nicht als in jedem Fall durchsetzbar anzusehen. Der Gesetzgeber sah im Hinblick auf die Konkursunfähigkeit öffentlich-rechtlicher Rechtsträger lediglich bei diesen sichergestellt, dass der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers dauerhaft, also jeweils für die Dauer der Rentenzahlungen, erfüllt werden kann (Klattenhoff in: Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch VI Band 2, K § 225 Rdnr. 13; vgl. zum Vorstehenden einschließlich des vorangegangenen Absatzes Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, heute DRV Bund, § 1587b BGB Anmerkung 2.2).

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Die gesetzliche Regelung (Anspruch des Rentenversicherungsträgers lediglich gegen einen öffentlich-rechtlichen Träger einer Versorgungslast) fügt sich in die Systematik der Formen des Versorgungsausgleichs. Nur in den Fällen der Beteiligung öffentlich-rechtlicher Träger der Versorgungslast sollen überhaupt auf Seiten des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers Anwartschaften begründet werden (s.o.). Dem gegenüber hat in einer Konstellation wie der vorliegenden der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich überhaupt keinen Anlass, einen Ausgleichsanspruch zu erheben. Denn ein Splitting bzw. Quasisplitting (Übertragung bzw. Neubegründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung) findet überhaupt nicht statt. Vielmehr werden die Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung ohne Beteiligung der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen den geschiedenen Ehegatten ausgeglichen (Begründung eines Anrechts außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Familiengericht - Realteilung -, § 1 Abs. 2 VAHRG; gerade nur bei betrieblicher Altersversorgung seitens eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers so genanntes analoges Quasisplitting, § 1 Abs. 3 VAHRG; schließlich erweiterte Formen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß § 3b Abs. 1 VAHRG und nachrangiger schuldrechtlicher Versorgungsausgleich gemäß § 2 VAHRG; vgl. Maier/Michaelis, a.a.O., § 1587a BGB Anm. 4.2 aE).

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Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin im Sinne einer gerechten Lastenverteilung in den Stand zu setzen sein sollte, den bei der Beklagten in Gestalt eigener ersparter Versorgungsleistungen entstandenen Vorteil abzuschöpfen. Jedoch fehlt es dafür an einer Anspruchsgrundlage auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Voraus zu schicken ist dabei, dass die Prüfung anderer Anspruchsgrundlagen nicht von vornherein durch § 225 SGB VI als Spezialnorm ausgeschlossen ist. Denn § 225 SGB VI kann andere Anspruchsgrundlagen nur insoweit verdrängen, als überhaupt der sachliche Regelungsbereich betroffen ist. Hier fehlt es dabei deshalb daran, weil sich § 225 SGB VI lediglich an öffentlich-rechtliche Versorgungsträger richtet.

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Die somit in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, die aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts hergeleitet wird, setzt im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte Leistungen oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen voraus. Für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB), wobei sich beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes des Ausgleichs rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen darstellen. Es lässt sich bei alledem keine einheitliche Regel dafür aufstellen, wann eine Bereicherung gerechtfertigt oder aber ungerechtfertigt ist. Allgemein anerkannt ist lediglich, Leistungen der Rückforderung zu unterwerfen, die zum Zwecke der Erfüllung einer in Wirklichkeit gar nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden sind (vgl. Sprau in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 65 Auf. 2006, § 812 BGB Rdnr. 68; BSG-Urteil vom 03.08.2006, Az.: B 3 KR 6/06 R )

20

In der hier gegebenen Konstellation fehlt es bereits an einer (den Rechtsweg und) den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ermöglichenden öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung. Zwar kann der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auch zwischen Sozialleistungsträgern und Bürgern bzw. Privatrechtssubjekten eingreifen, allerdings nur dann, wenn die dem Erstattungsanspruch zugrunde liegende Leistung bewusst und zweckgerichtet als öffentlich-rechtliche erbracht worden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 51 SGG Rdnr. 11a mwN). Hier ist dies aber gerade nicht der Fall. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch stellt sich nicht als Kehrseite der an die Versicherte erbrachten, auf der übertragenen Anwartschaft beruhenden Rentenleistungen dar, vielmehr geht es der Klägerin darum, die durch das fehlerhafte familiengerichtliche Urteil auf ihrer Seite entstandene und nicht aus früherer Beitragsleistung gerechtfertigte Belastung auf den entlasteten und vor dem Hintergrund der früheren Beitragseinnahmen zu Unrecht bereicherten Träger abzuwälzen. Da kein öffentlich-rechtliches Sonderrecht existiert, das die Rechtsbeziehungen der Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits regeln würde (weder Rechtsnormen im Interesse der Gesamtheit noch Sonderrecht des Staates oder eines anderen Trägers öffentlicher Aufgaben) und zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits auch kein Verhältnis der Über- bzw. Unterordnung besteht, ist die Klägerin auf den Privatrechtsweg zu verweisen. Dafür spricht, dass sie anteilig eine privatrechtliche Versorgung übernommen hat und es im Übrigen bei der Frage nach Rechtsweg und Rechtsnatur bezüglich des Erstattungsanspruchs keine Rolle spielt, dass ein Rechtsakt öffentlicher Gewalt in Gestalt des familiengerichtlichen Urteils dafür den Anlass gegeben hat (vgl. zu den Abgrenzungsfragen, insbesondere den Versuchen, die Rechtsverhältnisse im Wege der Sonderrechtstheorie, Interessentheorie bzw. Subjektionstheorie als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich einzuordnen Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 51 RdNrn. 3 bis 4a).

21

Aus dem Umstand der fehlerhaft ergangenen familiengerichtlichen Entscheidung vom 14. Juni 1984 ergibt sich - weder isoliert noch i.V.m. § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI noch i.V.m. einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - etwas anderes. Denn die Entscheidung entfaltet Rechtskraft lediglich in Bezug auf die Begründung von Rentenanwartschaften zu Gunsten der Versicherten. Hingegen erstreckt sich die Rechtskraft nicht auf den erst nachfolgenden Erstattungsanspruch (vgl. zu den Rechtskraftwirkungen in diesem Zusammenhang Klattenhoff a.a.O. Fußnote 27 zu Rdnr. 14 m.w.N.).

22

Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bereits im Hinblick auf die Rechtsform der Beklagten scheitert, brauchte auf die Frage nach einer etwaigen Verjährung nicht eingegangen zu werden.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass das seit dem 2. Januar 2002 geltende - neue - Kostenrecht (Erhebung von Gerichtskosten, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG privilegierten Personen gehört) nur für solche Rechtsstreite gilt, die erst ab dem Inkrafttreten rechtshängig geworden sind. Für bereits vorher rechtshängige Verfahren gilt - für alle Instanzen, auch wenn ein Rechtsmittel erst nach dem 1. Januar 2002 eingelegt worden ist - noch die alte Fassung des § 183 SGG (Kostenfreiheit).

24

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Erstattungspflicht der nicht öffentlich-rechtlich organisierten Rechtssubjekte nach § 225 Abs. 1 Satz 1 - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. In seiner Entscheidung vom 29. September 1998 (Az: B 4 RA 14/98 R) hatte das BSG lediglich über die Beitragszahlungspflicht in den so genannten Bagatellfällen des § 225 Abs. 2 SGB VI zu befinden und den Fall in Erwägung zu ziehen, dass bei späterer Änderung der familiengerichtlichen Entscheidung ein Erstattungsverfahren nach § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Betracht kommt. Bezüglich der Betriebsrenten hieß es zwar, die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gehöre als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts zum überschaubaren Kreis der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger, auf die das Erstattungsverfahren im Interesse der gesetzlichen Rentenversicherung bewusst beschränkt worden sei, um eine Durchführung mit vertretbarem Aufwand zu gewährleisten (Bezugnahme auf Bundestags-Drucksache 9/2296, Seite 12 sowie Schmeiduch, Beiträge an Stelle einer Erstattung der Aufwendungen nach einem Quasisplitting im Versorgungsausgleich, amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1989, Seite 185), das BSG hatte aber nicht über den Fall eines privatrechtlichen Versorgungsträgers zu entscheiden.