Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 05.02.2002, Az.: 7 A 1899/99

Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Aufnahmeeinrichtung; Ausländer; Einkommen; Einrichtung; Erstattung; Leistung; Leistungsberechtigter; Obdachlosigkeit; Sachleistung; Unterbringung; Unterkunftskosten; Untermietverhältnis; Vermögen; Wohnung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
05.02.2002
Aktenzeichen
7 A 1899/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43838
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nach § 7 Abs. 1 AsylbLG können nach dem AsylbLG Anspruchsberechtigte nur dann zu den Kosten der Unterkunft herangezogen werden, wenn sie in einer Aufnahmeeinrichtung oder einer vergleichbaren Einrichtung oder einer sonstigen Einrichtung, in der Sachleistungen erbracht wird, untergebracht sind. Eine von der Kommuna angemietete Wohnung, in der Asylsuchende einquartiert sind, ist keien Einrichtung in diesem Sinne.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Unterhaltskosten für die Unterbringung in einer von der Beklagten angemieteten Wohnung.

2

Dem Kläger wurde nach seiner Flucht aus Bosnien-Herzegowina 1992 eine Wohnung zugewiesen. Nachdem sich für den Kläger die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise eröffnete, zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 13.08.1997 zur Kostenbeteiligung von monatlich 915,-- DM ab 01.11.96 heran. Er gehöre nunmehr nicht mehr zum Kreis der nach § 2 AsylbLG berechtigten Personen, so dass nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG die Unterkunftskosten zu erstatten seien. Den Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er sein Einkommen für den Lebensunterhalt benötige. Im Übrigen weise die Wohnung erhebliche Mängel auf, die eine derart hohe Miete nicht rechtfertigen würden.

3

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.1999 gab die Bezirksregierung dem Widerspruch insoweit statt, als es um den Zeitraum bis zum 31.05.1997 ging. Insoweit komme eine Kostenbeteiligung nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung insoweit noch § 2 AsylbLG Anwendung finde, der die Anwendung des § 7 AsylbLG ausschließe.

4

Mit Inkrafttreten des ersten Änderungsgesetzes zum AsylbLG gehöre der Kläger ab 01.06.1997 zu den nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG leistungsberechtigten Personen und habe nach § 7 Abs. 1 AsylbLG eine Kostenbeteiligung zu leisten.

5

Die Kostenbeteiligung betrage für die Zeit ab 01.06.1997 bis 31.12.1997 monatlich 612,03 DM, für die Zeit Januar und Februar 1998 724,81 DM, für März 1998 625,02 DM, für April 1998 525,20 DM und ab Mai 1998 fortlaufend monatlich 742,20 DM.

6

Am 26.04.1999 hat der Kläger Klage erhoben.

7

Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Bescheid der Beklagten vom 13.08.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 29.03.1999 aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage ist zulässig und begründet.

14

Die angefochtenen Bescheide verletzen den Kläger in seinen Rechten.

15

§ 7 Abs. 1 AsylbLG bietet keine Grundlage für den Heranziehungsbescheid der Beklagten. Dort wird nämlich vorausgesetzt, dass der Kläger in einer Einrichtung, in der Sachleistungen erbracht werden, untergebracht worden ist. Nur dann sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 a.F. und Satz 3 n.F.  AsylbLG die Unterkunftskosten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen durch den Leistungsberechtigten und seine Familienangehörigen zu erstatten. Um eine Einrichtung, in der Sachleistungen erbracht werden, handelt es sich bei der von der Beklagten angemieteten Wohnung nicht. Dabei sind allerdings mit Einrichtung im Sinne des § 7 AsylbLG nicht nur Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 AsylVfG gemeint, sondern auch, wie § 5 AsylbLG zeigt, vergleichbare Einrichtungen (so auch der frühere Wortlaut des § 7 Abs. 1 AsylbLG) und sonstige Einrichtungen, in denen Sachleistungen erbracht werden. Nicht möglich erscheint es aber, auch einzelne Wohnungen, die nicht als dezentrale Einheit einer Einrichtung, in der Sachleistungen erbracht werden, zugerechnet werden können, unter den Begriff Einrichtung, in der Sachleistungen erbracht werden, zu subsumieren. Eine analoge Anwendung scheidet aus. So sind weder eine Gesetzeslücke erkennbar, noch ergibt sich aus dem Sinn des Gesetzes, dass der Gesetzgeber mit dem § 7 AsylbLG auch eine Grundlage für eine Erstattung der Unterkunftskosten schaffen wollte, die außerhalb von Einrichtungen angefallen sind. Wäre das seine Absicht gewesen, hätte es der Verwendung des Begriffes Einrichtung nicht bedurft. Es wäre vielmehr der Begriff der Unterkunft geboten gewesen. Das bedeutet nicht, dass der Leistungsträger keinen Erstattungsanspruch hat. Er lässt sich jedoch nicht aus § 7 AsylbLG herleiten. Wird der nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigte nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer entsprechenden Einrichtung untergebracht, besteht für eine Regelung, wie sie § 7 AsylbLG enthält, kein Anlass. Während dort die Möglichkeit der Pauschalierung der Unterkunftskosten zu einer Verwaltungsvereinfachung führt, ist  dies bei einer Unterbringung außerhalb einer Einrichtung wegen der Individualität der Unterkünfte weder geboten noch sinnvoll.

16

Die Kostenregelung ist dann, soweit Einkommen und Vermögen vorrangig einzusetzen sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG), entweder über privatrechtliche Untermietverhältnisse zu treffen oder die Kosten sind nach dem Kommunalabgabengesetz geltend zu machen, soweit eine Obdachlosigkeit zu beseitigen ist, per Gebühr auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte, soweit eine Duldung nach § 55 AuslG vorliegt, nach § 10 der Satzung über die Unterbringung ausländischer Flüchtlinge.

17

Bei ausreichendem Einkommen oder Vermögen und fehlender Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, sind Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht zu erbringen und deshalb regelmäßig nach Asylbewerberleistungsgesetz auch nicht zu erstatten. Anders ist dies z.B. im Falle der Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Dies stellt eine zwingend zu erbringende Sachleistung dar, die aufgrund vorhandenen Einkommens oder Vermögens eigentlich nicht zu leisten wäre und deshalb eine Erstattung durch den Leistungsberechtigten rechtfertigt.

18

Der Hinweis der Beklagten auf den Runderlass des MI vom 14.8.1995 geht fehl. Vielmehr heißt es dort unter 3.1: „Bewohnen Asylbegehrende dezentralen Wohnraum, wird in diesem Fall die Miete nicht übernommen. Bei einer von der Gemeinde angemieteten Wohnung haben sie der Gemeinde die Miete zu erstatten. Im Falle der Weigerung müssen sie die Wohnung verlassen und sich selbst eine Wohnung suchen.“ Der hier vorliegende Fall ist eben gerade nicht im Sinne der Beklagten durch den Erlass erfasst.

19

Soweit der Erlass die Kostenerstattungspflicht nach § 7 Abs. 1 AsylbLG auch bei dezentralem Wohnraum als gegeben ansieht, trifft das dann zu, wenn dieser im Zusammenhang mit einer Einrichtung steht, in der Sachleistungen gewährt werden. Sollte der Erlass eine weitergehende Regelung in den § 7 Abs. 1 AsylbLG interpretieren, würde dies nach Auffassung des Gerichts dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr entsprechen.

20

Hier fehlt der Zusammenhang der den Klägern zur Verfügung gestellten Wohnung zu einer derartigen Einrichtung jedoch. Sie ist weder Teil einer Aufnahmeeinrichtung, noch einer sonstigen Einrichtung.

21

Dementsprechend kann eine Kostenerstattung aus § 7 Abs. 1 AsylbLG nicht verlangt werden.

22

Aus diesem Grunde ist es unerheblich und deshalb nicht aufzuklären, ob erhebliche Mängel vorlagen, die ein Missverhältnis zwischen Wohnwert und Erstattungsbetrag erzeugt haben.

23

Angemerkt sei allerdings, dass bei einer Erstattungspflicht zwar grundsätzlich die tatsächlichen Unterkunftskosten zugrunde zu legen sind. Dies gilt aber nur im Rahmen des Notwendigen. Bei Minderung des Wohnwertes und der Möglichkeit der Stadt, die Miete gegenüber dem Vermieter zu mindern, muss sie diese Möglichkeit wohl nutzen, will sie die Kosten in vollem Umfang abwälzen. Dementsprechend dürfte es auch bei einer Kostentragungspflicht aus anderem Rechtsgrund dann nicht mehr unerheblich sein, ob der Wohnwert erheblich gemindert war.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.