Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.02.2005, Az.: 5 A 69/04
Accent aigu; amtliche Register; außergewöhnliche Nachnamen; deutscher Sprachgebrauch; elektronische Datenverarbeitung; erhebliche Interessenbeeinträchtigung; französischer Name; gleiche Aussprache; Grundsätze der Namensführung; Gründe für Namensänderung; Interessen an Beibehaltung; Interessenbeeinträchtigung; Mittel sozialer Identifikation; Nachname; Nachvollziehbarkeit; Name; Namensänderung; neue Namen; Schreibweise; Schwierigkeiten im Alltag; sicherheitspolizeiliche Interessen; soziale Ordnungsfunktion; Unterscheidung von Personen; wichtiger Grund; Änderung der Schreibweise; Ärger
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 21.02.2005
- Aktenzeichen
- 5 A 69/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50622
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 NamÄndG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zum wichtigen Grund für eine Änderung des Nachnamens - hier: frühere Eindeutschung eines französischen Namens; Probleme bei der Schreibweise des Namens
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages ab wenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Änderung seines Nachnamens von „C.“ in „D.“.
Mit Antrag vom 1. September 2003 beantragte der Kläger die Änderung seines Familiennamens in „D.“. Dieses sei die ursprüngliche Schreibweise seines Familiennamens. Wie aus der Familienchronik zu ersehen sei, sei erstmals im Jahr 1772 die jetzige Schreibweise „C.“ erwähnt worden. Zur Begründung seines Änderungsantrages führte er aus, dass es sich bei „C.“ um einen misslungenen Versuch einer Eindeutschung gehandelt habe, denn es sei für einen französischen Namen eine falsche Schreibweise. Außerdem erleichtere die gewünschtere Schreibweise „D.“ den Umgang mit elektrischen Datenverarbeitungsanlagen. Häufig verfügten diese nicht über französische Akzente. Auch sonst mache der Akzent im Umgang mit Behörden und Firmen häufig Schwierigkeiten. So sei beispielsweise bei der Erneuerung von Personalausweisen und Reisepässen beim Einwohnermeldeamt immer ein gesonderter Nachweis des Sonderzeichens „é“ mit der Geburtsurkunde nötig. Diese Ausführungen vertieft der Kläger in seinem auf die Anhörung verfassten Schreiben vom 9. November 2003, auf dessen Einzelheiten zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Durch Bescheid vom 12. Dezember 2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Änderung des Familiennamens ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Verständnis für die vom Kläger persönlich als gravierend angesehenen Probleme bestehe, die gesetzlich geforderten objektiven Erfordernisse für eine Familiennamensänderung aber nicht gegeben seien. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 5. Februar 2004 zurückgewiesen. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornahmen (NamÄndG) dürfe ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertige. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung diene dazu, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen. Sie habe Ausnahmecharakter. Deshalb dürfe ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund diese Änderung rechtfertige. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers an der Namensänderung gegenüber den etwa entgegenstehenden Interessen anderer Beteiligter und den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die soziale Ordnungsfunktion des Namens und das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens gehöre, überwiege. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 4. März 2004 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und zur Begründung erneut vertiefend auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die mit der bisherigen Schreibweise seines Nachnamens verbunden seien. Zur Unterstützung seiner Klage trägt der Kläger vor, es müsse beachtet werden, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Änderung des Familiennamens im eigentlichen Sinne handele, sondern nur um eine Änderung der Schreibweise. Deshalb könne kein so hoher Anspruch an den wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes gestellt werden. Beachtet werden könne außerdem, dass der Gesetzgeber sich im BGB-Namensrecht recht großzügig verhalte. So habe er nunmehr eine einjährige Übergangsfrist im BGB eingebaut, wonach Eheleute auch einen früheren Ehenamen annehmen könnten. Zudem weist der Kläger nochmals auf seine Argumentation im Schriftsatz vom 1. Januar 2005 hin und betont, dass sein Fall ähnlich sei wie der Anwendungsfall der Nr. 38 der Verwaltungsvorschriften zum Namensänderungsgesetz und in diesem Fall diese Vorschrift möglicherweise analog angewandt werden könne.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 5. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Änderung des Nachnamens in „D.“ zu erlauben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. In der mündlichen Verhandlung hat sie ergänzend zu den schriftsätzlichen Äußerungen vorgetragen: Die Änderung in der Schreibweise sei aus ihrer Sicht auch eine Namensänderung, weil man auch unter Berücksichtigung der heute zum Einsatz kommenden Datenverarbeitungssysteme schon kleine Änderungen in der Schreibweise berücksichtigen müsse. Eine analoge Anwendung der Nummer 38 der Verwaltungsvorschriften sei nicht möglich und außerdem ergäben sich bei der vom Kläger gewünschten Schreibweise die Probleme, die unter Nr. 53 der Verwaltungsvorschriften berücksichtigt werden, nämlich dass auch nicht der neue Familienname zu Schwierigkeiten führen dürfe. Solche Schwierigkeiten sehe sie jedoch bei der gewünschten Schreibweise.
Ein durch Beschluss vom 4. November 2004 vom Einzelrichter unterbreiteter Vergleichsvorschlag, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles, den bisherigen Familiennamen in „E.“ abzuändern, ist zwar von der Beklagten, jedoch nicht vom Kläger angenommen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes in des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die gewünschte Namensänderung.
Gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Januar 1938 ( RGGl I Seite 9) - NamÄndG -, zuletzt geändert durch Art. 17 des 3. Verwaltungsverfahrensrechtsänderungsgesetzes vom 21.08.2002 (BGBl I Seite 3322, 3331), darf der Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Diese Regelung wird durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 11.08.1980 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 153 vom 20.08.1980) i.d.F. vom 18.04.1986 (Bundesanzeiger Nr. 78 vom 25.04.1986) ausgefüllt. Danach ist ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens und der Führung des neuen Namens Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung betroffenen Träger des bisherigen und des neuen Namens und vor den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören (BVerwG, Beschl. vom 17.05.2001 - 6 B 23.01 -, Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 76 unter Verweis auf Urt. vom 05.09.1985 - 7 C 2.84 -, Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 53). Die soziale Ordnungsfunktion des Namens ist in ihrer abwägungserheblichen Bedeutung unverändert geblieben. Die in den gesetzlichen Bestimmungen des Namensrechts zum Ausdruck kommenden Grundsätze der Namensführung, zu denen auch die soziale Ordnungsfunktion des Namens und das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens gehören, sind auch durch die Neuregelung des Ehenamensrechts aufrecht erhalten worden (BVerwG, Beschl. vom 17.03.1987 - 7 B 42.87 -, NJW 1987, 2454 unter Bezugnahme auf ältere Rechtsprechungen des Senates). Mit der Neuregelung des Ehenamensrechts ging auch nicht eine ordnungspolitische Entwertung des Namens als Mittel sozialer Identifikation einher. Dazu bestand auch kein Anlass, da der Name heute nicht weniger als früher dazu dient, den Einzelnen in seinen vielfältigen sozialen Beziehungen kontinuierlich erkennbar zu machen. Der Name ist insbesondere, auch im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung, das Mindestmerkmal zur Unterscheidung von Personen in allen amtlichen Registern geblieben (BVerwG, Beschl. vom 17.03.1987, aaO.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt im Fall des Klägers ein wichtiger Grund für die Namensänderung nicht vor. Der Kläger irrt, wenn er meint, dass es sich bei der von ihm gewünschten Änderung seines Familiennamens von „C.“ in „D.“ nicht um eine Änderung des Familiennamens im eigentlichen Sinne handele, sondern nur um eine Änderung der Schreibweise. Dabei verkennt der Kläger die bereits soeben beschriebene Ordnungsfunktion des Namens und das grundsätzlich bestehende öffentliche Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens. Zwar mag bei korrekter Aussprache der Name des Klägers in beiden Varianten gleich klingen, doch weist die Schreibeweise deutliche Unterschiede auf, so dass insbesondere in amtlichen Registern nicht mehr in der gebotenen einfachen Weise die Identität des Klägers festgestellt werden könnte. Der Kläger kann sich auch nicht auf eine der in Nrn. 33 - 50 der Verwaltungsvorschriften aufgeführten typischen Fallgruppen berufen. Insbesondere die vom Kläger auch in der mündlichen Verhandlung herangezogene Nr. 38 der Verwaltungsvorschriften, die den Problemen der Schreibweise „ss“ oder „ß“ Rechnung trägt, ist weder direkt einschlägig noch unter Berücksichtigung des dahinter stehenden Gedankens analog auf den hier vorliegenden Fall anwendbar. Auch aus sonstigen Gründen hat der Kläger keine Gründe für eine Namensänderung vorgetragen, die unter Berücksichtigung der o.a. Maßstäbe als wichtiger Grund angesehen werden könnte. Die Schwierigkeiten, die der Kläger im alltäglichen Leben damit hat, dass - wie aus den eingereichten Unterlagen ersichtlich - wiederholt bei der Schreibweise seines Namens das Accent aigu auf dem letzten Buchstaben seines Namens vergessen wird, ist zwar nachvollziehbar und zu Recht als ärgerlich anzusehen, begründet jedoch nicht eine Einschränkung in seinen rechtlichen und tatsächlichen Interessen, die es rechtfertigen könnte, die vom Kläger gewünschte Namensänderung vorzunehmen. Vielmehr befindet sich der Kläger mit diesen Problemen in einer Situation, die er mit einer Vielzahl von Personen teilt, die nach deutschem Sprachgebrauch außergewöhnliche Nachnamen tragen. Diese Schwierigkeiten sind jedoch nicht dermaßen gewichtig, dass sie mit den vom Kläger u.a. in seinem Schriftsatz vom 30. November 2004 geschilderten Namen „Grzyb“ vergleichbar wären, denn in diesem Fall führte dieser Name im deutschen Alltag sowohl zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aussprache als auch bei der Schreibweise . Dieses ist beim jetzigen Familiennamen des Klägers nicht der Fall. Es mag aus Sicht des Klägers als lästig und auch ärgerlich erscheinen, wiederholt auf die korrekte Schreibweise seines Namens hinweisen zu müssen, doch begründet dieser Umstand keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung.
Gegen die vom Kläger gewünschte Namensänderung spricht zudem, dass nach seinem eigenen Vortrag die jetzige Schreibweise seines Namens in dem Zweig der Familie, zu dem er gehört, bereits seit 1772 verwandt wird. Angesichts dieser langen Zeitdauer von mehr als 230 Jahren, in der der Familienname des Klägers in der jetzigen Form Verwendung findet, ist dem Umstand, dass es sich bei der Schreibweise „C.“ möglicherweise um einen misslungenen Versuch der Eindeutschung eines französischen Namens gehandelt haben mag, kein entscheidendes Gewicht mehr beizumessen.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung der Höhe des Streitwertes ergibt sich aus § 13 Abs. 1 GKG (in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung).