Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.03.2005, Az.: 8 ME 6/05
Anordnungsgrund; Ausbildung; Ausbildungsverhältnisverzeichnis; Beteiligtenfähigkeit; GmbH i.G.; Umschulung; Umschulungsverhältnis; Umschulungsverhältnisverzeichnis; Umschulungsvertrag; Verzeichnis; Vorgesellschaft
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.03.2005
- Aktenzeichen
- 8 ME 6/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 50644
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 23.12.2004 - AZ: 12 B 4553/04
Rechtsgrundlagen
- § 31 BBiG
- § 32 BBiG
- § 47 BBiG
- § 42a HwO
- § 1 IHKG
- § 61 VwGO
- § 123 Abs 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zum fehlenden Anpruch einer als "GmbH i.G." auftretenden Gesellschaft, als Umschulungsbetrieb in ein von der IHK geführtes Verzeichnis von Umschulungsverhältnissen (vorläufig) aufgenommen zu werden.
Gründe
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts bleibt erfolglos.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist zulässig. Die Antragstellerin, die sich als GmbH i.G. bezeichnet, ist beteiligtenfähig im Sinne des § 61 VwGO. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin noch beabsichtigt, als GmbH in das Handelsregister eingetragen zu werden, oder diese Absicht aufgegeben hat. Verfolgt die Gesellschaft dieses Ziel weiterhin, so handelt es sich bei der Antragstellerin um eine sog. echte Vor-GmbH, für die bereits weitgehend GmbH-Recht anzuwenden ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 4.11.2002 - II ZR 204/00 -, BGHZ 152, 290 ff.; BFH, Urt. v. 7.4.1998 - VII R 82/97 -, BFHE 185, 356 ff., m. w. N.). Die echte Vor-GmbH ist daher jedenfalls nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar, § 61 Rn. 9). Verfolgen die Gründer hingegen nicht oder nicht mehr das Ziel, die Gesellschaft als GmbH in das Handelsregister einzutragen, so handelt es sich um eine sog. unechte Vorgesellschaft (vgl. BGH sowie BFH, a. a. O.). In diesem Fall unterliegt der Personenzusammenschluss dem Recht der OHG oder der BGB-Gesellschaft. Auch als solche ist die Antragstellerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch beteiligungsfähig. Für die OHG folgt dies aus § 61 Nr. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, § 61 Rn. 6), wonach die offene Handelsgesellschaft unter ihrer Firma vor Gericht klagen und verklagt werden kann. Als BGB-Gesellschaft ist die Antragstellerin jedenfalls im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 61 Nr. 2 VwGO insoweit beteiligtenfähig, als sie gegenüber der Antragsgegnerin als Umschulungsbetrieb Rechte geltend macht (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.8.2004 - 9 A 1/03 - unter Bezugnahme auf das zur Beteiligtenfähigkeit einer BGB-Gesellschaft (im Zivilprozess) grundlegende Urteil des BGH vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 -, BGHZ 146, 341, 344 f. sowie Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 9, m. w. N.).
Die demnach zulässige Beschwerde ist aber unbegründet. Die Antragstellerin begehrt sinngemäß, die Antragsgegnerin zu verpflichten, hinsichtlich des mit Herrn H. geschlossenen Umschulungsvertrages als Umschulungsbetrieb vorläufig in das von der Antragsgegnerin geführte Verzeichnis der Umschulungsverhältnisse eingetragen zu werden; dadurch solle zugleich die Wirksamkeit des Umschulungsvertrages und ihre Eignung zur Umschulung geprüft und bestätigt werden.
Es fehlt schon an dem für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Anordnungsgrund. Dazu muss die Antragstellerin glaubhaft machen, dass ihr ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.5.2004 - 1 WDS-VR 2/04 -, NVwZ-RR 2004, 862). Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass ihr durch die unterbliebene Aufnahme als Umschulungsbetrieb in das von der Antragsgegnerin geführte Verzeichnis überhaupt Nachteile entstehen. Die Durchführung des Umschulungsvertrages mit Herrn H. ist insoweit nicht gefährdet, da sein Umschulungsvertrag - als solcher, aber ohne Benennung der Antragstellerin als Umschulungsbetrieb - ausdrücklich in das von der Antragsgegnerin geführte Verzeichnis aufgenommen worden ist. Herr H. erfüllt damit die Zulassungsvoraussetzungen für die Umschulungsprüfung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 der von der Antragsgegnerin erlassenen Prüfungsordnung für die Durchführung von Umschulungsprüfungen vom 24. Juni 1974 in der Fassung vom 25. November 1998 ("Oldenburgische Wirtschaft", 1999, Heft 3, S. 41). Dass die Antragstellerin gegenwärtig weitere Umschüler beschäftigt oder dies beabsichtigt und deshalb auf ihre geltend gemachte Eintragung angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich und wird von ihr auch nicht geltend gemacht.
Im Übrigen fehlt es auch an dem weiterhin gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch, d. h. dem materiellen Recht auf die geltend gemachte Eintragung als Umschulungsbetrieb. Die Antragsgegnerin ist nach dem Berufbildungsgesetz vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 954) nicht verpflichtet, überhaupt ein Verzeichnis der Umschulungsverhältnisse zu führen (vgl. Herkert, BBiG, Kommentar, Stand: November 2004, § 31 Rn. 6; Wohlgemuth, BBiG, Kommentar, § 31 Rn. 4, m. w. N.). Eine solche Verpflichtung besteht nach den nach Vorschriften des Dritten Abschnittes (§§ 31 ff. BBiG) lediglich für ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse. Für Umschulungsverhältnisse gilt diese Vorschrift weder unmittelbar - da das BBiG zwischen Berufsausbildung und beruflicher Umschulung gemäß § 1 Abs. 1 BBiG bewusst unterscheidet - noch entsprechend. Welche ausdrücklich für die Berufsausbildung geltenden Vorschriften auch für die berufliche Umschulung entsprechend anzuwenden sind, ist nämlich in § 47 BBiG geregelt. Gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BBiG gelten für die Überwachung der Durchführung der Umschulung lediglich die §§ 23, 24 und 45 entsprechend. Die - in den §§ 31 ff. BBiG enthaltenen - Vorschriften über die Verpflichtung, ein Verzeichnis für Ausbildungsverträge zu führen, beziehen sich daher nicht auf Umschulungsverhältnisse. Dies folgt auch aus der gesondert geregelten Verpflichtung des Umschülers nach § 47 Abs. 3 a BBiG, den Beginn seiner beruflichen Umschulung einschließlich des wesentlichen Inhalts des Umschulungsverhältnisses unverzüglich der zuständigen Stelle schriftlich anzuzeigen. Die Regelung wäre überflüssig, wenn die Vorschriften des 3. Abschnittes "Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse" in den §§ 31 ff. BBiG für Umschulungsverhältnisse entsprechend gelten würden. Denn nach § 33 Abs. 1 BBiG hat der Auszubildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages die Eintragung in das Verzeichnis zu beantragen und dabei eine Kopie des Berufsausbildungsvertrages mit einzureichen. Dass für Umschulungsverhältnisse, deren Überwachung der Antragsgegnerin obliegt, die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 31 ff. BBiG) nicht entsprechend anwendbar sein sollen, ergibt ferner der Vergleich der Regelungen im Berufsbildungsgesetz einerseits sowie in der Handwerksordnung andererseits. Die Handwerksordnung enthält nämlich für die berufliche Umschulung im Handwerksbereich in § 42 a HwO eine gesonderte Regelung. Gemäß § 42 a Abs. 4 Satz 2 HwO gelten - aber nur für den handwerklichen Bereich - die Vorschriften des 3. Abschnittes (der HwO) über das Führen der Verzeichnisse der "handwerklichen" Berufsausbildungsverhältnisse für die Umschulung entsprechend. Daraus, dass auf eine gleichlautende Verweisung in § 47 Abs. 4 Satz 2 BBiG verzichtet worden ist, ist zu entnehmen, dass es für die Industrie- und Handelskammer als der für die Überwachung der Umschulung (im nicht handwerklichen Bereich) zuständigen Stelle gerade keine Verpflichtung zur Führung eines Verzeichnisses der Umschulungsverhältnisse nach Maßgabe der §§ 31 ff. BBiG gibt. Dementsprechend besteht auch kein aus § 32 BBiG abzuleitender Anspruch eines Umschulungsbetriebes darauf, dass er als solcher in ein von der Antragsgegnerin geführtes Verzeichnis der Umschulungsverhältnisse aufgenommen und dabei die persönliche und fachliche Eignung des oder der für die Umschulung Verantwortlichen sowie die Eignung der Umschulungsstätte geprüft wird. Eine dahingehende Verpflichtung besteht somit mangels entsprechender Anwendbarkeit des § 32 BBiG für die Antragsgegnerin nicht.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Aufnahme als Umschulungsbetrieb in das Verzeichnis einschließlich Prüfung der Wirksamkeit des Umschulungsvertrages sowie ihrer Eignung als Umschulungsstätte lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Antragsgegnerin freiwillig - um wegen der Abschlussprüfung einen Überblick über die bestehenden Umschulungsverhältnisse zu haben - ein Verzeichnis der Umschulungsverhältnisse führt und dies auf § 1 Abs. 2 IHKG (vgl. Herkert, a. a. O.) stützt, wonach die Industrie- und Handelskammern Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der Berufsbildung ... treffen können. Gesonderte satzungsrechtliche Bestimmungen oder Verwaltungsvorschriften der Antragsgegnerin, aus denen sich ein entsprechender Anspruch der Antragstellerin ableiten könnte, bestehen nicht. Die Führung eines Verzeichnisses der bestehenden Umschulungsverhältnisse wird lediglich in § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Umschulungsprüfungen vorausgesetzt, ohne dass in dieser Prüfungsordnung nähere Einzelheiten für die Führung dieses Umschulungsverzeichnisses enthalten sind. Dass unter vergleichbaren Voraussetzungen nach Prüfung andere Umschulungsbetriebe in das Verzeichnis aufgenommen worden sind und der Antragstellerin daher ein entsprechender Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG zustünde, wird von ihr nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Gegen eine Aufnahme der Antragstellerin als Umschulungsbetrieb in das Verzeichnis sprechen schon ihre ungeklärten gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse. Erst recht fehlt es an einer Grundlage für die von der Antragstellerin vorrangig begehrte Prüfung ihrer Eignung als Umschulungsbetrieb und der Wirksamkeit des Umschulungsvertrages durch Aufnahme in das Verzeichnis der Umschulungsverhältnisse. Die Antragsgegnerin nimmt eine solche Prüfung anlässlich der Führung des Verzeichnisses der Umschulungsverhältnisse nicht vor und ist hierzu auch nicht verpflichtet. Bestehen insoweit Mängel, so ergeht nach § 47 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 23 Abs. 2 BBiG eine gesonderte Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3, 52 GKG. Da ein messbares wirtschaftliches Interesse der Antragstellerin an diesem Verfahren nicht erkennbar ist, ist der Senat bei der Streitwertfestsetzung von dem Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,- EUR ausgegangen und hat diesen Wert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.