Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.05.2020, Az.: L 16 KR 364/19

Erstattung der Kosten für eine Mammareduktionsplastik; Eingriff in ein funktionell intaktes Organ; Abwägung von Nutzen und Aufwand

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
11.05.2020
Aktenzeichen
L 16 KR 364/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 24034
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Aurich - 25.07.2019 - AZ: S 38 KR 239/17

Redaktioneller Leitsatz

Wenn durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert wird, muss dies nach Abwägung der Art und Schwere der Erkrankung, der Dringlichkeit der Intervention, den Risiken und dem zu erwartenden Nutzen der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung geboten sein.

Tenor:

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aurich vom 25. Juli 2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für eine durchgeführte Mammareduktionsplastik.

Die im Jahre 1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie litt an einer Ptosis der Mammae, einem HWS-Syndrom und Kopfschmerzen.

Nachdem die Beklagte bereits mit Bescheid vom 13. Juni 2016 die Kostenübernahme einer Mammareduktionsplastik abgelehnt hatte, legte die Klägerin mit Schreiben vom 9. November 2016 Widerspruch ein. Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Neuantrag. Die Klägerin überreichte eine Bescheinigung ihres Hausarztes Dr E. vom 31. Oktober 2016, wonach die Klägerin unter einer Vergrößerung ihrer Brüste leide mit der Folge, dass eine muskuläre Dysbalance im Bereich des Oberkörpers auftrete. Es entstünden wiederkehrende Rückenschmerzen und Hautreizungen. Eine angemessene Verkleinerung könnte eine deutliche gesundheitliche Verbesserung bewirken.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der sozialmedizinischen Begutachtung. Dieser führte unter dem 28. November 2016 durch Dr F. aus, dass bei der Klägerin eine signifikante und zum Körperbau nicht passende Makromastie nicht vorliege. Vielmehr bestehe eine ausgeprägte Ptose. Eine Kausalität der Beschwerden im HWS-Bereich durch die Ptose der Brüste sei medizinisch nicht nachvollziehbar. Zu empfehlen sei vielmehr eine erneute fachorthopädische Abklärung und dann zielgerichtete Heilmittelanwendung. Darüber hinaus solle eine multimodale Schmerztherapie durchgeführt werden.

Gestützt auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 ab.

Die Klägerin erhob Widerspruch und trug vor, dass Heilmittelanwendungen bezüglich der HWS-Beschwerden regelmäßig stattfinden würden. Auch Schmerztherapien seien bereits durchgeführt worden. Dies habe keinen Erfolg gebracht. Sie überreichte eine ärztliche Bescheinigung des Orthopäden Dr G. vom 13. Februar 2017, wonach aufgrund des zunehmenden Leidensdruckes einer Mammareduktionsplastik indiziert sei. Ferner überreichte sie ein Attest der Hautärztin Dr H. vom 1. März 2017, die eine Mammareduktionsplastik ebenfalls befürwortete. Die Beklagte beauftragte erneut den MDK mit der Begutachtung. Dieser führte mit Gutachten vom 19. Juni 2017 durch Dr I. aus, dass die Klägerin auf genaues Befragen erklärt habe, eine Reduktion der Brustgröße gar nicht anzustreben, sondern vielmehr eine Straffungsoperation der Brüste beidseits mit Anhebung. Sie sehe für sich aufgrund des fehlenden Therapieerfolges der vorangegangenen Behandlung keine andere Möglichkeit, die Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich und die chronischen Kopfschmerzen loszuwerden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Brustgröße und dem geklagten Beschwerdebild konnte vom Gutachter nicht gesehen werden. Die Brustgröße sei im Verhältnis zur Körpergröße auch durchaus proportioniert; eine Makromastie könne nicht bestätigt werden. Insgesamt bestehe keine Indikation für eine Bruststraffungsoperation. Außerdem bestünden erhebliche Zweifel darüber, ob eine solche Maßnahme tatsächlich eine Linderung bzw Heilung der geklagten HWS-Beschwerdesymptomatik erreichen könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der Klägerin läge keine Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor, da die Ptosis kein krankhafter Zustand sei mit einer dadurch verursachten Beeinträchtigung der Körperfunktion. Auch eine Entstellung durch Form und Größe der Brüste läge nicht vor. Der Gutachter des MDK habe vielmehr ausgeführt, dass keine signifikante und zum Körperbild nicht passende Makromastie vorliege. Im Übrigen strebe die Klägerin auch keine Verkleinerung an, sondern eine Straffung und Anhebung der Brüste.

Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aurich erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, langjährig an einer muskulären Dysbalance im Bereich des Oberkörpers zu leiden sowie unter Hautreizungen und Einschnitten im Schulterbereich durch BH-Träger sowie eine Fehlhaltung im Schulter- und Nackenbereich. Sie befinde sich seit Jahren in orthopädischer Behandlung. Sie mache Krankengymnastik und kontrolliere ihr Gewicht, ohne dass dies eine Besserung des Beschwerdebildes gebracht habe. Es lägen auch erhebliche körperliche Probleme vor, die in direktem Zusammenhang mit der Brustgröße und der ungünstigen Hebelwirkung zusammenhingen, die auch durch die Ptosis des Brustgewebes gefördert werde.

Das SG hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes den Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr E. vom 24. August 2018 und den Befundbericht des Frauenarztes Dr J. vom 3. September 2018 eingeholt.

Mit Gerichtsbescheid vom 25. Juli 2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat dabei die vorliegenden medizinischen Unterlagen dezidiert ausgewertet. Weder die behandelnden Ärzte der Klägerin noch die beteiligten Gutachter des MDK hätten eine organisch kranke Brust diagnostizieren können. Es stehe vielmehr die Form im Vordergrund. Eine Ptosis an sich stelle unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion keinen krankhaften Befund dar. Relevante funktionale Beeinträchtigungen seien weder von den behandelnden Ärzten noch von den Gutachtern des MDK beschrieben worden. Die beantragte Operation sei auch nicht zur Behandlung der geklagten Wirbelsäulen- und Schulderbeschwerden notwendig. Eine chirurgische Mammareduktionsplastik könne nur die Ultima Ratio sein, die bei einer schwerwiegenden Erkrankung der Wirbelsäule und erfolgloser Ausschöpfung konservativer orthopädischer Behandlungsmaßnahmen in Betracht komme. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Entstellung komme eine Operation nicht in Betracht, da eine solche entstellende Wirkung vorliegend nicht feststellbar war. Darüber hinaus würden auch psychische Belastungen keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigen. Hierzu hat das SG auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Bezug genommen.

Gegen den am 26. Juli 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. August 2019 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie hat die Operation inzwischen durchführen lassen und begehrt nunmehr die Erstattung der entstandenen Kosten. Sie sei jetzt in der Schulter- und Nackenregion beschwerdefrei und auch Hautveränderungen würden nicht mehr auftreten. Dies sei der eindeutige Beweis für eine medizinische Indikation der durchgeführten Maßnahmen. Es sei zwar zutreffend, dass die Brust nicht organisch krank gewesen sei, jedoch hätten Vergrößerung und Erschlaffung dazu geführt, dass aufgrund des ungünstigen Zugs auf die Schulter-Nacken-Region Schmerzen im Sinne einer Krankheit bestanden hätten. Außerdem hätten Hautirritationen bestanden, die nunmehr nicht mehr auftreten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aurich vom 26. Juli 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der durchgeführten Mammareduktionsplastik in Höhe von 4.966,46 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und schließt sich den dort genannten Gründen an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidung zugrunde gelegen hat.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 124 Abs 2, 155 Abse 1,3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte das Gericht durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben.

Die Berufung ist form- und fristgemäß erhoben worden und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Gerichtsbescheid des SG Aurich vom 25. Juli 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 sind rechtmäßig und halten der rechtlichen Überprüfung stand. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die durchgeführte Mammareduktionsplastik.

Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist - nachdem die Leistung bereits erbracht wurde - § 13 Abs. 3 SGB V in Fassung, die zur Zeit der Durchführung der Operation gültig war. Diese Vorschrift lautet:

Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen (Alternative 1) oder hat sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt (Alternative 2) und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Hiernach handelt es sich bei der durchgeführten Mammareduktionsplastik - ganz offenkundig - nicht um eine unaufschiebbare Leistung nach § 13 Abs 2, 1. Alt SGB V im Sinne eines Notfalles. Denn ein Notfall liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur vor, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Versicherten notwendig ist und ein Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 1. Februar 1995, Az: 6 R Ka 9/94 in SozR 3-2500 § 76 Nr 2). Dabei kommt es allein auf medizinische Gründe an (Wagner in: Krauskopf, SGB V, § 13 Rn 25; Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, § 13 Rn 49). Notfälle im Sinne des § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V werden von dem Tatbestandsmerkmal der Unaufschiebbarkeit erfasst (BSG vom 25.09.2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Das Erkrankungsbild der Klägerin vermag die Voraussetzungen eines Notfalles nicht zu begründen, denn Nacken- und Rückenbeschwerden können zwar das Symptom einer behandlungsbedürftigen Krankheit darstellen, sie führen jedoch nicht zu einem vital-bedrohlichen Zustand, der eine sofortige ärztliche Notfallintervention erforderlich gemacht hätte. Das Erkrankungs- und Beschwerdebild hat sich vielmehr über einen längeren Zeitraum erstreckt und fortschreitend weiterentwickelt. Als ein unvermittelt auftretendes Akutereignis kann es nicht qualifiziert werden.

Auch die Voraussetzungen der 2. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V liegen nicht vor, denn die Beklagte hat die Mammareduktionsplastik nicht zu Unrecht abgelehnt. Dabei geht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als der ursprüngliche Sachleistungsanspruch. Die Kasse hat die Leistung nämlich nur dann "zu Unrecht" abgelehnt, wenn die einschlägigen materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen sind.

Gesetzlich Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach dieser Vorschrift setzt die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung eine "Krankheit" voraus (vgl Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Juni 2007 - L 4 KR 153/05). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wird von dieser Definition ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender, Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R). Soweit § 33 Abs. 1 SGB V eine "Behinderung" bzw. eine "drohende Behinderung" genügen lasse, um in Verbindung mit § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V einen Anspruch auf Krankenbehandlung auszulösen, sei nichts wesentlich anderes gemeint. Es werde lediglich ein anderer Akzent gesetzt. Indem § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V neben der Heilung ausdrücklich auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden zu den möglichen Zielen einer Krankenbehandlung zähle, mache das Gesetz keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Krankheiten im engeren Sinne, bei denen die Betonung auf dem regelmäßig nur vorübergehenden Charakter einer als überwindbar angesehenen Gesundheitsbeeinträchtigung liege, und Behinderungen, die als weitgehend unabänderlich vor allem unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für eine dauerhaft regelwidrige Körperfunktion die Leistungspflicht begründen könnten (vgl BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R). Weiterhin setzt die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 12 SGB V bei einer im Einzelfall begehrten bestimmten Behandlung deren Zweckmäßigkeit voraus, womit die Behandlung objektiv ausgerichtet und auch hinreichend wirksam sein muss (vgl: Höfler in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 12 SGB V Rn 23 ff mwN). Erforderlich ist insoweit ein wissenschaftlich begründeter Nachweis der Wirksamkeit, der nur dann anzunehmen ist, wenn die Wirksamkeit bis zur Behandlungszeit in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt ist (vgl BSG, Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 11/98 R - und Urteil vom 5. Juli 1995 - 1 RK 6/95 -; Höfler in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 12 SGB V Rn 28 mwN).

Nach diesen Vorgaben ist nicht ersichtlich, dass die beidseitige Brustverkleinerung unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit der in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen (§ 12 Abs. 1 SGB V) und der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs. 1 SGB V) von der Beklagten als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen gewesen wäre.

Aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ergibt sich zunächst keine unmittelbare Erkrankung der Brüste, die eine Reduktion medizinisch indizieren würde. Es bestehen keine Hautveränderungen, die ausschließlich durch eine Mammareduktionsplastik therapierbar wären. Die von der Klägerin genannten Hautirritationen sind nicht als derart schwerwiegend und untherapierbar zu bewerten, als dass daraus ein Anspruch auf eine Mammareduktionsplastik folgen könnte. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass Dr J. der Klägerin Einschnürungen durch BH-Träger attestiert hat und die Hautärztin Dr H. auf Hautbeschwerden in inter- und submammären Bereich hingewiesen hat. Diese Beschwerden konnte jedoch im Rahmen von zwei Untersuchungen durch den MDK nicht als schwerwiegend und nicht anderweitig therapierbar bewertet werden.

Eine medizinische Notwendigkeit in Form einer indirekten Krankenbehandlung zur Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden und Kopfschmerzen hat ebenfalls nicht vorgelegen. Auch hierbei verkennt da Gericht nicht, dass die Klägerin nach ihrer eigenen Schilderung seit der durchgeführten Operation subjektiv beschwerdefrei ist. Dies ändert jedoch nichts an der vor der Operation fehlenden medizinischen Notwendigkeit.

Wird durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, bedarf diese Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG, Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R; LSG Rheinland-Pflalz, Urteil vom 09.01.2014 - L 5 KR 325/12; Hessisches LSG, Urteil vom 15.04.2013, L 1 KR 119/11 und vom 06.10.2016 - L 8 KR 291/14). Insoweit darf eine chirurgische Behandlung in Form einer Verkleinerung der Brust nur Ultima Ratio sein, da ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen wie zB Entzündungen, Thrombose bzw Lungenembolie, operationsspezifische Komplikationen) verbunden ist. Zu fordern ist in jedem Fall eine schwerwiegende Erkrankung der Wirbelsäule, die erfolglose Ausschöpfung aller konservativen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen und die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme auch den gewünschten Behandlungserfolg bringt (Hessisches LSG, aaO; LSG Hamburg, Urteil vom 25.08.2016 - L 1 KR 38/15).

Bei der Klägerin hat schon keine Makromastie mit überschwerer Brust bestanden, sondern vielmehr war die Brustgröße im Verhältnis zur Körpergröße proportioniert und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Brustgröße und dem geklagten Beschwerdebild konnte gutachtlich im Rahmen von zwei körperlichen Untersuchungen nicht gesehen werden. Dies ist für das Gericht uneingeschränkt nachvollziehbar und korrespondiert auch mit den übrigen medizinischen Unterlagen. Daraus ergibt sich in erster Linie der eigene Wunsch der Klägerin zur Durchführung der Maßnahme aufgrund des Absinkens durch die Ptose. Es mag verständlich sein, dass die Klägerin nach körperlichen Auslösern für die gewünschte Behandlung sucht, diese sind jedoch insgesamt medizinisch nicht objektivierbar. Mithin kann die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision ist nicht gegeben (§ 160 Abs 2 SGG).