Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 27.08.2004, Az.: 6 B 339/04
Bewertungsspielraum; Konferenzentscheidung; Nichtversetzung; Prognoseentscheidung; Stimmberechtigung; Versetzung; vorläufige Versetzung; Vorwegnahme der Hauptsache; Überweisung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 27.08.2004
- Aktenzeichen
- 6 B 339/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50721
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 36 Abs 3 S 1 SchulG ND
- § 36 Abs 7 SchulG ND
- § 59 Abs 4 SchulG ND
- § 60 Abs 1 Nr 2 SchulG ND
- § 4 Abs 2 Nr 1 VersetzV ND
- § 15 Abs 1 VersetzV ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Formelle Fehler der Realschule bei der Überweisung des Schülers an die Hauptschule nach wiederholter Nichtversetzung begründen keinen Anspruch des Schülers auf vorläufige Versetzung in die nächsthöhere Klasse der Realschule.
2. An der Abstimmung über die Versetzung eines Schülers dürfen nur die Lehrer teilnehmen, die diesen Schüler planmäßig unterrichtet haben; alle anderen Lehrkräfte, die in der Klasse des Schülers unterrichtet haben, sind nicht stimmberechtigt.
3. Die Behauptung der Eltern, auf Grund von Auseinandersetzungen zwischen ihnen und dem Schulleiter sei davon auszugehen, dass die Klassenkonferenz auf Grund sachfremder Erwägungen entschieden habe, ist jedenfalls dann nicht haltbar, wenn der Schulleiter an der Konferenz nicht teilgenommen hat, die Konferenzentscheidung insbesondere nach der bisherigen schulischen Laufbahn des Schülers nachvollziehbar ist und sich auch aus den sonstigen Umständen des Falles nicht ergibt, dass die Auseinandersetzungen die Entscheidung beeinflusst haben.
Gründe
I. Die Antragsteller wollen erreichen, dass ihr am B. 1990 geborener Sohn C. vorläufig am Unterricht der 8. Klasse der Antragsgegnerin teilnehmen kann.
St. wechselte mit Beginn des Schuljahres 2002/2003 von der Orientierungsstufe Hankensbüttel zur Antragsgegnerin und besuchte seither dort den 7. Schuljahrgang. Die Orientierungsstufe hatte ihm den Besuch der Hauptschule als der für ihn geeigneten Schulform empfohlen. Am Ende des Schuljahres 2002/2003 beschloss die Klassenkonferenz, C. nicht in die 8. Klasse zu versetzen, ihm aber die Wiederholung der 7. Klasse auf der Realschule zu ermöglichen; die Konferenz sah daher davon ab, ihn an die Hauptschule zu überweisen. St. besuchte danach die Klasse 7 E der Antragsgegnerin.
Am 30. Juni 2004 entschied die zuständige Klassenkonferenz auf der Grundlage der mit mangelhaft bewerteten Leistungen des Schülers in den Fächern Geschichte und Erdkunde, dass St. nicht versetzt werde, weil eine erfolgreiche Mitarbeit in der 8. Klasse von ihm nicht zu erwarten sei. An der Abstimmung über die Versetzung nahmen nur 7 der anwesenden 9 stimmberechtigten Lehrkräfte teil; zwei andere Lehrer nahmen nicht teil, weil sie zwar Unterricht in der Klasse erteilt, den Sohn der Antragsteller aber nicht unterrichtet hatten. Wegen der Einzelheiten der Konferenzbeschlüsse wird auf das Konferenzprotokoll vom 30. Juni 2004 verwiesen (Bl. 18 ff. der Gerichtsakte). Den Beschluss über die Nichtversetzung teilte die Antragsgegnerin im Zeugnis vom 7. Juli 2004 mit. In dem Zeugnis heißt es wörtlich:
„D. besucht gemäß § 15 (1) der Nds. VersVO ab 01.08.04 die 8. Klasse der Hauptschule in Hankensbüttel.“
Wegen der Leistungsbewertungen in den einzelnen Fächern wird auf die vorliegende Zeugnisabschrift Bezug genommen (Bl. 6 der Gerichtsakte).
Mit Schreiben vom 1. August 2004 erhob der Antragsteller zu 1) Widerspruch „gegen das Zeugnis“. Über den Widerspruch ist - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden worden.
Am 9. August 2004 haben die Antragsteller bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie machen im Wesentlichen Folgendes geltend:
Die Entscheidung über die Nichtversetzung beruhe auf sachfremden Erwägungen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Schulleiter ihrem Sohn gegenüber nicht mehr unvoreingenommen gewesen sei. Der Schulleiter habe ihren Sohn mehrfach ungerechtfertigt für Vorfälle an der Schule verantwortlich gemacht. Wiederholt habe der Schulleiter ihrem Sohn auferlegt, nach Schulschluss eine Stunde lang auf dem Schulhof herumliegendes Papier einzusammeln. Nachdem sein Sohn ihm am 30. Juni 2004 mitgeteilt habe, dass er erneut nach Schulschluss Papier aufsammeln müsse, habe der Antragsteller zu 1) den Schulleiter am Morgen aufgesucht und zur Rede gestellt. Der Schulleiter habe ihn danach aus seinem Zimmer verwiesen. Am Nachmittag sei der Antragsteller zu 1) erneut in die Schule gefahren, um seinen Sohn, der dort schon seit einiger Zeit mit dem Papier sammeln beschäftigt gewesen sei, mitzunehmen. Dort sei es zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen dem Antragsteller zu 1) und dem Schulleiter gekommen, in deren Rahmen der Schulleiter geäußert habe, wenn C. sich über seine Anweisungen hinwegsetze, indem er mit dem Papier sammeln aufhöre, werde er dafür leiden und büßen müssen. In seiner Erregung habe der Antragsteller dem Schulleiter daraufhin den Papiereimer vor die Füße gekippt. Bei der Anweisung des Schulleiters habe es sich um eine entwürdigende Maßnahme gehandelt, die als Erziehungsmaßnahme unzulässig, insbesondere unverhältnismäßig sei. Dass die Ermessensentscheidung der Klassenkonferenz über die Versetzung von sachfremden Erwägungen geprägt gewesen sei, zeige sich auch an der Handhabung der in der Versetzungsverordnung vorgesehenen Ausgleichsregelung: Die Konferenz habe die Versetzung abgelehnt, obwohl den mangelhaften Leistungen gute bzw. befriedigende Leistungen in mehreren anderen Fächern entgegenstünden. Dass die Leistungen ihres Sohnes in den Fächern Geschichte und Erdkunde mit mangelhaft bewertet worden seien, könne ebenfalls nur mit persönlicher Abneigung erklärt werden. Auch der Ablauf und das Verfahren der Versetzungskonferenz seien fragwürdig.
Die Antragsteller beantragen (sinngemäß),
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihren Sohn E. vorläufig zum Unterricht der 8. Klasse der Antragsgegnerin zuzulassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie tritt der Behauptung, die Konferenz habe auf der Grundlage sachfremder Erwägungen entschieden, entgegen. Der Schulleiter habe an der fraglichen Klassenkonferenz nicht teilgenommen. Im Übrigen stelle sich der Sachverhalt, der den Auseinandersetzungen mit dem Antragsteller zu 1) zu Grunde gelegen habe, differenzierter dar. Hierzu legt die Antragsgegnerin eine E-Mail des Schulleiters vom 24. Juni 2004 vor, in der er sich zu den Vorfällen äußert und auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 25 der Gerichtsakte). Die Entscheidung entspreche auch den Regelungen der Versetzungsverordnung. Die Konferenz habe die für die Versetzung erforderliche positive Prognose über die Mitarbeit des Schülers im folgenden Schuljahrgang der Realschule unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieser die 7. Klasse bereits einmal wiederholt habe, nicht treffen können. Ergänzend wird auf die erläuternden Ausführungen des Schulleiters zum Konferenzbeschluss verwiesen (Bl. 23 f. der Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Der Eilantrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zulässig. Die Teilnahme ihres Sohnes am Unterricht der 8. Klasse der Antragsgegnerin können die Antragsteller trotz des erhobenen Widerspruchs gegen die Konferenzentscheidung nur erreichen, wenn die Antragsgegnerin verpflichtet wird, dies entgegen der bislang vorliegenden Entscheidung der Klassenkonferenz zuzulassen (vgl. auch § 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG).
Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um von dem Rechtsuchenden wesentliche Nachteile abzuwenden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert allerdings nicht schon daran, dass die von den Antragstellern angestrebte Teilnahme ihres Sohnes am Unterricht der nächsthöheren Klasse dieselben Folgen wie eine mit einer Klage erreichbare Versetzungsentscheidung hätte. Zwar darf die einstweilige Anordnung nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes ausgesprochen werden und daher die Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Wegen des Grundrechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes sind aber Ausnahmen möglich. So darf die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden, wenn ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, d. h. zur Versetzung des Schülers in die nächsthöhere Klasse führen würde, und wenn es den Antragstellern darüber hinaus schlechthin unzumutbar wäre, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 23.11.1999, NVwZ-RR 2001, 241; VG Braunschweig, Beschl. vom 22.08.2000 - 6 B 365/00 -; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn. 211 ff. u. 1191 ff. m.w.N.). Lassen sich die Erfolgsaussichten einer Klage wegen einer unüberschaubaren Sach- oder Rechtslage nicht hinreichend sicher beurteilen, so kann eine einstweilige Anordnung auch auf der Grundlage einer erfolgsunabhängigen Folgenabwägung erlassen werden.
Die dargelegten Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt.
Nach der in einem Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sachlage ist davon auszugehen, dass die Antragsteller die Versetzung ihres Sohnes in die 8. Klasse der Antragsgegnerin nicht verlangen können. Rechtsgrundlage für die Entscheidung, den Schüler nicht zu versetzen, sind die Regelungen in § 59 Abs. 4 und § 60 Abs. 1 Nr. 2 NSchG i.V.m. der Verordnung über Versetzungen, Aufrücken, Übergänge und Überweisungen an allgemeinbildende Schulen (Versetzungsverordnung) vom 19. Juni 1995 (Nds. GVBl. S. 184), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. November 2003 (Nds. GVBl. S. 404). Danach kann ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die Leistungen des Schülers in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern mindestens mit „ausreichend“ bewertet worden sind (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Versetzungsverordnung). Mangelhafte Leistungen in zwei Fächern können ausgeglichen werden, wenn der Schüler in zwei Ausgleichsfächern mindestens befriedigende Leistungen sowie in den anderen Fächern mindestens ausreichende Leistungen erzielt hat und wenn nach pflichtgemäßer Beurteilung der Klassenkonferenz eine erfolgreiche Mitarbeit in der nächsthöheren Klasse erwartet werden kann (§ 2 Abs. 2 Satz 2, § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Versetzungsverordnung). Diese Voraussetzungen für eine Versetzung liegen nicht vor.
Der Sohn der Antragsteller hat nach dem ihm erteilten Zeugnis vom 7. Juli 2004 in den Fächern Geschichte und Erdkunde mangelhafte Leistungen erbracht. Die Klassenkonferenz hat entschieden, dass eine erfolgreiche Mitarbeit im 8. Schuljahrgang der Realschule nicht zu erwarten sei. Diese Prognoseentscheidung und die Leistungsbewertungen sind bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei der Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz über die erfolgreiche Mitarbeit in der nächsthöheren Klasse sowie den ihr gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Versetzungsverordnung zu Grunde liegenden Leistungsbewertungen handelt es sich um fachlich-pädagogische Beurteilungen, die der verwaltungsgerichtlichen Prüfung weitgehend entzogen sind (vgl. Niedersächsisches OVG, aaO.; VG Braunschweig, Urt. vom 18.02.2004 - 6 A 106/03 -). Mangels eigener pädagogisch-fachlicher Kompetenz ist es nicht Sache der Verwaltungsgerichte, ihre Auffassung über die zu erwartende Mitarbeit eines Schülers oder einer Schülerin im nächsthöheren Schuljahrgang an die Stelle der durch die gesetzlichen Vorschriften allein zu der Beurteilung berufenen Mitglieder der Klassenkonferenz zu setzen und damit eine vom Vergleichsrahmen der Konferenz unabhängige Entscheidung herbeizuführen. Das Gleiche gilt für die gerichtliche Überprüfung der im Zeugnis dokumentierten Bewertungen von Einzelleistungen durch die Fachlehrer.
Das Gericht darf die Prognoseentscheidung wie die Leistungsbewertung daher lediglich darauf überprüfen, ob sie auf der Grundlage eines fehlerfreien Bewertungsverfahrens zustande gekommen ist und ob die Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten worden sind, weil die Lehrkräfte von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde und damit willkürliche Erwägungen angestellt haben. Nach diesen Grundsätzen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Klassenkonferenz und die ihr zu Grunde liegenden Leistungsbewertungen im Zeugnis vom 7. Juli 2004 rechtsfehlerhaft sind.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Klassenkonferenz ihre Entscheidung auf sachfremde Erwägungen gestützt hat. Die Kammer kann offen lassen, wie die Auseinandersetzungen zwischen dem Schulleiter und dem Antragsteller zu 1) im Detail abgelaufen sind und welche der voneinander abweichenden Darstellungen der Beteiligten der Wahrheit entspricht. Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen gibt es jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Auseinandersetzungen die Entscheidung der Klassenkonferenz beeinflusst haben.
Dagegen spricht schon, dass der Schulleiter an der Konferenz vom 30. Juni 2004 nicht teilgenommen hat. Auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gibt es keinen Anlass für die Annahme, die Klassenkonferenz sei dem Sohn der Antragsteller gegenüber voreingenommen gewesen und habe die Erfolgsaussichten seiner Mitarbeit in der 8. Klasse der Realschule pflichtwidrig auf der Grundlage sachfremder Kriterien abgelehnt. Anhaltspunkte für sachfremde Erwägungen ergeben sich entgegen der Auffassung der Antragsteller insbesondere nicht aus der Handhabung der Ausgleichsregelung. Die Klassenkonferenz durfte die Anwendung der Ausgleichsregelung ablehnen, obwohl die Leistungen des Schülers in den Fächern Technik, Kunst und gestaltendes Werken mit der Note „gut“ und im Fach Sport mit „befriedigend“ bewertet worden sind. Befriedigende oder sogar gute Leistungen in Ausgleichsfächern führen nach der Versetzungsverordnung nicht zwingend zu einem Ausgleich mangelhafter Leistungen und damit zur Versetzung des Schülers. Der Ausgleich von mangelhaften Leistungen in zwei Fächern erfordert vielmehr zusätzlich die positive Prognose der Konferenz, dass eine erfolgreiche Mitarbeit in dem höheren Schuljahrgang (hier: der Realschule) zu erwarten ist (§ 4 Abs. 2 Versetzungsverordnung). Diese Prognose hat die Klassenkonferenz für den Sohn der Antragsteller nicht getroffen. Die Entscheidung der Konferenz ist unter Berücksichtigung der schulischen Entwicklung St.s und seiner auf der Realschule gezeigten Leistungen nachvollziehbar. Der Schüler, dem die Orientierungsstufe den Besuch der Hauptschule empfohlen hatte, war bereits am Ende des Schuljahres 2002/2003 nicht in die 8. Klasse versetzt worden. Seinerzeit machte die Klassenkonferenz von der ihr durch die Versetzungsverordnung eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, den Schüler trotz der abweichenden Schullaufbahnempfehlung der Orientierungsstufe nicht an die Hauptschule zu überweisen (vgl. § 15 Abs. 2 Versetzungsverordnung). Trotz Wiederholung der Klasse wurden die Leistungen des Schülers schon am Ende des ersten Schulhalbjahres in zwei Fächern mit der Note „mangelhaft“ bewertet; das Halbjahreszeugnis enthielt daher den Hinweis, dass die Versetzung gefährdet sei. Gleichwohl haben sich die Leistungen im zweiten Schulhalbjahr ausweislich des Zeugnisses vom 7. Juli 2004 nicht entscheidend verbessert. Hinzu kommt, dass insbesondere das Arbeitsverhalten des Schülers nach der Bewertung im Zeugnis Defizite aufweist und das Zeugnis die Bemerkung enthält, St. müsse seine Hausaufgaben regelmäßig anfertigen und sein Arbeitsmaterial bereithalten. Schon unter Berücksichtigung der dargestellten Gesichtspunkte, die bei der auf Grund einer pädagogisch-fachlichen Beurteilung zu treffenden Prognoseentscheidung berücksichtigt werden dürfen, ist es nachvollziehbar, dass die Klassenkonferenz nicht die Überzeugung gewinnen konnte, die Grundlagen für eine erfolgreiche Mitarbeit in der 8. Klasse der Realschule seien gegeben.
Das Gericht sieht auch keinen Anlass, die Leistungsbewertungen in den Fächern Geschichte und Erdkunde als rechtsfehlerhaft zu beanstanden. Die Behauptung der Antragsteller, die Benotungen seien nur mit der persönlichen Abneigung des beide Fächer unterrichtenden Lehrers zu erklären, sind unsubstanziiert. In einem Verfahren nach § 123 VwGO, in dem gegen die Nichtversetzungsentscheidung der Schule die vorübergehende Teilnahme des Schülers am Unterricht der nächsthöheren Klasse begehrt wird, muss der Antragsteller die Tatsachen glaubhaft machen, aus denen sich Beurteilungsfehler der Klassenkonferenz oder Bewertungsfehler der Lehrkräfte bei der Notenvergabe herleiten lassen. Die bloße Behauptung eines Bewertungsfehlers genügt diesen Anforderungen jedenfalls nicht.
Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfahrensweise der Klassenkonferenz. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass diejenigen Lehrkräfte von der Abstimmung über die Nichtanwendung der Ausgleichsregelung ausgeschlossen worden sind, die den Sohn der Antragsteller nicht unterrichtet haben. Aus der Regelung in § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 NSchG lässt sich nicht herleiten, dass sich alle in der Klasse des Schülers unterrichtenden Lehrkräfte an der Abstimmung beteiligen müssen. Zwar gehören der Konferenz danach als Mitglieder mit Stimmrecht alle „in dem fraglichen Bereich tätigen“ Lehrkräfte an. Die Vorschrift regelt jedoch nur die Zusammensetzung der Konferenz und ist im Zusammenhang mit der Regelung in § 36 Abs. 7 Satz 1 NSchG zu sehen, die das Stimmrecht bei Konferenzentscheidungen über Versetzungen ausdrücklich auf die Konferenzmitglieder beschränkt, die die Schülerin oder den Schüler planmäßig unterrichtet haben.
Nach den der Kammer zur Verfügung stehenden Unterlagen ist zwar fraglich, ob die Überweisung des Schülers an die Hauptschule formell ordnungsgemäß erfolgt ist. Ein solcher Verfahrensfehler würde im Ergebnis aber jedenfalls nicht dazu führen, dass dem Eilantrag der Antragsteller stattzugeben ist. In dem vorliegenden Protokoll der Klassenkonferenz ist nicht vermerkt, dass die Konferenz für den Sohn der Antragsteller die Überweisung an die Hauptschule beschlossen hat. Die Versetzungsverordnung sieht in § 15 Abs. 1 einen solchen Beschluss ausdrücklich vor und geht damit nicht davon aus, dass die Überweisung sich ohne weiteres aus der wiederholt abgelehnten Versetzung des Schülers ergibt. Auch der Formulierung im Zeugnis vom 7. Juli 2004, wonach C. im neuen Schuljahr die Hauptschule besucht, ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Konferenz hierüber gesondert entschieden hat. Das Erfordernis eines Konferenzbeschlusses ist auch keine bloße Formalie: Die Konferenz kann nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 Versetzungsverordnung mit einer Zweidrittelmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder beschließen, ausnahmsweise von der Überweisung an die Hauptschule abzusehen (siehe auch § 59 Abs. 4 Satz 3 NSchG). Dass die Klassenkonferenz diese Möglichkeit gesehen hat, lassen die vorliegenden Unterlagen nicht hinreichend deutlich erkennen. Weitere Unterlagen hat die Antragsgegnerin trotz wiederholter Aufforderung durch die Kammer, den vollständigen Vorgang zu übersenden, nicht vorgelegt.
Selbst wenn die Überweisung an die Hauptschule bislang nicht formell rechtmäßig wäre, würde dies dem Eilantrag der Antragsteller jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Die Überweisung an die Hauptschule ist nach dem Schulgesetz und der Versetzungsverordnung eine eigenständige Maßnahme, die die wiederholte Nichtversetzung des Schülers voraussetzt (vgl. § 59 Abs. 4 Satz 3 NSchG, § 1 Nrn. 1 und 4, § 15 Abs. 1 Versetzungsverordnung). Fehler bei der Überweisung an die Hauptschule können die Versetzungsentscheidung daher nicht beeinflussen.
Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund einer Folgenabwägung ist kein Raum, weil die Erfolgsaussichten einer Klage hinreichend sicher vorauszubeurteilen sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 3 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des in einem Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wertes.