Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.05.2007, Az.: 2 K 777/01
Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung; Entnahme von Miteigentumsanteilen an Grundstücken; Ansetzen des Teilwertes bei Verwndung von Entnahmen für betriebsfremde Zwecke; Voraussetzungen für das Vorliegen der sachlichen und personellen Verflechtung; Notwendigkeit einer entgeltlichen Überlassung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung; Bestimmung des Umfangs des Betriebsvermögens
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.05.2007
- Aktenzeichen
- 2 K 777/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 36687
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2007:0509.2K777.01.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 18.08.2009 - AZ: X R 22/07
Rechtsgrundlage
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG
Fundstellen
- EFG 2007, 1595-1597 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- EStB 2008, 28 (Kurzinformation)
- KÖSDI 2007, 15813 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2007, 6
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz: Einkommensteuer 1996
Gewerbesteuermessbetrag 1996
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob zum 31.12. des Streitjahres (1996) eine Betriebsaufspaltung begründet wurde und mit welchem Wert drei Grundstücke nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu bewerten sind, wenn eine Betriebsaufspaltung nicht begründet wurde.
Der im Jahre 2000 verstorbene Ehemann der Klägerin (im Folgenden: E) betrieb bis zum 31.12.1993 mit seinem Bruder eine offene Handelgesellschaft (OHG). Die Gesellschafter lösten die OHG zum 1. Januar 1994 im Wege der Realteilung auf. E übernahm den Betriebszweig "Sanitär, Heizung und Bauklempnerei" und führte diesen als Einzelunternehmer fort; sein Bruder übernahm die Betriebszweige "Elektro" und "Haustechnik". Ausgleichszahlungen erbrachten die Brüder nicht.
E war gemeinschaftlich mit seinem Bruder zu je 50% Eigentümer der Grundstücke M-Straße X, M-Straße Y und S-Straße Z. Die Grundstücke nutzte bis zum 31.12.1993 die OHG. Diese behandelte die Grundstücke in ihren Jahresabschlüssen jeweils als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter. Nach der Realteilung zum 01.01.1994 nutzte E 78% der Gesamtfläche der Grundstücke für seinen Betrieb, sein Bruder 22%. Beide Miteigentümer verpflichteten sich in einer "Benutzungsregelung" vom 14. Januar 1994 dazu, auf das Konto der Grundstücksgemeinschaft monatlich insgesamt einen Betrag von 5.400 DM (= 64.800 DM/Jahr) zu zahlen, von dem E 78%, also 4.212 DM/Monat (= 50.544 DM/Jahr), und sein Bruder 22%, also 1.188 DM, übernehmen sollten. Die Gemeinschafter teilten sich die Aufwendungen im Verhältnis 78% zu 22%; sie zogen entsprechende Betriebsausgaben - bis auf die AfA - ab; die AfA zog jeder Gemeinschafter zu 50% als Betriebsausgabe ab. In der Vereinbarung vom 14. Januar 1994 heißt es u.a.: "Beide Miteigentümer nutzen dieselben Geschäfts-, Büro-, Werkstatt- und Lagerräume gemeinsam".
Tatsächlich nutzte E das Grundstück S-Straße Z sowie Teile des Grundstücks M-Straße X ausschließlich für seinen Betrieb, und zwar 78% der Gesamtfläche; lediglich das Grundstück M-Straße Y, welches sich in der Mitte zwischen den beiden anderen Grundstücken befand und u.a. als Durchgang zur M-Straße Y benötigt wurde, vermietete die Grundstücksgemeinschaft an Dritte. Auf den E zugewiesenen Flächen befand sich auch das Geschäftsgebäude seines Einzelunternehmens einschließlich Ladenlokal.
Zum 31. Dezember 1996 übertrug E sein Einzelunternehmen (Maschinen, Fuhrpark und Geschäftsausstattung) mit Ausnahme des Miteigentumsanteils an den Grundstücken der Grundstücksgemeinschaft K in eine neu gegründete K-GmbH (im Folgenden: GmbH), an der er zu 80% und sein Sohn (S) zu 20% beteiligt waren. Die GmbH nutzte - wie vorher E - 78% der oben genannten Grundstücksfläche und trug 78% der Aufwendungen. Auch die GmbH unterhielt auf der ihr überlassenen Fläche ihre Geschäftsräume. Eine schriftliche Regelung über die Nutzung der Grundstücke vereinbarte die Grundstücksgemeinschaft oder E mit der GmbH nicht.
E behandelte 50% der Grundstücke sowohl ab dem 01.01.1994 als auch ab dem 01.01.1997 als Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens und machte dort 78% der Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend.
Er erstellte für sein Einzelunternehmen für 1997 eine Bilanz für einen "ruhenden Gewerbebetrieb". In der Bilanz setzte er 50% der bei der Grundstücksgemeinschaft K angesetzten Buchwerte der Grundstücke an.
Das Finanzamt nahm nach Durchführung einer Betriebsprüfung im Jahre 1999 eine Entnahme des 50%-igen Grundstücksanteils des E zum 31.12.1996 an und legte dabei folgende Entnahmewerte zugrunde:
S-Straße Z | 170.000 DM (50% von 340.000 DM) |
---|---|
M-Straße 12 | 125.000 DM (50% von 250.000 DM) |
M-Straße Y | 60.000 DM (50% von 120.000 DM) |
Den Entnahmewerten lagen Wertermittlungen des Bausachverständigen H. vom 24. März 1999 zugrunde. Der Bausachverständige ermittelte die Werte nach dem sog. Ertragswertverfahren.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, ein Entnahmegewinn zum 31.12.1996 sei nicht anzusetzen. Vielmehr stellten die Grundstücksanteile an der Grundstücksgemeinschaft nach wie vor Betriebsvermögen dar. E habe mit der GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet. Der 50%-ige Grundstücksanteil des E sei im Besitzunternehmen des E zu erfassen. E habe nicht nur über seinen (50%igen) Miteigentumsanteil, sondern auch über 78% der Grundstücksfläche uneingeschränkt verfügen können. Daher liege eine personelle Verflechtung vor. Dies werde auch durch die BFH-Rechtsprechung bestätigt. Der BFH habe durch Beschluss des großen Senats vom 23. August 1999 (Aktenzeichen GrS 5/97, DB 1999, Seite 2093 unter c) zu Nr. 2 entschieden, dass jeder Miteigentümer einen Raum steuerrechtlich aus eigenem Recht als Miteigentümer nutze. Daher sei die Klägerin so zu stellen, als habe E seinen Miteigentumsanteil alleine für seine eigenen betrieblichen Zwecke genutzt und der GmbH zur Nutzung überlassen. Jeder der Beteiligten der Grundstücksgemeinschaft habe zudem die Räumlichkeiten und Grundstückteile ausschließlich in seinem jeweiligen Gewerbebetrieb genutzt. Über den 50%-igen Miteigentumsanteil hinaus habe E weitere Grundstücksteile nutzen können, und zwar nicht gemeinschaftlich mit seinem Bruder, sondern jeder die ihm zugewiesenen Flächen für sich.
Überdies komme es nicht darauf an, ob der oder die Besitzunternehmer Eigentümer der überlassenen Betriebsgrundlagen seien.
Des Weiteren müsse, selbst wenn eine Betriebsaufspaltung ab dem 01.01.1997 nicht vorliege, der Grundstückswert erheblich niedriger angesetzt werden. Die auf E entfallenen Anteile am Grundstück M-Straße X seien mit 93.000 DM statt 125.000 DM und für das Grundstück S-Straße Z mit 73.000 DM statt 170.000 DM anzusetzen. Wie die für zwei der drei Grundstücke für den Bewertungsstichtag 10. April 2003 eingeholten Gegengutachten des Grundstücksachvollständigen S zeigten, betrügen die - nach dem Ertragswertverfahren zu ermittelnden -Werte für das Objekt S-Straße Z lediglich 75.000 EUR und für das Objekt M-Straße X nur 95.000 EUR. Der Gutachter des Finanzamts S habe sich die Grundstücke lediglich von außen angesehen und nach Aktenlage "Schätzungen" vorgenommen. Dies widerspreche aber geltenden "Rechtsprechungsgrundsätzen", zumal der Beklagte bei der Bestimmung der erzielbaren Miete wertbeeinflussende Faktoren, wie Entsorgung und Reparaturstau, nicht berücksichtigt habe. Überdies habe der staatlich anerkannte Sachverständige S in seinen Gutachten bestätigt, dass Vergleichsmieten für das Jahr 1996 nicht verfügbar seien. Bei den Flächen in der S-Straße handele es sich um einen notdürftig ausgebauten "Schauraum" mit Schaufensterfront. Das Dach dieses Gebäudes habe auf der Ostseite nicht einmal eine eigene Stützmauer, sondern ruhe auf der Außenwand des Nachbargebäudes. Die übrigen Räumlichkeiten seien 1996 auch nicht mehr zeitgemäß gewesen und hätten keinesfalls einen höhere Miete eingebracht als heute, zumal keine Vergleichsmieten für die Objekte ermittelt werden.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und ist weiterhin der Auffassung, E habe die 50%igen Miteigentumsanteile zum 31.12.1996 aus seinem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens entnommen. Eine Betriebsaufspaltung habe er mit Wirkung vom 01.01.1997 nicht begründet. Es fehle nämlich an der hierfür erforderlichen personellen Verflechtung. E habe nämlich lediglich 50% der Miteigentumsanteile an den Grundstücken gehalten. Die Grundstücksgemeinschaft habe zudem nicht dem E Grundstücksflächen überlassen, die E dann an die GmbH hätte weiter vermieten können; vielmehr habe die Gemeinschaft als solche die Flächen überlassen. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des großen Senats (GrS 5/97) betreffe ausschließlich die AfA-Berechtigung, nicht, ob eine personelle Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vorliege. Schließlich sei auch die Wertermittlung des Bausachverständigengutachters nicht anzuzweifeln. Insgesamt ergeben sich Jahresrohmieten i.H.v. 72.932 DM, nämlich 24.000 DM für M-Straße X, 10.062 DM für M-Straße Y sowie 38.870 DM für S-Straße Z. Tatsächlich habe die Grundgemeinschaft sogar eine höhere Miete (78.000 DM) erzielt, nämlich 13.200 DM durch Fremdvermietung und 64.800 DM als unter den Miteigentümern vereinbarte Pacht (5.400 DM x 12).
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage, welche Teilwerte den 50%igen Miteigentumsanteilen des E zum 31.12.1996 beizumessen war, durch Erstellung eines Sachverständigengutachtens durch die Behörde für Geoinformation, Landesentwicklung und Liegenschaften. Die Behörde hat im Sachwertverfahren folgende Teilwerte für die Grundstücke ermittelt:
ACHTUNG TABELLE
S-Straße Z | 110.000 EUR (= ca. 214.500 DM) |
---|---|
M-Straße X | 128.000 EUR (= ca. 249.600 DM) |
M-Straße Y | 61.000 EUR (= ca. 118.950 DM) |
Die Klägerin ist der Auffassung, die Gutachten seien unrichtig, da die Werte nach dem Ertragswertverfahren hätten ermittelt werden müssen. Vielmehr ergäben sich folgende Grundstückswerte:
S-Straße Z | 78.000EUR |
---|---|
M-Straße X | 100.000 EUR |
M-Straße Y | 36.000 EUR |
Zu den weiteren Ergebnissen der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Sitzungsprotokoll sowie die Steuerakten verwiesen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht eine Entnahme der auf E entfallenden Eigentumsanteile angenommen.
E hat die Miteigentumsanteile an den Grundstücken S-Straße Z und M-Straße X und Y nicht im Streitjahr aus seinem Betriebsvermögen entnommen. Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind zwar nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. E hat die ihm gehörenden Miteigentumsanteile indes nicht für betriebsfremde Zwecke verwendet.
1.
Auch ab dem 01.01.1997 stellten die Miteigentumsanteile des E nach Auffassung des Senats in seiner Mehrheit - nach wie vor - Betriebsvermögen dar. Seit dem 01.01.1997 überließ E 78% der Fläche der Grundstücksgemeinschaft K an die G-K-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Die Miteigentumsanteile an den Grundstücken S-Straße und M-Straße im Umfang von 50%, die er bis zum 31.12.1996 als Betriebsvermögen in seinem Einzelunternehmen zutreffend angesetzt hatte, blieben damit weiterhin Betriebsvermögen in seinem Einzelunternehmen (sog. Besitzunternehmen). Die Vermietung von Wirtschaftsgütern wird nämlich dann als eine über eine reine Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung angesehen, wenn das vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden Unternehmen (Betriebsunternehmen) sachlich und personell verflochten ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000, IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417).
a)
Eine sachliche Verflechtung lag im Streitfall vor. Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn es sich bei den vermieteten Wirtschaftsgütern für das Betriebsunternehmen um wesentliche Betriebsgrundlagen handelt. Das ist der Fall, wenn die Wirtschaftsgüter zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen (z.B. BFH-Urteil vom 23. September 1998, XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281). Die überlassenen Grundstücksteile stellen für die GmbH jedenfalls insoweit eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wie E bebaute Grundstücksflächen an die GmbH überlassen hat. Denn eine sachliche Verflechtung liegt bei der Nutzung eines Gebäudes vor, wenn der Betrieb der Betriebsgesellschaft ein Gebäude dieser Art benötigt, das Gebäude für den Betriebszweck geeignet ist und es die räumliche und funktionale Grundlage des Betriebes bildet. (BFH-Urteile vom 23. Mai 2000, VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621, und vom 20. April 2004, VIII R 13/03, BFH/NV 2004, 1253, jeweils m.w.N.). Dies trifft im Streitfall zu, da E nach der Art seines Betriebs (Sanitär, Heizung und Bauklempnerei) auf Geschäftsräume angewiesen war. Einer sachlichen Verflechtung steht nicht entgegen, dass der Besitzunternehmer selbst nicht Eigentümer der (gesamten) Flächen ist (vgl. BFH v. 17.09.1992, IV R 49/91, BFH/NV 1993, 95). Eine entgeltliche Überlassung ist nicht erforderlich; auch bei einer unentgeltlichen Überlassung liegen die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vor. Einer sachlichen Verflechtung steht auch nicht entgegen, dass die mit dem Bruder des E bestehende Bruchteilsgemeinschaft die Grundstücke bzw. Grundstücksteile einschließlich Gebäude dem E überlassen hatte (vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1966, IV 219/64, BStBl 1966 III S. 601, BFH v. 12.10.1988, X R 5/86, BStBl. II 1989, 152). Es ist nämlich nicht maßgeblich, ob eine wesentliche Betriebsgrundlage als Eigentümer oder aus einem eigenen Recht anderer Art genutzt werden kann (vgl. für Sonderbetriebsvermögen einer Besitz-Personengesellschaft BFH-Urteil vom 15. Mai 1975, IV R 89/73, BFHE 116, 277, BStBl 1975 II S. 781). Zumindest bei der echten Betriebsaufspaltung - die auch im Streitfall vorliegt - begründet grundsätzlich jede Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen eine sachliche Verflechtung, unabhängig davon, ob der Überlassende Eigentümer oder lediglich Nutzungsberechtigter ist. Rechtspositionen, die als Grundlage für ein werbendes Unternehmen ausreichen, genügen grundsätzlich auch zur Betriebsführung in einem Pachtunternehmen, sofern der Überlassende zur Nutzungsüberlassung befugt ist (BFH v. 12.10.1988, X R 5/86, BStBl. II 1989, 152).
b)
Auch ist die Voraussetzung der personellen Verfechtung erfüllt. Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Nur dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines gewöhnlichen Vermieters. Dieser Wille tritt am klarsten hervor, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind (sog. Beteiligungsidentität). Es genügt aber, dass - wie hier - die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, im Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen (BFH-Urteil in BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417, m.w.N.). Dies traf im Streitfall zu, da E 80% der Anteile an der GmbH hielt und damit seinen Willen in der GmbH durchsetzen konnte.
Außerdem überließ nicht die Grundstücksgemeinschaft, sondern E an die GmbH die Grundstücksflächen, und zwar 78% der Gesamtfläche der Grundstücksgemeinschaft.
aa)
Bei einer gemeinsamen Überlassung durch E und seinen Bruder, die nach dem Wortlaut der Nutzungsvereinbarung vom 14.01.1994 zunächst nahe liegt, hätte allerdings eine Betriebsaufspaltung nicht vorgelegen. E beherrschte die Grundstücksgemeinschaft nämlich nicht, weil er an ihr nur zu 50% beteiligt war. Bei der Bruchteilsgemeinschaft entscheidet, sofern keine abweichenden Vereinbarungen getroffen werden, die Stimmenmehrheit. Diese ist nach der Größe der Anteile zu berechnen ( § 745 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Da E lediglich hälftiger Miteigentümer der der GmbH überlassenen Grundstücksflächen war, verfügt er nicht über die Stimmenmehrheit in der Gemeinschaft.
bb)
Indessen nutzte jeder der Brüder die ihm von der Bruchteilsgemeinschaft überlassenen Teilflächen ausschließlich für den jeweils eigenen Betrieb, wie auch das Finanzamt nicht bestreitet. E überließ die (ausschließlich) ihm von der Grundstücksgemeinschaft überlassene Fläche weiter an die GmbH. Der Sachverhalt unterscheidet sich damit von dem im BFH-Urteil vom 02.12.2004 (III R 77/03, BStBl. II 2005, 340, dort unter 3.), bei dem der BFH eine Betriebsaufspaltung durch eine Grundstücksüberlassung verneinte, weil der dortige Kläger und Gemeinschafter einer Grundstücksgemeinschaft sich in der Grundstücksgemeinschaft nicht durchsetzen konnte und die Grundstücksgemeinschaft selbst, also nicht der Gemeinschafter, der dortigen Betriebs-GmbH ein Grundstück überließ.
Der Senat legt die Vereinbarung so aus, dass die Bruchteilsgemeinschaft dem A nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht nur das Recht zur ausschließlichen Nutzung von 78% der Gesamtfläche der Grundstücksgemeinschaft einräumt, sondern auch - hiermit verbunden - das Recht zur Bestimmung über die Geschäfte des täglichen Lebens für diesen Flächenanteil. Denn jeder der Brüder sollte nach der Vereinbarung "sein" Gewerbe auf "seinem" Flächenanteil ausüben. Dem widerspräche eine Auslegung der Vereinbarung dahingehend, dass entsprechend der Regelung des § 745 BGB Geschäfte des täglichen Lebens nur einverständlich hätten vorgenommen werden dürfen.
Zwar schloss E als Besitzunternehmer keine schriftliche Überlassungsvereinbarung mit der GmbH. Eine solche war allerdings nicht notwendig, da die unentgeltliche vorübergehende Grundstücksüberlassung auch ohne ausdrückliche Abrede als Leihvertrag zu bewerten ist ( § 598 BGB). Der Bruder des E konnte das Leihverhältnis für die Gemeinschaft zudem - jedenfalls ohne Auflösung der Bruchteilsgemeinschaft als solche - nicht einseitig kündigen, da Nutzungsänderungen nach § 745 BGB der Stimmenmehrheit bedurft hätten.
cc)
Für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung im Streitfall spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass - abgesehen von der Besonderheit, dass E über Bruchteilseigentum verfügte - die typische Entstehungssituation einer "normalen" und echten Betriebsaufspaltung vorlag. E spaltete nämlich den zuvor als Einzelunternehmer geführten Betrieb auf, indem er den Grundbesitz zurückbehielt und den Betrieb auf eine "Betriebs-GmbH" verlagerte. Dies ist aber die klassische Entstehungsgeschichte einer echten Betriebsaufspaltung. Dabei kann sich im Streitfall nicht nachteilig auswirken, dass kein Allein-, sondern Bruchteilseigentum vorlag. Außerdem hätte auch bei Überlassung der Flächen an einen Dritten, nicht an der Gemeinschaft Beteiligten, der die Fläche an eine von ihm beherrschte GmbH überlässt, eine Betriebsaufspaltung vorgelegen. Der Umstand, dass die Gemeinschafter die Flächen selbst nutzen und nicht Dritte, kann insoweit für die steuerrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich sein.
2.
Zum Umfang der Betriebsvermögens gehört die Fläche, soweit der Miteigentumsanteil des E reicht. Auch die Grundstücksflächen des Grundstücks M-Straße Y, die E nicht an die GmbH überlassen hat, sondern fremdvermietet waren, stellten Betriebsvermögen des Besitzunternehmens dar. Sie waren nämlich dazu bestimmt, die Vermögens- und Ertragslage der GmbH zu erhalten. Zum notwendigen Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft gehören nicht nur Wirtschaftsgüter, die dem Besitzunternehmen unmittelbar dienen, sondern auch solche, die dazu bestimmt sind, die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung daran zu erhalten oder zu erhöhen (BFH-Urteile vom 7. März 1978, VIII R 38/74, BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378; in BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281, m.w.N.;vom 19. Oktober 2000, IV R 73/99, BFHE 193, 354, BStBl II 2001, 335). Dies traf hier zu, da das Grundstück M-Straße Y u.a. als Zugangsweg zu den übrigen, betrieblich genutzten Grundstücksteilen erforderlich war.
Auch steht der Zuordnung der Miteigentumsanteile an den Grundstücksflächen zum Betriebsvermögen des E nicht entgegen, dass E lediglich Miteigentümer der überlassenen Flächen zu 50% war, diesen ideellen Anteil als solchen aber nicht der GmbH überlassen hat. Die Grundstücksgemeinschaft hat dem E 78% der Grundstücksfläche zugewiesen. In diesen 78% war der 50%ige Miteigentumsanteil enthalten, so dass nicht etwa nur 50% von 78%, also 39%, als Betriebsvermögen zu bilanzieren waren. Gegenstand der Bilanzierung ist bei Miteigentum nämlich nicht das Anteilsrecht, sondern die Sache selbst (BFH v. 08.03.1990, IV R 60/89, BStBl. II 1994, 559). Überdies behandelte E denselben Flächenanteil schon in den Jahren bis zum 31.12.1996 als Betriebsvermögen. E hätte den Anteil von 11% (50% ./. 39%) also - bei Zugrundelegung der Auffassung, dass nur 39% zu bilanzieren wären - schon vor dem Streitjahr entnommen. Eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung wäre dann aber nicht mehr möglich, da sich die Entnahme als solche als tatsächlicher Vorgang im Streitjahr bilanziell nicht mehr auswirkte.
3.
Die Kosten hat nach § 136 FGO die Klägerin zu tragen. Entgegen dem bis zum Klageverfahren dargestellten Sachverhalt hat der Rechtsvorgänger der Klägerin der GmbH bestimmte Grundstücksteile überlassen, für die ausschließlich er (allein) über die Geschäfte des täglichen Lebens bestimmen konnte. Nach § 136 können die Kosten aber einem Beteiligten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er - wie hier - früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, ob auch der einzelne Gemeinschafter einer Bruchteilsgemeinschaft Besitzunternehmer im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein kann, wenn die Bruchteilsgemeinschaft ihm und er sodann einer von ihm beherrschten GmbH bestimmte Flächen zur Nutzung überlässt.