Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.06.2024, Az.: 5 W 62/24

Unterlassungsanspruch des Inhabers eines Autohauses gegen seinen ehemaligen Arbeitnehmer auf Unterlassung negativer Äußerungen auf einer Internetplattform; Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.06.2024
Aktenzeichen
5 W 62/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 17435
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0621.5W62.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 31.05.2024 - AZ: 3 O 134/24

Fundstelle

  • MDR 2024, 1050-1051

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Von einer "Selbstwiderlegung der Dringlichkeit" wird in aller Regel nicht ausgegangen werden können, wenn zwischen dem Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnisnahme von der ehrbeeinträchtigenden Äußerung und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegt.

  2. 2.

    Die (kritische) Bewertung eines Unternehmens, das im direkten Kontakt mit Kunden steht, ist rechtswidrig, wenn mit der Bewertung der - unzutreffende - Eindruck vermittelt wird, als habe der Bewertende das Unternehmen als Kunde aufgesucht, es sich bei dem Bewertenden tatsächlich aber um einen ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens handelt.

Beschluss
in der Beschwerdesache
Autohaus L. GmbH & Co. KG, ...,
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte:
a., ...,
Geschäftszeichen: ...
gegen
M. Sch., ...,
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt R. W. Sch., ...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richterin am Oberlandesgericht ... am 21. Juni 2024 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Hildesheim vom 31. Mai 2024 abgeändert.

Dem Antragsgegner wird es bei Meidung eines in das Ermessen des Gerichtes zu stellenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten geboten, zu unterlassen, zu behaupten,

  • sein Besuch im Autohaus der Antragstellerin habe einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen;

  • Begegnungen mit dem Personal in diesem Zusammenhang hätten seine Erwartungen zunichte gemacht, da Höflichkeit und Freundlichkeit zu wünschen übrig ließen;

  • die Sauberkeit sei enttäuschend und der Anblick der Büros erinnere an eine Recyclinganlage, weswegen er empfehle, das Autohaus der Antragstellerin zu meiden;

    wie auf der von der G. GmbH & Co. KG betriebenen Plattform "G." geschehen,

  • wenn der Kunde weg ist, würde über diesen erzählt;

wie auf der von der G. I. Ltd. betriebenen Plattform "G. M.s" geschehen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 3/7 und der Antragsgegner 4/7.

Gründe

A.

Die Antragstellerin betreibt ein Autohaus. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen ehemaligen Arbeitnehmer der Antragstellerin. Dieser hat im Internet auf den Plattformen "G. M." und "G." sowie unter Beiträgen der Antragstellerin auf der Plattform "F." mehrere Kommentare abgegeben. Diese hatten folgenden Inhalt:

1. "Das Autohaus ist sehr grenzwertig anzusehen. Freundlichkeit wird nur groß geschrieben um die Aufträge zu erhalten. Ansonsten scheint es dort nach dem Motto zuzugehen, Geld da - Kunde und Mitarbeiter egal. Auch, was wenn der Kunde dort weg ist über diesen erzählt wird ist traurig. Nie wieder - traurig nur für die Branche das es so was noch gibt."

2. "Blos nicht dort anfangen. Gibt bessere und seriösere Arbeitgeber."

3. "Mein Besuch im Autohaus L. GmbH & Co. KG hat einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen, und ich verspüre keine Begeisterung, in naher Zukunft zurückzukehren. Die Begegnung mit dem Personal hat meine Erwartungen zunichte gemacht, da ihre Höflichkeit und Freundlichkeit zu wünschen übrigließen. Auch die Sauberkeit der Location war enttäuschend. Der Anblick der Büros hat mich an eine Recyclinganlage erinnert, was einen negativen Eindruck auf mich gemacht hat. Aus meiner Erfahrung heraus würde ich daher empfehlen, dieses Autohaus zu meiden. Es ist immer bedauerlich, wenn man eine solch negative Erfahrung machen muss, und ich hoffe, dass dies in der Zukunft verbessert wird."

Die Antragstellerin verfolgt im Wege der einstweiligen Verfügung in Bezug auf einzelne Formulierungen in diesen drei Beiträgen einen Unterlassungsanspruch. Das Landgericht hat diesen - nach Anhörung des Antragstellers - im Beschlusswege mit der Begründung zurückgewiesen, dass hier von einer sog. Selbstwiderlegung der Dringlichkeit auszugehen sei, weil zwischen dem Schreiben des Antragsgegners, mit dem dieser die Aufforderung der Antragstellerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zurückgewiesen hatte, und dem Zeitpunkt der Anhängigmachung des Verfügungsantrages ein unangemessen langer Zeitraum von zwei Wochen liege. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

B.

Die nach §§ 922 Abs. 1, 936, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen sofortige Beschwerde hat zum Teil Erfolg.

I.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht an dem Fehlen eines Verfügungsgrundes.

1. Der Senat geht im Rahmen seiner ständigen Spruchrichterpraxis davon aus, dass im Anwendungsbereich des Presse- und Äußerungsrechts ein Verfügungsgrund zumindest im Regelfall ohne weiteres zu bejahen ist, soweit keine sogenannte Selbstwiderlegung der Dringlichkeit anzunehmen ist (vgl. zuletzt: Senat, Beschluss vom 13. Dezember 2023 - 5 W 72/23, juris Rn. 7; so z. B. auch: KG, Beschluss vom 14. November 2023 - 10 W 184/23, juris Rn. 18; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. März 2023 - 16 W 6/23, juris Rn. 4; KG, Beschluss vom 22. März 2019 - 10 W 172/18, juris Rn. 9; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015 - 4 U 101/15, juris Rn. 86; anderer Ansicht z. B. OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. November 2018 - 3 W 2064/18, juris Rn. 19).

2. Entgegen der Argumentation des Landgerichts ist vorliegend auch nicht von einer sog. "Selbstwiderlegung der Dringlichkeit" auszugehen.

Die diesbezüglich geltenden Grundsätze hat das Landgericht als solches zutreffend herausgearbeitet. Indes ist die hierunter erfolgte Subsumtion nicht tragfähig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt es jedenfalls in aller Regel nicht in Betracht, von einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit auszugehen, wenn - wie hier (Kenntnis genommen hat die Antragstellerin von den streitgegenständlichen Berichten am 12. April 2024, anhängig gemacht worden ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 3. Mai 2024) - die 1-Monats-Frist noch nicht überschritten ist. Ob davon in besonderen Einzelfällen Ausnahmen in Betracht kommen können, kann der Senat an dieser Stelle dahinstehen lassen. Denn hinreichende und durchgreifende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles sind vorliegend nicht ersichtlich.

II.

Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner zum Teil ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.

1. Das gilt zunächst hinsichtlich sämtlicher von der Antragstellerin zum Gegenstand ihres Antrages gemachten Aussageteile, die sich in dem dritten Beitrag auf der Plattform "G." befinden. Soweit der Senat diesbezüglich in seiner Tenorierung geringfügige sprachliche Änderungen an dem Antrag vorgenommen hat, beruht das auf der Vorschrift des § 938 Abs. 1 ZPO.

Der streitgegenständliche Beitrag und folglich die in diesem Beitrag befindlichen einzelnen Passagen, die die Antragstellerin zum Gegenstand ihres Antrages gemacht hat, sind deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner mit der dortigen einleitenden Formulierung "Mein Besuch im Autohaus L. GmbH & Co. KG ..." bei dem betreffenden Empfängerkreis (vgl. dazu z. B. BGH, Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 123/21, juris Rn. 17) den Eindruck vermittelt hat, dass er seine entsprechenden Wahrnehmungen als Kunde gemacht hat und nicht - wie es aber tatsächlich der Fall ist - als (ehemaliger) Arbeitnehmer der Antragstellerin.

a) Aus der Formulierung "Mein Besuch im Autohaus L. GmbH & Co. KG ..." muss bei einem unvoreingenommenen und verständigen Leser des Beitrages der Eindruck entstehen, als habe der Verfasser des Beitrages das Autohaus als Kunde aufgesucht und in diesem Rahmen die nachfolgenden Eindrücke gemacht.

aa) Das ergibt sich bereits recht eindeutig aus der Formulierung "Mein Besuch" als solcher, da ein Autohaus gerade (und nur) von einem Kunden "besucht" wird und insbesondere nicht von einem Arbeitnehmer.

bb) Selbst wenn man dies - anders als es der Senat beurteilt - für sich gesehen noch nicht als unbedingt eindeutig werten wollte, ergäbe sich eine solche Wertung aber jedenfalls unter Heranziehung der sogenannten "Stolpe-Rechtsprechung" des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98, juris Rn. 28 ff., insbes. Rn. 34; im Anschluss daran auch BGH, Urteil vom 4. Juni 2019 - VI ZR 440/18, juris Rn. 19; im Überblick: Erman/Klass, BGB, 16. Aufl., Anhang zu § 12 - Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, Teil I Rn. 113), wonach bei einem Unterlassungsanspruch bei der vorzunehmenden Abwägung alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten der Erklärung, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigen, zugrunde zu legen sind, mit der Konsequenz, dass im Rahmen von Unterlassungsansprüchen von der für den sich Äußernden ungünstigeren Deutungsvariante auszugehen ist.

b) Dass er seine in dem dritten Beitrag mitgeteilten Wahrnehmungen gemacht hat, nachdem er das Autohaus der Antragstellerin als Kunde betreten hatte, macht der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 28. Mai 2024 selber nicht geltend. Durch diesen vermittelten unzutreffenden Eindruck wird der hier erörterte dritte Beitrag des Antragsgegners insgesamt rechtswidrig.

aa) Der Bundesgerichtshof führt in ständiger Rechtsprechung für Beiträge auf sogenannten "Bewertungsportalen" aus, dass solche Bewertungen bereits und jedenfalls dann rechtswidrig sind, wenn der jeweiligen Bewertung kein vorheriger (Kunden-)Kontakt zu Grunde gelegen hat (BGH, Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20, juris Rn. 33-35; BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, juris Rn. 29-36).

bb) Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich allerdings von jenen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte. Dort war es jeweils so, dass der jeweiligen angegriffenen Bewertung überhaupt kein tatsächlicher (Behandlungs- bzw. Gäste-)Kontakt zu Grunde gelegen hatte. Vorliegend ist es indes so, dass der Antragsgegner als ehemaliger Mitarbeiter der Antragstellerin durchaus "Kontakt" zu dieser gehabt und mithin die in den jeweiligen Beiträgen beschriebenen Umstände und Vorgänge aus eigener Wahrnehmung erlebt hat. Im Ergebnis sieht der Senat die vorliegende Fallgestaltung aber dennoch wertungsmäßig als mit denen vergleichbar an, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte. Denn für einen durchschnittlichen und verständigen Leser des dritten Beitrages des Antragsgegners macht es durchaus einen (gewichtigen) Unterschied, ob er davon ausgeht, dass der Verfasser des Beitrages das betroffene Unternehmen als Kunde kennengelernt hat, oder aber als (ehemaliger) Mitarbeiter. Denn in dem letztgenannten Fall wird sich der unvoreingenommene und verständige Leser nach der Lebenserfahrung die Frage stellen, welchen (Hinter-)Grund solche negativen Bewertungen eines Arbeitgebers durch einen (ehemaligen oder gegenwärtigen) Mitarbeiter haben, insbesondere, ob Letzterer sich mit dem Beitrag an seinem (ehemaligen oder gegenwärtigen) Arbeitgeber lediglich "rächen" will, und wird demgemäß die Wahrhaftigkeit eines solchen Beitrages kritisch hinterfragen. Ganz anders sieht es hingegen bei einem abwertenden Beitrag aus, den angeblich ein Kunde des bewerteten Unternehmens verfasst hat. Hier wird es in aller Regel beim Leser eines solchen Beitrages an einer "kritischen Voreinstellung" bzw. "Skepsis" hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes des Beitrages fehlen, weil der Leser in aller Regel keinen Anhaltspunkt dafür haben wird, dass und aus welchen Gründen ein bloßer Kunde das Unternehmen bewusst wahrheitswidrig schlecht bewerten sollte.

2. Erfolg hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ferner, soweit mit ihr die Unterlassung der Formulierung "Wenn der Kunde weg ist, wird über diesen erzählt" geltend gemacht wird. Es handelt sich insoweit um eine rechtswidrige Tatsachenbehauptung.

a) Dem Erfolg des diesbezüglichen Unterlassungsantrages steht im Ergebnis nicht entgegen, dass sich diese Formulierung nicht wortwörtlich in dem ersten Beitrag wiederfindet, sondern dort vielmehr formuL.t ist: "Auch, was, wenn der Kunde dort weg ist, über diesen erzählt wird, ist traurig". Denn die von der Antragstellerin bekämpfte Aussage lässt sich der streitgegenständlichen Äußerung des Antragsgegners tatsächlich entnehmen (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 21. Juni 2022 - VI ZR 395/19, juris Rn. 10 f.): Aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Lesers wird nämlich mit der konkreten Formulierung in dem ersten Beitrag zum Ausdruck gebracht, dass die Mitarbeiter der Antragstellerin über Kunden "reden", wenn diese das Ladenlokal verlassen.

b) Diese Behauptung beeinträchtigt die Antragstellerin in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (vgl. dazu z. B. BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 497/18, juris Rn. 34). Der bloße Umstand, dass - angeblich - die Mitarbeiter der Antragstellerin über Kunden "reden", wenn diese das Ladenlokal verlassen haben, ist für die Antragstellerin "ehrenrührig", unabhängig davon - was sich aus der streitgegenständlichen Äußerung des Antragsgegners nicht ganz eindeutig ergibt (vgl. aber noch sogleich) - ob das "Reden" bzw. "Erzählen" über den jeweiligen Kunden einen positiven oder negativen Inhalt hat. Denn ein Kunde darf von einem seriösen, kundenorientierten Unternehmen erwarten, dass dessen Mitarbeiter überhaupt nicht über sie reden, wenn sie das Kundenlokal wieder verlassen haben. Selbst wenn Vorstehendes nicht richtig wäre, gälte hier wiederum unter Heranziehung der sog. "Stolpe-Rechtsprechung" des Bundesverfassungsgerichts, dass im Rahmen des hier erörterten Unterlassungsanspruchs die für den Antragsgegner ungünstigere Deutungsvariante herangezogen wird, hier also die, dass der Antragsteller mit seinem Beitrag zum Ausdruck bringen wollte, dass die Mitarbeiter der Antragstellerin negativ über Kunden reden, wenn diese das Ladenlokal wieder verlassen haben.

c) Bei der hier erörterten Äußerung handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung.

aa) Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (z. B. BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16, juris Rn. 35).

bb) Gemessen daran handelt es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung. Denn ob die Mitarbeiter der Antragstellerin über Kunden "reden bzw. erzählen", wenn diese das Ladenlokal wieder verlassen haben, ist dem Beweis zugänglich.

d) Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (z. B. BGH, Urteil vom 18. Juni 2019 - VI ZR 80/18, juris Rn. 21). Beweispflichtig für die Richtigkeit seiner Tatsachenbehauptung ist der Antragsgegner (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, juris Rn. 20). Ein diesbezügliches Beweisangebot hat der Antragsgegner nicht gemacht, er geht auf diese Äußerung in seinem Schriftsatz vom 28. Mai 2024 schon gar nicht ein.

III.

Hinsichtlich der restlichen streitgegenständlichen Äußerungen besteht kein Unterlassungsanspruch. Bei diesen Äußerungen handelt es sich sämtlichst um Meinungsäußerungen, die im Ergebnis nicht rechtswidrig sind.

1. Die Äußerungen des Antragsgegners in dem ersten und zweiten Beitrag sind - anders als die in dem dritten Beitrag - nicht allein schon deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner mit diesen den Eindruck erweckt hat, er habe seine beschriebenen Erfahrungen als Kunde des Unternehmens gemacht.

a) In Bezug auf den zweiten Beitrag ist das evident. Denn aus der Formulierung "Bloß nicht dort anfangen. Gibt bessere und seriösere Arbeitgeber" ergibt sich für einen unvoreingenommenen und verständigen Leser unzweifelhaft, dass der Bewertende ein (ehemaliger oder gegenwärtiger) Mitarbeiter des bewerteten Unternehmens ist.

b) Im Ergebnis gilt nichts anderes hinsichtlich des ersten Beitrages, auch wenn dies nicht ganz so eindeutig ist, wie in Bezug auf den zweiten Beitrag. Denn auch unter Heranziehung der vorgenannten "Stolpe-Rechtsprechung" des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich für einen unvoreingenommenen und verständigen Leser dieses Beitrages hinreichend deutlich, dass dieser nicht von einem Kunden stammen kann, sondern der Bewertende seine mitgeteilten Erfahrungen auf andere Weise gemacht haben muss. Denn allein schon die Formulierung in dem Satz "Auch, was, wenn der Kunde dort weg ist, über diesen erzählt wird" macht deutlich, dass hier jedenfalls nicht ein bloßer Kunde berichtet. Denn ein solcher kann zwangsläufig nicht wissen, ob und gegebenenfalls was die Mitarbeiter des Autohauses über ihn reden, wenn er das Ladenlokal verlassen hat. Auch der dortige dritte Satz ("Ansonsten scheint es ...") bestätigt dieses Verständnis. Denn ein bloßer Kunde könnte zwangsläufig keine eigenen Erfahrungen damit gemacht haben, dass dem bewerteten Autohaus "die Mitarbeiter egal" sind.

2. Bei den hier erörterten streitgegenständlichen Formulierungen in dem ersten und zweiten Beitrag handelt es sich durchgehend um Meinungsäußerungen. Das erscheint dem Senat im Ergebnis als so eindeutig, dass er darauf verzichtet, dies noch in Bezug auf jede streitgegenständliche Formulierung im Einzelnen zu erläutern.

3. Diese einzelnen Meinungsäußerungen des Antragsgegners sind nicht rechtswidrig. Auch dies erscheint dem Senat als im Ergebnis so unzweifelhaft, dass er die - durch einen Rechtsanwalt vertretene - Antragstellerin auf die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesgerichtshofs in Randnummern 42 bis 52 des Urteils vom 14. Januar 2020 (VI ZR 497/18, zitiert nach juris) verweist, wo es um die Grundsätze der Bewertungsdarstellung eines Unternehmens in einem Internet-Bewertungsportal geht. Subsumiert man den vorliegenden Einzelfall unter diese Grundsätze, gelangt man zu dem hier dargestellten Ergebnis.

IV.

Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch die erfolgten Verletzungshandlungen indiziert. Der Umstand, dass der Antragsgegner die streitgegenständlichen Beiträge zwischenzeitlich wieder gelöscht hat, lässt diese nicht wieder entfallen, da der Antragsgegner keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2018 - VI ZR 128/18, juris Rn. 9).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Insoweit hat der Senat aus dem - in einer Art "Fließtext" verfassten - Antrag der Antragstellerin insgesamt sieben einzelne streitgegenständliche Äußerungen herausgelesen. In Bezug auf vier dieser streitgegenständlichen Formulierungen hat der Verfügungsantrag der Antragstellerin Erfolg.