Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 13.06.2024, Az.: 9 W 37/24

Sachagio; Ausgliederung eines Einzelunternehmens zwecks Aufnahme in eine GmbH im Wege des Sachagios neben einer geringen Kapitalerhöhung gegen Einzahlung; Kapitalerhöhung einer GmbH mit Aufnahme eines ausgegliederten Einzelunternehmens als Sachagio

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
13.06.2024
Aktenzeichen
9 W 37/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 17168
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0613.9W37.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Stadthagen - 19.03.2024 - AZ: HRB 202159

Amtlicher Leitsatz

Der Senat hat in einem obiter dictum folgende vorläufige Beurteilung abgegeben: Eine Kapitalerhöhung einer GmbH mit Aufnahme eines ausgegliederten Einzelunternehmens als Sachagio ist nicht möglich, wenn entgegen § 126 Nr. 2 UmwG für das Sachagio, also das ausgegliederte Unternehmen, keine Anteile oder Mitgliedschaften am aufnehmenden Unternehmen gewährt werden.

In der Handelsregisterbeschwerdesache betreffend die
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 13. Juni 2024 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der betroffenen Gesellschaft vom 26. April 2024 (Bl. 100 d. A.) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Registergericht - Stadthagen vom 19. März 2024 (Bl. 22f. d.A.) aufgehoben.

Dem Registergericht wird aufgegeben, dem Eintragungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats Fortgang zu geben.

Eine Kostenentscheidung ist derzeit nicht veranlasst; vgl. § 57 GNotKG.

Gründe

I.

Die betroffene Gesellschaft hat mit Anmeldung vom 7. Februar 2024 begehrt, eine Kapitalerhöhung ihres ursprünglich 25.000 € betragenden Stammkapitals um 100 € gegen Ausgabe von 100 neuen Anteilen zu je 1 Euro zur Übernahme durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter in das Handelsregister einzutragen. Mit dieser Eintragung sollten Änderungen des Gesellschaftsvertrages der betroffenen Gesellschaft verbunden werden, die die Bestimmung über die Aufbringung des Stammkapitals (§ 3 der Satzung) betreffen (UR Nr. 138 für 2024 des Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft). In § 3 (2) der Satzung sollte neu aufgenommen werden:

"Herr C. W. K. ist verpflichtet, sein Einzelunternehmen, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Stadthagen unter HRA ..., durch Abschluss eines Ausgliederungs- und Übertragungsvertrages vollständig in die GmbH als Nebenleistung i.S.d. § 3 Abs. 2 GmbHG (Aufgeld bzw. Sach-Agio) einzubringen."

Diese neue Satzungsbestimmung beruht darauf, dass der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin zur notariellen Urkunde Nr. ... für 2024 des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 7. Februar 2024 sein einzelkaufmännisches Unternehmen mit dem Ziel ausgegliedert hat, es als Sachagio zusätzlich zur Barkapitalerhöhung in die Beschwerdeführerin einzubringen.

Das Registergericht hat mit der angefochtenen Zwischenverfügung darauf hingewiesen, dass es die Verknüpfung von Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens und einer Kapitalerhöhung nebst Sachagio als unzulässig erachte.

Dagegen richtet sich die betroffene Gesellschaft mit ihrer Beschwerde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf die notariellen Urkunden Nummer ... und .... für 2024 des Verfahrensbevollmächtigten nebst den mit diesen eingereichten Anlagen sowie den zwischen Notar und Registergericht geführten Schriftwechsel Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und in zulässiger Weise, insbesondere rechtzeitig, eingelegt.

1. Sie hat auch (jedenfalls) zunächst Erfolg, denn das Registergericht durfte nicht im Wege einer Zwischenverfügung entscheiden. Die vorliegende Zwischenverfügung hat keinen zulässigen Inhalt.

Voraussetzung für den Erlass einer Zwischenverfügung gemäß § 382 Abs. 4 FamFG ist das Vorliegen eines behebbaren Hindernisses (vgl. zB BGH II ZB 15/22, Rn. 8ff.). Ein solches Hindernis liegt zum Beispiel dann vor, wenn eine Anmeldung unvollständig oder eine Versicherung eines Geschäftsführers unzureichend ist. Anders verhält es sich indes, wenn Gegenstand des mit der Zwischenverfügung Verlangten die Vornahme einer anderen Anmeldung wäre (vgl. OLG Stuttgart, 8 W 428/15, NZG 2018, 1264f. [OLG Stuttgart 16.07.2018 - 8 W 428/15]).

So liegt es im Streitfall. Nach Auffassung des Registergerichts vermögen die angemeldeten Satzungsänderungen, die die Verknüpfung einer Ausgliederung mit einer Kapitalerhöhung nebst Sachagio im Umfang der Ausgliederung spiegeln, nicht in das Handelsregister eingetragen zu werden, weil das Registergericht diese Verknüpfung als unzulässig erachtet. Mithin wäre aus Sicht des Registergerichts eine neue Gestaltung des wirtschaftlich Gewollten, mithin eine neue Anmeldung nebst anderer Satzungsänderung erforderlich. Folglich hätte das Registergericht, das selbst von einer Unbehebbarkeit des Mangels ausgegangen ist, durch Zurückweisungsbeschluss entscheiden müssen.

2. Für weiteren Fortgang des Verfahrens weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:

a) Die in der Urkunde Nummer ... für 2024 beschlossene Satzungsänderung vermag so, wie bisher beurkundet, nicht Grundlage einer Eintragung zu sein.

§ 3 (1) Satz 2 lautet danach: "Die Geschäftsanteile mit den lf. Nr. 1-25. 100 sind in voller einzuzahlen. Einziger Gesellschafter ist Herr C. K. W., .... , der auf das Stammkapital die Geschäftsanteile 1 - 25000 und die Geschäftsanteile 25.001 - 25.100 übernimmt.

Dieser Satz ist sowohl durch eine Auslassung als auch dadurch unverständlich, dass die Übernahme und Bezahlung aller Anteile als zukünftig dargestellt wird, obwohl die Satzung in ihrer alten Fassung die ursprünglichen Anteile bereits als übernommen und bezahlt dargestellt hatte.

b) Abgesehen vom Vorstehenden neigt der Senat nach vorläufiger, indes mangels bisheriger ähnlicher Fälle nicht abschließender Meinungsbildung dazu, das Registergericht im Kern zu bestätigen. Die Ausgliederung des Betriebes aus dem Einzelkaufmann gemäß §§ 123ff. UmwG zwecks Aufnahme und Übertragung in das GmbH-Vermögen, das nicht Stammkapital ist, dürfte mit der zwingenden Vorgabe des § 126 Nr. 2 UmwG nicht in Einklang stehen. Danach muss die Übertragung der Gesamtheit des ausgegliederten Vermögens "gegen" Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger erfolgen. Daran dürfte es im Streitfall fehlen. Für die Übernahme der Ausgliederung erhält im Streitfall niemand Anteile. Die Anteile werden vielmehr allein für die Erhöhung des Stammkapitals ausgegeben.