Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 09.03.2007, Az.: L 13 SO 6/06 ER
Anspruch auf Eingliederungshilfe von Kindern und Jugendlichen bei einer Abweichung der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand; Möglichkeit der Erhöhung des Stundenkontingents eines Integrationshelfers; Übernahme der Kosten für eine störungsspezifische Einzelfallbehandlung im Autismus- Therapiezentrum; Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft; Anspruch auf Übernahme von Kosten für einen Integrationshelfer aus der Regelung über die Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 09.03.2007
- Aktenzeichen
- L 13 SO 6/06 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 30631
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0309.L13SO6.06ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 24.10.2006 - AZ: S 2 SO 187/06 ER
Rechtsgrundlagen
- § 86b Abs. 2 S. 2 SGG
- § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII
- § 35a Abs. 1 S. 1 SGB VIII
- § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII
Fundstellen
- Jugendhilfe 2007, 218
- NVwZ-RR 2007, 538-540 (Volltext mit amtl. LS)
- info also 2007, 280 (Kurzinformation)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, gehen grundsätzlich den Leistungen nach dem SGB VIII vor. Dagegen sind Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII vorrangig, wenn bei einem jungen Menschen eine seelische Behinderung im Sinne von § 3 der Eingliederungshilfeverordnung vorliegt.
- 2.
Die Erkrankung an dem Asperger-Syndrom ist dem Bereich der seelischen Behinderung zuzuordnen.
- 3.
Soll im Eilverfahren durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erhöhung des Stundenkontingents einer Integrationshelferin erreicht werden, muss die Notwendigkeit der sofortigen Erhöhung des spezifischen Förderungsbedarfs substantiiert dargelegt werden.
- 4.
Solange nicht die Überweisung eines Kindes in die Sonderschule erfolgt ist und es bei der Zuweisung des Kindes an die Grundschule verbleibt, hat der Träger der Sozial- und Jugendhilfe daran seinen Hilfeumfang für das Kind zu orientieren. Die Eltern brauchen sich nicht entgegen halten lassen, sie müssten sich vorrangig um sonderpädagogische Förderungsleistungen durch die Schulverwaltung bzw. den Schulträger bemühen.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 24. Oktober 2006 geändert.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Erhöhung des Stundenkontingents seiner Integrationshelferin, deren Kosten der Antragsgegner bislang übernimmt.
Der im August 1998 geborene Antragsteller ist behindert. Ihm wurde mit Wirkung ab Januar 2002 von der Versorgungsverwaltung das Merkzeichen "H" und ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt. Im Sommer 2005 wurde bei ihm eine motorische Ticstörung und das Vorliegen eines Asperger- Syndroms, einer leichteren Variante autistischer Störungen, die mit normaler Intelligenz- und Sprachentwicklung einhergeht, aber Probleme im Sozialverhalten hervorruft, diagnostiziert (kinder- und jugendpsychiatrischer und psychologischer Bericht des Klinikums der I. vom 17. August 2005). Vor Beginn des Schuljahres 2004/2005 wurde er noch bei der örtlich zuständigen öffentlichen Grundschule J. zur Schuleingangsuntersuchung vorgestellt, jedoch nach einer mündlichen Auskunft von dort nicht weiter auf einen sonderpädagogischen Förderbedarf überprüft, da eine Aufnahmebescheinigung für die private Grundschule in freier Trägerschaft mit einer Orientierung an der Montessori-Pädagogik vorgelegt wurde, die der Antragsteller seitdem - nunmehr im dritten Schuljahr 2006/2007 - besucht. Am 9. Februar 2005 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für seine störungsspezifische Einzelfallbehandlung im Autismus- Therapiezentrum K. (später im Autismus-Therapiezentrum L.) im Umfang von zwei Stunden wöchentlich. Diesem Antrag gab der Antragsgegner mit Bewilligungsbescheiden vom 22. April und 29 September 2005 sowie mit Änderungsbescheid vom 23. März 2006 betreffend Leistungen im Zentrum in Oldenburg statt. Diesen Entscheidungen lag eine Stellungnahme des Amtsarztes des Antragsgegners vom 6. April 2005 zugrunde, in der vom Vorliegen einer speziellen Form des Autismus, dem Asperger- Syndrom, und infolge dessen einer seelischen Entwicklungsstörung gesprochen wird.
Am 7. Juli 2005 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten einer Integrationshelferin während seines Besuchs der privaten Grundschule. Er führte dazu aus, dass er während des Unterrichts einer Person bedürfe, die für ihn die Umwelt filtere, strukturiere, überschaubar und verständlich mache und seine Kontakte zu den Mitschülern und zu den Lehrern vermittele. Denn seine spezifische Behinderung stehe einem normalem kindlichen Schulverhalten entgegen, so dass er einer pädagogischen Unterstützung bedürfe. Der Antragsgegner holte daraufhin eine Stellungnahme des in seinem Gesundheitsamt tätigen Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie ein, die dieser unter dem 8. September 2005 erstellte und dabei den kinder- und jugendpsychiatrischen und psychologischen Bericht des Klinikums der I. vom 17. August 2005 mit den Diagnosen Asperger- Syndrom und motorische Ticstörung einbezog. In diesem Bericht wird eine seelische Behinderung des Antragstellers im Sinne von § 35 a des Kinder- und Jugendhilfegesetzes angesprochen. Zum zeitlichen Umfang empfahl der Amtsarzt zehn Stunden wöchentlich als Integrationshilfe neben der zwei Stunden wöchentlichen Therapie im Autismus- Zentrum. Daraufhin bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. September 2005 dem Antragsteller Integrationshilfe im Umfang von zehn Stunden wöchentlich während des Besuchs der privaten Grundschule und führte dazu als Rechtsgrundlage die Vorschriften der Eingliederungshilfe nach den §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) an. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. In der Folgezeit wurde die Integrationshilfe durch eine Heilpädagogin, die bei der privaten Grundschule angestellt ist, erbracht und die zehn Stunden wöchentlich in Höhe von 16,96 EUR pro Stunde zwischen Schule und Antragsgegner direkt abgerechnet. Das Autismus- Zentrum L. erstellte unter dem 21. März 2006 einen Therapiebericht (Berichtszeitraum: Oktober 2005 - Februar 2006), in dem es u.a. heißt:
"Im Schulalltag nimmt M. nach Aussage von Frau N., der Klassenlehrerin, und Frau O., der Heilpädagogin, die als Integrationsfachkraft mit M. arbeitet, eine besondere Stellung ein. Durch die Montessori- Pädagogik, die einen Schwerpunkt auf die individuelle Lernförderung setzt, werden die Probleme 'Absonderung' und 'Folgen von Spezialinteressen' verringert und die Besonderheiten gut integriert.
Bei Gruppenarbeiten oder allgemeinem Ansprache eines Frontalunterrichts fällt es M. äußerst schwer, seine Bedürfnislage anzupassen. Fremdbestimmungen empfinde er als Belastung, der er mit weinen oder verbaler Abwehr begegne. Durch die individuelle Ansprachemöglichkeit der Heilpädagogin habe sich das Problem leicht vermindert. Die Dominanz und Lautstärke von M. sei zurückgegangen.
Im Zusammenleben mit den Mitschülern sind bestimmte Verhaltensweisen von problematischer Wirkung. So wandten die Kinder sich durch den Gebrauch von Schimpfwörtern und negativistischer Sprachinhalte (Beispiel: Sozialpartnern den Tod wünschen) von M. ab. Er konnte durch die Beobachtungsanleitung der Pädagogen die Reaktionsweise der Kinder nachvollziehen und hat nach Aussage der Lehrerinnen jetzt mehr Kontrolle über seine Ausdrucksweise entwickeln können.
Es gehört zum Krankheitsbild, dass das Kind mit Asperger- Syndrom die Belange der Umwelt bestimmen will. So fällt es M. schwer, im Verlauf eines Tages Wartepositionen einzunehmen. Die Lehrer wurden in der Systematik des TEACCH- Ansatzes eingeführt, der M. helfen kann, Zeitstrukturen zu übersehen und Handlungsabläufe besser abzuschätzen.
Die Wahrnehmungsstörungen von M. bestimmen seinen Schulalltag. Er sei fixiert auf Reizsuche, z.B. auf optische, akustische und propriozeptive Reize, so sei seine Aufmerksamkeit nur schwer unter Einflussnahme eines Erwachsenen auf die vorgegebene Aufgabenerfüllung zu lenken. Frau O. hat bestimmte Zeiten mit M. eingerichtet, um entsprechend der Notwendigkeit der Behandlung der Wahrnehmungsstörung zu agieren."
Unter dem 19. Mai 2006 erstellte die Integrationshelferin des Antragstellers über ihn einen umfangreichen Entwicklungsbericht, in dem es u.a. heißt:
"Im Unterricht beteiligt er sich aktiv und bringt sein Wissen passend zum Thema detailliert mit ein. Allerdings fällt es ihm schwer, sein Wissen der Situation angemessen einzubringen: d.h. nach Fragestellung des Lehrers beginnt er ohne Meldung, Aufforderung oder Rücksichtnahme zu reden. Bei diesen Wortbeiträgen findet er oftmals ohne Einschreiten des Lehrers oder der Integrationshilfe kein Ende. Es fällt ihm schwer abzuwarten und seine Bedürfnisse zurückzunehmen, wobei sich auch hier schon kleine Erfolge zeigen. Bei der persönlichen Ansprache (Interaktion) seitens der Lehrer, der Kinder und anderer Personen, die mit ihm zu tun haben, reagiert er meist erst nach mehrmaliger Ansprache. Erst bei der Aufforderung, sich einem mit Blickkontakt zuzuwenden, ist es möglich, sich mit ihm zu unterhalten, ihm Aufgaben zu geben oder ihn auf etwas aufmerksam zu machen. M. ist im gesamten Auftreten ein eher ruhig wirkender Junge ... Im Allgemeinen zeigt er eine hohe Ausdauer, Konzentration und Motivation beim Lernen. Auch bei neuen Aufgaben im Unterricht zeigt er bisweilen Neugierverhalten und bei Unwissenheit sucht er sich Hilfe bei einem Lehrer, wobei er die Notwendigkeit der Hilfe nicht als Frage, sondern als Forderung formuliert Schwierigkeiten tun sich in seinem Verhalten auf, wenn er z.B. begonnene Arbeiten beenden muss oder diese auf späteren Zeitpunkt verschieben soll und sich an bestimmte Regeln halten muss (aufräumen, den Arbeitsplatz organisieren etc.). In solchen Situationen reagiert er meist verbal wütend, laut sprechend, aggressiv schreiend, weinend, verlässt die Räumlichkeiten oder reagiert mit angreifenden körperlichen Aktionen, wie zuhauen, schubsen etc. Zwar hat sich sein Verhaltensmuster in solchen Situationen schon verbessert, aber es bedarf weiterer dringender fachlicher Begleitung um Arbeit, um die bislang erzielten Erfolge zu manifestieren und auszubauen."
Dieser Bericht schließt mit der Empfehlung, dass eine zeitliche Erhöhung des Stundenumfangs der Integrationshilfe für den Antragsteller dringend notwendig sei, um die bereits erzielten Fortschritte weiter auszubauen und zu stabilisieren. Weiter enthält der Bericht den Hinweis, dass gegenwärtig fünfzehn Stunden wöchentlich Integrationshilfe geleistet würden, von denen zwei Drittel dem Antragsgegner in Rechnung gestellt würden, während ein Drittel von den Eltern M. s finanziell getragen würde.
Am 13. Juni 2006 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Erhöhung der Integrationshilfe auf bis zu zwanzig Stunden wöchentlich. Dabei führten die Eltern de Antragstellers aus, dass es ihm aufgrund der bislang vorgenommenen Stundenbegrenzung nicht möglich sei, am Schwimm- und Reitunterricht teilzunehmen. Auch zeige sich in den Stunden, in denen die Integrationshelferin nicht zur Verfügung stehen, dass es mitunter zu einer Eskalation seines Verhaltens im Unterricht komme, die den Unterricht der übrigen Kinder erheblich störe. Daraufhin nahm auf Veranlassung des Antragsgegners eine Mitarbeiterin seines Gesundheitsamtes am 28. Juni 2006 eine Hospitation in der Schulklasse des Antragstellers vor. In dem darüber gefertigten Vermerk vom 4. Juli 2006 heißt es u.a.:
"Zusammenfassende Einschätzung unter Einbezug der oben geschilderten Eindrücke ist aus pädagogischer Sicht festzustellen, dass M. P. zumindest phasenweise individuelle Hilfestellungen benötigt, um am Unterrichtsgeschehen teilhaben zu können. Es ist davon auszugehen, dass sonderpädagogischer Förderbedarf besteht. Unterstützung ist insbesondere von Nöten, um seine impulsiven Durchbrüche abzufangen und um ihn in unübersichtlichen Situationen zu orientieren. Grundsätzlich erscheint eine Beschulung in der Q. R. möglich. Dabei ist in jedem Fall eine stundenweise individuelle Begleitung und Förderung ausreichend, zumal M. sich bei bekannten, klar vorgegebenen Rahmenbedingungen oft selbständig orientieren und organisieren kann."
Nach einer Untersuchung des Antragstellers nahm die Amtsärztin des Antragstellers unter dem 14. Juli 2006 Stellung und führte aus, dass der Antragsteller einer Betreuung über den Gesamtzeitraum des Unterrichts nicht bedürfe. Vielmehr reiche eine zeitweilige intensive Betreuung im bisher genehmigten Umfang aus. Zusätzlich wurde bemerkt, dass für den Antragsteller eine sonderpädagogische Schule im Gebiet des Antragsgegners zur Verfügung stehe. Unter dem 21. Juli 2006 teilte die Rektorin der vom Antragsteller besuchten Schule dem Antragsgegner mit, dass es durchaus immer wieder Situationen gegeben habe, in denen der Antragsteller wiederholt zwei Lehrkräfte durch sein Verhalten so gebunden habe, dass die übrigen 35 Kinder aus zwei Klassen völlig verstört ohne Betreuung zu sein drohten. Daher sei eine Integrationshilfe von 35 Stunden pro Woche durch eine Heilpädagogin erforderlich, um ihn optimal zu beschulen.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2006 erklärte sich der Antragsgegner bereit, weiterhin Integrationshilfestunden im Umfang von zehn Stunden wöchentlich zu übernehmen, und lehnte eine Erhöhung der Stunden darüber hinaus ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach den Feststellungen des Gesundheitsamtes eine stundenweise individuelle Begleitung und Förderung ausreichend sei. Soweit darüber hinaus sonderpädagogischer Förderungsbedarf bestehe, müsse dieser entweder von der betreffenden Schule geleistet oder durch einen Schulwechsel in eine geeignetere Schule sichergestellt werden. Die Leistungen wurden zunächst bis zum 18. Juli 2007 befristet. Dagegen legte der Antragsteller am 11. August 2006 Widerspruch ein und führte aus, dass eine detaillierte Begründung dann gegeben werden solle, sobald die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs abgeschlossen sei. Am gleichen Tag kam es zu einer Besprechung, an der die Eltern des Antragstellers, der Landrat und verschiedene Mitarbeiter des Antragsgegners, ein Vertreter der Landesschulbehörde, die Rektorin der vom Antragsteller besuchten privaten Grundschule und eine Mitarbeiterin des Autismustherapie- Zentrums S. teilnahmen. Nach einem darüber am gleichen Tage von einer Mitarbeiterin des Antragsgegners gefertigten Vermerk sei es das Ergebnis dieses Gesprächs gewesen, zunächst eine Überprüfung des sonderpädagogischen Bedarfs des Antragstellers durch einen entsprechenden Antrag der Schule bei der Landesschulbehörde und dessen Ergebnis abzuwarten, bevor eine Änderung der Stundenzahl bei der Integrationshilfe ins Auge gefasst werden solle.
Am 14. August 2006 teilte der Antragsteller mit, dass er nunmehr keinen Anlass sehe, seinen sonderpädagogischen Förderbedarf feststellen zu lassen. Aufgrund seiner Hochbegabung sei er in der Lage, problemlos dem Unterricht zu folgen, und benötige lediglich eine Schulbegleitung für die kritischen sozialen Situationen zwischen ihm und den übrigen Schülern sowie den Lehrern. Er erwarte eine Stattgabe seines Erhöhungsantrags bis zum 17. August 2006. Am 20. August 2006 unterrichtete die Leiterin der privaten Grundschule den Antragsgegner im Hinblick auf das Gespräch am 11. August 2006 davon, dass der Schulträgerverein die Integrationshelferin für den Antragsteller und ein anderes autistisches Kind fest mit einem Arbeitsvertrag eingestellt habe und die Schule wegen ihrer Neugründungssituation erhebliche finanzielle Lasten im Vergleich mit Schulen in öffentlicher Trägerschaft zu tragen habe. Unter dem 22. August 2006 teilte die Schulleiterin der Landesschulbehörde mit, dass sie sich habe rechtlich beraten lassen und sie deswegen keinen Anlass sehe, dass Verfahren auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs mit Eile und dringlich zu führen. Denn nach ihrer Kenntnis bestehe der Leistungsanspruch nach dem SGB XII völlig losgelöst von den Regelungen des Schulrechts.
Nach erfolgter Anhörung wies der Antragsgegner den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2006 als unbegründet zurück und führte dazu aus, dass der Umfang der zuerkannten Integrationshilfe ausreichend sei. Soweit eine sonderpädagogische Förderung durch die Integrationshelferin beabsichtigt sei, seien vorrangig Hilfeleistungen nach dem Schulrecht in Anspruch zu nehmen. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 18. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben, über die bislang - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist (Aktenzeichen: S 2 SO 224/06).
Bereits am 18. August 2006 hatte sich der Antragsteller an das SG Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Er hat dazu einen kinder- und jugendpsychiatrischen und psychologischen Bericht des Klinikums der I. vom 11. Juli 2006 vorgelegt, in dem es u.a. heißt, dass eine Integrationshilfe in der Schule im Umfang von mindestens zwanzig Stunden wöchentlich notwendig sei. Auch sollten die gegenwärtige Beschulung, die einzeltherapeutische Maßnahme im Autismuszentrum sowie die ergänzende Ergotherapie beibehalten werden. Der Antragsteller hat hierzu die Ansicht vertreten, nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen bestehe ein Anspruch auf Kostenübernahme für einen Integrationshelfer in diesem Umfang.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2006 hat das SG Oldenburg dem Begehren des Antragstellers teilweise statt gegeben und den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, längstens bis zum Ende des Schuljahres 2006/2007 Eingliederungshilfe im Umfang von drei Stunden schultäglich für den Einsatz eines Integrationshelfers an der vom Antragsteller besuchten Schule zu gewähren. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass sich entgegen der Ansicht des Antragsgegners der Bedarf an Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII nicht dadurch begrenze, dass möglicherweise eine andere Schulform - hier die Sonderschule - für den Antragsteller geeigneter sei. Denn es fehle an einer entsprechenden Zuweisungsentscheidung der Schulverwaltung. Daher komme es auf den Bedarf an, der sich - ohne Unterscheidung zwischen sonderpädagogischem Förderbedarf und Eingliederungshilfebedarf - als Integrationshilfe an der betreffenden, vom Antragteller bislang besuchten Schule ergebe. Auch fehle es für einen eventuell vorrangigen schulrechtlichen Anspruch gegen den Schulträger an einer anderweitigen bereiten Hilfemöglichkeit, da der Antragsteller insoweit den schulrechtlichen Antrag nicht gezielt verschleppt habe. Hinsichtlich des zugesprochenen Umfangs orientiere sich das SG an den in der Vergangenheit bislang tatsächlich erbrachten Leistungen im Umfang von drei Stunden schultäglich. Es sei nicht ersichtlich, dass wegen der Inanspruchnahme von fünfzehn Stunden Integrationshilfe statt zwanzig Stunden pro Woche für den Antragsteller gravierende Nachteile eingetreten seien, so dass lediglich in diesem Umfang die begehrte einstweilige Anordnung ergehen könne. Die Notwendigkeit einer Steigerung des Betreuungsbedarfes im Verhältnis zum letzten Schuljahr sei nicht glaubhaft dargetan worden.
Gegen diesen ihnen am 26. Oktober 2006 zugestellten Beschluss haben der Antragsteller am 10. November 2006 und der Antragsgegner am 16. November 2006 Beschwerden eingelegt, denen das SG nicht abgeholfen hat.
Der Antragsteller macht zur Begründung seiner Beschwerde geltend: Zu Unrecht sei ihm lediglich Eingliederungshilfe im Umfang von fünfzehn Stunden wöchentlich gewährt worden, da er durch die Bescheinigung des Klinikums der I. vom 11. Juli 2006 einen Betreuungsbedarf von zwanzig Stunden wöchentlich dargetan habe. Es sei verfassungsrechtlich geboten, eventuelle Zweifelsfragen im Sachverhalt nicht offen zu lassen, um dem Grundrecht auf angemessene Schulbildung Rechnung zu tragen. Ein Verweis auf einen sonderpädagogischen Förderbedarf nach dem Schulrecht sei nicht angebracht, da der Nachranggrundsatz in § 2 SGB XII lediglich eine Verpflichtung zur vorrangigen Antragstellung gegenüber Sozialleistungsträgern, nicht jedoch gegenüber der Landesschulbehörde enthalte.
Der Antragsgegner macht für seine Beschwerde geltend: Zwar sei es richtig, dass er an eine Entscheidung der Schulverwaltung über die Zuweisung eines schulpflichtigen behinderten Kindes an eine bestimmte Schule oder Schulart gebunden sei. Hier sei jedoch durch den Antragsteller bzw. seine Eltern oder die Schule wissentlich das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs verzögert worden. Wenn an der Ermittlung dieses Bedarfs von dem Antragsteller nicht mitgearbeitet werde, müsse insoweit der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe eingreifen. Wenn nunmehr von der Schule angekündigt worden sei, zum 15. Februar 2007 die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs für den Antragsteller bei der Landesschulbehörde zu beantragen, so fehle es aber offensichtlich noch an den erforderlichen Unterlagen, so dass die verzögerte Sachbehandlung durch den Antragsteller nicht zu Lasten des Antragsgegners gehen dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gem. den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Die ebenfalls zulässige Beschwerde des Antragstellers ist dem gegenüber unbegründet.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller nach Ansicht des Senats einen weitergehenden Anspruch auf zusätzliche Integrationshelferstunden, die über den mit Bescheid des Antragsgegners vom 25. Juli 2006 (i.d.F. d. Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006) anerkannten Umfang hinausgehen, nicht glaubhaft dargetan. Rechtliche Grundlage zur Beurteilung des Begehrens des Antragstellers ist das Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) und nicht das SGB XII (dazu unter 1.). Der Senat ist indessen an die unzutreffende Rechtswegbejahung im Beschluss der ersten Instanz gebunden (dazu unter 2.). Indessen hat der Antragsteller einen weitergehenden Umfang der ihm zustehenden Eingliederungsleistungen nach dem SGB VIII nicht glaubhaft dargetan (dazu unter 3.). Die grundsätzliche Vorrangigkeit der Förderungsleistungen durch die Schule steht dem Anspruch auf Jugendhilfe zur Zeit nicht entgegen (dazu unter 4.); schließlich ergeben sich aus den Regelungen zu vorläufigen Leistungen keine konkreten weitergehenden Ansprüche des Antragstellers (dazu unter 5.).
1.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers und des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschlusses ergibt sich der Anspruch auf Übernahme von Kosten für einen Integrationshelfer nicht aus der Regelung über die Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zwar insbesondere auch die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, die im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht durchgeführt wird. Hierbei gehören zum Personenkreis der Leistungsberechtigten, wie sie in § 53 Abs. 1 SGB XII im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 Satz1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) angesprochen sind, diejenigen behinderten Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher in ihrer Fähigkeit am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen beeinträchtigt sind. Ergänzend dazu wird der betreffende Personenkreis in den §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfeverordnung (in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1975, BGBl. I, Seite 434, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I, Seite 3022 (3059)) beschrieben. Dort sind körperlich wesentlich behinderte Menschen, geistig wesentlich behinderte Menschen und seelisch wesentlich behinderte Menschen angesprochen. Danach könnte das Begehren des Antragstellers nach diesen Vorschriften zu beurteilen sein. Indessen bestimmt § 10 Abs. 4 Satz 1 des SGB VIII (in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe vom 8. September 2005, BGBl. I, Seite 2729) dass die Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII vorgehen. Dahinter steht der Gedanke, die Jugendhilfeleistungen für nicht behinderte Kinder und Jugendliche und für behinderte Kinder und Jugendliche möglichst in einer Hand zusammen zu fassen und so auf den spezifischen erzieherischen Bedarf von behinderten Jugendlichen besser Rücksicht zu nehmen. Allerdings ist in § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII wieder eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthalten: Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, gehen den Leistungen nach dem SGB VIII vor. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass es bei dem in § 10 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII postulierten Vorrang der Jugendhilfe dann verbleibt, wenn eine seelische Behinderung im Sinne von § 3 der Eingliederungshilfeverordnung vorliegt; lediglich für diejenigen jungen Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, greifen die Vorschriften der Eingliederungshilfe des SGB XII direkt ein (vgl. Jans/Happe/Saurbier/Maas, KJHR, Stand: April 2005 § 10 Rdn. 57; Bieritz-Harder in: Hauck SGB VIII, Stand: Dezember 2005, § 10 Rdn. 33; Stäher, in: Hauck, a.a.O., § 35 a Rdn. 27).
Ausgehende von dieser Rechtslage spricht nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens vorliegend der gesamte Akteninhalt dafür, dass es sich beim Antragsteller um einen jungen Menschen mit einer seelischen Behinderung im Sinne von § 35 a SGB VIII handelt. Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Im vorliegenden Fall wurde bereits im Vermerk einer Mitarbeiterin des Antragsgegners vom 9. August 2005 festgehalten, dass beim Antragsteller eine seelische Entwicklungsstörung besteht. Dies wird bestätigt durch die im Verwaltungsverfahren vom Antragsteller vorgelegte Bescheinigung des Klinikums der I. vom 17. August 2005 ebenso wie durch die erst im gerichtlichen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorgelegte Bescheinigung derselben Stelle vom 11. Juli 2006. Auch dort ist ausdrücklich von § 35 a SGB VIII hinsichtlich der Behinderung des Antragstellers die Rede. Die Zuordnung des Asperger- Syndroms als eine leichtere, aber typische Form der Behinderung eines Kindes oder Jugendlichen durch den Autismus zum Kreis der seelischen Behinderungen wird auch in der Fachliteratur bestätigt (vgl. Remschmidt/Frese, Aktuelle Entwicklungen bei der sozialrechtlichen Zuordnung autistischer Störungen, SGb 2006, 410 [OVG Nordrhein-Westfalen 20.02.2002 - 12 A 5322/00] ff.). Ergänzend sei angemerkt, dass bei zahlreichen anderen Erkrankungen oder Behinderungen aus dem autistischen Formenkreis häufig zur seelischen Behinderung eine geistige und/oder körperliche Behinderung hinzutritt, die es wegen dieses Zusammentreffens rechtfertigt, den Hilfebedarf ausschließlich nach dem SGB XII zu beurteilen. Auch in der bisherigen Rechtssprechung wurde jeweils nach dem spezifischen Charakter der Behinderung danach unterschieden, ob die Eingliederungshilfe nach dem Jugendhilfe- oder dem Sozialhilferecht zu leisten ist (vgl. zur Eingliederungshilfe bei Autismus nach dem Jugendhilferecht: Nds. OVG, Urteil vom 24. April 1996 - 4 L 942/95 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Januar 2003 - 9 S 2199/02 -, DVBl 2003, 474; Beschluss vom 14. Januar 2003 - 9 S 2268/02 - NVwZ - RR 2003, 435; Nds. OVG, Beschluss vom 15. September 2005 - 12 ME 354/05 - FEVS 58, 33; Beschluss vom 23. Februar 2006 - 12 ME 474/05 - JAmt 2006, 200; VG Göttingen, Urteil vom 29. August 2006 - 2 A 184/05 -).
Beurteilt sich danach der Anspruch des Antragstellers dem Grunde nach nach § 35 a SGB VIII, so wäre der von ihm beschrittene Rechtsweg in der Sache unzulässig, da Entscheidungen über Jugendhilfeansprüche - nach wie vor - dem Verwaltungsrechtsweg zugewiesen sind.
2.
Indessen sieht sich der Senat an der an sich gebotenen Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Oldenburg gehindert, weil das SG in der Sache stillschweigend die Zulässigkeit des bestrittenen Rechtsweges bejaht und das Verfahren auf der Grundlage der Vorschriften des SGB XII entschieden hat. Denn nach § 17 a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtweg zulässig ist (vgl. Kissel/Mayer, GVG 4. Auflage § 17 Rdn. 48). Dies gilt in Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch bei Beschwerden über Eilentscheidungen, bindet allerdings nicht für ein Hauptsacheverfahren( vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Auflage, § 98 Rdn. 2 und 8 d; Roller in: Hk - SGG 2. Auflage, § 98 Rdn. 8).
3.
Gehört der Antragsteller zum Personenkreis derjenigen Kinder und Jugendlichen, denen Eingliederungshilfe wegen einer seelischen Behinderung nach § 35 a SGB VIII zu leisten ist, so bestimmt dazu Abs. 2 der Vorschrift, dass die Hilfe nach dem Bedarf im Einzelfall in ambulanter Form, und Abs. 3 der Vorschrift, dass sich die Art der Hilfeleistungen nach den §§ 53 Abs. 3 und 4 Satz 1, 54, 56 und 57 des SGB XII richtet, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch Behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohten Personen Anwendung finden. Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Hilfe sieht § 36 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII vor, dass zusammen mit dem Personensorgeberechtigtem und dem Kind oder Jugendlichen ein Hilfeplan aufgestellt werden soll, der Feststellungen über den Bedarf enthalten soll. Regelmäßig soll dabei geprüft werden, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Gem. § 36 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann übernehmen, wenn die Hilfeleistung auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird. Dazu bestimmt Abs. 3 Satz 1 dieser Vorschrift, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet ist, wenn bei selbst beschafften Hilfen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe vorher in Kenntnis gesetzt wurde, die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens einen Anspruch auf Leistungen zugunsten des Antragstellers, wie sie vorliegend über den Umfang von zehn Stunden wöchentlich hinausgehen, nicht zu erkennen. Allerdings spricht die jüngste Stellungnahme des Klinikums der I. vom 11. Juli 2006 davon, dass Leistungen im Umfang von mindestens zwanzig Stunden wöchentlich notwendig seien. Indessen fehlt es in dieser Bescheinigung an jeglicher nachvollziehbarer Begründung für diesen Umfang der Leistungen. Vielmehr wird der gegenüber der Bescheinigung vom 17. August 2005 signifikant erhöhte Bedarf - im August 2005 wurde noch ein Umfang von zwei Stunden wöchentlich als ausreichend angesehen - bei der Integrationshilfe lediglich mit der inhaltsleeren Formulierung begründet, ein Umfang von mindestens 20 Stunden wöchentlich sei auch notwendig, "um eine Eskalation der Problematik und damit notwendige stationäre Maßnahmen zu vermeiden". Weshalb bei dem Antragsteller trotz der in dem über ihn nun vorliegenden Berichte und Stellungnahmen festgestellten Fortschritte in seinem schulischen Verhalten eine Verdoppelung der Integrationshilfe im Vergleich zum Sommer 2006 notwendig sein soll, andernfalls vielmehr eine "Eskalation" oder sogar die Notwendigkeit einer stationären Behandlung drohen soll, dafür bleibt die Bescheinigung vom 11. Juli 2006 jegliche Begründung schuldig. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung dessen, dass andererseits der amtsärztliche Dienst des Antragsgegners, bei dem auch eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie beteiligt war, nach einer in der Schule erfolgten Hospitation und Anhörung der Eltern und des Kindes in der Stellungnahme vom 14. Juli 2006 zu der Schlussfolgerung kommt, dass zehn Stunden wöchentlich ausreichend seien, so kann der weitergehende Anspruch des Antragstellers nicht als überwiegend glaubhaft gemacht angesehen werden. Die beiden fachärztlichen Stellungnahmen stehen vielmehr so widersprüchlich nebeneinander, dass der Leistungsanspruch des Antragstellers nicht als überwiegend glaubhaft dargelegt angesehen werden kann, wobei auch dem soeben Ausgeführtem, der sorgfältig erarbeiteten (und auch näher begründeten) amtsärztlichen Stellungnahme nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand die größere Überzeugungskraft zukommt. Weiter kann auch der Stellungnahmen der Schule vom 21. Juli 2006 kann demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung eingeräumt werden. Denn sie beschäftigt sich mit allgemeinen Erörterungen der Finanzierung dieser Privatschule, ohne auf den spezifischen Förderungsbedarfs des Antragstellers substantiiert einzugehen.
Für den Senat bestand auch keine Veranlassung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens den Sachverhalt weiter aufzuklären. Schon der Eilcharakter dieses Beschwerdeverfahrens verbietet die Einholung eines notwendigerweise hier zeitaufwendigen Sachverständigengutachtens. Hiervon abgesehen ist es Aufgabe des anwaltlich vertretenen Antragstellers, will er den Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen, insbesondere den Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Misslingt die Glaubhaftmachung wie hier, so muss dies zum Misserfolg des Anordnungsbegehren führen. Schließlich lässt sich aus dem gesamten vorliegenden Streitmaterial auch nicht die Schlussfolgerung ziehen, die Steigerung der Integrationsleistungen von zehn Stunden auf zwanzig Stunden wöchentlich hätte keinen zeitlichen Aufschub geduldet. Allerdings ist es beim erzieherischen oder pädagogischen Bedarf von behinderten Kindern und Jugendlichen durchaus so, dass die vergangene Zeit nicht nachträglich später ohne weiteres ausgeglichen werden kann. Indessen kann allein die abstrakte Möglichkeit, ein höherer Bedarf an wöchentlichen Integrationsstunden sei beim Antragsteller gegeben, die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nicht ersetzen. Hinzu kommt, dass bald das laufende Schuljahr und der im angegriffenen Bescheid gekennzeichnete Bewilligungszeitraum beendet ist, so dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung für die Zukunft dem folgenden Verwaltungsverfahren und dem evtl. gerichtlichen Verfahren im zutreffenden Rechtsweg vorbehalten bleiben kann.
4.
Nur ergänzend wird vom Senat darauf hingewiesen, dass im Ergebnis gegenwärtig dem streitigen Anspruch vom Antragsgegner nicht entgegen gehalten werden kann, der Antragsteller bzw. seine Eltern müssten sich vorrangig um sonderpädagogische Förderungsleistungen durch die Schulverwaltung bzw. den Schulträger bemühen. Allerdings liegt die Behauptung des Antragstellers, der in § 2 Abs. 1 SGB XII genannte Nachrang der Sozialhilfe beziehe sich lediglich auf Leistungsansprüche gegenüber anderen vorrangigen Ansprüchen nach den Sozialgesetzbüchern, neben der Sache, denn der Wortlaut der Vorschrift gebietet eindeutig, dass Sozialhilfe derjenige nicht erhält, "wer sich selbst helfen kann". Damit werden vom Nachranggrundsatz des SGB XII auch vorrangige Leistungen nach dem Schulrecht erfasst. Eine Kommunalisierung der Aufgaben von Sonderschulen durch eine durchgängige integrative Unterrichtung behinderter Kinder in allgemeinen Schulen ist in der geltenden Rechtsordnung nicht vorgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997, BVerfGE 96/288 = NJW 1998, 131 [BVerfG 08.10.1997 - 1 BvR 9/97]; Beschluss vom 10. Februar 2006, NVwZ 2006, 679; a. A.: Castendiek/Hoffmann; Das Recht der behinderten Menschen, 2. A. Rdn. 321 ff.). Dass neben dem schulischen Bildungs- und Förderungsbedarf ergänzend ein Anspruch auf Eingliederungshilfe bestehen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09. Januar 2007 - L 7 SO 5701/06 ER-B), muss hier nicht weiter vertieft werden. Indessen fehlt es im vorliegenden Falle an einer ausdrücklichen Zuweisung des Antragstellers durch die Schulverwaltung an eine besondere Schule, in der er abweichend von der Regelschule beschult werden soll. Insofern entscheidet sich der vorliegende Streit von dem Fall der dem Urteil des OVG Bautzen vom 07. Dezember 2005 zugrunde lag (DVBl. 2006, S.856). Zutreffend wird im angefochtenen Beschluss durch das SG darauf hingewiesen, dass die Träger der Sozial- und Jugendhilfe solange an die Entscheidungen der Schulverwaltung gebunden sind, wie nicht ausdrücklich eine andere Zuweisung des Kindes nach § 68 des Niedersächsischen Schulgesetzes zu einer besonderen Schule erfolgt. Im vorliegenden Fall besucht der Antragsteller die Grundschule, die nur die Besonderheit aufweist, dass es sich um eine Schule in privater Trägerschaft mit einer eigenen pädagogischen Ausrichtung handelt. Der Antragsgegner hat daher bis auf Weiteres von einer Zuweisung des Antragstellers an eine Grundschule auszugehen und davon seinen Hilfeumfang zu orientieren. Ob die Schulverwaltung oder die Mitarbeiter der privaten Grundschule in hinreichendem Maße die schulrechtlichen Bestimmungen beachtet und möglicherweise Versäumnisse begangen haben, unterliegt nicht der Beurteilung des Senats. Jedenfalls ist die Überweisung in die Sonderschule nicht von einem Antrag des Antragstellers bzw. seiner Erziehungsberechtigten abhängig (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderungsbedarfs vom 1. November 1997, Nds. GVBl. S. 458 = SVBl. S 384). Ebenfalls kann die Überweisung in die Sonderschule nicht davon abhängig sein, dass nur zu bestimmten Zeiten derartige "Anträge" gestellt und bearbeitet werden könnten. Gegebenenfalls muss der Antragsgegner mit Hilfe der Rechts- und Fachaufsicht (vgl. § 167 Niedersächsisches Schulgesetz) sicherstellen, dass die Schulverwaltung zügig die Frage abklärt, ob ein Kind sonderpädagogischen Förderungsbedarf hat.
5.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich ein weitergehender Anspruch auf den hier streitigen Umfang der Integrationshelferstunden auch nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Denn diese Vorschrift hat lediglich die beschleunigte Zuständigkeitsklärung und eine vorläufige Kostenträgerschaft des zuerst angegangenen Leistungsträgers zum Ziel, während sie keine Maßstäbe für den Umfang einer begehrten Leistung aufstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).